Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2017-0048
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2017
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Sozio-ökonomische Wirkungen der Flughäfen in Deutschland
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Jens Hujer
In einer globalisierten Welt kommt der Diskussion um Bau und Erhalt von Flughäfen in Deutschland eine zentrale Bedeutung zu. Die politischen Entscheidungen darüber erfordern valide empirische Studien, die alle möglichen Effekte berücksichtigen müssen. Dazu sind die direkten, indirekten, induzierten, katalytischen und externen Effekte zu berechnen. Insbesondere sind jedoch auch Substitutions- und Verlagerungseffekte zu berücksichtigen. Für politische Entscheidungen über den Bau bzw. Ausbau von Flughäfen sind empirische Befunde zu allen Wirkungskategorien als wissenschaftliche Grundlage gleichermaßen wichtig.
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Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 72 MOBILITÄT Luftverkehr Sozio-ökonomische Wirkungen der Flughäfen in Deutschland Forschungsstand und kritische Bewertung Regionalökonomische Effekte, Flughäfen, Sozio-ökonomische Wirkungen, Verkehrsinfrastruktur In einer globalisierten Welt kommt der Diskussion um Bau und Erhalt von Flughäfen in Deutschland eine zentrale Bedeutung zu. Die politischen Entscheidungen darüber erfordern valide empirische Studien, die alle möglichen Effekte berücksichtigen müssen. Dazu sind die direkten, indirekten, induzierten, katalytischen und externen Effekte zu berechnen. Insbesondere sind jedoch auch Substitutions- und Verlagerungseffekte zu berücksichtigen. Für politische Entscheidungen über den Bau bzw. Ausbau von Flughäfen sind empirische Befunde zu allen Wirkungskategorien als wissenschaftliche Grundlage gleichermaßen wichtig. Jens Hujer E ine hochentwickelte Verkehrsinfrastruktur ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine dynamische sozio-ökonomische Entwicklung westlicher Industrieländer. Dabei kommt insbesondere dem Luftverkehr vor dem Hintergrund einer zunehmenden gesellschaftlichen und ökonomischen Globalisierung eine hohe Bedeutung zu. Bedeutung des Luftverkehrs in Deutschland So zeigen die Ergebnisse des Prognos Zukunftsatlas 2013, der die Kriterien Demografie, Wohlstand und soziale Lage, Arbeitsmarkt sowie Wettbewerb und Innovation berücksichtigt und die Stärke und die Dynamik der Regionen bewertet, dass vor allem die Regionen in Deutschland sehr hohe Zukunftschancen besitzen, die von der Nähe eines großen Flughafens profitieren, beispielsweise die Regionen um Frankfurt/ Main, Stuttgart und München. Betrachtet man die Entwicklungen im Luftverkehr in den vergangenen Jahren (Luftverkehrsbericht 2015) 1 , so zeigt sich, dass die Zahl der Passagiere, die von 27 ausgewählten Flughäfen in die Zielgebiete Deutschland, Europa und andere Kontinente abgeflogen sind, ausgenommen wegen der Ereignisse des 11.- September 2001 und der Finanzkrise 2008/ 2009, stetig zugenommen hat. Diese Tendenz zeigt sich auch an der aktuellen Entwicklung: Im Jahr 2016 stieg die Zahl der von deutschen Flughäfen abreisenden Passagieren um 3,4 % auf 111.9-Mio. Der Auslandsverkehr nahm 2016 um 3,6 % zu, das Wachstum des Interkontinentalverkehrs betrug 0,5 %. Den höchsten Zuwachs hatte Europa mit 4,5 % und 69,2-Mio. Passagieren in 2016, den niedrigsten Deutschland mit 2,8% (Tabelle 1). Die zeitliche Entwicklung der Flugbewegungen (Passagiersowie Fracht- und Postflüge im Linien- und Charterverkehr) in die Zielregionen Deutschland, Europa und interkontinentale Destinationen zeigt, dass die Starts im Inlandsverkehr zwischen 2002 und 2015 um 12 % zurückgegangen sind, während der grenzüberschreitende Verkehr um 30 % zunahm. Der Anteil des Inlandsverkehrs lag in 2002 bei 33 %, in 2015 bei 25 %. Die entsprechenden Anteile im grenzüberschreitenden Verkehr waren 67 % bzw. 75 %. Dabei entfielen auf die Flugbewegungen in die europäischen Ziele in diesem Zeitraum zwischen 85 % und 88 %. 2 Für den Wirtschaftsstandort Deutschland hat der Luftverkehr vor allem wegen der starken Exportorientierung und der Attraktivität bei der Standortwahl eine zentrale Bedeutung. 3 So wurden in 2012 Außenhandelsgüter im Wert von 204 Mrd. EUR über den Luftweg transportiert. Dies sind 10,1 % des Gesamtwerts der von Deutschland in 2012 importierten und exportierten Güter. Für in- und ausländische Unternehmen, die insbesondere auf den internationalen Märkten tätig sind, ist die Anbindung an das internationale Luftverkehrsnetz unabdingbar und auch für die Standortwahl und zukünftige Investitionsentscheidungen von zentraler Bedeutung. 4 Eine repräsentative Umfrage des ifo Instituts für 2012 im Rahmen der Erhebungen zum Geschäftsklimaindex bei über 7000 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen bestätigt diese Befunde auch empirisch. 5 Im März 2013 hat das ifo Institut einmalig folgende Zusatzfrage an die Unternehmen gestellt: „Wie wichtig ist für ihr Unternehmen eine Flugverbindung zu Zielen in (a) Deutschland, (b) Europa, (c)- weltweit? “ Dabei wurden vier Kategori- 2016 2015 Veränderung % Passagiere gesamt 111.902 108.203 3,4 Nach Zielgebiet Deutschland 23.736 23.081 2,8 Ausland 88.166 85.122 3,6 Europa 69.158 66.202 4,5 Interkontinental 19.008 18.920 0,5 Tabelle 1: Entwicklung der Anzahl der Passagiere an deutschen Flughäfen nach Zielregionen 2015/ 2016 Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom 28.02.2017 Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 73 Luftverkehr MOBILITÄT en der Wichtigkeit unterschieden. Die empirische Analyse der Umfrage hat gezeigt, dass deutsche Industrieunternehmen den Luftverkehr mit 73,6 % für sehr wichtig oder wichtig halten. Die entsprechenden Werte für Dienstleister sind 51,8 % und für Handelsunternehmen 42,8 % (Bild 1). Betrachtet man insbesondere die exportstarken deutschen Schlüsselindustrien Maschinenbau, Pharmazeutische Industrie und Kraftfahrzeugbau, so wird die Bedeutung des Luftverkehrs für deren wirtschaftliche Aktivitäten noch deutlich höher geschätzt. So wird die Kategorie sehr wichtig/ wichtig im Sektor Maschinenbau mit 89,6 %, in der Pharmazeutischen Industrie mit 85,9 % und im Fahrzeugbau mit 79,6 % bewertet (Bild 2). Auch für die Entwicklung des Tourismus in Deutschland ist der Luftverkehr von herausragender Bedeutung, und zwar sowohl für Reisen aus Deutschland in weltweite Ziele (Outgoing Tourismus) als auch für Reisen aus dem Ausland nach Deutschland (Incoming Tourismus). Einer Analyse der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für 2012 zufolge wurden in 2012 insgesamt 49 % aller privaten und geschäftlichen Reisen aus Deutschland in das Ausland mit dem Flugzeug unternommen. Das Auto benutzten 37 %, 7 % den Bus und 5 % die Bahn. Auch beim Incoming Tourismus kam dem Luftverkehr die höchste Priorität zu. So reisten 51 % der Gäste mit dem Flugzeug ein, 42 % mit dem Auto, 4 % mit dem Zug und 3 % mit dem Reisebus. Die positiven Beschäftigungswirkungen des Incoming Tourismus werden vom Zentrum für Recht und Wirtschaft des Luftverkehrs für 2012 auf 367 900 geschätzt. 6 Schließlich leistet der Luftverkehr einen positiven Beitrag zur Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland. 7 Im Luftverkehr waren in 2012 bei Fluggesellschaften, der Flugsicherung und in der zivilen Luftverkehrsindustrie insgesamt 324 500 Personen beschäftigt. Davon entfielen auf die Flughäfen 105 800 Arbeitsplätze. Die empirischen Befunde zur Bedeutung des Luftverkehrs haben gezeigt, dass auch langfristig sowohl national als auch international eine weiterhin dynamische Entwicklung dieser Branche zu erwarten ist. Insbesondere für Deutschland als exportorientiertes Land ist die Anbindung an das internationale Luftverkehrsnetz unabdingbar, ebenso ist dies für eine Standortwahl insbesondere von innovativen Unternehmen eine der wichtigen Voraussetzungen. Dies wird auch durch Einschätzung von Schlüsselsektoren in Deutschland im Hinblick auf die Bedeutung des Luftverkehrs für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten bestätigt. Schließlich haben die ökonomischen Effekte des Tourismus durch den Luftverkehr im vergangenen Jahrzehnt stark zugenommen und zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland geführt. Direkte, indirekte und induzierte ökonomische Effekte: Quantifizierung und Interpretation Zur Bestimmung der unterschiedlichen sozio-ökonomischen Wirkungen des Luftverkehrs ist eine Vielzahl empirischer Studien, insbesondere für die großen Flughäfen in den USA, beispielsweise für Washington, San Francisco, Minneapolis, erstellt worden. Auch für die europäischen Flughäfen werden in einer neuen Studie 8 die ökonomischen Effekte für 2013 differenziert nach einzelnen Ländern berechnet. Für Deutschland wurden für alle wichtigen Flughäfen, wie Frankfurt/ Main, München, Berlin, Hamburg, Hannover und Köln- Bonn, aber auch für Regionalflughäfen, wie Frankfurt-Hahn, Kassel-Calden, Dortmund, Lübeck und Zweibrücken detaillierte Analysen für die ökonomischen Wirkungen durchgeführt (zu einem Überblick 9 ). Die gesamtwirtschaftlichen und regionalen Effekte des Luftverkehrs beinhalten sowohl Nutzen als auch externe Kosten in der Wertschöpfungskette. Als Grundlage empirischer Studien sind deshalb Konzepte zur Operationalisierung der einzelnen Wirkungskategorien zu entwickeln und inhaltlich zu diskutieren. 10 11 12 Zunächst werden die Effekte aus der Produktion von Luftverkehrsdienstleistungen erfasst. Als direkte Effekte der Flughafenaktivitäten werden dabei die Wertschöpfung und die Beschäftigung von Flughafenbetrieben bezeichnet, die mit Hilfe von Unternehmensbefragungen quantifiziert werden können. Indirekte Wirkungen der Flughafenaktivitäten entstehen dadurch, dass die Unternehmen auf dem Flughafen Aufträge an Dienstleister und Liefe- Bild 1: Bedeutung des Luftverkehrs nach Wirtschaftssektoren Quelle: ifo-Institut (2013), S.-7; Rürup, Reichart (2014), S.-15 Bild 2: Bedeutung des Luftverkehrs in ausgewählten Schlüsselindustrien Quelle: ifo-Institut (2013), S.-7ff.; Rürup, Reichart (2014), S.-16 Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 74 MOBILITÄT Luftverkehr ranten außerhalb des Flughafens vergeben, die wiederum Vorleistungen von anderen Unternehmen beziehen. Sie wirken als Multiplikatoren für Wertschöpfung, Beschäftigung und Einkommen. Schließlich resultieren induzierte Effekte aus der zusätzlichen Konsumnachfrage aus den Erwerbseinkommen sowohl der Beschäftigten des Flughafens als auch der Lieferanten. Zur Berechnung der indirekten und induzierten Effekte wird insbesondere die Input-Output-Methodik verwendet. Sie basiert auf Input-Output-Tabellen, die von den statistischen Ämtern, in Deutschland vom Statistischen Bundesamt, für die einzelnen Jahre veröffentlicht werden. Dabei werden die sektoralen Vorleistungsverflechtungen einer Volkswirtschaft abgebildet. Um die sektoralen Effekte der Flughafenaktivitäten zu berechnen, wäre es allerdings notwendig, regional differenzierte Input- Output-Tabellen zu verwenden, um die spezifische regionale ökonomische Struktur des Flughafenumlands berücksichtigen zu können. In Deutschland sind regionale Input-Output-Tabellen bisher nicht verfügbar, sodass zumeist nationale Input-Output-Tabellen oder regional angepasste Tabellen unter Verwendung regionaler Wirtschaftsdaten zugrunde gelegt werden. 13 Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass die amtliche Statistik die Input-Output-Tabellen oft nur mit zeitlicher Verzögerung veröffentlicht. Hujer, et al. (2004) entwickeln zur Berechnung der regionalen ökonomischen Effekte des Flughafens Frankfurt/ Main für 1999 eine Input-Output-Tabelle für Hessen unter Verwendung von Lokationskoeffizienten, in denen regionale und gesamtwirtschaftliche sektorale Bruttoproduktionswerte in Beziehung zueinander gesetzt werden. Die gesamtwirtschaftlichen Inputkoeffizienten werden mit den Lokationskoeffizienten gewichtet, um somit die sektorale Struktur der Region zu approximieren. Für die quantitative Ermittlung der Effekte wird die Methodik des Input-Output-Modells verwendet. 14 Vergleicht man direkte, indirekte und induzierte Effekte, so sind diese im Hinblick auf die inhaltliche Interpretation durch unterschiedliche Kausalitäten gekennzeichnet. 15 Die direkten und indirekten Effekte sind eng mit den Luftverkehrsaktivitäten verknüpft, denn ohne diese würden die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte auf dem Flughafen und die ökonomischen Wirkungen aufgrund der Auftragsvergabe an Unternehmen außerhalb des Flughafens wegfallen. Bei der Interpretation der induzierten Effekte sind jedoch ökonomische Anpassungsreaktionen und die Absorptionsfähigkeit der Wirtschaft zu berücksichtigen. „Ohne Luftfahrt würde nur dann der ganze Betrag des induzierten Effekts wegfallen, wenn die Beschäftigten aus den direkten und indirekten Effekten auch längerfristig keine andere Stelle in anderen Branchen finden würden und somit kein Einkommen hätten, das sie in der Volkswirtschaft in Form von Konsumausgaben wieder ausgeben können. Dies ist jedoch lediglich in einer schweren konjunkturellen Rezession zu befürchten. Ansonsten dürfte ein bedeutender Teil der im direkten und indirekten Effekt erfassten Beschäftigten eine Stelle in einer anderen Branche finden.“ 16 Auch Thießen (2014) weist auf diese Substitutionseffekte hin, die letztlich zu einer Reduktion der berechneten Gesamtwirkungen führen. Bei der Interpretation und Bewertung ist also zu beachten, dass die quantitativ ausgewiesenen Wirkungen inhaltlich lediglich Bruttoeffekte darstellen. Zur Ermittlung der Nettoeffekte wären Annahmen über den Anpassungsgrad einer Volkswirtschaft in speziellen konjunkturellen Situationen zu treffen. Im Hinblick auf eine inhaltliche Interpretation der ökonomischen Effekte werden auch die Verlagerungseffekte diskutiert, die eventuell zu einer Überschätzung führen könnten, „weil ein Teil der zusätzlichen Passagiere auf dem ausgebauten Flughafen keine neuen Passagiere seien, sondern nur von anderen Flughäfen verlagert würden“. 17 In der Studie für den Flughafen Frankfurt/ Main wurden mögliche Verdrängungseffekte für europäische große Hubs, mittlere und kleinere deutsche Flughäfen untersucht. 18 Die empirischen Befunde geben lediglich Hinweise, dass „allenfalls eine gewisse Verlagerung von Passagieren von großen europäischen Hubs sowie von mittelgroßen deutschen Flughäfen stattgefunden hat“. 19 Quantitative Schätzungen wurden jedoch nicht durchgeführt. Schließlich greift Thießen (2007) die These des „leeching behaviour“ auf. „Demzufolge werden in Regionen mit verbesserter Luftverkehrsinfrastruktur höherwertige Arbeitsplätze relativ attraktiver. Die Chancen für Arbeit mit hoher Produktivität steigen, dies setzt entsprechend ausgebildete Arbeitskräfte voraus. Es kommt dazu, dass die produktiven Arbeitskräfte aus anderen Regionen ,ausgesaugt‘ werden. Vom Flughafen entfernt gelegene Regionen verlieren hochwertige Arbeitsplätze und fallen im Wettbewerb der Regionen zurück.“ 20 Auch Bogai, Wesling (2011) weisen auf die Bedeutung der Produktivitätseffekte für eine Bewertung der Wirkungen von Flughafeninvestitionen auf die ökonomische Entwicklung von insbesondere benachbarten Regionen hin. Sowohl die Substitutionseffekte aufgrund der Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft als auch die Verlagerungs- und Produktivitätseffekte sind insbesondere für Analysen der ökonomischen Wirkungen von Regionalflughäfen im Hinblick auf politische Entscheidungen über Bau bzw. Ausbau von ganz entscheidender Bedeutung. Die dadurch zu erwartende Verringerung der gesamten Effekte sollte zumindest grob abgeschätzt werden. Ein wichtiger Indikator für eine wirtschaftspolitische Bewertung ist neben dem Wertschöpfungsmultiplikator insbesondere der Beschäftigungsmultiplikator, der als Quotient der Summe von indirekten und induzierten Beschäftigten zu den direkten Beschäftigten definiert ist. Er gibt an, wie viele Beschäftigte zusätzlich im Umland pro Flughafenbeschäftigten tätig sind. ATAG (2008) berechnet für Nordamerika für 2006 einen Wert von 1,58 und für Europa 1,75. Für Deutschland weist Oxford Economics (2011) für 2009 einen Beschäftigungsmultiplikator von 1,52 aus. Die empirischen Studien für die Flughäfen Frankfurt/ Main, München und Köln-Bonn zeigen folgende Ergebnisse: Für den Flughafen Frankfurt/ Main wird für 2012 ein Multiplikator von 1,24, für 2008 ein Wert von 1,26 und für 2000 ein Wert von 1,65 geschätzt. 21 In einer Studie von Hujer, et al. (2004) wurde für 1999 ein entsprechender Multiplikator von 1,77 berechnet. Für den Flughafen München ist der gesamtwirtschaftliche Beschäftigtenmultiplikator nach Angaben der IHK München (2015) für 2012 mit 1,13 und für 2006 mit 1,64 ermittelt worden. Im Vergleich dazu ist der entsprechende Wert für 2000 mit 1,95 noch deutlich höher. 22 Für den Flughafen Köln-Bonn wird für 2006 ein gesamtwirtschaftlicher Multiplikator von 1,98 geschätzt. 23 Daneben sind jedoch auch die regionalen Multiplikatoren von hohem politischen Interesse, da sie zeigen sollen, welche Effekte für das engere Flughafenumland zu erwarten sind. Die Größe der Multiplikatoren ist jedoch entscheidend von der gewählten räumlichen Abgrenzung abhängig, beispielsweise Bundesland oder Regierungsbezirk, deshalb ist eine vergleichende Analyse von regionalen Multiplikatoren problematisch. Schließlich werden in einigen Studien auch die fiskalischen Wirkungen errechnet. Grundlage ist dabei die Bruttolohn- und -gehaltssumme aus den direkten, indirekten und induzierten Effekten, die anteilsmäßig auf die unterschiedlichen Steuerarten verteilt werden. Empirische Ergebnisse zu den fiskalischen Wirkungen der Flughafenaktivitäten wurden beispielsweise von Booz Allen Hamilton, et al. (2008) für den Flughafen Köln-Bonn im Jahr 2006, von Hujer (2008) für den Flughafen München in 2000 sowie von Heuer, Klophaus (2007) Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 75 Luftverkehr MOBILITÄT für den Regionalflughäfen Frankfurt-Hahn in 2005 und von Klophaus (2013) für Kassel-Calden in 2012 vorgestellt. Katalytische Effekte: Messkonzepte und empirische Befunde Neben den Wirkungen aus der Produktion von Luftverkehrsaktivitäten sind im Rahmen einer umfassenden empirischen Analyse-Konzeption relevante Effekte aus der Nutzung der Flugverkehrsdienstleistungen zu operationalisieren 24 . Die Luftverkehrsanbindung ist für die Attraktivität des Standorts im Hinblick auf die zunehmenden internationalen Handelsverflechtungen von zentraler Bedeutung. Die daraus resultierenden katalytischen Effekte sind entweder passagier- oder unternehmensbezogen, d.h. sie werden entweder durch die Ausgaben von Flugpassagieren oder durch Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen generiert. Die Effekte des Incoming-Tourismus in Deutschland wurden für die Jahre 2002 und 2007 in einer Studie von Harsche, et al. (2008) geschätzt. Als Datengrundlage dienten Informationen zur Anzahl der Ankünfte und zu den Ausgaben der Luftverkehrseinreisenden aus über 45 Herkunftsländern. Die quantitativen Analysen zeigten, 25 dass die durch die Kaufkraft der mit dem Flugzeug nach Deutschland eingereisten Gäste in 2007 ein Produktionswert von 15,5 Mrd. EUR ermittelt werden konnte. Daraus ergibt sich eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 1,8-Mrd. EUR und eine Bruttolohn- und Gehaltssumme von 4,37 Mrd. EUR. Der Effekt auf den Arbeitsmarkt wird mit 391 670 berechnet (Tabelle 2). Dieser Befund wird durch die Ergebnisse in der Studie von ifo- Institut (2013) bestätigt. Peter, et al. (2014) haben in ihrer Analyse für den Frankfurter Flughafen den Incoming-Tourismus ermittelt. Für das Jahr 2012 sind insgesamt 3,54 Millionen ausländische Fluggäste eingereist, davon übernachteten 2,43 Millionen in der Metropolitanregion Frankfurt/ Rhein-Main und hatten Umsätze in Höhe von 835,67 Mio. EUR. Dies entspricht rund 0,4 % des Bruttoinlandsprodukts 2009 der Metropolitanregion Frankfurt/ Rhein-Main. Die ökonomischen Wirkungen des Outgoing-Tourismus, die zu einer Reduktion der Gesamteffekte führen können, werden jedoch nicht berechnet. Auch in den Studien für München (Basler, Bulwien (2007)) und für Kassel-Calden (Klophaus (2013)) können sie wegen fehlender Daten nicht berücksichtigt werden. Thießen (2014) schätzt, dass die Relation der Outgoingzu Incoming-Reisenden bei größeren Flughäfen etwa 70: 30, bei kleineren Flughäfen 80: 20 beträgt. Bei der inhaltlichen Interpretation der passagierseitig-katalytischen Effekte ist zu beachten, dass den Passagieren im Falle einer Angebotsreduktion im Luftverkehr andere Transportmittel zur Verfügung stehen. „For instance, airports are said to attract new businesses as a result of improved connectivity. Connectivity may, however, be achieved by other means, such as highspeed railways or new communication and information technologies.“ 26 In welchem Maße diese Optionen genutzt würden oder ob auf eine Einreise ohne den Luftverkehr völlig verzichtet wird, ist quantitativ nur schwer abzuschätzen. Zur Bestimmung der unternehmensbezogenen katalytischen Wirkungen, die vor allem aus der Standortattraktivität resultieren, wurden unterschiedliche Messkonzepte entwickelt und empirisch umgesetzt. In einer Studie für den Frankfurter Flughafen entwickeln Baum, et al. (2003) einen Indikator, der die Qualität der Luftverkehrsanbindung inhaltlich erfassen soll. Als wesentliche Einflussfaktoren werden Passagieraufkommen, Anzahl der Destinationen und Frachtvolumen berücksichtigt. Darüber hinaus werden Indikatoren des Flugangebots, wie Anzahl der Direktverbindungen, einbezogen und unter Verwendung von Gewichtungsfaktoren zu einem Luftverkehrswertigkeitsindex zusammengefasst. Mit Hilfe von Zeitreihen-Regressionsanalysen können die Beziehungen zwischen ökonomischen Kenngrößen und dem Index der Luftwertigkeit geschätzt und Elastizitäten empirisch bestimmt werden. Besonders wichtig sind dabei die Wirkungen auf die Arbeitsproduktivität und die Wertschöpfung. Die Schätzwerte der Regressionsfunktion können auch dazu verwendet werden, alternative Szenarien bei unterschiedlichen Annahmen über das erwartete Passagier- und Frachtvolumen zu berechnen. Basler, Bulwien (2007) quantifizieren die katalytischen Effekte für den Flughafen München in 2006 lediglich exemplarisch. Sie verwenden dabei das Konzept der Erreichbarkeit und schätzen zunächst die Effekte durch Reduktion des Reiseaufwandes der Passagiere. Sie berechnen für 2006 insgesamt 1,9 Mio. Passagiere, die der zusätzlichen Originärnachfrage von und nach München im Planungsfall gegenüber dem Prognosenullfall entsprechen. Davon zieht der Flughafen München zu seinen Gunsten rund 1,6 Mio. Originärpassagiere vom Wachstum anderer Flughäfen und der Eisenbahn ab. Damit reduziert sich in den meisten Fällen der Reiseaufwand dieser Passagiere.“ 27 Aufgrund des Zeitkostensatzes entsprechend dem Bundesverkehrswegeplan ergibt sich eine Reisezeiteinsparung von etwa 20,8 Mio. EUR im Jahr. Daneben werden auch die katalytischen Effekte durch den Neuverkehr mit 0,3 Mio. Passagieren berechnet. Es wird der zusätzliche Umsatz durch zusätzliche Exporte aufgrund dieser Passagiere mit 1,09 Mrd. EUR im Jahr geschätzt. 28 Schließlich werden die Wirkungen auf die Standortwahl von Unternehmen im Hinblick auf Produktivitätsfortschritte und Wettbewerbsvorteile lediglich qualitativ diskutiert. Peter, et al. (2014) verwenden in ihrer empirischen Studie für den Flughafen Frankfurt/ Main keinen exemplarischen Ansatz, sondern ein allgemeines quantitatives Konzept zur Messung der katalytischen Effekte. In ihrem Modell wird die sog. Erreichbarkeit operationalisiert, um den Standortvorteil einer Region zu erfassen. Dieser methodische Ansatz wurde von BAKBASEL auf der Grundlage von sogenannten aktivitätsbasierten Gravitationsindikatoren entwickelt. Diese „gewichten alle möglichen Zielpunkte der Erreichbarkeit aufgrund ihrer Attraktivität und diskontieren jedes Ziel mit der Reisezeit (Raumwiderstand)“. 29 Der Erreichbarkeitswert einer Region wird mathematisch als Funktion der Aktivität am Zielort - approximiert durch das regionale Bruttoinlandsprodukt - und dem Raumwiderstand als minimale Reisezeit zwischen Ursprungs- und Zielregion formuliert. Die empirischen Befunde für 2010 zeigen, dass Frankfurt/ Main den höchsten kontinentalen (Zielorte innerhalb Europas) Erreichbarkeitsindex unter den 414 einbezogenen Standorten hat. Dies ist sowohl durch die geographische Lage als auch durch die ausgebaute Infrastruktur und das Netz der Verkehrsdienst- Effekte über alle betrachteten Branchen 2002 absolut 2007 absolut Veränderung 2002 bis 2007 absolut in % Produktionswert (in Mrd. EUR) 12,40 15,55 3,15 25,37 Spezifische Bruttowertschöpfung (in Mrd. EUR) 6,52 8,31 1,80 27,57 Spezifische Brutto- und Gehaltsumme (in Mrd. EUR) 3,43 4,37 0,95 27,59 Gesicherte Arbeitsplätze 299 858 391 670 91 812 30,62 Tabelle 2: Ökonomische Effekte der Kaufkraft von Luftverkehrseinreisenden nach Deutschland Quelle: Harsche, et al. (2008), S.128 Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 76 MOBILITÄT Luftverkehr leistungen begründet. Diese Spitzenposition hält Frankfurt seit 2008. Auch bei der globalen (Zielorte außerhalb Europas) Erreichbarkeit hat Frankfurt seit 2006 jeweils den höchsten Wert und liegt vor Amsterdam, London und Paris. Peter, et al. (2014) haben für den Frankfurter Flughafen eine Szenario-Analyse durchgeführt, die die Auswirkungen eines Wegfalls des Flughafens für die Erreichbarkeit simuliert. Sowohl der kontinentale als auch der globale Erreichbarkeitsindex würden erheblich sinken. So fällt Frankfurt im Ranking der globalen Erreichbarkeit auf den 215. Platz (unter 414 europäischen Regionen) zurück, und andere Konkurrenzstandorte profitieren davon. In der empirischen Analyse von Harsche, et al. (2008) werden die unternehmensseitig-katalytischen Effekte mit Hilfe verschiedener methodischen Ansätze untersucht. Zunächst wurde eine Befragung einer Stichprobe von 100 im Flughafenumland von Flughäfen in Deutschland 30 tätigen internationalen Unternehmen durchgeführt, um die Bedeutung der Luftverkehrsanbindung für ihr Investitionsverhalten und ihre Standortentscheidungen zu bewerten. Es wurden insgesamt elf Untersuchungsregionen, beispielsweise Hamburg, Hannover, Berlin, Rhein-Main, München berücksichtigt. Die Unternehmen wurden nach der Bedeutung verschiedener Standortfaktoren befragt, wobei sowohl „harte“ Kriterien, wie Kostenstruktur, als auch „weiche“ Indikatoren, wie Stabilität der politischen Verhältnisse, einbezogen wurden. Wichtigste Kriterien für die Standortattraktivität sind für die 100 befragten Unternehmen das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften, die Verkehrsanbindung über die Straße, das Luftverkehrsnetz und die Möglichkeiten zur Erschließung des deutschen Marktes. Fragt man nach der Bedeutung der Luftverkehrsanbindung für die Tätigkeitsfelder in diesen Unternehmen, so zeigt sich, dass dieser für den Bereich Marketing, Vertrieb und Absatz mit 76 Nennungen (wichtig/ sehr wichtig) die höchste Bedeutung zukommt. Ein weiterer zentraler Aspekt für die unternehmensseitig-katalytischen Effekte sind empirische Analysen zu den Auswirkungen einer Luftverkehrsanbindung auf Produktivität, Investitionen, Beschäftigung und Innovationen. In der Studie von Harsche, et al. (2008) wurde ein Panel-Datensatz von jährlichen Informationen von 1995 bis 2005 für 439 Kreise und kreisfreie Städte in Deutschland erstellt und für die ökonometrischen Schätzungen verwendet. Im methodischen Ansatz wird die Luftverkehrsanbindung durch die Kenngröße „Verkehrsgunst“ erfasst. Sie wird als durchschnittlicher Zeitaufwand je Kreis bzw. kreisfreier Stadt definiert, um alle Flugziele zu erreichen bzw. um von allen anderen Regionen im Luftverkehr erreicht zu werden. Ein hoher Wert dieses Indikators bedeutet eine lange Reisezeit und damit eine schlechte Erreichbarkeit. Die ökonometrischen Schätzergebnisse zeigen, 31 dass eine um 1 % bessere Verkehrsgunst eine höhere Arbeitsproduktivität um 0,65 % und höhere Investitionen um 5,36 % erwarten lässt. Für das Beschäftigungsniveau ergibt sich bei einer 1 % besseren Verkehrsgunst eine Erhöhung um 0,22 % und für die Innovationen als Anzahl der Patentanmeldungen eine Zunahme um 4,96 %. Die bisher entwickelten und in den empirischen Analysen angewendeten Ansätze zur Erfassung der passagier- und der unternehmensbezogenen katalytischen Effekte erfordern zumeist vielfältige Informationen aus zuverlässigen Umfrage-Daten, regional differenzierte ökonomische Daten aus der amtlichen Statistik, Daten zu den Luftverkehrsaktivitäten allgemein und speziell auch Informationen für den jeweiligen Flughafen. Die Qualität dieser Daten ist von entscheidender Bedeutung für die Anwendung der ökonometrischen Methoden und für die Validität der inhaltlichen Interpretation. Externe Effekte: Kategorien und Messkonzepte In einem umfassenden, integrativen Konzept der Nettowirkungen sind schließlich auch die externen Effekte des Luftverkehrs zu berücksichtigen. Für Flughäfen Deutschland liegen bislang nur wenige Studien vor, die neben den direkten, indirekten, induzierten und katalytischen Effekten auch die externen Umwelteinflüsse abschätzen. Baum, et al. (1998) haben in ihrer empirischen Analyse für den Flughafen Köln-Bonn zur Quantifizierung der externen Effekte eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik der Universität Karlsruhe und von INFRAS, Zürich zugrunde gelegt. 32 Sie berechnen die externen Kosten für die Bereiche Lärm, Luftverschmutzung und Klima für 1995 mithilfe der in Tabelle 3 zusammengefassten externen Kosten für die drei Umwelt-Kategorien. Auf dieser Grundlage schätzen Baum, et al. (1998) die externen Kosten des Luftverkehrs beim Flughafen Köln-Bonn auf 228- Mio.DM für den Personenverkehr und 290 Mio.DM für den Frachtverkehr (Tabelle-4). Schmid, et al. (2003) analysieren in einer sehr differenzierten Studie für den Flughafen Frankfurt/ Main für 2000 die Kostenkategorien Luftschadstoffe, Lärm, Unfälle, Natur und Landschaft sowie Klima. Um die einzelnen Umwelteinflüsse vergleichen zu können, wird eine monetäre Bewertung angestrebt. Das zentrale Problem dabei besteht darin, dass die sogenannten intangiblen Güter keine Marktpreise haben. Um die Effekte dennoch zu bewerten, werden direkte oder indirekte Methoden angewendet. Die direkte Bewertung erfolgt aufgrund von Schätzungen der Zahlungsbereitschaft der Individuen aus Befragungen im Hinblick auf eine Verminderung der unterschiedlichen Schadenskategorien. Dieser „Contingent-Valuation“-Ansatz wird in empirischen Studien häufig verwendet. Dagegen wird mit Hilfe von indirekten Verfahren der Wert eines öffentlichen Gutes aus dem Marktverhalten durch einen hedonischen Preis-Ansatz ermittelt. Beispielsweise werden für die Bewertung der Lärmbelästigung der Wertverlust von Immobilien und die Mietpreisminderung als Indikatoren herangezogen. 33 Neben der Ermittlung der Gesamtkosten für die externen Effekte ist eine Analyse der marginalen externen Kosten für eine umfassende Bewertung wichtig. 34 Dies sind Kosten, die durch den Start oder die Landung eines zusätzlichen Flugzeugs entstehen. Dabei ist insbesondere die Zeit der Flugbewegung, das Abfluggewicht, die Flugroute, der Flugzeugtyp und die Triebwerkskonfigurationen zu berücksichtigen. Die empirischen Befunde zu den gesamten und marginalen externen Kosteneffekten der betrachteten Umwelteinflüsse fasst Schmid (2003), S.-168 ff. zusammen. Neuere Ergebnisse zu externen Effekten des Luftverkehrs liegen für die Schweiz vor. Lärm Luftverschmutzung Klima Gesamt DM je 1000 Pkm 8,95 13,89 25,43 48,27 DM je 1000 Tkm 44,27 40,64 129,74 244,64 Tabelle 3: Relative externe Kosten des Luftverkehrs in Deutschland 1995 Quelle: Baum, et al. (1998) Personenverkehr Güterverkehr Verkehrsleistungen 4.724 Mio. Pkm 1.185 Mio. Tkm Relative externe Kosten 48,27 DM/ 1000 Pkm 244,64 DM/ 1000 Tkm Externe Kosten 228 Mio. DM 290 Mio. DM Tabelle 4: Externe Kosten des Luftverkehrs für den Flughafen Köln-Bonn Quelle: Baum, et al. (1998), S. 163 Internationales Verkehrswesen (69) 2 | 2017 77 Luftverkehr MOBILITÄT Eine Analyse der Kostenkategorien Klima, Lärm, Luftverschmutzung, Natur und Landschaft sowie Unfall wird für die Zivilluftfahrt in der Schweiz in einer Studie des Bundesamts für Zivilluftfahrt, et al. (2011) vorgestellt. Peter, et al. (2009) berechnen die externen Kosten des Flughafens Zürich im Jahr 2008. Die Kosten wurden insgesamt auf 248 Mio. CHF geschätzt. Davon entfielen mit 201 Mio. CHF 81 % auf Klimakosten, die Kosten für Lärm betrugen 28 Mio. CHF, für Luftverschmutzung 15 Mio. und für Natur und Landschaft 4 Mio. CHF. Bei der Analyse der externen Effekte zeigt sich, dass eine Operationalisierung und vor allem eine quantitative Erfassung mit erheblichen methodischen Problemen verbunden ist, und die Qualität der verfügbaren Daten oft nicht gesichert ist. Trotz dieser Nachteile ist eine empirische Analyse der Wirkungen des Luftverkehrs auf die einzelnen Kategorien der Umwelt unabdingbar für eine umfassende Studie zum Luftverkehr und insbesondere zu den Wirkungen der Flughafenaktivitäten. Gerade für eine Bewertung von Ausbauplänen von Flughäfen kann darauf nicht verzichtet werden. Fazit und Ausblick Bei einer zunehmenden Globalisierung, bei einer dynamischen Entwicklung der Handelsbeziehungen und der weltweiten Vernetzungen der ökonomischen Entwicklungen kommt insbesondere dem Flugverkehr eine zentrale Bedeutung zu. Diese Tendenzen führen zu den Diskussionen um den Ausbau von Großflughäfen, wie Frankfurt/ Main und München, aber auch um den Bau oder Erhalt von Regionalflughäfen in Deutschland. Die politischen Entscheidungen darüber erfordern jedoch valide empirische Studien, die alle möglichen Effekte berücksichtigen müssen. Zunächst sind dabei die direkten, die indirekten und induzierten Wirkungen zu berechnen, deren Zuverlässigkeit von einer möglichst aktuellen validen Datenbasis aus Befragungen und vom Einsatz problemadäquater methodischer Ansätze, wie regionale Input-Output-Tabellen abhängig ist. Insbesondere ist jedoch auch die inhaltliche Interpretation der ökonomischen zu beachten, Substitutions- und Verlagerungseffekte zu berücksichtigen, um Überschätzungen zu vermeiden. Die Messung der katalytischen Effekte ist sowohl im Hinblick auf die verfügbaren Daten als auch auf die anzuwendenden Methoden noch komplexer. Jedoch wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. 35 Die empirischen Analysen zu den externen Effekten wurden jedoch vernachlässigt. Sicherlich ist die Bestimmung der Umwelteinflüsse mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da sie nur durch eine monetäre Bewertung vergleichbar sind. Für politische Entscheidungen über den Bau bzw. Ausbau von Flughäfen sind empirische Befunde zu allen Wirkungskategorien als wissenschaftliche Grundlage gleichermaßen wichtig. Weiterhin können Szenario-Analysen dazu dienen, zukünftige Entwicklungsprozesse zumindest tendenziell abzuschätzen. Allerdings können die Entscheidungsträger den verschiedenen Einflussfaktoren in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen politischen Zielsystem andere Gewichte zuordnen und somit letztlich zu divergierenden Entscheidungen kommen. ■ 1 Vgl. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (2016) 2 Vgl. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (2016) 3 Vgl. Rürup, Reichart (2014) 4 Vgl. Rürup, Reichart (2014) 5 Vgl. ifo-Institut (2013) 6 Vgl. ifo-institut (2013), S.-12 ff. 7 Vgl. ifo-institut (2013), S.-15 8 Vgl. InterVISTAS (2015) 9 Vgl. Zak, Getzner (2014) 10 Vgl. Peter, et al. (2014, 2011) 11 Vgl. Harsche, et al. (2008) 12 Vgl. Hujer (2008) 13 Vgl. Zak, Getzner (2014) 14 Vgl. Hujer (2008), S.-40 ff. 15 Vgl. Peter, et al. (2014, 2011) 16 Peter, et al. (2014), S.-11 17 Peter, et al. (2014), S.-24 18 Vgl. Peter, et al. (2014) 19 Peter, et al. (2014), S.-31 20 Thießen (2004), S.-25 21 Vgl. Peter, et al. (2014), S.-18 22 Vgl. Hujer (2008), S.-107 23 Vgl. Booz Allen Hamilton, Prognos, Airport Research Center (2008) 24 Vgl. Harsche, et al. (2008) 25 Vgl. Harsche, et al. (2008), S.-136 ff. 26 Zak, Getzner (2014), S.-109 27 Vgl. Basler, Bulwien (2007), S.-85 28 Vgl. Basler, Bulwien (2007), S.-88 29 Vgl. Peter, et al. (2014), S.-78 30 Vgl. zur räumlichen Abgrenzung: Harsche, et al. (2008), S.-54 31 Vgl. Harsche, et al. (2008), S.-137 ff. 32 Vgl. INFRAS, IWW (1994) 33 Vgl. dazu auch die umfangreiche Studie von Getzner, Zak (2012) zur Kostenkategorie Lärm 34 Vgl. Friedrich, Bickel (2001) 35 Vgl. beispielsweise: Cooper, Smith (2005), Baum, et al. (2008), Harsche, et al. (2008), Peter, et al. (2014) LITERATUR ATAG - Air Transport Action Group (2008): The economic and social benefits of air transport 2008, Oxford. Basler, E.; Bulwien, H. (2007): Auswirkungen des Vorhabens 3. Start- und Landebahn auf Wirtschaft und Siedlung im Flughafenumland, Zürich, München. Baum, H., Esser, K., Kurte, J., Schneider, J. (2003): Standortfaktor Flughafen Frankfurt/ Main - Bedeutung für die Struktur, Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Region Rhein-Main, Frankfurt/ Main. Baum, H., Kurte, J., Schneider, A. (1998): Der volkswirtschaftliche Nutzen des Flughafens Köln-Bonn, Köln. Bogai, D.; Wesling, M. (2011): Beschäftigungseffekte von Großflughäfen - eine kritische Bestandsaufnahme. In: Jahrbuch für Regionalwissenschaften, 31, 75-91. 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