eJournals Internationales Verkehrswesen 68/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0065
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Elektromobiles Carsharing für Gewerbekunden

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Sven Lißner
Udo Becker
Elke Clarus
Die Bundesregierung setzte sich im Jahr 2011 das Ziel, eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland auf die Straße zu bringen. Diese ambitionierte Zielgröße soll unter anderem durch verschiedene Schaufensterprojekte realisiert werden.Das diesem Artikel zugrundeliegende Förderprojekt „eCarsharing für Gewerbekunden“ ist Teil des niedersächsischen Schaufensters „Unsere Pferdestärken werden elektrisch“. Ziel des Projektkonsortiums, bestehend aus der Stadtmobil Hannover GmbH, dem Lehrstuhl für Verkehrsökologie der TU Dresden und der Ernst & Young GmbH, war es, Business-Kunden mit Elektrofahrzeugen auszustatten. Dazu wurden geeignete Geschäftsmodelle erarbeitet und die ökologische Auswirkung des Wechsels von Verbrennerfahrzeugen hin zu Elektrofahrzeugen untersucht.
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Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 62 LOGISTIK Fahrermangel eher unbefriedigend erachtet. Entsprechend können 77,0 % der 624 befragten Personen der Aussage, sie seien zufrieden mit ihrer Entlohnung, nicht zustimmen. Diesbezüglich wird ersichtlich, dass die Entlohnung ein wesentliches Potenzial zur Verbesserung des Arbeitsalltags eröfnet. In gleicher Weise wird die Arbeitszeit durch die Berufskraftfahrer als nicht befriedigend wahrgenommen. So können 70,8 % der befragten Kraftfahrer der Aussage nach einer Zufriedenheit mit ihrer Arbeitszeit nicht zustimmen. Die Ergebnisse der Untersuchung unterstützen somit das bereits gezeichnete Bild der Arbeitsbedingungen von Berufskraftfahrern. Der Arbeitsalltag von Berufskraftfahrern ist von langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten gekennzeichnet und nicht wenige Berufskraftfahrer leisten regelmäßig Überstunden [12]. Im Falle des Fernverkehrs kommen lange Abwesenheitszeiten von zuhause hinzu [4]. Diese Situation wird folglich von den Berufskraftfahrern als besonders problematisch eingestuft und führt zu vergleichsweise hoher Unzufriedenheit. Auch in der Gestaltung der Arbeitszeit liegt somit ein erhebliches Verbesserungspotenzial. Die Bedingungen am Arbeitsplatz werden ebenso als nicht befriedigend bewertet. 65,8 % der Kraftfahrer lehnen die Aussage nach der Zufriedenheit mit den generellen und umgebungsbedingten Arbeitsbedingungen ab. Deshalb können auch Faktoren wie die Ausrüstung sowie der Zustand und Komfort des LKW Ansatzpunkte darstellen, welche die Zufriedenheit von Berufskraftfahrern positiv und damit deren Wechselbereitschaft negativ beeinlussen. Die aufgezeigten empirischen Ergebnisse decken sich mit den Einschätzungen anderer Studien. Nach einer Analyse des Bundesamtes für Güterverkehr sind eine höhere Vergütung sowie die Einschätzung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsumfelds beim neuen Arbeitgeber Hauptantriebskräfte für einen Stellenwechsel und spielen für die Entscheidung über den Arbeitgeber eine maßgebliche Rolle [12]. Handlungsempfehlungen und Lösungsansätze Hinsichtlich der aufgezeigten Verbesserungspotenziale - Entlohnung, Arbeitszeit und Bedingungen am Arbeitsplatz - können Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis abgeleitet werden. Diese drei Größen stellen Ansatzpunkte dar, die Bindung von Berufskraftfahrern an das Unternehmen aktiv zu beeinlussen. Darüber hinaus können Transportunternehmen die Bindung an ihr Unternehmen durch eine angemessene Unterstützung der Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer erhöhen. Diese vorgeschlagenen Maßnahmen weisen jedoch deutliche Kostenefekte auf. So stehen Transportunternehmen gegenwärtig vor der Herausforderung, den Nutzen der Bindung des Fahrpersonals gegenüber damit verbundenen Kostenerhöhungen abwägen zu müssen. Grundsätzlich ist deshalb fraglich, in welchem Ausmaß einzelne Unternehmen vor dem Hintergrund des intensiven Kostenwettbewerbs innerhalb der Branche derartige Maßnahmen zur Personalbindung umsetzen werden. Die ausgeprägte Fluktuation entzieht jedoch Transportunternehmen, die keine geeigneten Maßnahmen der Personalbindung ergreifen, mittelfristig die Grundlage ihrer Leistungserstellung. Dieses Dilemma ist auf Ebene der Einzelunternehmen kaum zu lösen. Zudem können Unternehmen aufgrund der herrschenden Bedingungen zur Erbringung von Straßengüterverkehrsleistungen die Bindung der Berufskraftfahrer an ihren Beruf nur indirekt und damit in einem geringen Maße beeinlussen. Der Grad der Verbundenheit mit dem Beruf ist vorrangig eine Folge der von Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern empfundenen Zufriedenheit mit ihrem Beruf. Gleiches gilt analog für die Erwartungen von potenziellen Berufsanfängern. Einzelne Unternehmen verfügen deshalb unter den gegebenen Produktionsverhältnissen über nur geringe Möglichkeiten, das Angebot an Berufskraftfahrern insgesamt zu erhöhen. So kommt zwar der Bemühung von Unternehmen, die Attraktivität der Berufsausbildung zur Berufskraftfahrerin bzw. zum Berufskraftfahrer zu erhöhen, eine wesentliche Bedeutung zu. Insgesamt stehen jedoch Transportunternehmen am Arbeitsmarkt für Berufskraftfahrer im Wettbewerb um ein gegebenes, begrenztes Arbeitskräfteangebot. Das Phänomen der Fahrerknappheit kann somit als Resultat des Wettbewerbs um Arbeitskraft zwischen der Straßengüterverkehrsbranche und anderen Wirtschaftsbereichen gesehen werden. Chancen zur Erhöhung der Attraktivität der gesamten Branche und damit des Berufs der Kraftfahrerin und des Kraftfahrers können daher vor allem auf unternehmensübergreifender Ebene gesehen werden. Eine Verständigung über die Tragweite dieser Problematik und die Entwicklung unternehmensübergreifender Lösungsansätze erfordern die Beteiligung einer Vielzahl von Akteuren, wie den Branchenverbänden, den beteiligten Tarifparteien und aufgrund der Schlüsselrolle der Transportwirtschaft auch der staatlichen Stellen. ■ LITERATUR  [1] TÜV Rheinland: Aktuelle Studie: Fahrermangel bei Lkw bedroht auch die Verkehrssicherheit, Köln 2012, Einzusehen auf den Seiten des TÜV Rheinland: http: / / www.tuv.com/ news/ de/ deutschland/ ueber_uns/ presse/ meldungen/ newscontentde_110278.html/ Aktuelle Studie: Fahrermangel bei Lkw bedroht auch die Verkehrssicherheit  [2] Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME): Risikomanagement in Transport und Logistik 2015, Frankfurt und Lörrach 2012, Einzusehen auf den Seiten des BME: htt p : / / www. b m e. d e/ fil e a d m i n/ b il d e r/ P D F/ W itte n b r i n k_ BME_2012_Langfassung_Stand_07_11_2012_.pdf  [3] Large, R.: Betriebswirtschaftliche Logistik, Band 1: Logistikfunktionen, München und Wien 2012  [4] Peirowfeiz, R. und Large, R.: Mangel an Berufskraftfahrern im Güterverkehr. Ursachen, Folgen und Lösungsansätze, Kurzbericht der Kooperationsstelle Arbeitswelt und Wissenschaft der Universität Stuttgart, Nr. 01/ 2013, Stuttgart 2013  [5] Cantor, D.E., MacDonald, J.R. und Crum, M.R.: The Inluence of Workplace Justice Perceptions on Commercial Driver Turnover Intentions, Journal of Business Logistics, Vol. 32, No. 3, 2011  [6] von Hofe, A.: Strategien und Maßnahmen für ein erfolgreiches Management der Mitarbeiterbindung, Hamburg 2005  [7] Johnson, J.C., Bristow, D.N., McClure, D.J. und Schneider, K.C.: Determinants of Job Satisfaction Among Long-Distance Truck Drivers: An Interview Study in the United States, International Journal of Management, Vol. 28, No. 2, 2011  [8] Kemp, E., Koop, S.W. und Kemp, E.C.: Take this Job and Shove It: Examing the Inluence of Role Stressor and Emotional Exhaustion on Organizational Commitment and Identiication in Professional Truck Drivers, Journal of Business Logistics, Vol. 34, No. 1, 2013  [9] Large, R., Breitling, T. und Kramer, N.: Driver Shortage and Fluctuation - Occupational and Organizational Commitment of Truck Drivers, Association Internationale de Recherche en Logistique (Hrsg.): RIRL 2014. The 10th International Conference on Logistics and SCM Research, Marseille 2014 [10] Large, R., Kramer, N. und Hartmann, R.K.: Procurement of logistics services and sustainable development in Europe: Fields of activity and empirical results, Journal of Purchasing and Supply Management, Vol. 19, No. 3, 2013 [11] Shattell, M., Apostolopoulos, Y., Sönmez, S. und Griin, M.: Occupational Stressors and the Mental Health of Truckers, Issues in Mental Health Nursing, Vol. 31, No. 9, 2010 [12] Bundesamt für Güterverkehr (BAG): Marktbeobachtung Güterverkehr, Auswertung der Arbeitsbedingungen in Güterverkehr und Logistik, Köln 2013 Tobias Breitling Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Allg. BWL, Logistik und Beschafungsmanagement, Betriebswirtschaftliches Institut, Universität Stuttgart tobias.breitling@bwi.uni-stuttgart.de Nikolai Kramer Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Allg. BWL, Logistik und Beschafungsmanagement, Betriebswirtschaftliches Institut, Universität Stuttgart nikolai.kramer@bwi.uni-stuttgart.de Rudolf O. Large, Prof. Dr. Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Allg. BWL, Logistik und Beschafungsmanagement, Betriebswirtschaftliches Institut, Universität Stuttgart rudolf.large@bwi.uni-stuttgart.de Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 63 Urbane E-Logistik LOGISTIK Elektromobilität im städtischen Wirtschaftsverkehr Die Elektromobilität bringt neuen Schwung in ein zunehmend wichtigeres Thema: Werden sich E-Nutzfahrzeuge im städtischen Wirtschaftsverkehr in absehbarer Zeit etablieren können? Welche Vorteile lässt eine stärkere Verbreitung elektrischer Nutzfahrzeuge erwarten? Und welche innovativen Geschäftsmodelle gibt es bereits? Der Autor: Wolfgang Aichinger E ine Gewissheit wird jeden Tag im Straßenverkehr wieder bekräftigt: Mit dem Wirtschaftsverkehr sind in den Städten und Regionen zahlreiche Herausforderungen verknüpft. Handlungsdruck in den Städten nimmt zu Denn obwohl die Fahrzeuglotten der Logistikbranche in den letzten Jahren deutlich umweltfreundlicher wurden, stammt ein großer Teil der Emissionen im Straßenverkehr von leichten und schweren Nutzfahrzeugen. Daten darüber sind nicht einfach zu gewinnen, für Baden-Württemberg liegen sie aber zum Beispiel auf Landesebene für das Jahr 2010 vor. Im Südwesten gehen 28 % des CO 2 -Ausstoßes, 53 % der Stickstofoxid- Emissionen (NO x ) sowie 41 % der Feinstaubemissionen im Straßenverkehr auf den Wirtschaftsverkehr zurück. Deutschlandweit mühen sich Kommunen, die schlechte Luftqualität in den Grif zu bekommen. Von Seiten der Europäischen Kommission drohen herbe Strafzahlungen, falls beispielsweise in München, Berlin oder im Ruhrgebiet die Stickstofdioxidbelastung bis 2015 nicht auf ein akzeptables Maß reduziert wird. Die Logistikbranche betont, dass die speziischen Emissionen der Fahrzeuge seit Mitte der Neunzigerjahre deutlich zurück gegangen seien. Dies zeigt sich auch in Bild-1. Zumindest teilweise wurden diese Fortschritte jedoch durch einen Anstieg der transportierten Tonnenkilometer um knapp 55 % zwischen 1995 und 2010 wieder aufgewogen. Laut der Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums ist bis 2030 mit einer weiteren Zunahme des Güterverkehrsaufwands auf der Straße um rund 39 % zu rechnen. Durch den rasant wachsenden Wirtschaftsverkehr geht die tatsächliche Belastung durch Luftschadstofe also nicht im gleichen Maße zurück, wie die Fahrzeuge sauberer werden. Eizientere Motoren und umweltfreundlichere Treibstofe allein lösen das Problem nicht. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Herausforderungen, beispielsweise in Bezug auf Lärmschutz, Staus oder die starke Abnutzung der Straßeninfrastruktur durch schwere Nutzfahrzeuge. Wenn durch den rasch zunehmenden Internethandel und andere Entwicklungen in Zukunft noch mehr Lieferfahrzeuge durch die Städte fahren - wie lebenswert sind diese dann? Wie eizient wird Logistik unter solchen Bedingungen überhaupt noch gestaltet werden können? In der stark kostengetriebenen Logistikbranche steht die Suche nach eizienteren Lösungen für die Innenstädte mittlerweile immer häuiger auf der Tagesordnung. Auch ein „grüneres“ Image wird zusehends wichtiger. Quer durch Deutschland und dem benachbarten Ausland werden derzeit- in Forschungsprojekten und innovativen Unternehmen neue Ansätze zur Gestaltung der städtischen Logistik untersucht. Elektromobilität ist jeweils Teil der Lösung. Konkurrenzfähig mit neuen Fahrzeugtypen Noch vor wenigen Jahren ein absolutes Nischenthema, stehen Lasten-Pedelecs heute vielerorts im Mittelpunkt des Interesses. Ähnlich wie ein Tesla erregen mit Elektromotor unterstützte Lastenräder wie das „iBullit“ im Straßenverkehr viel Aufmerksamkeit und wirken als positiver Werbeträger (Bild 2). Bedeutsamer aus unternehmerischer Sicht ist jedoch der Kostenvergleich. Laut Herstellerangaben liegen die jährlichen Gesamtkosten bei unter einem Viertel der Kosten eines vergleichbaren Kraftfahrzeuges: Das Lastenrad benötigt keine Versicherung und zeichnet sich im laufenden Betrieb durch geringe Wartungskosten und zu vernachlässigende Energiekosten aus. Zusätzlich entstehen operative Vorteile, da für den Radverkehr freigegebene Einbahn- Bild 1: Besonders die speziischen Stickstof- und Feinstaub-Emissionen von LKWs gingen zwischen 1995 und 2010 zurück. Quelle: Deutsches Institut für Urbanistik nach Umweltbundesamt Bild 2: Lastenräder mit Elektroantrieb eignen sich für bis 100 kg Zuladung. Foto: Amac Garbe/ DLR Internationales Verkehrswesen (66) 3 | 2014 64 Logistik Urbane E-Logistik straßen in Gegenrichtung befahren werden dürfen oder die Suche nach Haltemöglichkeiten entfällt. In welcher Weise das zulassungs- und führerscheinfreie „iBullit“ mit seiner großräumigen, stabilen Transportkiste für bis zu 100 kg Zuladung eine ökologische Alternative im Lieferverkehr ist und Autofahrten ersetzen kann, untersucht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bei Kurier- und Expressdiensten in insgesamt acht Städten werden aus betriebswirtschaftlicher Sicht Verlagerungspotenziale von PKW-Kurierfahrten identiiziert und die damit einhergehende Reduktion von Umweltbelastungen ermittelt. Insgesamt 40 „iBullitt“-Lastenräder sowie ein CargoCruiser-Dreirad für bis zu 300 kg Zuladung werden dafür eingesetzt. Die vorläuigen Ergebnisse sind ermutigend und auch für klassische Fahrradkuriere interessant. Im Schnitt sind mit dem Pedelec 67 Last-km pro Tag möglich, rund 20 % mehr als mit herkömmlichen Rädern. Mittlerweile wurden alle in Berlin im Zuge des Projekts eingesetzten Lasten-Pedelecs an die Fahrer verkauft, da der Umstieg entsprechende Vorteile zeigte. Das sehen auch andere Unternehmen so. Der Zustelldienst UPS nutzt beispielsweise in Dortmund, Hamburg und Köln Lastenräder für die sogenannte „letzte Meile“. In den Niederlanden ersetzte DHL 33 LKW durch ebenso viele Lastenräder, was neben rund 150 000 kg CO 2 auch 430 000 EUR jährliche Kosten eingespart hat. Neue geschäftsmodelle durch Mikrokonsolidierung Immer häuiger wird auch die Kombination aus schweren und leichten Nutzfahrzeugen versucht. Die Idee ist einfach: LKW bringen Waren aus dem suburbanen Depot zu innerstädtischen Umschlagspunkten, von denen leichte Elektrofahrzeuge die Waren auf der „letzten Meile“ ausliefern. Vor allem aus Sicht der Kommunen ist dieses Modell attraktiv: weniger Emissionen in den dicht verbauten Innenstädten, weniger Stau, weniger Unfälle - so lauten die Hofnungen (Bild 3). In den engen Straßen Londons agiert das Unternehmen GnewtCargo erfolgreich nach diesem Modell. Allein mit elektrischen Nutzfahrzeugen transportiert es im Auftrag von Einzel- und Onlinehändlern Lieferungen, die vorher in einem eigenen Mikrokonsolidierungszentrum zu passenden Touren zusammen gestellt wurden. Das innovative Konzept ist emissionsfrei, wirtschaftlich konkurrenzfähig und grundsätzlich übertragbar. Ähnliche Erfahrungen werden in den Niederlanden oder Frankreich gemacht, zum Teil mit Unterstützung der öfentlichen Hand. So hat die Stadt Amsterdam den Erwerb von vier sogenannten Cargohoppern bezuschusst, die ein Unternehmen für die emissionsfreie Belieferung von in der Umweltzone gelegenen Supermärkten, Einzelhändlern oder Baustellen einsetzt (Bild- 4). Auch hier bildet ein innenstadtnahes Verteilzentrum das Rückgrat des Konzepts, das im laufenden Betrieb kostendeckend funktioniert. In Paris ist eine ganze Reihe stadtnaher Hubs im Einsatz, mitunter in umfunktionierten Tiefgaragen. Weitere sind im Entstehen. Für den deutschen Markt fehlen noch tragfähige Lösungen. Die Berliner Entwicklung „Bentobox“ zeigte aber bereits während eines von der EU geförderten Testlaufs, dass durch den Einsatz der innerhalb des S-Bahn-Rings gelegenen Verteilstation bei gleicher Servicequalität rund 20 % Prozesskosten eingespart werden können. Die größten Herausforderungen bei all diesen Ansätzen sind, in dicht verbauten Stadtquartieren entsprechende Flächen zu gewinnen und ein wirtschaftlich tragfähiges Betreibermodell für die Umschlagläche zu entwickeln. Entzerrung von Lieferzeiten mit-E-Fahrzeugen Elektrofahrzeuge sind durch das Entfallen der Motorgeräusche potenziell deutlich geräuschärmer als herkömmliche Fahrzeuge. Dies kann besonders im Wirtschaftsverkehr interessant sein, da beispielsweise im Schwerlastbereich die Motorengeräusche bis 50 km/ h überwiegen. In mehreren aktuellen Projekten wird derzeit untersucht, ob durch leisere Elektrofahrzeuge eine Ausdehnung der Lieferzeiten in lärmempindlichen Stadtteilen möglich ist und welche Anpassungen auf rechtlicher, technischer oder betrieblicher Seite dafür nötig sind. Besonders in der Belieferung von Einzelhandelsstandorten werden Potenziale gesehen. In den Städten Dortmund, Karlsruhe und Köln wird derzeit im Projekt „Geräuscharme Nachtlogistik“ (GeNaLog) unter Mitwirkung der Firmen T€Di, Rewe und Doego an geräuscharmer Belieferung geforscht. Aus Unternehmenssicht spricht die im Mehrschichtbetrieb höhere Auslastung des Bild 3: Durch das Mikrokonsolidierungszentrum entfallen Fahrten zum suburbanen Depot. Quelle: Deutsches Institut für Urbanistik nach Gnewt Cargo Bild 4: In den engen Straßen der Amsterdamer Innenstadt ersetzt der Cargohopper LKW- Fahrten. Quelle: Transmission Fahrzeugs für solche Ansätze, wodurch sich höhere Anschafungs- oder Umrüstungskosten besser amortisieren. Wichtig ist, die Be- und Entladevorgänge geräuscharmer zu gestalten. Zudem stellen sich betriebliche Herausforderungen wie zum Beispiel der Arbeits- und Warensicherheit. Im Gegenzug für eventuell erforderliche Genehmigungen für die ausgedehnten Lieferzeiten erwarten sich die Kommunen eine Entzerrung des Straßenverkehrs. Die TU Berlin verfolgt mit der Spedition Meyer & Meyer im Projekt „NaNu“ das Ziel, E-Nutzfahrzeuge in der Größenklasse 7,5 t durch ein Batteriewechselsystem für einen 24-stündigen Mehrschichtbetrieb zu nutzen. Des Weiteren soll die Nutzung von Umschlagdepots und Fahrzeugen in der Nacht ordnungsrechtlich geklärt werden. Ein Thema für Unternehmen und Kommunen Neben einer großen Zahl an innovativen Unternehmen entdecken auch immer mehr Kommunen den städtischen Wirtschaftsverkehr als zentrales Handlungsfeld. Durch das zu erwartende Verkehrswachstum und strengere Grenzwerte für Luft- und Lärmemissionen steigen die lokalen Herausforderungen. Innovative Lösungen, die rasch zu Verbesserungen der Umwelt- und Lebensqualität führen, sind daher gefragt. Städte wie Stuttgart, Dortmund oder Köln gehen mit gutem Beispiel voran, und haben bereits durch Runde Tische oder ähnliche Instrumente einen aktiven Dialog mit den Unternehmen begonnen. Dabei zeigt sich, dass Kommunen auch ein Interesse haben, mit eigenen Fördermaßnahmen zusätzliche Anreize für den Einsatz von E- Nutzfahrzeugen zu setzen. Als Ordnungsbehörden tun Kommunen dies beispielsweise durch strengere Umweltzonen. So beabsichtigt die Stadt London mittlerweile sogar, ab 2020 eine Tagespauschale für Fahrzeuge einzuheben, die nicht dem Euro 6 Standard entsprechen. Aber auch bei der kommunalen Beschaffung von Fahrzeugen, Waren und Dienstleistungen ist es möglich, ökologische Kriterien zu berücksichtigen. Und nicht zuletzt können Städte helfen, die Unternehmen vor Ort mit Informationen über dieses neue Thema zu versorgen. Neben Probefahrten und Testangeboten können Kommunen zum Beispiel auch Fuhrparkanalysen oder Beratung über Finanzierungsmöglichkeiten vermitteln. Fazit Der Einsatz von Elektromobilität kann sowohl Unternehmen als auch Städten dienen. Mit Routenlängen zwischen 50 und 100 km, vielen Stop-and-go-Fahrten, einem hohen Anteil periodischer Verkehre und regelmäßigen Stopps liegen im städtischen Wirtschaftsverkehr häuig günstige Voraussetzungen für die Nutzung von E-Fahrzeugen vor. Damit zählt der Wirtschaftsverkehr mit Sicherheit zu den spannendsten und am besten geeigneten Anwendungsgebieten der Elektromobilität. Ein breiter werdendes Fahrzeugspektrum und der Boom bei Lasten-Pedelecs erlauben, dass Lieferketten neu gedacht und optimiert werden können. Auch andere Trends, zum Beispiel neue Ansätze der City- Logistik oder erste Versuche zur Entzerrung von Lieferzeiten, können unter Einsatz von E-Nutzfahrzeugen deutliche Verbesserungen in den Städten und Regionen mit sich bringen. Neugier ist sicherlich eine gute Voraussetzung, um Elektrofahrzeuge auch im Wirtschaftsverkehr einzusetzen. Immer mehr Unternehmen weisen aber nach, dass auch das betriebswirtschaftliche Kalkül ausreichend gute Gründe liefert. ■ Der Autor hat für das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) in der vom Bundesverkehrsministerium geförderten Begleitforschung „Stadtentwicklung und Verkehrsplanung“ der Modellregionen Elektromobilität eine Reihe vielversprechender Einsatzmöglichkeiten für E-Nutzfahrzeuge aus kommunaler Perspektive untersucht. Unter dem Titel „Elektromobilität im städtischen Wirtschaftsverkehr“ wurden Projekterfahrungen und Empfehlungen für die Praxis nun in einer kompakten Broschüre veröfentlicht. Weitere Informationen unter www.difu.de. Wolfgang Aichinger, Dipl.-Ing. Raumplaner und Consultant Nachhaltige Mobilität, Berlin wolfgangaichinger@yahoo.de Schnell, stabil, sicher: Ladebrücken mit RFID-Technik • zeitsparende, automatische Warenerfassung • stoßsichere Integration unter der Ladebrücke • zuverlässiger Datenaustausch durch kurze Funkwege RFID-14 (CeMAT) Nur bei Hörmann