Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0058
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2016
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Folgen des Klimawandels für massengutaffine Unternehmen in Baden-Würrtemberg
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2016
Anja Scholten
Benno Rothstein
Die möglichen Folgen des Klimawandels können für baden-württembergische Unternehmen in Zukunft möglicherweise ein erhöhtes Schadenrisiko darstellen. Um dieses Risiko zu reduzieren, ist ein frühzeitiges Erkennen der eigenen spezifischen Verwundbarkeit essentiell, um in einem nächsten Schritt Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu entwickeln. Im dem vorliegenden Beitrag werden für massengutaffine Unternehmen sowohl Verwundbarkeiten als auch potentielle Anpassungsmaßnahmen quantifiziert. Es zeigt sich, dass durch geeignete Anpassungsmaßnahmen auch für die ferne Zukunft (2071–2100) die Verwundbarkeit der Unternehmen auf das bekannte Maß von 1961–1990 reduziert werden kann. Dabei erweist sich die Verringerung der Schiffsgröße im Durchschnitt für die hier untersuchten Unternehmen als effektivere Maßnahme als die Vergrößerung der Lagerkapazität.
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Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 36 Visionen einer Mobilität für die Stadt der Zukunft Die Mobilitätsentwicklung der vergangenen 65 Jahre hat unsere Stadtlandschaften vielfältig verändert, in der Regel nicht zu deren Vorteil. Die Städte haben in den Verkehrsschneisen, die Autobahnen und Schienentrassen geschlagen haben, an Lebensqualität eingebüßt. Ausgangszustand ist die Autostadt: Wo stehen wir und welche Strategien können Alternativen bieten? Die Autoren: Jörg Schönharting, Stefan Wolter N eue Ziele prägen die Stadtverkehrsplanung: Das politische Ziel, den Klimaschutz und die Energiewende auch in den Städten umzusetzen, überlagert sich mit den klassischen, nach wie vor gültigen Zielen nach besserer Luft, weniger Lärm, mehr Sicherheit, mehr Flächen für Aufenthalt und Fußgänger und eine Finanzierung der Mobilität durch den Nutzer. Nur: Die Stadtbevölkerung muss mitspielen, sie ist letztlich der Entscheidungsträger, wie ein Angebot genutzt wird. Klimaschutz bedeutet eine radikale Abkehr von den Verbrennungsantrieben hin zu emissionsfreien Antrieben. Im Folgenden werden, aubauend auf von der Stiftung Mercator geförderten Untersuchungen zu „Neuen Verkehrskonzepten für die Stadt der Zukunft“, Strategien aufgezeigt, mit denen die Ziele einer nachhaltigen Mobilität erreicht werden können [1]. Strategie 1: Nahversorgung an den Wohn- und Arbeitsplatzstandorten unterstützen Kurze Wege bilden die Grundlage einer nachhaltigen Mobilität. Eine kompakte Siedlungsgestaltung, eine wohnungsnahe Ausstattung mit Versorgungs-, Dienstleistungs-, Freizeit- und Erholungseinrichtungen und eine Funktionsmischung von wohnen, arbeiten und ausbilden fördern die Nahmobilität. Komfortable Fußwege zu den Versorgungseinrichtungen und die Aufenthaltsqualität der zentralen Bereiche der Nahversorgung stärken die Nahmobilität. Neubaugebiete sollen als Mischgebiete ausgelegt werden. Strategie 2: Stärkung des Radverkehrssystems Das Fahrrad wird in der Mobilität der Zukunft wieder eine bedeutende Rolle spielen. Fahrradhighways ermöglichen direkte, schnelle und beleuchtete Verbindungen bis zu 10 km im Alltagsverkehr. Pedelecs können an öfentlichen Ladestationen während der Tätigkeiten der Nutzer am Ziel aufgeladen werden. Neue Logistiksysteme übernehmen den Warentransport mit Lastenfahrrädern. Und das Radwegenetz wird vom Straßenbetriebsdienst instand gehalten. INFRASTRUKTUR Stadtverkehrsplanung Foto: Iván Melenchón Serrano/ MorgueFile Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 37 Stadtverkehrsplanung INFRASTRUKTUR Wohnquartiere verfügen über Q uartiersgaragen, die mit der Vermietung von Wohnungen gekoppelt sind. In den zentralen Bereichen sind unter- oder oberirdische Lösungen mit automatischen Parkeinrichtungen verfügbar. Radfahren ist gesund und trendig und kann, wie die Beispiele aus Dänemark und den Niederlanden zeigen, zu jeder Jahreszeit ausgeübt werden. Pedelecs ermöglichen eine stress- und schweißfreie Fahrt zwischen Quelle und Ziel. Das wieder entdeckte Radverkehrssystem in der Stadt der Zukunft hat eklatant positive Auswirkungen auf Klimaschutz und Energiebedarf. Die Akzeptanz für den Ausbau des Radverkehrssystems und dessen Nutzung ist in der Stadtbevölkerung groß [2]. Strategie 3: Nutzen statt Besitzen, Rent a Bike und Carsharing Obwohl in Deutschland mehr Fahrräder als Einwohner registriert sind, gibt es einen erheblichen Anteil an Haushalten, die über kein eigenes Fahrrad verfügen. Hier ist das Rent a Bike-System von besonderem Interesse, auch weil man sich nicht um alles kümmern muss. Rent a Bike kann auch als Teil des Öfentlichen Verkehrs verstanden werden, es dient dann als Zubringer von und zur Haltestelle. Untersuchungen zeigen, dass diese Kombination Reisezeitvorteile gegenüber dem reinen ÖPNV aufweist. Beim quasi-stationsungebundenen Rent a Bike-System wird das Fahrrad an einer Station übernommen, genutzt und an einer anderen Station in Zielnähe wieder abgegeben. Rent a Bike-Fahrräder fahren mit und ohne elektrische Unterstützung. Nutzen statt Besitzen ist auch das Motto von Carsharing-Systemen. Stationsungebunden ist dabei das wichtige Stichwort. Beim stationsungebundenen Carsharing- System (SUC) werden Fahrzeuge reserviert oder spontan genutzt, am Ziel dann abgestellt und freigegeben. Stationsungebundenes Carsharing ersetzt bei jungen Menschen („Generation Smartphone“) zunehmend das eigene Auto. Die junge Kundschaft spart dabei die Anschafungs- und Betriebskosten eines eigenen Autos. Zukünftig wird das Leihfahrzeug auf Wunsch automatisch an den Standort des Kunden gebracht. Dann spart man sich noch den kleinen Fußweg. Auch im kommunalen Wirtschaftsverkehr werden zukünftig autonome Fahrzeuge eingesetzt [3]. So innovativ das SUC auch ist, die Wirkungen des stationsungebundenen Carsharing sind beschränkt. Der Hauptefekt für die Stadt ist die Mehrfachnutzung der eingesetzten Fahrzeuge, sodass der Stellplatzbedarf sinkt [1]. Im Stadtverkehr der Zukunft wirkt es als notwendiges Ergänzungssystem mit Komfortcharakter. D. h., der neue Öfentliche Verkehr funktioniert nur mit dieser Ergänzung in einer vernetzten Umgebung. Carsharing selbst wird aber dauerhaft ein Nischendasein fristen. Strategie 4: Mobilität wird elektrisch Die Zukunft des Autos wird elektrisch sein. Der Stromverbrauch durch Elektromobilität (100 % der PKW) liegt bei etwa 1/ 3 des Verbrauchs der privaten Haushalte [4]. Einer der Vorteile des elektrischen Antriebs ist die deutlich höhere Energieeizienz des Elektromotors im Vergleich zum Verbrennungsmotor und die bereits heute bessere CO 2 -Eizienz. Der LKW-Verkehr fährt mit Brennstofzellen auf Wasserstobasis. Lademöglichkeiten stehen bei großen Arbeitgebern, Einkaufszentren, in Parkhäusern und zu Hause zur Verfügung. Der zeitliche Verlauf des Strombedarfs durch Elektrofahrzeuge ist von der Ladestrategie abhängig. Günstig sind das Laden zu Hause und das Laden beim Arbeitgeber. Beim vernetzten Laden ergeben sich interessante Geschäftsmodelle, wobei dann geladen wird, wenn der Strompreis gering ist (Bild 1). Über das elektrische Fahren mit regenerativer Energie werden CO 2 -Emissionen vollständig vermieden (Bild 2). Die Akzeptanz der Stadtbevölkerung ist positiv. Einzelne Lifestylegruppen sind schon heute ofen für konkrete Änderungen [2]. Elektromobilität bedeutet eine Revolution für die Automobilwirtschaft: Das über Jahrzehnte angesammelte Knowhow einer ganzen Industrie inkl. den Ausbildungspro- 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 0: 00 1: 00 2: 00 3: 00 4: 00 5: 00 6: 00 7: 00 8: 00 9: 00 10: 00 11: 00 12: 00 13: 00 14: 00 15: 00 16: 00 17: 00 18: 00 19: 00 20: 00 21: 00 22: 00 23: 00 kWh / h Uhrzeit 816 616 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 A B CO 2 -Emissionen [t] pro Tag Szenario Bild 1: Zeitliche Verteilung des Strombedarfs [kWh pro Stunde] bei Auladestrategie 3 (am Arbeitsplatz laden, wenn ausreichend Standzeiten (> 2 h) vorliegen), 10 %-Szenario, Bsp. Köln. Bild 2: Vergleich der CO 2 -Emissionen des Status Quo (Szenario A) und eines Elektromobilität- Szenarios in Essen (Szenario B: ca. 33 % der MIV-Binnenfahrten und 10 % der Fahrten im Wirtschaftsverkehr (Kfz < 3,5 t zul. GG) in Essen werden durch Elektrofahrzeuge ersetzt). Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 38 Infrastruktur Stadtverkehrsplanung grammen an Hochschulen und Universitäten werden kurzfristig durch Neues zu ersetzen sein. strategie 5: flächenmanagement durch besseres Verkehrsmanagement Das Stadtgeschwindigkeitsniveau von Tempo 30 wird als Standard eingeführt. Shared Space ermöglicht Mischnutzung des öfentlichen Straßenraums in ausgewählten Bereichen. Durchgangsverkehre werden um die Quartiere mittels Verkehrsmanagement umgeleitet. Pendler nutzen den Öfentlichen Verkehr oder P+R, B+R und entlasten Straßen. „Grüne Wellen“ reduzieren den Energieverbrauch. Der Lkw-Verkehr erhält aus Gründen des Lärmschutzes ein Tag- und Nachtnetz zugewiesen. Die Bestimmung der Verkehrslage wird mit dichterer Sensorik und Floating Car Data immer besser. Umweltsensitive dynamische Verkehrssteuerung sichert die Luftqualität und reduziert Eingrife [5]. Automatische unter- oder oberirdische Parkhäuser entlasten den öfentlichen Straßenraum. Parallel werden die öfentlichen Flächen, die bisher zugeparkt sind, für Aufenthalt und Zufußgehen umgewidmet. Wohnen in verdichteten Gebieten wird wieder attraktiv. strategie 6: Der neue Öfentliche Verkehr Das Angebot des Öfentlichen Verkehrs wird mit Leihfahrrädern, elektrischen Leih- Autos und elektrischen Taxen verknüpft, die die „letzte Meile“ abdecken und dem ÖPNV eine neue Angebotsqualität ermöglichen [1]. Neue Angebote für spontane Mitfahrgemeinschaften erhöhen den Besetzungsgrad. Neue Plattformen zur Bündelung von Lieferverkehren reduzieren den Wirtschaftsverkehr um 20 % und mehr [6]. Schnelle Züge binden die Stadt an das Umland an. Die Infrastruktur wird mit den Fahrzeugen vernetzt, die Fahrzeuge kommunizieren online untereinander. Verkehrsteilnehmer erhalten Informationen über besondere Zustände der Infrastruktur und können bessere Entscheidungen für ihre aktuelle und tägliche Mobilität trefen [7]. Durch die Vernetzung werden für den Fahrgast umfassende und komfortable Möglichkeiten zu Information, Buchen, Reservieren und Bezahlen des multimodalen Angebots geschafen. Einsteigen - aussteigen - Ende des Monats Abrechnung. Ein Anbieter, eine Rechnung. strategie 7: Vernetzte Mobilität in einer vernetzten stadt Die über IT getriebene Entwicklung ermöglicht eine Vernetzung von Energieproduktion, Gebäudenutzung und Mobilität [8]. Der Gebäudeeigentümer produziert auf seinem Dach mittels PV oder Windkraft Strom, gibt ihn an Ladestellen der Elektromobilität ab oder speichert den erzeugten Strom. Damit entstehen lokale Stromproduzenten mit völlig neuen Geschäftsmodellen. Aufgrund der Vernetzung können diese Prozesse intelligent gesteuert werden, sei es, um Netzüberlastungen zu vermeiden, sei es, um den erforderlichen Energiebedarf bereitzustellen. Ökonomische Optimierungen werden möglich. Mobilität wird mit den täglichen Aktivitäten vernetzt. Die vernetzte Stadt als Zukunftsvision ist voller Chancen für eine individuelle Ausgestaltung. Die technischen Entwicklungen dauern, auch gibt es die Probleme der Standardisierung der neuen Technologien. Es wird Zeit vergehen, bis ausgereifte und bezahlbare Lösungen verfügbar sind. Die Stadtbevölkewww.trolleymotion.eu am 17.+ 18. November 2014 Freie und Hansestadt Hamburg, Handwerkskammer I n t e r n a t i o n a l e E-BUS-KONFERENZ 4. Die vierte internationale E-Bus-Konferenz liefert einen aktuellen und umfassenden Überblick der heutigen Antriebs- und Versorgungssysteme, zeigt Anwendungen aus der Praxis und hinterfragt die verschiedenen Konzepte aus der Sicht von Wissenschaft und Forschung, sowie von Praktikern. Sie zeigt die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre seit der letzten Konferenz auf und berichtet über Erfolg - und Fehlschläge, vielversprechende Ansätze sowie die technischen und betrieblichen Anforderungen und Optimierungsnotwendigkeiten. Für Entscheidungsträger in Verwaltung und Politik, aus Verkehrsunternehmen und Industrie, für Wissenschaft und Berater bietet die Konferenz einen einzigartigen und kompletten Überblick über alle Technologien und Anwendungen. Für jeden Teilnehmer soll die Frage beantwortet werden: E-Bus, ja klar, aber wie? Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 39 Stadtverkehrsplanung INFRASTRUKTUR rung trennt sich nur schwer von liebgewordenen Gewohnheiten, ein Eingrif von außen in die Lebensverhältnisse stößt auf Widerstände. Auch sind die notwendigen Informationen zu den neuen Erfordernissen und Möglichkeiten noch nicht in den Köpfen der Stadtgesellschaft verankert. Und die Stadtpolitik tut sich schwer, neue Wege zu gehen, die Nutzer des liebgewordenen Autos verunsichern könnten. Die Einkommensentwicklung der Bevölkerung spielt eine große Rolle bei Investitionsentscheidungen. Wie sich Einkommen entwickeln werden, darüber kann spekuliert werden. Solange Einkommen im Durchschnitt eher sinken, wird dies der neuen Mobilität in die Hände spielen. Es bleibt also die Vision, dass sich das Leben in der Stadt mit den genannten Mobilitäts- und Vernetzungskomponenten eines Tages gesünder, sicherer und familienfreundlicher abspielen wird. ■ LITERATUR [1] Biniok, K., Schönharting, J., Serwa, M., Wessely, A., Wolter, S.: Neue Verkehrskonzepte für die Stadt der Zukunft, Beitrag zur Bewerbung der Metropole Ruhr für die European Green Capital, Projektbericht der TRC GmbH, Essen 2013 (n.v.). [2] Fitzner, G.: Neue Verkehrskonzepte für die Stadt der Zukunft, Stated Preferences Haushaltsbefragung in Essen. Projektbericht des Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI), Essen 2013 (n.v.). [3] Flämig, H.: Autonome Fahrzeuge für die Logistik. In: Internationales Verkehrswesen, Heft 2, 2014. [4] Biniok, K., Schönharting, J., Wessely, A., Wolter, St.: Energieverbrauch und Ladestrategien für Elektromobilität in Metropolräumen aufgezeigt am Beispiel colognE-mobil (Köln) In: Straßenverkehrstechnik, Heft Oktober 2011, Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn, 2011. [5] Diegmann, V. 2014: Umweltwirkungen von dynamischen Verkehrsbeeinlussungsmaßnahmen eine Übersicht mit Fallbeispielen. In: Straßenverkehrstechnik Heft April 2014, Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn, 2014. [6] Brunner, M., Schönharting, J., Schönharting, V., Wolter, S.: Entwicklungsprojekt Bündelung von Lieferservices. Projektbericht, Essen, Mai 2014 (n.v.) [7] Wolter, Stefan: Individuelle und dynamische Navigation unter Berücksichtigung von Restkapazitäten im Straßennetz. In: H. Prof / W. Pascha / J. Schönharting / D. Schramm (Hrsg.): Schritte in die künftige Mobilität - Technische und betriebswirtschaftliche Aspekte. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden, 2013. [8] colognE-mobil II - Elektromobilitätslösungen für NRW, Teilprojekt 5.1: Photovoltaik als dezentraler Energielieferant für Elektromobilität Jörg Schönharting, Prof. em. Dr. techn. TRC Transportation Research & Consulting GmbH, Essen schoenharting@trc-transportation. com Stefan Wolter, Dipl.-Ing. TRC Transportation Research & Consulting GmbH, Essen wolter@trc-transportation.com STANDPUNKT Erhalten - Gestalten - Vorausschauen Ein Kommentar von Prof. Dr. habil Wolfgang H. Schulz, Leiter des Amadeus Center for Mobility Studies | CfM an der Zeppelin Universität, Friedrichshafen E ine bedarfsgerechte Verkehrsinfrastruktur ist und bleibt der wichtigste Faktor für den Erfolg einer Volkswirtschaft. Damit besteht die Notwendigkeit, Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen durchzuführen, um zu vermeiden, dass Verkehrsverhältnisse sich verschlechtern, Nutzerkosten steigen, die Produktivität sinkt und Beschäftigung abgebaut wird. Erhaltung um jeden Preis kann dabei aber nicht die Devise sein. Die Verteilung der inanziellen Mittel kann nur eizient erfolgen, wenn tatsächlich intermodaler und intramodaler Wettbewerb garantiert werden können. Die Entfesselung des intermodalen Wettbewerbs darf nicht tabuisiert werden. Daher liegt die Aufgabe der Verkehrspolitik in einer wettbewerbsneutralen Erhaltung der volkswirtschaftlichen Kerninfrastruktur. Allerdings muss klar gesehen werden, dass für die Zukunft der qualitative Ausbau der Verkehrsinfrastruktur immer wichtiger wird. Qualitativ heißt, dass die Efizienz der Infrastruk turnutzung erhöht wird. Die Efizienzerhöhung kann erreicht werden durch preisliche, techni sche und organisatorische Maßnahmen. Die Kapazitätsauslastung muss durch intelligente Preismodelle verbessert werden. Die Aufgabe der Verkehrspolitik ist es aber hier, dafür zu sorgen, dass derartige Maßnahmen sozialpolitisch verträglich umgesetzt und keine künstli chen Mobilitätsbarrieren aufgebaut werden. Insofern hat die Verkehrspolitik im Sinne der so zialen Marktwirtschaft eine gestalterische Aufgabe. Im Bereich der Straßenverkehrsinfra strukturnutzung spielen die neuen Car2X-Technologien in Zukunft eine Rolle. Sie können zur Verkehrssicherheit beitragen und aufgrund der Vernetzung sowohl die Auslastung der Ver kehrsinfrastruktur als auch den Zeitaufwand der Verkehrsteilnehmer deutlich verringern. Administrative Hürden müssen dabei überwunden werden. Gerade Car2X-Technologien zeigen auch, dass technische Systeme ihre volle Wirkung nur dann entfalten, wenn sie europaweit und nicht nur in einer nationalen Lösung umgesetzt werden. Das bisherige Problem organisatori scher Lösungen war, dass sie sich auf klassische Geschäftsmodelle bezogen haben. Neue An bieter außerhalb der traditionellen Betreiber werden die Organisation des Marktes verändern und damit auch die Durchsetzung neuer Technologien sowie neuer Preismodelle forcieren. Der intermodale Wettbewerb erhält damit Impulse aus einem intersektoralen, also branchen übergreifenden Wettbewerb. Damit besteht ein erheblicher Bedarf der Abstimmung zwischen Wettbewerbs- und Verkehrspolitik. Das dritte wesentliche Element der Verkehrspolitik im Bereich der Infrastruktur ist die vorausschauende Gestaltung. Wie die Mobilität der Zukunft aussieht, lässt sich nur erahnen, aber die Politik muss mögliche Systemwechsel unterstützen. Die heutige Verkehrspolitik ori entiert sich an Einnahmen und nicht an einer zukunftsweisenden Strategie. Es kann nicht im mer nur um die Kostenbelastung der Verkehrsteilnehmer gehen. Lösungen müssen durchge setzt werden, damit Möglichkeiten für strategische Weiterentwicklungen geschaffen werden. Es ist ein gewisser Mut zur Entscheidung gefordert. Manchmal muss die Politik auch bereit sein, einen Transrapid zu bauen. ■
