eJournals Internationales Verkehrswesen 69/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2017-0065
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Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

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Anne  Rausch
Die neue Anlagenverordnung ist in Kraft getreten. Auch Umschlaganlagen sind betroffen. Ein juristischer Überblick zu den nun gültigen Anforderungen.
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Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 30 Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Gewässerschutz, Umschlaganlagen, Umschlagflächen Die neue Anlagenverordnung ist in Kraft getreten. Auch Umschlaganlagen sind betroffen. Ein juristischer Überblick zu den nun gültigen Anforderungen. Anne Rausch B isher waren die Anforderungen für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen auf Landesebene geregelt. Die Landesverordnungen wurden jetzt durch die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) abgelöst. Die neue Verordnung legt bundeseinheitliche Vorgaben zum Gewässerschutz fest. Sie beinhaltet unter anderem technische Anlagenanforderungen sowie organisatorische Vorgaben für Betreiber. Zudem regelt die neue Verordnung die Einstufung von Stoffen und Gemischen in Wassergefährdungsklassen (WGK). Die AwSV gilt für ortsfeste Anlagen zum Abfüllen, Herstellen, Behandeln, Verwenden und Lagern wassergefährdender Stoffe. Sie gilt auch für Anlagen, in denen regelmäßig wassergefährdende Stoffe umgeschlagen werden. Die neue Verordnung ist damit auch für die Hafen- und Logistikwirtschaft relevant. „Umschlagen“ im Sinne der AwSV ist das Laden und Löschen von Schiffen, soweit es unverpackte wassergefährdende Stoffe betrifft. Auch das Umladen von wassergefährdenden Stoffen in Behältern oder Verpackungen von einem Transportmittel auf ein anderes ist „Umschlag“ im Sinne der AwSV. Zur Umschlaganlage zählen auch Flächen, auf denen Behälter oder Verpackungen im Zusammenhang mit dem Transport vorübergehend abgestellt werden. Die Fläche wird deshalb nicht zu einer Lageranlage. Technische Anforderungen für Umschlaganlagen Wie bisher werden an sämtliche Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird, Grundsatzanforderungen gestellt. Anlagen müssen dicht sein und austretende wassergefährdende Stoffe zurückgehalten werden. Rückhalteeinrichtungen müssen flüssigkeitsundurchlässig sein und dürfen keine Abläufe haben. Für Umschlagflächen sieht die neue Verordnung Sonderregeln vor. Danach müssen Umschlagflächen für (sämtliche) flüssigen wassergefährdenden Stoffe zwar flüssigkeitsundurchlässig sein. Ein bestimmtes Rückhaltevolumen wird hingegen nicht gefordert. In der Vergangenheit war dies für Umschlaganlagen, in denen ordnungsgemäß verpackte Flüssigkeiten der Wassergefährdungsklasse 1 umgeschlagen wurden, teilweise nicht vorgesehen. Der Verordnungsbegründung kann entnommen werden, dass Anlagen, die lediglich WGK-1-Stoffe umschlagen, dem Verordnungsgeber nicht bekannt sind. 1 Wenn solche Anlagen dennoch vorhanden sind oder geplant werden sollten, kann dies zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Das in Umschlaganlagen anfallende Niederschlagswasser ist zudem ordnungsgemäß als Abfall zu entsorgen oder als Abwasser zu beseitigen. Letzteres setzt voraus, dass Rückhalteeinrichtungen für den Fall des Austritts wassergefährdender Stoffe bestehen. Außerdem müssen die wasserrechtlichen Anforderungen und örtlichen Einleitbedingungen eingehalten werden. Eine betriebliche Abwasserbehandlungsanlage kann erforderlich sein. Umschlagflächen für feste wassergefährdende Stoffe benötigen gegebenenfalls keine Rückhaltung. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Stoffe in geeigneten und vor der Witterung geschützten Behältern oder Verpackungen oder geschlossenen oder vor Witterungseinflüssen geschützten Räumen befinden. Die Bodenfläche des Raumes muss zudem den betriebstechnischen Anforderungen genügen. Hierfür muss sicher- Foto: Martin Moritz/ pixelio.de LOGISTIK Umweltschutz Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 31 Umweltschutz LOGISTIK gestellt sein, dass die Behälter und Verpackungen sicher stehen und beispielsweise nicht umkippen können. Auch für Anlagen zum Laden und Löschen von Schiffen wird zumindest teilweise keine Rückhaltevorrichtung verlangt. Schiffsseitig ist dies weiterhin nicht erforderlich. Sonderanforderungen gelten allerdings für das Laden und Löschen unverpackter flüssiger wassergefährdender Stoffe. Für Schüttgüter wird jetzt zudem vorgegeben, dass geeignete Maßnahmen zu treffen sind, um den Eintrag in oberirdische Gewässer zu verhindern. Diese Anforderung ergab sich bisher bereits aus dem Wasserhaushaltsgesetz. Für Umschlaganlagen des intermodalen Verkehrs gelten erleichterte Anforderungen. Hierzu zählen Anlagen, in denen wassergefährdende Stoffe in Ladeeinheiten oder Straßenfahrzeugen auf einen anderen Verkehrsträger umgeladen werden, beispielsweise von Güterzug auf LKW. Die Ladeeinheit darf dabei nicht geöffnet werden. Für solche Anlagen genügt es, wenn die Umschlagflächen in Beton- oder Asphaltbauweise befestigt sind, sodass das dort anfallende Niederschlagswasser nicht auf der Unterseite austreten kann. Das Niederschlagswasser ist ebenfalls ordnungsgemäß als Abwasser zu beseitigen oder als Abfall zu entsorgen. Umschlaganlagen des intermodalen Verkehrs müssen zudem über flüssigkeitsundurchlässige Havariebereiche verfügen. Auf diesen Havariebereichen müssen beschädigte Ladeeinheiten oder Straßenfahrzeuge abgestellt und austretende wassergefährdende Stoffe zurückgehalten werden können. Rangierflächen sind keine Umschlagflächen Kontrovers diskutiert wurde bisher, ob Verkehrsflächen, die dem Rangieren von mit wassergefährdenden Stoffen beladenen Transportmitteln dienen, den Anforderungen für Umschlagflächen genügen müssen. Die neue Verordnung beendet diese Diskussion. Es wird ausdrücklich klargestellt, dass dies nicht der Fall ist. Auf Rangierflächen ist ausschließlich das Transportrecht anwendbar. Organisatorische Vorgaben Neben den technischen Anforderungen enthält die neue Verordnung zahlreiche organisatorische Vorgaben. Die Vorgaben gehen teilweise über die bisherigen landesrechtlichen Regelungen hinaus beziehungsweise konkretisieren diese. Besonders zu beachten sind die erhöhten Dokumentationspflichten. Zudem enthält die AwSV Vorgaben für Schadensbegrenzungsmaßnahmen bei Betriebsstörungen und zur Instandsetzung. Geregelt sind auch die Anzeigepflichten bei Neuanlagen, wesentlichen Änderungen und Betreiberwechseln sowie Vorgaben zur Beseitigung von Mängeln. Änderungen und Ausweitungen der Prüfpflichten für Umschlaganlagen Mit der neuen Verordnung ändern sich die Vorgaben für die Überprüfung von Umschlaganlagen. Einer wiederkehrenden Prüfpflicht unterliegen jetzt auch die Umschlaganlagen der Gefährdungsstufe B. 2 Die Überprüfung hat alle zehn Jahre durch einen Sachverständigen zu erfolgen. Für die Umschlaganlagen der Stufen C und D bleibt es bei der bereits bisher schon geltenden fünfjährigen Prüfpflicht. Für Umschlaganlagen im intermodalen Verkehr sowie für Anlagen in Schutz- und Überschwemmungsgebieten gelten abweichende Anforderungen. Zudem werden die Inbetriebnahmeprüfung und die Prüfung nach wesentlichen Änderungen für Umschlaganlagen ausgeweitet. Hierzu gehört nun auch die Nachprüfung nach einjähriger Betriebszeit. Bedeutung für Bestandsanlagen Bestandsanlagen werden durch die neue Verordnung geschützt. Die technischen Anforderungen des bisher geltenden Landesrechts gelten für Bestandsanlagen grundsätzlich fort. Eine Nachrüstung ist nur auf behördliche Anordnung erforderlich. Die Befugnis der Behörden, Anlagennachrüstungen zu verlangen, wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt. Für Umschlaganlagen auf Gleisen wird ausdrücklich klargestellt, dass nicht verlangt werden kann, dass die Anlage flüssigkeitsundurchlässig nachgerüstet wird. Die organisatorischen Vorgaben gelten seit dem 01.08.2017 uneingeschränkt. Die Anlagendokumentation muss entsprechend den Vorgaben der AwSV überarbeitet werden. Bei anzeigepflichtigen Anlagen hat zudem unverzüglich eine Anzeige zu erfolgen, sofern der Behörde die Anlage noch nicht bekannt ist. Verstöße gegen die Vorgaben können mit Bußgeldern von bis zu 50 000-EUR geahndet werden. ■ 1 BR-Drucks. 144/ 16B, S. 172. 2 Die Einstufung in Gefährdungsstufen erfolgt gemäß § 39 AwSV anhand der Wassergefährdungsklassen sowie des Volumens/ der Masse der gehandhabten Stoffe. Anne Rausch, Dr. Rechtsanwältin, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB, Köln anne.rausch@cms-hs.com Von Europas Nr. 1: Verladestationen all-inclusive • Industrietore, Ladebrücken, Torabdichtungen und Vorsatzschleusen • 24-Stunden-Service: rund um die Uhr für Sie da • DOBO System: für hygienische Transporte, geschlossene Kühlketten und geringe Energiekosten 202-17 (gewerbliche Endkunden)