Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2017-0047
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Autonome Autos und öffentlicher Nahverkehr - Zukunft realistisch einordnen
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2017
Andreas Kossak
Autonomes Fahren gilt derzeit manchen als perfekte Lösung ihrer Mobilitäts-Bedürfnisse, die schon bald Realität sein wird, anderen als fragwürdige Vision mit nur mäßigen Zukunftschancen. Wie sollte sich die Nahverkehrswirtschaft in dieser Situation positionieren? Ein Statusbericht.
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Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 68 MOBILITÄT Autonomes Fahren Autonome Autos und öffentlicher Nahverkehr - Zukunft realistisch einordnen Verkehrssysteme, Bus Rapid Transit, Carsharing, Ridesharing, Pilotstrecken Autonomes Fahren gilt derzeit manchen als perfekte Lösung ihrer Mobilitäts-Bedürfnisse, die schon bald Realität sein wird, anderen als fragwürdige Vision mit nur mäßigen Zukunftschancen. Wie sollte sich die Nahverkehrswirtschaft in dieser Situation positionieren? Ein Statusbericht. Andreas Kossak D ie Diskussion um die Zukunft autonomer Autos im Stadtverkehr bewegt sich aktuell • von durch wirtschaftliche Interessen geprägten Aktivitäten der relevanten Industrien und Unternehmen, • über einen naiven Hype von Laien, die von den versprochenen Zukunftsperspektiven fasziniert sind, • an Politik und Verkehrswirtschaft gerichtete Aufforderungen, sich zeitnah der beschworenen Mobilitätsrevolution zu stellen, • bis zu zunehmend kritischen Stimmen, die die zahlreichen harten Grenzen aufzeigen (Komplexität der urbanen Umwelt, Störanfälligkeit von Hochtechnologie, ethische und juristische Fragen, Privatsphäre, Hacking/ Cyberkriminalität, Hygiene, Kosten etc.) [1, 2]. Zu den Schwerpunkten der Beschäftigung mit dem autonomen Fahren gehört die künftige Rolle des ÖPNV und gehören die Anforderungen an die Nahverkehrs-Wirtschaft, sich so in den erwarteten Prozess einzubringen, dass nicht die Szenarien zahlreicher selbst ernannter Mobilitäts- und Zukunftsforscher Wirklichkeit werden, nach denen der ÖPNV künftig gar nicht mehr vorkommt. Einen exemplarischen Eindruck vom aktuellen Status der Beschäftigung mit dem Thema vermitteln die folgenden Veröffentlichungen: • „Autonomes Fahren im Stadt- und Regionalverkehr“; Memorandum emeritierter Verkehrs-Professoren (Berlin/ Wien 25.10.2016) [3]. • „Modellergebnisse geteilter autonomer Fahrzeugflotten des oeffentlichen Nahverkehrs“ (MEGAFON-Studie), Universität Stuttgart (12. 12. 2016) [4]. • UITP Policy Brief: „Autonomous Vehicles: A Potential Game Changer for Urban Mobility“ (Brüssel, Januar 2017) [5] Es liegt nahe, die darin verfolgten Ansätze sowie die formulierten Schlussfolgerungen und Empfehlungen an aktuellen Positionen führender unabhängiger Spezialisten zur Zukunft des autonomen Fahrens zu messen. Dazu einige Beispiele: • Vorsitzender des Nationalen Verkehrssicherheitsrates der USA [6]: „Voll-autonome Automobile sind unwahrscheinlich“. • Fazit aus der „Automated Vehicles Conference 2016“ des Transportation Research Board (TRB) der nationalen Akademien der Wissenschaften der USA [7]: „Zu sagen, es gebe noch eine Menge Unsicherheiten, wäre eine Untertreibung“. • Kommentare zur Ankündigung von Automobilherstellern, schon kurzfristig große Flotten autonomer PKW im Straßenverkehr einzusetzen [6]: - „Um diese Ziele zu erreichen, müssen sie irgendetwas auf die Beine stellen, das Taxi-Dienste mit geringer Geschwindigkeit auf einigen Straßen bietet - und hoffen, dass es nicht regnet.“ - „Zu dem Zeitpunkt mag es möglich sein, einen abgesperrten Bereich zu definieren, in dem autonome Autos ohne Fahrer fahren können; die Herausforderung wird sein, solche Bereiche groß genug zu machen, dass darin sinnvolle Mobilitätsdienste angeboten werden können.“ • „Was wir sehen werden, ist die schrittweise Einführung von jeweils höheren Graden des teil-automatischen Fahrens. Die technischen Herausforderungen für voll-autonomes Fahren sind … auf absehbare Zeit nicht zu bewältigen“ [2]. Teil-automatisierter „Future-Bus“ von Daimler Foto: Daimler Buses Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 69 Autonomes Fahren MOBILITÄT Zunehmend in Frage gestellt wird also sehr zu Recht auch schon das „hoch-automatisierte“ Fahren (Level 3 von 5 Stufen bis zum „autonomen Fahren“). Dabei soll der Fahrer in der Lage sein, auf ein Alarm-Signal hin, „unverzüglich“ die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Nach Untersuchungen von Unfallforschern kann es 10 bis 15 Sekunden dauern, bis der Fahrer die Kontrolle übernommen hat und reagieren kann [8]. Bei einer Geschwindigkeit von 50- km/ h legt das Fahrzeug in diesem Zeitraum 140 bis 210 Meter zurück; bei 30 km/ h sind es immer noch 85 bis 125 Meter. Akute Gefahrensituationen sind also in der Regel nicht beherrschbar. „Teil-automatisiertes“ Fahren (Level 2, mit Fahrpersonal) in Sonderzonen (Campus, Einkaufsstraßen, Gewerbegebiete, Industrieanlagen, ländlicher Raum etc.) und Sonderachsen (Bus Rapid Transit, ÖPNV- Zubringer etc.) ist dagegen unter spezifischen Betriebsbedingungen (Geschwindigkeitslimit, Abschirmung) schon heute möglich und wird bereits in mehreren Testbetrieben praktiziert (z. B. Postauto in Sitten / Schweiz, Shuttle Service in Lyon, ÖPNV- Zubringer in Singapur [5, 9, 10, 11, 12]). In absehbarer Zeit werden auch räumlich limitierte bzw. geschützte Anwendungen in Städten gänzlich ohne Fahrpersonal möglich sein - allerdings keinesfalls im allgemeinen urbanen MIV. Memorandum emeritierter Verkehrs-Professoren Im Memorandum emeritierter Verkehrs- Professoren heißt es einleitend [3]: „In jüngster Zeit werden viele Erwartungen und Hoffnungen bezüglich der Einsatzmöglichkeiten … ‚automatisch fahrender’ Fahrzeuge geweckt … Sind die Erwartungen hinsichtlich der Problemlösungskapazitäten realistisch oder fehlleitend? Handelt es sich eher um eine evolutionäre oder um eine revolutionäre bzw. disruptive Weiterentwicklung der lokalen und regionalen Verkehrssysteme? “ Gleichwohl wird als Ausgangslage festgestellt: „Die Entwicklung und der Einsatz ‚autonomer Fahrzeuge’ werden erfolgen - unabhängig davon, ob sich Städte und Regionen rechtzeitig darauf einstellen.“ Ausgewählte Kernsätze zur Bedeutung für den ÖPNV: • „Es erfolgt eine verstärkte Auflösung von Systemgrenzen zwischen ÖPNV, Sharing-Systemen, Nachbarschaftstransporten, Taxisystemen… Dabei sind bevorzugt Zubringersysteme und Shuttle- Dienste für den Einsatz automatisch motorisierter Fahrzeuge geeignet, um… das Erreichen von Hauptachsen des ÖPNV zu gewährleisten.“ • „Einsatzbereiche ergeben sich… vor allem auch für… den spurgebundenen ÖPNV (Spurbus, Bus-Rapid-Transit-Systeme, Busse auf Busfahrstreifen ...), da die Freiheitsgrade bei diesen Systemen ohnehin reduziert sind …“. • „Zudem kann eine Erweiterung des ÖP- NV-Systems in Form von Sharing-Angeboten und durch bedarfsorientierten Einsatz von autonomen („öffentlichen“) Kleinbussen/ PKW bei geringer ÖPNV- Nachfrage erfolgen …“ • „… viele der möglichen Mobilitätsdienste (stellen) auf Grund ihrer neuen Systemeigenschaften ‚neue Verkehrsmittel’ sowohl im motorisierten Individualverkehr, im ÖPNV und in den intermodalen Diensten dar.“ • „Die erwünschte Systemintegration von ÖPNV und Car-Sharing-Angeboten wird aller Voraussicht nach beschleunigt werden, was zu einem Rückgang der gesamten Fahrzeuganzahl führen kann …“ • „Letztendlich steht hier eine Entwicklung bevor, von der wir noch wenig wissen und die deshalb einen großen Forschungsbedarf bezüglich des Mobilitätsverhaltens aufweist.“ Das „Memorandum“ ist also einerseits durch die gebotene Zurückhaltung hinsichtlich des Tempos der Entwicklung und der Einordnung des Einflusses autonomer Autos auf das künftige Mobilitätsverhalten gekennzeichnet. Andererseits wird ihr Einsatz aber in schon heute entscheidungsrelevanter Frist nicht in Frage gestellt. Eine Auseinandersetzung mit den harten „Ausschlusskriterien“ [1, 2] erfolgt nicht. MEGAFON-Studie Die MEGAFON-Studie ist sowohl vom Ansatz her, als auch in methodischer Hinsicht ausdrücklich an der „Lissabon-Studie“ der OECD orientiert [13], obschon diese von führenden Verkehrswissenschaftlern sehr zu Recht als höchst fragwürdig eingeordnet wird. Die Studie basiert auf der unrealistischen Annahme der totalen Umstellung des motorisierten Individualverkehrs auf autonome PKW (AV = autonomous vehicles) und der weitgehenden bis umfassenden „Teilung“ ihrer Nutzung bereits in absehbarer Zukunft. Die durchgeführten Simulationen gelten als „nicht hochrechenbar und (sogar) gefährlich“ [14]: • Der zugrunde gelegte städtische Verkehr zu Hauptverkehrszeiten unterscheidet sich beträchtlich vom Spektrum der Fahrten in den übrigen Tageszeiten. • Die Annahmen zum Ausmaß des Ridesharing sind völlig unrealistisch; sie basieren auf methodisch unzulässigen Hochrechnungen. • Die Simulationen beinhalten nicht die Vororte, die aber die große Mehrzahl der täglichen Fahrten generieren. • Die Schlussfolgerung, dass lediglich rd. 10 % der derzeit genutzten Fahrzeuge erforderlich seien, ist fehlleitend, weil die längeren Fahrten innerhalb sowie von und zu den Vororten unterschlagen wurden. • Den Annahmen liegen extreme Verhaltensweisen zu Gunsten von Ridesharing und Extremwerte zum Bestand und zur Teilung voll-autonomer Fahrzeuge zu Grunde. Im Eingangskapitel heißt es [4]: „Zu welchem Zeitpunkt es fahrerlose PKW und Busse geben wird und die Fahrzeuge im gesamten Straßennetz einsetzbar sind, ist im Moment nicht abschätzbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass es autonom fahrende Fahrzeuge im Straßenverkehr geben wird, ist aber so hoch, dass sich die Verkehrsplanung mit dem Thema beschäftigen sollte. Fahrerlose Fahrzeuge ermöglichen ein anderes Verkehrsangebot. Es wird erwartet, Teilautonomer City-Postbus im schweizerischen Sitten Foto: postauto.ch Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 70 MOBILITÄT Autonomes Fahren dass dieses Angebot u.a. die folgenden Eigenschaften aufweist: • Der Autoverkehr wird sicherer. • Das Autofahren wird komfortabler, da die Fahrzeit im Fahrzeug für fahrfremde Tätigkeiten genutzt werden kann. • Die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes wird steigen. • Ein fahrerloses Umsetzen der Fahrzeuge ermöglicht neue Mobilitätsangebote beim Carsharing und Ridesharing bzw. Rideselling. Es ermöglicht außerdem attraktive intermodale Ortsveränderungen, bei denen ein Sharing-Fahrzeug den Fahrgast in Gebieten mit schlechtem ÖPNV-Angebot zur Bahn bringt.“ Die Beschreibung steht in vollem Einklang mit den Verheißungen der Industrie. Als Ziel der Studie wird formuliert, „mögliche Wirkungen autonomer Fahrzeuge auf den Verkehr in Stadtregionen mit Hilfe von Szenarien beispielhaft zu untersuchen.“ Die Szenarien unterscheiden sich durch den Anteil der Teilungs-Modi der autonomen Fahrzeuge: • NS = No Sharing (Fahrzeuge im Privatbesitz), • CS = Car Sharing (Fahrzeuge Bestandteil eines Carsharing - Systems) und • RS = Ride Sharing / Selling (Fahrzeuge Teil eines öffentlichen Systems). Die Mehrzahl der Szenarien basiert auf 100 % autonomen PKW. Bei einigen ist ein Rückgrat von öffentlichen Bahnen zugrunde gelegt; der Zu- und Abbringerverkehr erfolgt dabei mit autonomen PKW. Als Kernergebnis der Studie wird konstatiert, dass „AV dann eine positive Wirkung haben werden, wenn die Verkehrsmittelwahl so beeinflusst werden kann, dass • ein Hochleistungs-ÖV-Angebot (Schiene, hochwertiges Bussystem) erhalten bleibt oder verbessert wird und • viele Ortsveränderungen mit Ridesharing abgewickelt werden.“ Einschränkend wird betont: „Diese aus verkehrsplanerischer Sicht wünschenswerte Entwicklung wird aber nicht ohne flankierende Maßnahmen eintreten …“, genannt werden u. a. : • Reduzierung der Regelgeschwindigkeit für KFZ in Städten. • Entwicklung spezieller Ridesharing- Fahrzeuge, die den vielfältigen unterschiedlichen Anforderungen der Nutzer gerecht werden. • Erhalt von Buslinien auf Verkehrsachsen und Ausbau mit Elementen eines Bus Rapid Transit Systems. • Einführung/ Ausweitung differenzierter Straßenbenutzungsgebühren und Parkgebühren mit Bevorzugung öffentlicher Car-/ Ridesharing Angebote. • Zufahrtsbeschränkungen für private Fahrzeuge … zu den Innenstädten. • Entwicklung einer einheitlichen Plattform für den ÖPNV in Deutschland (Tickets, Abrechnung, Buchung). Das alles sind Maßnahmen, die auch unabhängig von der Einführung autonomer PKW zum Vorteil der Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV in Frage kommen. Im abschließenden Kapitel „Ausblick“ werden erwartungsgemäß „Fragestellungen (formuliert), die in Folgestudien oder -projekten angegangen werden könnten“. Genannt werden u. a.: • Pilotprojekte mit nicht-autonomen Ridesharing-Flotten (Shuttles) als Ergänzung zum ÖPNV-Angebot. • Ausbau des Ridesharing unter Führung des ÖPNV (Kundenanmeldung, Tarife etc.) für bestimmte Teilmärkte als Ergänzung in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht oder als Premium-Angebot mit Direktverbindung. • Einrichtung und Betrieb von Pilotstrecken für AV-Ridesharing als Ergänzung zum ÖPNV, kleinräumige Simulation einer „AV-Ridesharing-Welt“ … Die beiden erstgenannten Projekte sind AV-unabhängig. Bei den „Pilotstrecken“ muss es sich nicht um autonomes Fahren (Level 5) handeln. Fazit: Zahlreiche Kern- Ergebnisse und -Empfehlungen sind durchaus plausibel. Sie haben Gültigkeit auch für realistische Szenarien der Mobilitätszukunft; zu deren Herleitung hätte es allerdings nicht des betreffenden Untersuchungsaufwandes bedurft. UITP Policy Brief Die Einleitung lautet: „Stelle Dir bezahlbare, nachhaltige und bequeme Mobilitätsoptionen für alle Bürger vor, einschließlich weniger mobiler Personen, Älterer, Kinder und Leuten, die in vorstädtischen oder ländlichen Regionen leben. Autonome Fahrzeuge können helfen, eine solche Zukunft zu bauen“. Die Hauptkapitel sind überschrieben: • „Eine neue Chance für ein jederzeit verfügbares öffentliches Verkehrssystem“ • „Weniger Verkehr, 80 % weniger PKW“. Als Anknüpfungspunkte des Papiers werden ebenfalls explizit die „Lissabon-Studie“ [13] sowie die „VDV-Studie“ (MEGAFON) [4] genannt. Es wird also eine baldige völlige Umstellung des „klassischen“ MIV auf autonome Autos sowie ein stark ausgeprägtes Car Sharing und/ oder Ride Sharing/ Selling zugrunde gelegt. Eine dynamische Ausbreitung von Car Sharing und Ride Sharing/ Selling ist tatsächlich zu erwarten [15, 16], wenn auch eher nicht in dem angenommenen Ausmaß. Die Kern-Annahme zur nahen Zukunft und der Rolle autonomer Autos ist dagegen zumindest unrealistisch. Gleichwohl werden „Länder und Städte“ dringend aufgefordert, die schnelle Einführung von autonomen PKW zu fördern. Begründet wird das damit, dass die weitestgehende Teilung von AVs und ihr vollautomatischer Betrieb zwingende Voraussetzungen dafür seien, dass der klassische ÖPNV verbessert werden könnte. Die tatsächliche Verfügbarkeit voll autonomer PKW soll danach bereits für die frühen 2020er Jahre Wirklichkeit werden. Damit ist jedoch keinesfalls zu rechnen. Gleichwohl sind auch in diesem Fall mehrere Komponenten der abschließend formulierten Empfehlungen grundsätzlich gültig, wenn die Verknüpfung mit AVs „ausgeblendet“ wird; dazu gehören: • Limitierung von Einzelbesetzungsgraden von PKW: Benutzungsgebühren (im Sinne einer Erhöhung des PKW-Besetzungsgrades), Parkraum-Management, Sonderzonen für geteilte Fahrzeuge • Zurückgewinnung von für Parkierungsanlagen genutzte Flächen für andere Pilotprojekt mit Robotaxi auf dem Euref-Campus in Berlin Foto: Kai Michael Neuhold/ DB Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 71 Autonomes Fahren MOBILITÄT Nutzungen, integrierte Stadt- und Mobilitätsplanung • Schaffung integrierter Mobilitätsplattformen • Überprüfung neuer Mobilitätsdienste hinsichtlich der Modal-Split-Ziele und der Verbesserung der städtischen Lebensqualität • Unterstützung geteilter Fahrzeugnutzung in allen Formen durch Förderung und Steuer-Vergünstigungen • Ausdehnung der Kompetenzen öffentlicher Nahverkehrsunternehmen / - Körperschaften auf alle städtischen Mobilitätsdienste • Förderung von Synergien zwischen ÖPNV und privaten Shared-Mobility- Akteuren Fazit Die Nahverkehrswirtschaft wäre gut beraten, sich an realistischen, evolutionären Entwicklungen der Mobilitätsbedingungen zu orientieren. Andernfalls läuft sie Gefahr, von den tatsächlichen Veränderungen „überholt“ zu werden. Mittelfristig wird es zwar tatsächlich teilweise eine Annäherung an hoch-automatisiertes Fahren geben - im MIV und im ÖPNV; eine Auseinandersetzung damit sollte deshalb durchaus zeitnah erfolgen. Zu den Kernkomplexen werden jedoch die dynamische Entwicklung eines breiten Spektrums von Mobility-Sharing im Individualverkehr (PKW, Fahrrad) und Veränderungen im Mobilitätsverhalten zählen. Davon kann und wird der ÖPNV profitieren, wenn sich die Wirtschaft daran aktiv, federführend und koordinierend engagiert. Das schließt eine Beschäftigung mit Extremszenarien des autonomen Fahrens nicht aus; diese sollten jedoch auch als solche gehandhabt werden. ■ LITERATUR [1] Kossak, A.: Back to reality - the future of autonomous cars; International Transportation, Special Edition 2, Oktober 2015 [2] Kossak, A.: Autonomous vehicles will notfor the foreseeable future - substitute classical urban transport; 3rd European Conference on Sustainable Urban Mobility Plans; Bremen, 12. / 13. 04 2016 [3] Beckmann, K. und Sammer, G.: Autonomes Fahren im Stadt- und Regionalverkehr; Memorandum für eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung aus der integrierten Sicht der Verkehrswissenschaft, Berlin/ Wien 25.10. 2016. [4] Lehrstuhl Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik, Universität Stuttgart: „Modellergebnisse geteilter autonomer Fahrzeugflotten des oeffentlichen Nahverkehrs“ (MEGAFON); Auftraggeber VDV, SSB, VVS; Schlussbericht 12.12.2016. [5] UITP: Policy Brief: Autonomous Vehicles: A Potential Game Changer for Urban Mobility, Brüssel, Januar 2017 [6] Poole, R.(Reason Foundation): Quotable Quotes; Surface Transportation Innovations #156, September 2016 [7] Poole, R.(Reason Foundation): Highlights of the 2016 TRB Automated Vehicle Conference; Surface Transportation Innovations #156, September 2016 [8] O.V.: Kritik an Dobrinths Roboterauto-Gesetz - zu unpräzise; dpa, 25. 02. 2017 [9] Hägler, M. : Daimler stellt autonom fahrenden Bus vor; Süddeutsche.de, 19. 07. 2016 [10] Kossak, A.: Autonomes Fahren wird im Stadtverkehr auf absehbare Zeit keine Rolle spielen; Vorlesung an der TU Dresden; 3. 11. 2016 [11] Przybilla, S.: Wie ist es, im Bus ohne Lenkrad mitzufahren; Süddeutsche.de, 3. 02. 2017 [12] Brackel, B.v.: Kleiner Revoluzzer auf Rädern; FR-online, 5. 03. 2017 [13] International Transport Forum - OECD: Shared Mobility: Innovation for Liveable Cities / Urban Mobility System Upgrade (Lissabon Studie); Paris 2015 [14] Poole, R.(Reason Foundation): Will Autonomous Vehicles Transform Our Urban Areas? Surface Transportation Innovations #155, August 2016 [15] Kossak, A.: Chancen und Grenzen des Carsharing - Lenkungswirkung realistisch einordnen! In: Internationales Verkehrswesen 4/ 2016 [16] Kossak, A.: APTA- Bericht „Shared Mobility und die Wandlung des Öffentlichen Personennahverkehrs“; in: Der Nahverkehr 1-2/ 2017 Andreas Kossak, Dr.-Ing. Kossak Forschung & Beratung, Hamburg drkossak@aol.com Themenschwerpunkte: − Zukunftsszenarien autonomer Fahrzeuge − Rahmenbedingungen für autonome Fahrzeuge im ÖPNV − Projekte autonomer Fahrzeuge im ÖPNV − Automatisierung und Autonome Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr − Internationale Erfahrungen und Visionen mit Autonomen Fahrzeugen − Forschungsroadmap für autonome Fahrzeuge für den ÖPNV − Diskussionen − Networking im Ausstellungsbereich Weitere Informationen: VDV-Akademie GmbH, Kamekestraße 37-39, 50672 Köln, akademie@vdv.de 2. VDV-Zukunftskongress Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr am 22./ 23. Juni 2017 in Berlin © VDV-Akademie GmbH Veranstaltungsort: Palais Kulturbrauerei Schönhauser Allee 36 10435 Berlin Anmeldungen und Programm unter: www.vdv-akademie.de/ tagungen-seminare/ Dies ist eine Veranstaltung von:
