Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2018-0015
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2018
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Disposition mit Zeitfenstervorgaben
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Ralf Elbert
Anne Friedrich
Dominik Thiel
Teilentscheidungen im Dispositionsprozess mit Zeitfenstervorgaben werden literaturbasiert und durch eine Prozessaufnahme identifiziert und in einem Fokusgruppeninterview validiert. 40 Softwarelösungen zur Tourenplanung und -optimierung werden anhand ihres Webauftritts auf Möglichkeiten zur Unterstützung bei diesen Teilentscheidungen untersucht. Deutlich wird, dass gebuchte Zeitfenster vielfach berücksichtigt werden, einer Vollintegration von Zeitfensterbuchungen in Softwarelösungen jedoch noch Schnittstellenprobleme und Probleme bei der Datenqualität als Barrieren entgegenwirken.
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Internationales Verkehrswesen (70) 1 | 2018 48 LOGISTIK Wissenschaft Disposition mit Zeitfenstervorgaben Assistenzsysteme und Entlastungspotenziale für-den Spediteur Zeitfenstermanagement, Dispositionssoftware, Assistenzsysteme, Straßengüterverkehr Teilentscheidungen im Dispositionsprozess mit Zeitfenstervorgaben werden literaturbasiert und durch eine Prozessaufnahme identifiziert und in einem Fokusgruppeninterview validiert. 40 Softwarelösungen zur Tourenplanung und -optimierung werden anhand ihres Webauftritts auf Möglichkeiten zur Unterstützung bei diesen Teilentscheidungen untersucht. Deutlich wird, dass gebuchte Zeitfenster vielfach berücksichtigt werden, einer Vollintegration von Zeitfensterbuchungen in Softwarelösungen jedoch noch Schnittstellenprobleme und Probleme bei der Datenqualität als Barrieren entgegenwirken. Ralf Elbert, Anne Friedrich, Dominik Thiel I n Anbetracht des steigenden Transportaufkommens werden aktuelle Herausforderungen von Unternehmen der Transportbranche, wie der wachsende Fachkräftemangel beim Beruf des Kraftfahrzeugfahrers [1], Kapazitätsengpässe der Straßen- und Schieneninfrastruktur [2] sowie die Verschärfung von Problemen an der Laderampe [3], vielfach diskutiert. Im Zentrum stehen häufig operative Probleme, die bei der Durchführung der Transporte und der Anlieferung bzw. Abholung auftreten und unmittelbar den Kraftfahrzeugfahrer betreffen. Es zeigt sich jedoch, dass neben Berufskraftfahrern auch Disponenten von den aktuellen Herausforderungen betroffen sind und sich Handlungsbedarf zur Unterstützung sowie zur Vorbeugung eines Fachkräftemangels abzeichnet [4]. Zunahme der Komplexität durch Zeitfensterrestriktionen Die speditionelle Auftragsdisposition bezeichnet die operative Entscheidung über die kurzfristige Einplanung von Transportaufträgen auf betriebseigene Fahrzeuge oder selbstständige Frachtführer [5]. Die Einplanung nimmt der Disponent in der Regel mit der Zielsetzung der Planung von kostenminimalen Touren, realisiert durch eine Minimierung der Gesamtstreckenlänge, vor. Insgesamt ist die Planungsaufgabe als unsicherheitsbehaftete, komplexe und multikriterielle Entscheidung einzuordnen, die es unter Zeit- und Kostendruck sowie unter Einbeziehung von verschiedenen Softwarelösungen und Systemen zu treffen gilt [6]. Neben der Festlegung der eigentlichen Tour sind weitere abhängige Teilentscheidungen, beispielsweise zum Selbsteintritt oder Fremdeintritt, zu treffen, welche durch abweichende Zielkriterien das Ergebnis der Tourenplanung beeinflussen können [7]. Unsicherheiten verursachen neben verkehrs- und witterungsbedingten Störgrößen auch technische, organisatorische und personelle Engpässe [8]. Vielfältige, anwendungsfallspezifische Restriktionen schränken die Anzahl der Alternativen ein und führen zu einer vergleichsweise hohen Planungskomplexität [9]. Die Restriktionen können das Transportgut bzw. den Transportauftrag hinsichtlich spezifischer Produkteigenschaften, Vorschriften zur Transportsicherheit oder auch die Kombinierbarkeit von Aufträgen betreffen [10]. Darüber hinaus begrenzen die Kapazitäten des Speditionsunternehmens in Form von Fuhrpark- und Personalrestriktionen die Tourenplanung [9]. Globale Restriktionen wirken beispielsweise durch Gesetzesvorschriften und Arbeitszeitregelungen auf das Planungsproblem ein [9]. Außerdem können bei der Tour selbst durch eine maximale Gesamtlänge und -dauer sowie durch Restriktionen bei Kunden oder an Depots räumliche und zeitliche Begrenzungen der Be- und Entladung entstehen [9]. In den letzten Jahren haben sich durch die zunehmende Implementierung von Zeitfenstermanagement- Systemen (ZMS) starre, zeitliche Restriktionen bei der Be- und Entladung durchgesetzt [11]. Industrie- und Handelsunternehmen implementieren ZMS vorrangig, um Kapazitätsproblemen an ihren Laderampen entgegenzuwirken [12]. Neben der Entzerrung der LKW-Ankünfte ist es aus ihrer Sicht vorteilhaft, dass ZMS zu einer Erhöhung der Transparenz und Planungssicherheit für eine gleichmäßige Auslastung der Rampenmitarbeiter beitragen [13]. Konträr zu dieser Effizienzsteigerung PEER REVIEW - BEGUTACHTET Eingereicht: 15.12.2017 Endfassung: 31.01.2018 Internationales Verkehrswesen (70) 1 | 2018 49 Wissenschaft LOGISTIK zeichnet sich im Hinblick auf die Tourenplanung ab, dass der Trend zu ZMS die Dispositionsfähigkeit zunehmend beschränkt und es kaum noch ermöglicht, effiziente Touren ohne Umwege und Wartezeiten als Puffer zu planen [14]. So erhöht die Rampenproblematik maßgeblich die Arbeitsbelastung des Disponenten [15]. Eine angepasste Bereitstellung von dispositionsrelevanten Informationen und intelligente Assistenzsysteme zur Unterstützung des Disponenten sind nötig, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden [16]. Assistenzsysteme zur Unterstützung des-Disponenten Transportunternehmen sind aufgrund der steigenden Anforderungen an den Disponenten und zum Erhalt ihrer zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit zunehmend zur Nutzung von Dispositionssoftware bereit [9]. Bereits im Jahr 1996 wurde eine Studie zur Implementierung von Entscheidungsunterstützungssystemen zur computergestützten Tourenplanung durchgeführt [17]. 2007 konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz von Tourenplanungssoftware potenziell zu Kosteneinsparungen, verbesserten Servicezeiten und höheren LKW-Auslastungen führen kann [18]. Marktstudien aus den Jahren 2013 und 2015/ 2016 geben einen Überblick über verfügbare Softwareprodukte und zeigen auf, dass Softwarelösungen teilweise einfache bzw. mehrfache standortbezogene Zeitfenster berücksichtigen [9, 19]. Nicht ersichtlich ist in den Studien jedoch, wie die zunehmenden Zeitfensterbuchungen den Prozess der Tourenplanung beeinflussen bzw. verändern und ob die teilweise bereits vorhandene Berücksichtigung in Softwarelösungen im Dispositionsprozess eine Verbesserung bzw. Entlastung des Disponenten bewirkt. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird der Prozess der Tourenplanung mehrheitlich auf einer vergleichsweise hohen Aggregationsebene dargestellt. Teilentscheidungen zur Berücksichtigung von Zeitfensterrestriktionen werden nicht hinreichend untersucht [5]. An dieser Forschungslücke anknüpfend, besteht das Ziel dieses Beitrags in einer systematischen Aufbereitung des aktuell zunehmend relevanten Einflusses von Zeitfensterrestriktionen auf den Prozess der Tourenplanung. Dieser Zielsetzung soll durch die Beantwortung der folgenden Forschungsfragen für den exemplarischen Anwendungsfall einer zeitfenstergesteuerten Anlieferung nachgegangen werden: 1. Welche Teilentscheidungen werden im Prozess der Tourenplanung mit Zeitfensterrestriktionen getroffen? 2. Inwieweit können bestehende Softwarelösungen den Disponenten bei diesen Teilentscheidungen unterstützen? Methodisches Vorgehen Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein zweistufiger Ansatz gewählt, bestehend aus einer systematischen Recherche und der anschließenden Validierung der Ergebnisse in einem Fokusgruppeninterview. Für die erste Forschungsfrage wurde zunächst eine systematische Literaturrecherche zur Identifikation von Anhaltspunkten für eine Darstellung des Prozesses der Tourenplanung mit Zeitfensterbuchung in der wissenschaftlichen Literatur durchgeführt. Die Recherche erfolgte in den Datenbanken Science Direct, EBSCO HOST und Scopus unter Verwendung des Suchalgorithmus „(vehicle dispatch* OR route planning OR vehicle scheduling) AND (transport OR logistic* OR time slot)” und des deutschsprachigen Äquivalents für die Datenbank WISO. Zur Ergänzung der Ergebnisse der Literaturrecherche wurde mit drei Disponenten eines großen deutschen Logistikdienstleisters an zwei Tagen im Mai 2017 eine Aufnahme der Prozessschritte bei der Tourenplanung mit Zeitfensterrestriktionen durchgeführt. Die Auseinandersetzung mit der zweiten Forschungsfrage erfolgt im ersten Schritt durch eine Schlagwortsuche in der Suchmaschine Google und das Hinzuziehen der Ergebnisse der beiden bereits vorliegenden Marktstudien aus den Jahren 2013 und 2015/ 2016 [9, 19]. Mit Abwandlungen des Begriffs „Tourenplanungssoftware“ und mittels der beiden Marktstudien konnten 51 Softwareanbieter identifiziert werden. Von diesen haben 40 Softwarelösungen einen hinreichend aussagekräftigen Webauftritt, anhand dessen der Funktionsumfang untersucht werden konnte (siehe Anhang). Im zweiten Schritt fand zur Validierung der Ergebnisse ein zweistündiges, persönliches Fokusgruppeninterview mit drei Unternehmensvertretern, die in Tabelle 1 näher charakterisiert werden, statt [20]. Zum Start der Diskussion wurden der Fokusgruppe die Ergebnisse der Literaturrecherche, die ergänzende Prozessaufnahme sowie die Analyseergebnisse der 40 Softwarelösungen präsentiert. Branche Größe des Unternehmens Funktion des Fokusgruppenmitgliedes Speditionsunternehmen Kleines und mittleres Unternehmen Geschäftsführer Verladendes Unternehmen Großes Unternehmen Leiter Logistik und Versand Anbieter von Tourenplanungssoftware Großes Unternehmen Senior Consultant Logistics Tabelle 1: Mitglieder der Fokusgruppe Systematisierung der Teilentscheidungen im-Dispositionsprozess mit Zeitfensterrestriktionen Im Rahmen der Literaturrecherche konnte festgestellt werden, dass bei der Erforschung der Tourenplanung mit Zeitfenstervorgaben Publikationen im Bereich der Ablauf- und Tourenplanung dominieren [21]. Primär wird das „Traveling Salesman Problem with Time Windows“ und somit ein klassisches Reihenfolgenproblem untersucht [22]. Neben Zeitfenstern werden teilweise weitere Restriktionen wie die Begrenzung der Lenkzeiten in mathematische Modellierungen intergiert [23]. Deutlich wurde bei der Literaturrecherche, dass neben der großen Anzahl von Veröffentlichungen mit mathematischen Modellierungen detailliertere Auseinandersetzungen mit dem operativen Prozess der Tourenplanung in der wissenschaftlichen Literatur unterrepräsentiert sind. Wenige Veröffentlichungen schlüsseln aus einer Prozesssicht allgemeine Teilentscheidungen auf, wobei keine spezifische Einflussnahme durch Restriktionen untersucht wird [5]. In Bild 1 werden die Ergebnisse der Literaturrecherche zusammenfassend unter der Vo- Internationales Verkehrswesen (70) 1 | 2018 50 LOGISTIK Wissenschaft raussetzung dargestellt, dass Transportaufträge bereits als durchführbar eingestuft und nicht auf dem Spotmarkt verkauft werden [5]. In Bild 1 ist ersichtlich, dass sich die Disposition in Teilentscheidungen zur Tourenplanung und zur Planung der Selbst- und Fremdeintritte aufteilt. Dies kann auch in umgekehrter Reihenfolge erfolgen, wobei dann in der Regel nur bei Selbsteintritt eine Tourenplanung durchgeführt wird [24]. Die Tourenplanung selbst teilt sich in zwei übergeordnete Teilentscheidungen auf. Zuerst sind im Rahmen eines Zuordnungsproblems die Bedarfsmengen von mehreren Kunden einer Tour zuzuweisen [8]. Hierbei ist eine Wahl bezüglich des Verkehrsträgers, des Verkehrsmittels und zur Bildung verkehrsgerechter Ladungen zu treffen [10]. Anschließend ist ein Reihenfolgenproblem zu lösen, indem unter einer bestimmten Zielsetzung und der Berücksichtigung auftretender Restriktionen eine Rundtour geplant wird. Für die Touren ist anschließend eine Entscheidung zwischen Selbsteintritt und Fremdeintritt zu treffen. Bei Selbsteintritt ist die Anzahl der eigenen Fahrzeuge und Kraftfahrzeugfahrer den Touren zuzuweisen. Erfolgt eine Fremdvergabe, so ist der Verkauf an Transportunternehmen zu koordinieren und die Bepreisung der fest disponierten Touren abzustimmen [7]. Weiterführende Erkenntnisse zur Einflussnahme der Zeitfensterrestriktion auf den Prozess der Tourenplanung liefern die Ergebnisse der Prozessaufnahme, die mit drei Disponenten eines großen Speditionsunternehmens durchgeführt wurde. Dabei wurde ein Prozessflussdiagramm zur Tourenplanung mit Zeitfenstervorgaben losgelöst von weiteren Teilentscheidungen zum Selbst- und Fremdeintritt erstellt (siehe Bild 2). Wie in Bild 2 dargestellt, wird durch Zeitfensterrestriktionen zusätzlicher Abstimmungsaufwand durch die Beteiligung weiterer Akteure erforderlich. Dieser Fall tritt ein, wenn im ZMS kein Zeitfenster zur Buchung verfügbar ist und durch eine direkte Kontaktaufnahme versucht wird, ein zusätzliches Zeitfenster freischalten zu lassen. Es setzt sich ein Koordinationsmechanismus in Gang, bei dem der Disponent zunächst Kontakt zum Lagerhausbetreiber aufnimmt. Falls dies und auch eine Kontaktaufnahme über den Verlader keinen Erfolg verschafft, ist als letztmögliche Konsequenz vom Verlader eine manuelle Verschiebung der Tour auf den nächsten Tag vorzunehmen, sodass im Extremfall eine erneute Einplanung einer Tour stattfinden muss. Bei der anschließenden Validierung des aufgenommenen Prozessflusses der Disposition im Fokusgruppeninterview wurde von den Unternehmensvertretern aufgezeigt, dass fallabhängig Interaktionen in einer anderen Reihenfolge auftreten bzw. teilweise entfallen. Beispielsweise entfällt die koordinierte Kontaktaufnahme zum Lagerhausbetreiber und Verlader häufig im Nahverkehr durch die feste Zuteilung von Zeitfenstern ohne Buchungen. Neben einer Differenzierung in Nah- und Fernverkehr kann laut der Fokusgruppe auch die Größe des Speditionsunternehmens zu unterschiedlichen Prozessausprägungen führen. So wird die Zeitfensterbuchung von kleinen und mittleren Speditionsunternehmen in der Regel schon vor der Tourenplanung vorgenommen, wodurch bereits Potenziale zur Tourenverbesserung limitiert werden. Außerdem wird die direkte Kontaktaufnahme zum Lagerhausbetreiber häufig durch Vorgaben des Verladers begrenzt bzw. unterbunden. Werden Zeitfenster verpasst, so entsteht laut der Fokusgruppe weiterer Abstimmungsaufwand zwischen den Akteuren zur Anpassung der Tour. Evaluierung der Teilentscheidungen bei-ausgewählten Softwarelösungen 40 Softwarelösungen zur Tourenplanung bzw. -optimierung wurden anhand ihres Webauftritts auf Unterstützungsmöglichkeiten bei Teilentscheidungen der Disposition, insbesondere bei der Berücksichtigung von Zeitfensterrestriktionen, untersucht. Bezug nehmend auf Bild 1 wurde daher zunächst überprüft, ob die Software neben der Tourenplanung auch die Fremdvergabe an Transporteure abbildet. Bei der Tourenplanung selbst wurde ausgewertet, ob Zeitfenstervorgaben berücksichtigt und individuelle Restriktionen hinterlegt werden können. Diese Funktionalität könnte genutzt werden, um eigenständig Zeitfenster zu definieren. Darüber hinaus wurde untersucht, ob eine Eventmanagement-Funktion zur Warnung vor drohenden Verspätungen, eine Live-Tracking Funktion und die Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage möglich sind. Diese Funktionalitäten könnten den Disponenten auf nicht erreichbare Transportau+räge Selbsteintri4 Tourenplanung Fremdeintri4 Zuordnungsproblem Reihenfolgenproblem Einhaltung von Restrik? onen AnlieferzeiBenster ? Ladungen Touren Festlegung der Bepreisung der Tour Zuweisung von Touren zur Fahrzeugflo4e und zu Fahrern € … … Bild 1 Bild 1: Teilentscheidungen im Dispositionsprozess Internationales Verkehrswesen (70) 1 | 2018 51 Wissenschaft LOGISTIK Zeitfenster vorbereiten und eine Umplanung erleichtern (siehe Bild 3). Insgesamt ist in Bild 3 zu beobachten, dass Softwareanbieter vermehrt Funktionalitäten anbieten, um gebuchte Zeitfenster direkt bei der Tourenplanung berücksichtigen zu können. 24 der 40 untersuchten Softwarelösungen werben mit dieser Funktion, während 34 Softwarelösungen eine Berücksichtigung von eigenen Restriktionen ermöglicht. Im Fokusgruppeninterview wurde hervorgehoben, dass sich hierbei die Funktionalität der Softwarelösungen erheblich unterscheiden kann. Das Spektrum reicht von einer reinen Hinterlegung der Öffnungszeiten, über die statische Festlegung von Zeitfenstern pro Tour bis zur Möglichkeit der dynamischen Berücksichtigung. Eine Tendenz zur Integration einer Live-Tracking Funktion sowie einer Eventmanagement- Funktion, Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage und Möglichkeit zur Berücksichtigung der Fremdvergabe an Transportunternehmen konnte anhand des Webauftritts und des Fokusgruppeninterviews nicht hinreichend abgeschätzt werden. Problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang, dass zu den Funktionalitäten vermehrt keine Angaben vorhanden waren. Fazit und Ausblick Aus der Literaturrecherche und der Prozessaufnahme sowie der Diskussion in der Fokusgruppe kann insgesamt der Schluss gezogen werden, dass der Prozess der Tourenplanung durch Zeitfenstervorgaben komplexer wird. So sind oftmals in Abstimmung mit weiteren Akteuren zusätzliche Teilentscheidungen zu treffen. Die Analyse der 40 Softwarelösungen verdeutlicht, dass eine Tendenz zur Unterstützung des Disponenten durch die Integration von Zeitfenstern und weiteren individuellen Restriktionen erkennbar ist. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um den Funktionsumfang etwa in struk- Zeitfensterbuchung Disponent Lagerhausbetreiber (Anlieferstelle) Verlader (Auftraggeber) Start Setzt die Bestellnummer manuell auf den nächsten Tag Kontaktaufnahme zum Lagerhausbetreiber (Telefon) Kontaktaufnahme mit Verlader (Telefon) Zeitfenster verfügbar (mit passender Palettenanzahl)? Kontaktaufnahme mit Lagerhausbetreiber (Telefon) Ja Kann Zeitfenster freimachen? Ja Später überprüfen, ob günstigeres Zeitfenster verfügbar Ende Ja Nein Durchführung der Tourenplanung Finalisierung der Tour mit Zeitfenstern Nein Nein Auftrag auf nächsten Tag verschiebbar? Kann Zeitfenster freimachen? Nein Ja Zeitlich günstiges Zeitfenster? Nein Ja Bild 2: Prozessflussdiagramm zur Tourenplanung mit Zeitfenstervorgaben Bild 3: Auswertung ausgewählter Softwarelösungen Internationales Verkehrswesen (70) 1 | 2018 52 LOGISTIK Wissenschaft turierten Telefoninterviews detaillierter zu untersuchen und um Aussagen über zukünftige Entwicklungen der Softwarelösungen treffen zu können. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung bietet die zunehmende Verfügbarkeit von Vergangenheitsdaten Potenziale zur weiterführenden Entlastung des Disponenten. Unter dem Stichwort „teilautomatisierte Disposition“ ist es vorstellbar, dass der Disponent auf der Basis von in der Vergangenheit getroffenen Dispositionsentscheidungen Vorschläge für Teilentscheidungen im Prozess der Tourenplanung mit Zeitfenstervorgaben erhält. Idealerweise könnte eine Vollintegration von ZMS in Softwarelösungen zur Tourenplanung realisiert werden. Einer solchen Zukunftsvision sprechen laut dem Fokusgruppeninterview aktuell die Heterogenität der Systeme und fehlende Strukturen zur Sicherstellung der erforderlichen Datenqualität entgegen. ■ ANHANG: ANALYSIERTE SOFTWARELÖSUNGEN Nr. Name der Software Name des Unternehmens 1 Acetos TMS-Software Acteos GmbH & Co. KG 2 AuReS light (Termingenerator) reisewitz OHG 3 Cadis Kratzer Automation AG 4 Car_O Unternehmensberatung Konrad Schneider GmbH 5 CarLo inTOUR Soloplan GmbH Software für Logistik und Planung 6 CATRIN alfaplan Management-Software und Consulting GmbH 7 COSware COS Gesellschaft für Computersysteme, Organisation und Softwareentwicklung mbH 8 DeDaS reisewitz OHG 9 DISPATCH NOW FLS GmbH 10 Flutaro Automation Flutaro UG (haftungsbeschränkt) 11 Flutaro Planning Flutaro UG (haftungsbeschränkt) 12 LFS.TMS Ehrhardt + Partner GmbH & Co. KG 13 Logistiqo Logistiqo GmbH 14 Maptrip Truck infoware GmbH 15 Modul Dispo-/ Tourenplanung C-Informationssysteme GmbH 16 MultiRoute gb consite GmbH Geomarketing Software & Beratung 17 OPHEO initions innovative IT solutions AG 18 ORTEC Routing and Dispach ORTEC GmbH 19 Paragon Integrated Fleets Paragon Software Systems plc 20 ParCon easyTrack ParCon Consulting GmbH 21 PLANTOUR PASS IT-Consulting Dipl.-Inf. G. Rienecker GmbH & Co. KG 22 PRACAR Wanko Informationslogistik GmbH 23 ProfiTour Profi.S Gesellschaft für logistische Softwareentwicklung unf Operations Research mbH 24 PROTOUR - Tourenplanung Prologos Planung und Beratung Dr. Gietz, Henneberg, Kindt OHG 25 PSItms Disposition PSI Logistics GmbH 26 PTV Smartour PTV Planung Transport Verkehr AG 27 Smartlane Smartlane GmbH 28 StreetSync RouteSolutions Inc. 29 TOPIX Tourenplanung TOPIX Business Software AG 30 TOptaaS KOCH Software Consulting GmbH 31 Toursolver Mappoint DataGis GmbH 32 Track Pilot PLT - Planung für Logistik & Transport GmbH 33 Track-POD Geros Technologijos Ltd. 34 TRAMPAS Dr. Städtler Transport Consulting GmbH & Co. KG 35 TransIT GTS Systems and Consulting GmbH 36 Via logis T.A.G. Software GmbH 37 WinSped LIS Logistische Informationssysteme AG 38 Workwave Route Manager WorkWave LLC 39 4flow Vista 4flow AG 40 4Ward COMTRiX EDV Dienstleistungen GmbH LITERATURVERZEICHNIS [1] Rode, J. (2017): Es fehlen Fahrer - und Weitsicht. 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