Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2017-0075
81
2017
693
Kommunales Engagement im Ausbau von Carsharing für den ländlichen Raum
81
2017
Ann-Kathrin Seemann
Sebastian Knöchel
Die qualitative Studie setzt sich mit dem Mobilitätskonzept Carsharing im ländlichen Raum auseinander und beschreibt den gegenwärtigen Stand der Forschung, gefolgt von dem methodischen Ansatz sowie den Ergebnissen der Analyse, die mit einem Logikmodell visualisiert werden. Die Ergebnisse zeigen auf, dass Carsharing über Wachstumspotenzial in ländlichen Gebieten verfügt. Dabei spielen insbesondere die kommunale Unterstützung, Bürgerengagement sowie die Integration potentieller Stakeholder eine Schlüsselrolle bei der Steigerung des Potenzials dieser Mobilitätsform in ländlichen Gebieten.
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Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 64 MOBILITÄT Wissenschaft Kommunales Engagement im Ausbau von Carsharing für den ländlichen Raum Carsharing, ländlicher Raum, kommunales Engagement, nachhaltige Mobilität, Stakeholder Die qualitative Studie setzt sich mit dem Mobilitätskonzept Carsharing im ländlichen Raum auseinander und beschreibt den gegenwärtigen Stand der Forschung, gefolgt von dem methodischen Ansatz sowie den Ergebnissen der Analyse, die mit einem Logikmodell visualisiert werden. Die Ergebnisse zeigen auf, dass Carsharing über Wachstumspotenzial in ländlichen Gebieten verfügt. Dabei spielen insbesondere die kommunale Unterstützung, Bürgerengagement sowie die Integration potentieller Stakeholder eine Schlüsselrolle bei der Steigerung des Potenzials dieser Mobilitätsform in ländlichen Gebieten. Ann-Kathrin Seemann, Sebastian Knöchel M obilität ist ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Alltags und eine wichtige Voraussetzung für jegliche Form wirtschaftlichen Handelns. Sowohl der Personenals auch der Güterverkehr sind momentan von großen Veränderungen geprägt: Neben dem Ausbau der Elektromobilität und den Entwicklungen im Bereich autonomes Fahren, zeigen vor allem innovative Mobilitätsdienstleistungen und Geschäftsmodelle, oftmals verbunden mit voranschreitender Digitalisierung, ein hohes Optimierungspotential auf. Die ländlichen Regionen sind dabei im Allgemeinen durch große Herausforderungen im Bereich Mobilität gekennzeichnet, die sich unter anderem auf eine geringe Bevölkerungsdichte und die daraus resultierende Notwendigkeit zum Zurücklegen von großen Wegstrecken zurückführen lassen [1]. Nach Wagner et al. [2] erschweren rückläufige Fahrgastzahlen eine wirtschaftliche bzw. kostendeckende Bereitstellung des ÖPNV. Dies schränkt die ohnehin finanziell belasteten öffentlichen Haushalte und somit die Finanzierung der Infrastruktursysteme weiter ein, so dass sich die Aufrechterhaltung einer bedarfsgerechten Infrastruktur in den Bereichen Mobilität, Gesundheit und Digitalisierung in vielen ländlichen Bereichen Deutschlands zu einer ernstzunehmenden Herausforderung entwickelt [3]. In den letzten Jahren kam es zu einer stetigen Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Parallel dazu entdecken viele Menschen die Möglichkeit und die daraus resultierenden Vorteile, verschiedene Dinge gemeinschaftlich zu teilen, statt diese alleinig zu besitzen. Die gesteigerte Akzeptanz der sogenannten „sharing economy“, kombiniert mit der Entwicklung neuer Technologien, eröffnet neue Möglichkeiten zur Organisation der persönlichen Mobilität [4]. Durch die Auseinandersetzung mit nachhaltigen und bedarfsgerechten Mobilitätslösungen wie Carsharing, soll langfristig auch im ländlichen Raum eine Verhaltensänderung im Sinne von individueller Mobilität ohne Kraftfahrzeuge in Privatbesitz erzielt werden [5]. Lindloff et al. [6] identifizieren die politischen Akteure als wesentliche Treiber für den Ausbau von Carsharing. Cohen und Kietzmann [7] untersuchen in ihrer Studie, welche Form der Zusammenarbeit zwischen Carsharing-Betreibern und lokalen Kommunalverwaltungen eine nachhaltige Mobilität erreichen kann. Gerade in ländlichen Regionen können kommunale Akteure individuelle und an den lokalen Bedarf angepasste Mobilitätslösung basierend auf dem Carsharing-Ansatz installieren [8]. Ziel dieser Arbeit ist es, den Forschungsstand zu Carsharing in ländlichen Regionen zu erweitern, indem der Fokus darauf gelegt wird, wesentliche Treiber dieser Mobilitätsform in ländlichen Regionen zu erkennen, Hemmnisse zu identifizieren, Potentiale abzuleiten sowie mögliche Handlungsoptionen aufzuzeigen. Zudem soll geklärt werden, welche Gründe dafür sprechen Carsharing in ländlichen Regionen zu förden. Studiendesign Als Untersuchungsgegenstand für die vorliegende Studie dienen ländliche Regionen in Deutschland, insbesondere in Baden-Württemberg. Für die Analyse wurden Kommunen als Untersuchungsgenstand ausgewählt, die nach der OECD-Definition [9] in den ländlichen Raum einzuordnen sind. Um eine repräsentative Aussage treffen zu PEER REVIEW - BEGUTACHTET Eingereicht: 29.05.2017 Endfassung: 31.07.2017 Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 65 Wissenschaft MOBILITÄT können, wurden über das ganze Bundesgebiet 20 semistrukturierte Experteninterviews durchgeführt. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen freien und uneingeschränkten Dialog mit allen Stakeholdergruppen bezüglich deren Einschätzungen zur Thematik von Carsharing im ländlichen Raum [10]. Hierbei wurden 20 Carsharing-Anbieter und Kommunen hinsichtlich alternativer Mobilitätsmöglichkeiten in ländlichen Regionen über den Zeitraum September bis Dezember 2015 befragt, die bereits Erfahrungen mit Carsharing-Systemen im ländlichen Raum sammeln konnten. Beide Gruppen von Stakeholdern verfügen folglich über spezifisches Expertenwissen, welches sie zu wichtigen Interviewpartnern macht, da es sich hierbei um die zentralen Akteure beim Ausbau von Carsharing-Systemen handelt. Befragte Gruppierung N Carsharing-Anbieter (bundesweit) 10 Kommunen (Fokus Baden-Württemberg) 10 Insgesamt 20 Tabelle 1: Übersicht Experten-Interview Ergebnisse Carsharing im ländlichen Raum - Einschränkungen im Vergleich zum urbanen Raum Nach der Einschätzung der etablierten und kommerziell betriebenen Carsharing-Anbieter gelten ländliche Regionen im Gegensatz zu städtischen als schwieriges Geschäftsfeld. Ein gut ausgebauter ÖPNV sowie eine hohe Bevölkerungsdichte stellen die beiden wesentlichen Voraussetzungen für einen Erfolg von Carsharing dar und sind in ländlichen Regionen nicht gegeben. Darüber hinaus entstehen für die Betreiber hohe Kosten durch den Ausbau der benötigten Vertriebsinfrastruktur. Kann hierbei der aus urbanen Regionen gewohnte Qualitätsstandard nicht garantiert und aufrecht erhalten werden, befürchten vor allem die etablierten überregionalen Betreiber einen Reputationsverlust, der für das Geschäftsmodell langfristige Schäden nach sich ziehen könnte. Nach den Aussagen der befragten Betreiber kann Carsharing demnach auf dem Land eher stationsbasiert etabliert werden, jedoch müssen die Stellplätze auch hier strategisch sinnvoll gewählt werden, um eine möglichst hohe Frequentierung garantieren zu können. Zumeist sind Standorte an Bahnhöfen oder andere zentrale „Points of Interest“ in den jeweiligen Ortskernen sehr gut geeignet [2]. Vernetzung und Integration in den ÖPNV Laut sämtlichen Interviewpartner kann Carsharing als kommunale Mobilitätsdienstleistung im Idealfall dazu dienen, vorhandene Angebotslücken im ÖPNV sowie zwischen dem öffentlichen Nahverkehr und dem Individualverkehr zu schließen. So können in ländlichen Regionen sogenannte Mobilitätshubs geschaffen werden, an denen der ÖPNV auf Carsharing trifft und eine schwellenlose intermodale Mobilität ermöglicht. Weiter kann Carsharing in Verbindung mit anderen Formaten wie bspw. Bürger- oder Rufbussen einen nichtausgelasteten Linienverkehr ersetzen. Diese bedarfsorientierte Mobilität kann dabei helfen, Kosten im ÖPNV einzusparen, da Ressourcen zielgerichtet dort eingesetzt werden, wo sie benötigt werden. Nach den Experten liegt das Ziel des Ausbaus von Carsharing im ländlich Raum darin, den Bürgern durch die Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs mit zusätzlichen Dienstleistungsangeboten ein möglichst breit aufgestelltes Angebot und eine hohe Integration aller zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel zu bieten und damit zu einer gesteigerten Attraktivität der Kommune beizutragen. In Verbindung mit IT-Applikationen entsteht dadurch eine qualitativ hochwertige und verknüpfte Mobilitätsdienstleistung, die wiederum in überregionale Systeme integriert werden kann. Das Smartphone dient hierbei als Schnittstelle für die unterschiedlichen Verkehrsträger und trägt in koordinierender Form zum Gelingen der lokalen Mobilitätskette bei. Rolle der Kommunen und potentielle Kooperationspartner Förderung als Starthilfe Die Auswertung der Interviews zeigt, dass die Einführung und Förderung von Carsharing in ländlichen Regionen stark politisch motiviert ist und die Gemeinden dabei als Treiber des jeweiligen lokalen Projekts fungieren. Für die befragten Interviewpartner stellen die Bürgermeister eine zentrale Entscheidungsinstanz dar. Ist der jeweilige Amtsinhaber Carsharing gegenüber aufgeschlossen und erkennt mögliche Potentiale, so wirkt sich dies positiv auf den Ausbau der Mobilitätsform in der jeweiligen Kommune aus. Hull [11] und Daley et al. [12] bestätigen dies in ihren Studien. Kooperation als Grundlage einer besseren Auslastung Um bedarfsgerechte und bürgerfreundliche Mobilitätslösungen zu generieren, sind nach Meinung aller Interviewpartner die Kommunen auf lokale Partner angewiesen. Nur durch eine gezielte Zusammenarbeit können Potentiale des Carsharing besser ausgeschöpft und zugleich die Kosten für die betreffenden Kooperationspartner gesenkt und nutzungsorientiert verteilt werden. Die so entstehenden Mobilitätsformen bilden dementsprechend eine auf die lokalen Gegebenheiten individuell entwickelte Mobilitätslösung ab und sind folglich nicht automatisch auf andere Gebietskörperschaften übertragbar. Aus den Interviews geht eine Vielzahl an möglichen Kooperationspartnern für die Kommunen hervor. Ortsansässige Unternehmen, kommunale Partner wie Stadtwerke und Sparkassen, der ÖPNV, (Sport-) Vereine, soziale Einrichtungen und sonstige Akteure sind entweder direkt im Carsharing-Programm integriert, d.h. ihre Mitarbeiter oder Mitglieder können die Angebote (vergünstigt) nutzen oder die jeweiligen Akteure verfügen über ein fixes Zeitkontingent für vereinzelte Fahrzeuge, wodurch eine gewisse Grundauslastung gewährleistet ist. Zugleich nutzen Gemeinden die betreffenden Fahrzeuge auch für interne Dienstzwecke, wodurch sie ihren eigenen Fuhrpark reduzieren oder sogar ganz ersetzen können. Weiteres Wachstum könnte laut den befragten Carsharing-Betreibern mit „corporate carsharing“ erschlossen werden. Bei diesem Konzept verzichten Firmen auf kostspielige Fuhrparks und nutzen stattdessen die Car- Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 66 MOBILITÄT Wissenschaft sharing-Angebote der lokalen Betreiber. Aus Sicht der Gesprächspartner kann die Bereitstellung von Carsharing die Attraktivität einer Kommune als Standort steigern und dadurch dazu beitragen, den Arbeitnehmern in der Region den Arbeitsweg zu erleichtern. Kommunale Organisation von Carsharing Neben der kompletten Übertragung der Mobilitätsdienstleistung auf einen externen Partner, existieren noch weitere Organisationsformen, in denen die Kommunen eine unterschiedlich stark ausgeprägte Rolle spielen. So betreiben manche Kommunen die Organisation des Carsharing in Eigenregie und greifen nur auf die Flotte eines überregionalen Carsharing-Anbieters zurück. Die kommunalen Interviewpartner verweisen diesbezüglich auf unterschiedliche Erfahrungen. Die mangelnde Flexibilität der Projektpartner, die für eine individuelle und bedarfsgerechte Lösung essentiell ist sowie die langwierigen Wartungsprozesse der Fahrzeuge werden dabei als negativ bewertet. Hier wären aus ihrer Sicht lokale Partner erwünscht, um einerseits schnell agieren zu können und andererseits die lokale Wertschöpfung zu steigern. Die Interviewergebnisse zeigen allerdings Schwierigkeiten für kleine ortansässige Firmen auf, die hohen Investitionen für eine betreffende Flotte zu tragen. Oftmals betreiben die Kommunen daher ihr Mobilitätskonzept komplett in Eigenregie, d.h. sie koordinieren das Carsharing, stellen die Fahrzeugflotte bereit und sind auch für ihre Wartung zuständig. Fazit Die Ergebnisse zeigen, dass die Mobilitätsform Carsharing auch in ländlichen Regionen über weiteres Wachstumspotential verfügt. Zentraler Erkenntnisgewinn der Studie ist die wesentliche Rolle von kommunaler Unterstützung, Bürgerengagement sowie die Integration potentieller Stakeholder, um das Potential dieser Mobilitätsform im ländlichen Raum zu steigern. Die kommunale Unterstützung entspringt hierbei vor allem dem Wunsch nach umwelt- und bürgerfreundlichen Mobilitätslösungen, aus der Möglichkeit zum Schließen von Versorgungslücken und eventuellen Kosteneinsparungen, aber auch aus Gründen des kommunalen Marketings sowie der Schaffung von Vorteilen im überregionalen Standortwettbewerb. Ferner ist der Ausbau von Carsharing in vielen Regionen politisch gewollt und speziell die Bürgermeister spielen bei der Projektinitiierung eine bedeutende Rolle. Weiter kann gezeigt werden, dass die auf den jeweiligen Bedarf ausgerichteten Nutzungsformen einen wesentlichen Faktor für den Erfolg von Carsharing in den ländlichen Regionen darstellen. Dies bedeutet für die Praxis, dass eine reale Einschätzung des Bedarfs für die betreffende Gemeinde essentiell ist und sich dieser Aspekt auch in der jeweiligen Organisationsform widerfinden muss. Es gilt demnach die Potentiale zu erkennen und abzuschöpfen, wobei die ortsansässigen Unternehmen miteingebunden werden sollten, um weitere standortbezogene Wertschöpfungsvorteile zu generieren. Des Weiteren besteht die Notwendigkeit, die Vernetzung mit dem betreffenden ÖPNV weiter voranzutreiben. Zum besseren Verständnis und Gesamtüberblick werden die Studienergebnisse in einem ergebnisorientierten Logic-Model (Bild 1) dargestellt. Hierbei handelt es sich um ein grafisches Wirkungsmodell zur Veranschaulichung des linearen Zusammenhangs von Ursache und Wirkung einer Maßnahme oder eines Programms. Es werden die Beziehungen zwischen den Ressourcen, Ak- Bild 1: Ergebnisorientiertes Logic-Model zur Stakeholder-Analyse Output Umwelt- und bürgerfreundliche am lokalen Bedarf ausgerichtete Mobilitätslösung Hemmnisse: disperse Siedlungsstrukturen, Kosten, Kundeneinstellung (Präferenzen und Werte) Input Individuelle (Bürger) Ressourcen: • Zeit • Mobilitätsbedürfnisse • Kapital (Tickets) • Bürgerengagement Ressourcen kommunaler Unternehmen & Partner • Mobilitätsbedürfnisse der Angestellten • Kapital / Lokales Engagement • Betriebliches Mobilitätsmanagement Kommunale Ressourcen: • Kapital • Personal • Kommunale Unterstützung (Wirtschaftsförderung) • Inter- und Intrakommunale Zusammenarbeit Staatliche Ressourcen: • Kapital (Fördergelder, Finanzierung ÖPNV) • Träger ÖPNV • Ausschreibung • Daseinsvorsorge Aktivitäten Schließung von Versorgungslücken Potentialeinschätzung für betreffende Gemeinde Transparente Darstellung der lokalen Mobilitätsbedürfnisse Projektinitiierung (Bürgermeister oder Graswurzelbewegung) Bürgerbeteiligung Bürgerengagement Einbinden der lokalen Partner Wahl der passenden Organisationsform Lokale Planungsplattform Kommunale Unterstützung Aufklärungsarbeit & Kampagne Mittelfristiger Outcome Ressourceneinsparung Ausbau Ladeinfrastruktur für e-Fahrzeuge Verminderte Verkehrsbelastung Reduzierung PKWs Sicherstellung der Daseinsvorsorge Langfristiger Outcome Verbesserung Vernetzung ÖPNV & Digitalisierung Lokales und individuelles Verkehrskonzept Flächendeckendes Carsharing Dreidimensionale Nachhaltigkeit Stadtbezogene Wertschöpfungskette Verändertes Konsumentenverhalten (an Mobilität angepasst) Reduzierung 2. und 3. Wagen Positives Stadtmarketing & Standortvorteil Hemmnisse Internationales Verkehrswesen (69) 3 | 2017 67 Wissenschaft MOBILITÄT tivitäten und Ergebnissen des betreffenden Evaluationsobjekts aufgezeigt. In diesem Fall fasst das Modell alle Akteure, Prozesse und Resultate zusammen, die wesentlich bei der Implementierung von Carsharing im ländlichen Raum sind. Sämtliche Stakeholder in den jeweiligen Kommunen, wie beispielsweise Bürger, kommunale Unternehmen, Kommunalverwaltung sowie Land oder Bund, sind in unterschiedlicher Form am betreffenden Carsharing-Projekt beteiligt. Die Akteure bringen ihre Ressourcen im Entstehungsprozess ein und liefern somit wichtigen Input für das Projekt. Die daraus resultierenden Aktivitäten können als Bausteine für die weitere Projektplanung und -durchführung eingeordnet werden. Neben diesen Aktivitäten wurden jedoch auch Hemmnisse identifiziert. Geographische Gegebenheiten sowie insbesondere Kosten und Kundenbedürfnisse bilden im ländlichen Raum große Herausforderungen für die Etablierung eines erfolgreichen Carsharing-Systems. Kann der Einfluss dieser negativen Störfaktoren minimiert werden, entsteht als Output eine umwelt- und bürgerfreundliche, am lokalen Bedarf ausgerichtete Mobilitätslösung. Dies hat wiederum Auswirkungen, die als mittelfristiger und finaler Outcome bezeichnet werden. Unter mittelfristigem Outcome wurden kurz- und mittelfristige Folgen durch die Einführung eines lokalen Carsharing-Systems identifiziert, wie beispielsweise die Reduzierung von PKWs oder eine bessere Ressourcenverwendung. Als finaler Outcome sind die langfristigen Ziele und Auswirkungen von Carsharing zu betrachten, wie beispielsweise ein verändertes Mobilitätsverhalten oder ein positives Stadtmarketing. Sofern es gelingt sämtliche Ressourcen und die damit verbunden lokalen Akteure in das betreffende Carsharing-Projekt einzubinden, verfügt Carsharing durchaus über Potential im ländlichen Raum und kann zu einer Reihe positiver Neben- und Synergieeffekte führen. Die Aussagekraft der Studie unterliegt einigen Limitationen. Durch das qualitative Studiendesign wird die prognostische Funktion der Untersuchung eingeschränkt. Die erläuterten Ergebnisse und Theorien spiegeln daher einen stark kontextbezogenen Charakter wider. Unterschiedliche lokale Herausforderungen wie bspw. topographische Bedingungen, wurden in der Analyse nicht weiter berücksichtigt, zudem verfügt die Studie über keine Daten bezüglich der tatsächlichen Auslastung der Fahrzeuge. Aus diesem Grund sollten sich zukünftige Forschungsanstrengungen darauf konzentrieren zu analysieren, • welche Maßnahmen Kommunen ergreifen um eine höhere Auslastung der lokalen Carsharing-Flotte zu generieren; • inwiefern sich die Einstellung zum Carsharing und das Mobilitätsverhalten der Bewohner einer Kommune nach der Einführung eines lokalen Carsharing- Projekts verändert hat; • wie ortsansässige Partner und Unternehmen auf Carsharing-Projekte reagieren; • inwiefern sich mögliche Veränderungen der äußeren Rahmenbedingungen auf das kommunale Carsharing-Projekt auswirken; z.B. die Abwahl eines Bürgermeisters, der als treibende Kraft hinter einem lokalen Carsharing-Projekt steht, oder die Kürzung von Fördergeldern. ■ LITERATUR [1] Küpper, P. (2011). Auf dem Weg zu einem Grundangebot von Mobilität in ländlichen Räumen: Probleme, Ursachen und Handlungsoptionen. Arbeitsberichte der ARL: Aufsätze, 152-168. [2] Wagner, A., Hollbach-Grömig, B., & Langel, N. (2012). 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Drivers of carsharing diffusion in Germany: an actor-centred approach. International Journal of Automotive Technology and Management 21, 14(3-4), 217-245. [7] Cohen, B., & Kietzmann, J. (2014). Ride on! Mobility business models for the sharing economy. Organization & Environment, 27(3), 279-296. [8] Perschl, M., & Posch, A. (2016). Carsharing - ein Mobilitätsansatz auch für den ländlichen Raum? Lebensentwürfe im ländlichen Raum, 243-268. Wiesbaden: Springer. [9] OECD. (2007). OECD-Prüfbericht zur Politik für ländliche Räume: Deutschland: OECD. [10] Bakker, S., Maat, K., & van Wee, B. (2014). Stakeholders interests, expectations, and strategies regarding the development and implementation of electric vehicles: The case of the Netherlands. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 66, 52-64. [11] Hull, A. (2009). Implementing innovatory transport measures: what local authorities in the UK say about their problems and requirements. 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