Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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„Den ÖPNV dynamischer, effizienter und für Kunden attraktiver gestalten“
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Jarl Eliassen
Vom 1. bis 3. März 2016 findet in der Messe Karlsruhe die IT-TRANS, Internationale Konferenz und Fachmesse für IT-Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, statt. Welche IT-Trends treiben die Mobilitätsbranche derzeit um – und was wird die IT-TRANS 2016 zu diesen Themenfeldern bringen? Ein Gespräch mit dem Experten für Information & Ticketing beim Internationalen Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP), Jarl Eliassen
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Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 45 „Den ÖPNV dynamischer, effizienter und für Kunden attraktiver gestalten“ Vom 1. bis 3. März 2016 findet in der Messe Karlsruhe die IT-TRANS, Internationale Konferenz und Fachmesse für IT-Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, statt. Welche IT-Trends treiben die Mobilitätsbranche derzeit um - und was wird die IT-TRANS 2016 zu diesen Themenfeldern bringen? Ein Gespräch mit dem Experten für Information & Ticketing beim Internationalen Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP), Jarl Eliassen Herr Eliassen, was können wir vom Programm der iT-TRANs 2016 erwarten? Die kontinuierliche Digitalisierung und die Nutzung von IT im städtischen Verkehr ist ein starker Trend, der sich auf den öffentlichen Verkehr auswirkt. Dieser Trend veranlasst uns auch dazu zu überdenken, auf welche Weise unsere Branche mit anderen Mobilitätsoptionen, dem urbanen Umfeld und unseren Kunden in Zusammenhang und in Verbindung steht. Dieser Trend zeigt sich auch im jüngsten sehr raschen Wachstum des Marktes „Intelligente Transportsysteme“ (ITS) für den öffentlichen Personenverkehr. Sein Volumen in Europa erreichte 1,03 Mrd. EUR im Jahr- 2014. Erwartungen zufolge soll dieser Markt im Jahr 2019 auf 1,46 Mrd. EUR wachsen. ist das ein typisch europäisches Phänomen? Das gilt nicht nur für Europa: Aktuelle Initiativen des Internationalen Verbands für öffentliches Verkehrswesen (UITP), wie etwa die Gründung einer IT-Arbeitsgruppe in Indien oder eines Seminars für Smart Cities in Brasilien mit über 100 Teilnehmern, verzeichneten große Erfolge. Dies spiegelt sich auch im Konferenzprogramm mit Rednern aus aller Welt wieder - von Moskau bis Sao Paolo, aus den USA und Asien. wo liegen die Herausforderungen, wo die Chancen? Die massive Zunahme an Daten, die öffentlichen Verkehrsbetrieben zur Verfügung stehen, verändert die betrieblichen Abläufe der Branche. Diese Daten schaffen das Potenzial für eine Revolution der Kundenservices im öffentlichen Personenverkehr, und genau das wird auch den Schwerpunkt des Foto: IT-TRANS IT-Trans 2016 EXTRA Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 46 EXTRA IT-Trans 2016 Konferenzprogramms der IT-TRANS 2016 darstellen. Das Programm gewährt einen tiefen Einblick in fünf zentrale Bereiche, in denen der öffentliche Personenverkehr mithilfe von IT-Lösungen dynamischer, effizienter und für Kunden attraktiver gestaltet werden kann: • Digitalisierung von Fahrt und Kundenerlebnis, beispielsweise durch die Bereitstellung zusätzlicher Reiseinformationen und E-Ticketing • Wie öffentliche Verkehrsbetriebe Daten am besten nutzen können • Untersuchung der Rolle des öffentlichen Personenverkehrs in den intelligenten Städten von morgen • Vorteile und Herausforderungen der Einführung integrierter Mobilitätsdienstleistungen • Rechnergestützte Betriebsleitsysteme (Intermodal Transport Control Systems - ITCS) als „Datenwirbelsäule“ des Betriebs im öffentlichen Personenverkehr sie erwähnten die Digitalisierung als Hauptprogrammpunkt. welche Auswirkungen hat sie auf die betreiber und behörden des öffentlichen Personenverkehrs genau? Die Beziehung des öffentlichen Personenverkehrs zu seinen Kunden ändert sich aufgrund des verfügbaren Wissens über diese, aber auch wegen der steigenden Kundenerwartungen rasant. Mit einem Wort: Die Kunden werden anspruchsvoller. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Apps bewirkt, dass Kunden nun immer höhere Erwartungen an den öffentlichen Personenverkehr stellen. Öffentliche Verkehrsbetriebe werden diese Kundenschnittstelle beibehalten. Es eröffnen sich aber auch Chancen für die Zusammenarbeit mit anderen. wie ist das zu verstehen? Durch die Digitalisierung können zahlreiche Akteure und Transportmittel zusammengebracht werden. Mit ihrer Hilfe können Verkehrsbetriebe und Behörden zusätzliche Leistungen, wie etwa neue Mobilitätsdienstleistungen, in ihre Kompetenzbereiche und ihr Angebot integrieren sowie integrierte Mobilitätsplattformen entwickeln oder deren Entwicklung unterstützen. Digitalisierung ist auch ein Mittel auf dem Weg zu einem effizienteren Betriebsablauf, indem das Potenzial großer Datenmengen und Sensortechniken für eine bessere Instandhaltung und Verwaltung sowie einen besseren Betrieb der Verkehrsmittel, Infrastruktur und Fahrzeuge genutzt wird. Schließlich führt sie zur technologischen Weiterentwicklung und der Herausbildung neuer Akteure und Dienstleistungen - von Apps zum Ticketverkauf für individuelle Fahrten bis hin zu automatisierten Fahrzeugen. Diese neuen Mobilitätsakteure ziehen derzeit ja große Aufmerksamkeit auf sich. was können wir von ihnen erwarten? Neue Mobilitätsanbieter können eine gewisse Konkurrenz für den öffentlichen Personenverkehr darstellen, in dem Sinne, dass sie die Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger auf sich ziehen. Diese Dienstleistungen werden letztlich ihren Platz in der städtischen Mobilitätslandschaft finden und die konventionellen Dienstleistungen des öffentlichen Personenverkehrs auf eine gewisse Weise ergänzen. Dazu muss es einen klar definierten Rahmen für ihren Wirkungsbereich geben. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass ein starkes öffentliches Verkehrsnetz das „Rückgrat” eines effizienten städtischen Verkehrswesens ist und bleibt. Genau darin müssen wir investieren. Das Ticketing im öffentlichen Personenverkehr entwickelt sich ständig weiter. Was gibt es Neues bei dieser Technologie? Wir können mehrere Trends bei der Bereitstellung von Lösungen für E-Ticketing erkennen - von der Kombination unterschiedlicher Technologien bis zu verschiedenen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zahlung. Smart Cards und mobiles Zahlen sind beide auf dem Vormarsch und beruhen auf unterschiedlichen Technologien, wie beispielsweise Nahfeldkommunikation (NFC). In einigen Städten lässt sich auch ein steigendes Angebot von kreditkartenbasierten Lösungen beobachten. und welche Auswirkungen werden automatisierte Fahrzeuge auf die städtische Mobilität haben? Die IT-TRANS ist eine Gelegenheit zum Austausch und zur Diskussion der neuesten Entwicklungen in Bezug auf automatisierte Fahrzeuge. Dabei soll vor allem eingeschätzt werden, wie sich diese auf die städtische Mobilität auswirken können. Die Diskussionen drehen sich um das aktuelle Dokument des VDV zu automatisierten Fahrzeugen sowie um den Pilotversuch und das Forschungsprogramm zu automatisierten Fahrzeugen der Land Transport Authority (LTA) in Singapur. Wir stehen außerdem am Beginn einer neuen Welle von Pilotprojekten für automatisierte Dienstleistungen im Straßengüterverkehr, wie beispielsweise dem von Car Postal in der Schweiz angekündigten Pilotprojekt. Es bleiben überwiegend unbekannte Faktoren bezüglich des großflächigen Einsatzes von automatisierten Straßenfahrzeugen bestehen. Es gibt jedoch wenig Zweifel daran, dass diese bei einem großflächigen Einsatz erhebliche Auswirkungen auf den Stadtverkehr haben werden. Dies könnte beispielsweise einen Wendepunkt für Car- Sharing-Dienstleistungen darstellen, eine Herausforderung, die unsere kombinierte Mobilitätsplattform genau untersuchen wird. ■ DATEN uND FAKTEN 1. bis 3. März 2016: iT-TRANs in der Messe Karlsruhe Die IT-TRANS, Internationale Konferenz und Fachmesse für IT-Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, feierte ihre Premiere im Jahr 2008 in Karlsruhe. Innerhalb kurzer Zeit hat sich die alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltung als wichtigste Plattform der Branche etabliert. Veranstalter sind der Internationale Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP) und die Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH. Die IT-TRANS richtet sich an alle Akteure des öffentlichen Personenverkehrs und insbesondere an Entscheidungsträger in öffentlichen und privaten Verkehrsbetrieben, in Verkehrsbehörden und Verbänden. Auf der dreitägigen Konferenz stellen internationale Referenten praxisnah in Sessions, Workshops und Präsentationen Innovationen vor und geben Empfehlungen für die praktische Umsetzung von IT-Lösungen im öffentlichen Personenverkehr. Mehr als 200 internationale Unternehmen und Dienstleister präsentieren in der Fachmesse ihre neuesten Produkte und Dienstleistungen. Weitere Informationen unter www.it-trans.org. Jarl Eliassen ist Experte für Information & Ticketing bei der UITP in Brüssel (BE) ZUR PERSON
