Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2017-0029
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„Wir brauchen keinen Plan B“
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Erich Staake
Wenn die Wirtschaft brummt, sind Transportkapazitäten gefragt, und für die Duisport-Gruppe war 2016 ein gutes Jahr. Doch Renationalisierung und Protektionismus könnten die Lage schnell verändern. Fragen an den Vorstandsvorsitzenden der Duisburger Hafen AG, Erich Staake.
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POLITIK Interview Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 10 „Wir brauchen keinen Plan B“ Wenn die Wirtschaft brummt, sind Transportkapazitäten gefragt, und für die Duisport-Gruppe war 2016 ein gutes Jahr. Doch Renationalisierung und Protektionismus könnten die Lage schnell verändern. Fragen an den Vorstandsvorsitzenden der Duisburger Hafen AG, Erich Staake. Herr Staake, die Zahlen der Duisport-Gruppe fürs vergangene Jahr sehen gut aus - kann 2017 ähnlich gut werden? Wir haben nach wie vor kein einfaches wirtschaftliches Umfeld. Zum Beispiel sind relevante Umschlagzuwächse in den Seehäfen nicht zu erkennen. Im Gegensatz zum maritimen Bereich sehe ich allerdings auf den neuen transkontinentalen Handelsrouten Potential für Wachstum. Daher stehen die Chancen gut, dass 2017 ein gutes Jahr werden könnte. Aber das ist kein Selbstläufer. Wie stabil erscheint derzeit das wirtschaftliche Umfeld für Duisport-Aktivitäten? Im maritimen Bereich sind in der Vergangenheit irrwitzige Überkapazitäten bei Schiffen und Terminals aufgebaut worden. Die meisten Seehäfen und großen Reedereien haben massive Probleme. Wir merken das auch in unserem Geschäft. Wir versuchen allerdings gegenzusteuern. Als Logistikdrehscheibe mit unseren intermodalen Konzepten im Hinterland ist uns das in der Vergangenheit gut gelungen. Das zeigen unsere bislang von Jahr zu Jahr steigenden Umsätze. Wir schreiben keine roten Zahlen, wir verdienen Geld. Welche Duisport-Geschäftsfelder lassen da ein besonderes Wachstum erwarten? Wir sehen Potentiale im Bereich unserer logistischen Dienstleistungen entlang der Supply Chains und dem damit verbundenen Containervolumen. Im Übrigen wird der Infra- und Suprastrukturbereich ausgebaut. Und letztlich wird unser Auslands-Engagement die Entwicklung der Duisport-Gruppe stimulieren. Entwickelt sich denn die Neue Seidenstraße wie erwartet? Wir freuen uns über die wachsende Bedeutung der China-Züge, die bereits über 20 Mal direkt zwischen Duisburg und verschiedenen Zielen in China verkehren. Das wird weiterhin Fahrt aufnehmen, zumal China jetzt die USA als wichtigsten Handelspartner Deutschlands abgelöst hat. Unser internationales Netzwerk entlang der Neuen Seidenstraße zwischen Duisburg und Chengdu, dem chinesischen Silicon Valley, wird Duisport und seinen Kunden dabei helfen, den Handel mit China zu forcieren und entlang der Seidenstraße gemeinsame Projekte in Angriff zu nehmen. Durch die Tendenz zu Renationalisierung und Protektionismus könnten auch die Schienenwege rund um das Schwarze Meer betroffen sein. Gibt es dafür einen „Plan B“? Derzeit sehe ich nicht, dass wir einen Plan B benötigen. US-Präsident Trump hat den Chinesen wirtschaftliche Sanktionen angedroht. Das könnte die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den asiatischen und europäischen Märkten intensivieren. Trump hat überdies angekündigt, den Import von Autos durch hohe Einfuhrzölle zu erschweren. Schon heute liefern Audi und VW vom Duisburger Hafen aus Einzelteile im CKD-Verfahren in ausländische Märkte, weil dafür die Importsteuern niedriger sind als bei komplett exportierten Autos. Daimler wird noch in diesem Jahr vom Duisburger Hafen aus sein SKD-Geschäft für den NAFTA- Raum abwickeln. Auch wenn wir punktuell profitieren könnten, betrachten wir allerdings jede Form von Protektionismus und Renationalisierung mit großer Sorge. Nur ein freier Handel sorgt für Wachstum und Wohlstand. Welche Bereiche haben Sie darüber hinaus im Fokus? Wir gehen die Herausforderungen der Digitalisierung in einer Vielzahl von Projekten an. Auf logport III haben wir beispielsweise ein digitales Terminal eingerichtet, bei dem alle beim Umschlag wesentlich beteiligten Maschinen und Verkehrsträger vernetzt sind. Weiterhin werden wir noch in diesem Jahr gemeinsam mit Partnern aus der Industrie ein Startup-Lab in Duisburg einzurichten. Der Fokus liegt hier auf der Zusammenarbeit von Unternehmen aus Industrie und Logistik mit Start-ups. Damit sollen einerseits die Entstehung neuer Geschäftsmodelle, Anwendungen und Technologien gefördert werden. Andererseits sollen die Unternehmen am Standort sowie aus der Region von den Anregungen und Entwicklungen der jungen Unternehmen profitieren. Gehört dazu auch der Schutz der Umwelt? Für uns sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz integrale Bestandteile aller Geschäftsfelder, Projekte und Aktivitäten. Wir haben die Bedeutung nachhaltiger Logistik sehr früh erkannt und verbinden dies mit technischen Innovationen, einer ökologischen Transportkette sowie einer effizienten Flächennutzung. Mit dem Unternehmen Innogy arbeiten wir beispielsweise an innovativen Lösungen für die Gewinnung von Solarenergie und den Einsatz von Elektromobilität im Duisburger Hafen. In einer Kooperation mit RWE planen wir aktuell einen LNG-Bunker und eine Verteilstation für das Flüssiggas im Hafen. Und welche Wünsche haben Sie an die Politik? Umwelt- und Naturschutz darf nicht dazu führen, dass Infrastrukturprojekte durch eine überbordende Gesetzesmaschinerie behindert und verhindert werden. Wir brauchen beispielsweise zur weiteren Expansion Flächen für die Ansiedlung von Logistikunternehmen. Eine reibungslos funktionierende Logistikkette ist die Basis für eine florierende Industrie. Bei allen Infrastrukturmaßnahmen darf der Umweltschutz nicht zu Verwerfungen führen, bei denen Kröten und Wasserfenchel mehr Beachtung finden als dringend benötigte neue Arbeitsplätze für Menschen. ■ Erich Staake ist Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg ZUR PERSON Foto: Duisport/ Rolf Köppen
