Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0083
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Der Einsatzzweck entscheidet
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Michael Rahe
In Logistikbauten müssen verschiedene Gebäudeöffnungen in der Außenfassade und im Innenbereich funktionsgerecht mit Toren geschlossen werden. Die Auswahl an Torsystemen ist groß – auf dem Markt gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, aus denen Architekt, Betreiber und das Facility Management auswählen müssen. In der Planungsphase sollte daher die spätere Nutzung der Torsysteme schon exakt feststehen, um diese optimal auf die Anforderungen auslegen zu können.
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Internationales Verkehrswesen (68) 4 | 2016 40 LOGISTIK Industrietore Der Einsatzzweck entscheidet Funktionalität, Arbeitsstättenrichtlinie, Sicherheitseinrichtungen, Brandschutz, Wärmedämmung In Logistikbauten müssen verschiedene Gebäudeöffnungen in der Außenfassade und im Innenbereich funktionsgerecht mit Toren geschlossen werden. Die Auswahl an Torsystemen ist groß - auf dem Markt gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, aus denen Architekt, Betreiber und das Facility Management auswählen müssen. In der Planungsphase sollte daher die spätere Nutzung der Torsysteme schon exakt feststehen, um diese optimal auf die Anforderungen auslegen zu können. Autor: Michael Rahe D amit eine Industrietor-Lösung später optimal auf den Einsatzbereich abgestimmt ist, sollte zunächst genau geprüft werden, welchen Zweck das Tor wirklich erfüllen muss. Dabei müssen zum einen gesetzlich vorgegebene Anforderungen wie Brandschutz oder Wärmedämmung, zum anderen aus der späteren Gebäudenutzung resultierende Punkte wie Öffnungsfrequenzen oder Bedienkomfort berücksichtigt werden. Generell werden Industrietore sowohl im Außenals auch im Innenbereich eingesetzt. In Zeiten, in denen Heizenergie immer teurer wird und auch die Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV) verschärft werden, steigen die Anforderungen an eine gute Wärmedämmung. Insbesondere Tore in der Außenfassade müssen über eine gute Wärmedämmung verfügen, damit im geschlossenen Zustand keine wertvolle Wärme verloren geht. Definitiv kein Trend, sondern ein dauerhaft wichtiges Thema ist die Sicherheit bei Industrietoren. Alle Tore unterliegen der europäischen Produktnorm EN 13241-1. Diese regelt Sicherheits- und Leistungsanforderungen für kraft- und handbetätigte Tore in privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereichen. Laut EN 13241-1 muss ein Tor beim Schließen automatisch stoppen, wenn sich Personen oder Gegenstände unter dem Tor befinden, und beim Auftreffen nur eine bestimmte Kraft freisetzen oder gar das Auftreffen vollends vermeiden, bevor es wieder nach oben fährt. Bei der Torauswahl sollte darauf geachtet werden, dass alle zu montierenden Tore eine entsprechende CE-Kennzeichnung tragen, um sicherzustellen, dass die entsprechenden Vorgaben eingehalten werden. Bei der sicherheitstechnischen Ausstattung von Toren muss außerdem berücksichtigt werden, dass in Deutschland gewerblich genutzte kraftbetätigte Tore der Arbeitsstättenrichtlinie ASR A 1.7 unterliegen. Das heißt, dass je nach Nutzung durch unterwiesenes oder nicht unterwiesenes Personal entsprechende Sicherheitseinrichtungen wie Schließkantensicherungen oder berührungslose Schutzsysteme vorhanden sein müssen. Da auch Bestandstore der ASR A 1.7 unterliegen, ist hier die Risikoanalyse vor Ort sehr wichtig: So kann die Sicherheit älterer Toranlagen überprüft und bei Bedarf nachgerüstet werden, um die erforderlichen Schutzniveaus für die Nutzer zu erreichen. Individuell für jedes Bauvorhaben spielen neben den gesetzlichen auch funktionale Vorgaben eine wichtige Rolle, die je nach Nutzung stark variieren können. Zum Beispiel verzeichnen Logistikunternehmen viele Öffnungszyklen, während kleinere Werkstätten das Tor nur selten für eine Durchfahrt ganz öffnen müssen und deswegen einen Personendurchgang durch eine integrierte Schlupftür ermöglichen wollen. Hersteller wie Hörmann bieten eine große Auswahl an verschiedenen Torlösungen, vom Industrie-Sectionaltor und Rolltor, bis hin zum Schnelllauftor oder Schiebetor. Industrie-Sectionaltore schwenken nicht aus Um Öffnungen in der Außenhülle eines Gebäudes abzuschließen, werden häufig Industrie-Sectionaltore eingesetzt (Bild 1). Generell öffnen Industrie-Sectionaltore senkrecht nach oben und schwenken nicht aus, sodass der Platz davor und dahinter frei bleibt. Je nach Hallenarchitektur und -höhe sind sie mit unterschiedlichen Beschlagvarianten erhältlich: In der Regel wird das Tor waagerecht unter die Decke geführt. Bei einer großen Raumhöhe sind aber auch senkrechte Torführungen umsetzbar, sodass der Platz unter der Decke beispielsweise für Versorgungsleitungen frei bleibt. Diese Beschlagvariante schont zudem das Tor. Bild 1: Industrie-Sectionaltore öffnen senkrecht nach oben. Alle Bilder: Hörmann Bild 2: Beim teilbaren Industrie-Sectionaltor Parcel Walk lässt sich der obere Teil des Tores separat öffnen. Internationales Verkehrswesen (68) 4 | 2016 41 Industrietore LOGISTIK Hersteller wie Hörmann bieten für eine gute Wärmedämmung doppelwandige, thermisch getrennte Stahl-Lamellentore mit einer Bautiefe von 67 mm an. Die meiste Energie geht beim Öffnen der Tore verloren. Deshalb können Industrie-Sectionaltore mit einer Schlupftür ausgestattet werden, sodass Personen durchgehen können, ohne das Tor öffnen zu müssen. Für den Logistikbereich gibt es auch Industrie-Sectionaltore, die den Anforderungen von Verladestationen gerecht werden. Beim teilbaren Industrie-Sectionaltor Parcel Walk etwa können Nutzfahrzeuge unterschiedlicher Größen an einer Verladestation be- und entladen werden: Für große LKW wird nur der obere Teil des Tores geöffnet, während der Lamellensockel am Boden bleibt. Kleinere Transporter werden auf Hallenbodenniveau beladen, sodass das gesamte Tor geöffnet wird (Bild-2). Industrie-Rolltore - besonders platzsparend Für Gebäudeabschlüsse werden auch Industrie-Rolltore gewählt. In der Regel besteht der Behang aus Stahl- oder Aluminiumlamellen. Rolltore sind besonders platzsparend und eignen sich durch ihre kompakte Konstruktion für knappe Platzverhältnissen, da für die Montage nur ein sehr geringer Sturz benötigt wird: Das Tor rollt sich unter einer Behangverkleidung auf, der Deckenbereich bleibt frei (Bild 3). Auf dem Markt werden Rolltore mit einfacher Handbedienung angeboten, die sich unter anderem für den Einsatz selten betätigter Abschlüsse von Lagerhallen eignen, aber auch Tore mit optimal abgestimmten Antriebsbedienungen. Dazu gehören Rolltore, die wie das Rolltor DD S6 von Hörmann mit Frequenzumrichter-Antrieb ausgestattet sind und Öffnungsgeschwindigkeiten von bis zu 1,1 m/ s erreichen. Das verbessert die Betriebsabläufe und reduziert Wärmeverluste - eine wirtschaftliche Alternative zu Schnelllauftoren. Schnelllauftore Schnelllauftore zeichnen sich durch ihre hohen Öffnungs- und Schließgeschwindigkeiten aus. Sie werden sowohl außen als auch innen eingesetzt, unterscheiden sich dann aber in ihrer Behangart. Zum einen können Schnelllauftore über doppelwandig, ausgeschäumte Lamellen verfügen, die für eine hohe Wärmedämmung sorgen und damit vor allem für den Außenabschluss geeignet sind. Zum anderen sind Schnelllauftore mit besonders flexiblem Behang erhältlich, die oftmals im Innenbereich Gebäudeteile voneinander abtrennen, um beispielsweise Zugluft und dadurch krankheitsbedingte Ausfälle des Personals zu verringern. Aufgrund ihrer hohen Öffnungsgeschwindigkeit bleibt dennoch eine schnelle Durchfahrt, zum Beispiel mit Flurförderzeugen, möglich, sodass optimale Arbeitsabläufe erreicht werden (Bild 4). Mit diesen und anderen Sonderanfertigungen, etwa für den Kühllager- oder Lebensmittelbereich, ist die Auswahl an passenden Tortypen groß. Schiebetore - auch für den Brandschutz Müssen im Innenbereich große Hallenabschnitte voneinander getrennt werden - vor allem aus brandschutztechnischen Gründen - werden häufig Schiebetore eingesetzt (Bild 5). Sie sind mit Feuer- und Rauchschutz, aber auch als Mehrzwecktore erhältlich. Neben den sich zur Seite an oder in die Wand bewegenden ein- und zweiflügeligen Varianten können auch Teleskop-Ausführungen für Einbausituationen mit wenig Platz neben dem Tor eingesetzt werden. Feuerschutz-Schiebetore schließen im Brandfall automatisch und verhindern ein Übergreifen des Feuers auf andere Gebäudeteile. Im geöffneten Zustand liegen Schiebetore meistens vor der Wand, die Nischenausführung verschwinet beim Öffnen in der Wand. Damit ein Personendurchgang auch möglich ist, wenn das Tor geschlossen ist, können zusätzlich Schlupftüren ohne Schwelle in die Tore integriert werden. Fazit Das Angebot an Industrietoren auf dem Markt ist vielschichtig und komplex. Je nach Nutzung in den Logistikbauten stehen ganz unterschiedliche Torsysteme zur Auswahl, die dazu beitragen, einen reibungslosen und zügigen Transportablauf zu unterstützen. ■ Michael Rahe Produktmanager für Industrietore, Hörmann KG, Brockhagen info@hoermann.de Bild 3: Rolltore eignen sich besonders für knappe Platzverhältnisse. Bild 4: Die Auswahl an passenden Schnelllauf-Toren ist groß. Bild 5: Schiebetore öffnen meistens vor der Wand, Nischenausführungen verschwinden in der Wand.
