Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0050
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Ruhe vor dem Neustart?
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Werner Balsen
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Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 13 Luftverkehrsrechte Emirates POLITIK Drehkreuze im interkontinentalen Luftverkehr geführt haben. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich dagegen mit bislang vergleichsweise wenig beachteten 5. Freiheitsverkehren, konkret mit Nordatlantik-Flügen der Emirates. Allerdings führten Emirates-Flüge zwischen Mailand (MXP) und New York (JFK) schon kurz nach der Einführung zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Zwischenergebnis, dass ein italienisches Gericht angeordnet hat, die Flüge wieder einzustellen [2]. Das Ergebnis des Berufungsverfahrens steht noch aus, Emirates setzt die MXP-JFK-Flüge so lange fort. Der Aufstieg der Golf-Carrier ist Gegenstand wissenschaftlicher Veröfentlichungen, etwa zum Geschäftsmodell von Emirates [3] oder der Entwicklung des Streckennetzes [4]. Die Auswirkungen neuer Umsteigeverbindungen über die Drehkreuze der Golfregion auf die Verkehrsströme zwischen Deutschland und Asien hat Grimme [5] untersucht, De Wit [6] analysierte die komparativen Kostenvorteile der Golf-Carrier. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Verkehrsrechten der 5. Freiheit waren Gegenstand einer Studie von Intervistas Consulting [7]. Das Beratungsunternehmen CAPA untersuchte die von Emirates angebotenen 5. Freiheitsverkehre mittels Flugplandaten: Danach konzentriert sich die Fluggesellschaft bislang auf Strecken von und nach Australien [8]. Prognosen zu einem künftigen Angebot an 5. Freiheitsverkehren durch Emirates sind bisher nicht veröfentlicht worden. Wichtige Daten hierzu sind nur den Netzplanern der Fluggesellschaft bekannt. Die folgende Potenzialanalyse für Emirates- Flüge zwischen Deutschland und den USA führt zu Aussagen in Form von Vermutungen zur weiteren Netzexpansion von Emirates, die so nicht eintrefen müssen, aber dennoch die Informationsbasis für politische Entscheidungsträger und Luftfahrtbehörden verbessern. Rechtliche Rahmenbedingungen Jeder Staat besitzt Souveränität über seinen Luftraum. Die Errichtung internationaler Luftverkehre hängt daher von der Erlaubnis des Landes ab, dessen Luftraum genutzt werden soll. Kommerzielle Verkehrsrechte werden dabei in Luftverkehrsabkommen zwischen Staaten wechselseitig gewährt. Die Verkehrsrechte werden als Freiheiten der Luft bezeichnet und sind von der International Civil Aviation Organization im „Manual on the Regulation of International Air Transport“ deiniert [9]. Die hier vor allem bedeutsame 5. Freiheit ist deiniert als Recht, Passagiere und Fracht zwischen zwei ausländischen Staaten zu transportieren, so lange der Start- oder Endpunkt solcher Flugketten im registrierten Heimatstaat der Fluggesellschaft liegt [10]. Dabei müssen alle an der Flugkette beteiligten Staaten diese Freiheit gewähren. Voraussetzung für durch Emirates ausgeführte Flüge zwischen MXP und JFK war daher eine Genehmigung durch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), durch die USA sowie durch Italien. Seit den 1980er Jahren wurden weltweit restriktive Luftverkehrsabkommen durch liberalere Open-Skies-Abkommen ersetzt, in denen auch 5. Freiheitsrechte gewährt werden. Heute existieren solche Open-Skies-Abkommen zwischen den USA und der EU sowie zwischen den USA und den VAE. Jedoch hat weder die EU noch jeder einzelne Mitgliedstaat der EU ein Open-Skies-Abkommen mit den VAE. Italienische Behörden haben die Emirates- Direktlüge zwischen MXP und JFK daher in einem speziellen Verfahren bewilligt. Fehlende 5. Freiheitsrechte können von einer Fluggesellschaft grundsätzlich durch eine Kombination von 3. und 4. Freiheitsrechten umgangen werden. So befördert Lufthansa ihre Passagiere zwischen Italien und den USA durch das Angebot von Umsteigeverbindungen über Deutschland. Hauptnachteil solcher Umsteigeverbindungen gegenüber Direktverbindungen sind längere Reisezeiten für die Fluggäste. Durch die geographische Lage des Emirates-Drehkreuzes in Dubai kann der Golf-Carrier fehlende 5. Freiheitsrechte für Nordatlantikstrecken nicht ausgleichen. Auch wenn die 5. Freiheit prinzipiell gewährt ist, können Rechtsklauseln in die zwischenstaatlichen Luftverkehrsabkommen aufgenommen werden, die eine kommerzielle Ausübung der 5. Freiheit einschränken. In diesem Zusammenhang sind die Benennung („Designation“) von Fluggesellschaften sowie Vorgaben zu Frequenzen, Kapazitäten, Flugzeugtypen, Flugplänen und Tarifen zu nennen (vgl. [9]). Ferner sind 5. Freiheitsrechte regelmäßig auf bestimmte Städte-bzw. Flughafen-Paare beschränkt. Restriktive Luftverkehrsabkommen der VAE mit den meisten Mitgliedstaaten der EU schränken die Möglichkeiten von Emirates ein, Linienverkehre auf EU-US-Strecken zu etablieren. Deutschland hat von den großen EU-Staaten das liberalste Luftverkehrsabkommen mit den VAE. Artikel 2 des am 2. März 1994 in Abu Dhabi unterschriebenen Luftverkehrsabkommens zwischen Deutschland und den VAE erlaubt den 5. Freiheitsverkehr. Allerdings können Fluggesellschaften der VAE nur bestimmte Flughäfen in Deutschland anliegen. So kann Emirates heute von und nach Frankfurt (FRA), München (MUC), Düsseldorf (DUS) sowie Hamburg (HAM) liegen, nicht aber in die Hauptstadt Berlin. Technisch-operative Einflussfaktoren Ein wesentlicher Punkt, der bei der Entwicklung neuer Interkontinentalstrecken mit Großraumlugzeugen berücksichtigt werden muss, ist eine ausreichende Flughafeninfrastruktur. Das bezieht sich nicht nur auf eine ausreichende Länge der Start- und Landebahn, sondern auch auf weitere wichtige Flughafeneinrichtungen. Derzeit operiert Emirates auf 5. Freiheitsstrecken mit einer Distanz von mehr als 6000 km mit der Boeing 777-300ER, dem größten zweistrahligen Flugzeug der Welt [8]. Dies gilt auch für die MXP-JFK-Strecke. Selbst an Flughä- Bild 1: Emirates-Zielorte in Europa und den Vereinigten Staaten 2014 (Datenquelle: Emirates)
