eJournals Internationales Verkehrswesen 68/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0076
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2016
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Wie kritisch ist „Kritische Infrastruktur“?

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2016
Heinz Schulte
Ein Weckruf von Heinz Schulte, Chefredakteur griephan Sicherheitsmedien
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Internationales Verkehrswesen (68) 4 | 2016 15 Verkehrsinfrastruktur POLITIK auch ihren Personalbestand flexibler managen als eine klassische Behörde. Wenn man den Systemwechsel vermeiden will, sollte man Maßnahmen ins Auge fassen, die dabei helfen, die personelle Durchlässigkeit von Bauverwaltung und Industrie zu verbessern. Wenn eine zeitweilige Tätigkeit in der staatlichen Bauverwaltung als Karrierebaustein positioniert werden kann, würden sich in der Fachkräftefrage unter Umständen vergleichbare Ergebnisse wie mit einem Systemwechsel erzielen lassen. Eine andere Option besteht darin, vermehrt Tätigkeiten der Verwaltungen in die Industrie zu vergeben. Ein Beispiel hierfür liefern PPP-Projekte, bei denen zumindest die Ausführungsplanung und die Bauaufsicht an die Konzessionsnehmer ausgelagert werden. Eine weitere Referenz bildet die DEGES, die ebenfalls Ingenieurleistungen für die Ämter übernimmt. Ihr Ausbau stellt ebenfalls eine Option dar. ■ LITERATUR [1] Pällmann, Wilhelm et al. (2000): Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung - Schlußbericht, http: / / www.vifg.de/ _downloads/ service/ infrastrukturfinanzierung-und-ppp/ 2000-09-05_Abschlussbericht-der-Paellmann-Kommission.pdf [08.08.2016] [2] Gerwens, Stefan (2016): Defizite im Status Quo und der Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft, http: / / www.wip.tu-berlin.de/ fileadmin/ fg280/ veranstaltungen/ bfs_tagung/ gerwens_defizite_ im_status_quo_und_chancen.pdf [08.08.2016] [3] Oberste Baubehörde im Bayrischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (2016): Jahresbericht der Staatsbauverwaltung 2015, http: / / www.bestellen.bayern.de/ application/ stmug_app000 017? SID=1581989697&ACTIONxSESSxSHOWPIC(BILDxKEY: 03500204,B ILDxCLASS: Artikel,BILDxTYPE: PDF) [08.08.2016] [4] Straßen.NRW (2015): Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein- Westfalen, https: / / www.strassen.nrw.de/ files/ commons/ pdf/ pub_ bilanz-2014.pdf [08.08.2016] [5] Bundesagentur für Arbeit (2011): Klassifikation der Berufe 2010 - Band 2: Definitorischer und beschreibender Teil, Nürnberg [6] Demary, Vera / Koppel, Oliver (2013): Die Abgrenzung des mittel- und hochqualifizierten MINT-Segments, Klassifikation der Berufe 2010, Methodenbericht, Köln [7] Bundesagentur für Arbeit (2015): Fachkräfteengpässe in Deutschland: Analyse Juni 2015, Nürnberg Thomas Puls Senior Economist Verkehr und Umwelt, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. puls@iwkoeln.de Oliver Koppel Senior Economist Bildung, Zuwanderung und Innovation, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. koppel@iwkoeln.de Wie kritisch ist „Kritische Infrastruktur“? W arum eine Brücke physisch zerstören, wenn man das elektronische System für den Verkehrsfluss lahmlegen kann? Warum einen Flughafen angreifen, wenn man sich in das Flugsicherungssystem einhacken kann? Warum einen Seehafen verminen, wenn man die Schleusentore manipulieren oder das Schiffsverkehrs-Leitsystem außer Gefecht setzen kann? All dies zeigt den dramatischen Paradigmenwechsel in der Sicherheitsbedrohung: Nicht länger steht die physische Zerstörung im Mittelpunkt, sondern die Verwundbarkeit ausgesprochen anfälliger elektronischer Datennetze im Hintergrund. Die Fachbegriffe sind „asymmetrische Bedrohung“ und „Cyber Angriffe“. Die Dimension der Herausforderung potenziert sich, wenn man sich vor Augen hält, wie verwundbar westliche Gesellschaften sind: Ohne Strom funktioniert keine Tankstellenpumpe, keine Supermarktkasse und kein Bargeldautomat. Ohne Wasserversorgung und Elektrizität trägt die Schutzschicht der bürgerlichen Wohlstandsgesellschaft nach kurzer Zeit arg dünn! Westliche Gesellschaften haben die Lagerhaltung auf die hohe See (Containerschiffe und vor allem Öl- und Gastanker) sowie auf die Autobahnen („Just-in-time“- Logistik) verlegt. Es gibt keinen „Stauraum“ mehr, wie die aktuelle Sorge um ein gefährdetes Weihnachtsgeschäft im Zusammenhang mit der Pleite einer (! ) koreanischen Reederei zeigt. Man muss „Kritische Infrastruktur“ sauber und unseres Erachtens minimalistisch definieren; es gilt die militärische Erkenntnis: Wer alles verteidigen will, verteidigt im Grund nichts! Nicht alle Raumaufteilungen sind tragende Wände. Die Sicherheit der globalen Transportketten ist abhängig von funktionierender Infrastruktur, und diese wiederum beruht auf politisch sicheren und gesellschaftlich stabilen Fundamenten (Rechtssicherheit, funktionierendes Staatswesen, Bildung, Infrastruktur der Verkehrs- und Kommunikationswege). Die höchste Form der Globalisierung - und damit auch ausgesprochen anfällig - ist „Just in time logistics“. Sie setzt ein hohes Maß an Zuverlässigkeit der Transportsicherheit voraus. Damit haben wir den Bogen zu unserer Frage zu Anfang geschlagen: See- und Flughäfen, Autobahn- und Eisenbahnknoten, Energie- und Stromversorger sowie wesentliche Daten- und Kommunikationsnetze bilden „Kritische Infrastruktur“, die es unter allen Umständen zu schützen und zu härten gilt. ■ Ein Weckruf von Heinz Schulte, Chefredakteur griephan Sicherheitsmedien