eJournals Internationales Verkehrswesen 70/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2018-0056
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2018
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Subventionen im öffentlichen Personennahverkehr

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2018
Hannes Wallimann
Wildar von Arx
Christoph Hauser
Der öffentliche Verkehr profitiert – im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr - von beträchtlichen Subventionen. Dies trifft auch für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu. Doch die Gelder der Allgemeinheit stellt der Staat den Transportunternehmen nicht unbegründet zur Verfügung. Aus der Ökonomie können verschiedene Argumente für die staatliche Mitfinanzierung abgeleitet werden. Der Beitrag präsentiert ein Gedankenexperiment über die Alternativen des von der Allgemeinheit mitfinanzierten öffentlichen Verkehrs und eine entsprechende Gegenüberstellung der volkswirtschaftlichen Kosten.
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Internationales Verkehrswesen (70) 3 | 2018 24 POLITIK Wissenschaft Subventionen im öffentlichen Personennahverkehr Was aus ökonomischer Sicht für eine staatliche Mitfinanzierung spricht ÖV, Finanzierung, Subventionen, Stadt- und Nahverkehr Der öffentliche Verkehr profitiert - im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr - von beträchtlichen Subventionen. Dies trifft auch für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu. Doch die Gelder der Allgemeinheit stellt der Staat den Transportunternehmen nicht unbegründet zur Verfügung. Aus der Ökonomie können verschiedene Argumente für die staatliche Mitfinanzierung abgeleitet werden. Der Beitrag präsentiert ein Gedankenexperiment über die Alternativen des von der Allgemeinheit mitfinanzierten öffentlichen Verkehrs und eine entsprechende Gegenüberstellung der volkswirtschaftlichen Kosten. Hannes Wallimann, Widar von Arx, Christoph Hauser D as Angebot des öffentlichen Verkehrs erzeugt in der Schweiz jährliche Gesamtkosten von über 16 Mrd. CHF [1]. 47 % der anfallenden Ausgaben werden vom Staat übernommen. Über das Kerngeschäft Verkehrserträge decken die Transportunternehmen (TU) in der Schweiz nur 43 % der anfallenden Kosten ab, 10 % werden über Nebenerträge gedeckt. Anders formuliert: Schweizer Verkehrsunternehmen im ÖPNV sind weit davon entfernt, sich über den Markt finanzieren zu können (siehe z.B. [2, 3]). Während die Straßenbenutzer ihre Fahrkosten nahezu vollständig selbst tragen, kommen ÖV-Nutzern hohe staatliche Subventionsbeiträge zugute. In einer Marktwirtschaft sollte dies eine Ausnahme sein, die hinreichend zu begründen ist. Faktisch machen Abgeltungen in vielen westlichen Ländern einen wesentlichen Teil der Einnahmen der Verkehrsunternehmen aus. Nachfolgend werden zuerst ökonomische Argumente für die Subventionen mit Blick auf das Angebot des ÖV dargelegt. In einem zweiten Schritt wird die Nachfrageseite eingehend beleuchtet. Drittens wird ein Gedankenexperiment zu einem öffentlichen Personennahverkehr ohne Abgeltungen gemacht. Abgerundet wird der Beitrag mit einem Fazit und einem Ausblick über den staatlichen Subventionsbedarf. Gründe für die Subventionierung des ÖPNV- Angebots In der Transportökonomie trifft man auf zwei klassische Erklärungen für ein subventioniertes Angebot im ÖV, welche auch für den ÖPNV zutreffen: Externalitäten und Skaleneffekte. Externalitäten sind Effekte, die indirekt, das heißt als Nebenwirkungen eines bestimmten Verhaltens, hervorgerufen werden. Die positiven oder negativen Konsequenzen dieser Nebenwirkungen werden von anderen Akteuren oder der Allgemeinheit getragen, nicht vom Verursacher selbst. Ökonomisch gesehen widerspiegelt in diesem Fall der Preis, welcher ein Akteur für ein Gut bezahlt, nicht den gesamten, durch das Verhalten entstehende Nutzen und/ oder die gesamten Kosten. Der Verkehr verursacht negative Belastungen für die Umwelt, beispielsweise durch Lärm oder Luftverschmutzung. Insgesamt verursacht der motorisierte Individualverkehr (MIV) deutlich mehr negative Externalitäten als der ÖV. Die ökonomische Ideallösung wäre die Besteuerung des MIV, so dass die verursachten Kosten für die Nutzenden sowie für die Allgemeinheit widerspiegelt werden. Weil dies aus politischen Gründen im notwendigen Umfang nicht möglich ist, wird stattdessen das Substitut zum motorisierten Individualverkehr, der öffentliche Verkehr, subventioniert. Man spricht dabei von einer ökonomischen Second-Best Lösung. Kritisch angefügt werden muss, dass im ÖPNV oft Busse eingesetzt werden. Diese verursachen mit 7,0 Rp/ Pkm (Rappen/ Personenkilometer) mehr externe Kosten als ein Personenwagen (5,6 Rp/ Pkm) [4]. Dieser Wert basiert auf einer Durchschnittsbelegung mit zehn Personen und unterscheidet nicht zwischen städtischen und regionalen Bussen. Die zweite Erklärung für Subventionen im öffentlichen Verkehr sind Skaleneffekte, in der vorliegenden Thematik Mohring-Effekt genannt [5]. In der Zusammensetzung der Produktionskosten unterscheiden sich Transportgüter von vielen anderen Gütern. Der Fahrgast muss eigene begrenzte Ressourcen - seine Wartezeit - in die Produktion einbringen. Bei privaten Anbietern führen weniger Passagiere zu einem kleineren ÖV-Angebot, was wiederum zu weniger Passagieren führt, weil die Wartezeiten zunehmen. Subventionen durch die Allge- Internationales Verkehrswesen (70) 3 | 2018 25 Wissenschaft POLITIK meinheit durchbrechen diesen Kreis und führen zu einer höheren Taktfrequenz. Diese höhere Frequenz verringert die Wartezeit der Konsumenten und steigert deren Nutzen aus dem Angebot überproportional. Der Mohring-Effekt ist minimal für Verkehrsmittel mit einer sehr hohen Auslastung, beispielsweise im öffentlichen Verkehrssystem in Hongkong mit einem Modalsplit von über 90 % [6]. Auch der ÖV in der Schweiz glänzt teilweise durch seine hohe Auslastung. Ein niedriger Mohring- Effekt zeigt sich in den Städten Bern und Zürich, wo die staatlichen Kosten trotz der hohen absoluten Subventionen pro Einsteiger im Vergleich mit anderen europäischen Städten niedrig sind [7]. Neben den klassischen Erklärungen sprechen die Non-Use-Values wie Optionsnutzen, Existenznutzen und Standortfaktoren des Angebots für eine Mitfinanzierung durch die Allgemeinheit [2]. Die bloße Existenz des öffentlichen Verkehrs stellt einen Optionsnutzen und damit eine Art Mobilitätsversicherung dar. Bürgerinnen und Bürger sind gegen allfällige Risiken des Mobilitätsverlustes, beispielsweise durch Entzug der Fahrerlaubnis, abgesichert. Vom Existenznutzen spricht man, wenn durch ein Gut Nutzen anfällt, ohne dass man dieses jemals selbst konsumiert. Durch den ÖPNV wird der Zugang zu Mobilität insbesondere für bestimmte sozioökonomische Gruppen, wie z.B. Jugendliche oder Betagte, erleichtert. Diese Personengruppen profitieren besonders stark von der Daseinsvorsorge. Durch den Konsum des öffentlichen Angebots werden Angehörige entlastet und können der reinen Verfügbarkeit einen Nutzen abgewinnen. Resultate verschiedener Studien zeigen, dass ein gutes Angebot im ÖV ein nicht unwesentlicher Standortfaktor ist [8, 9]. Angenehme Pendlerdistanzen für Mitarbeitende, kurze Anfahrtsstrecken für Geschäftskunden und somit eine gute Erreichbarkeit führen zu einer hohen Bedeutung des öffentlichen Verkehrs für ansässige Firmen. Nachfrage nach und Nutzen aus subventioniertem ÖPNV Ob die bisher genannten Gründe für ein subventioniertes Angebot hinreichend sind, bleibt umstritten, auch weil quantitative Abwägungen schwierig bleiben. Faktisch entscheidet ohnehin die Politik über Subventionen und den Umfang des Angebots im öffentlichen Verkehr. Der Anteil der Einwohner ab 16 Jahren mit einem ÖV- Abonnement in der Schweiz beträgt 57 % [10]. Schweizer Stimmberechtigte können an der Urne direkt über zentrale Zukunftsvorhaben mitentscheiden. Die Erfolgschancen für Anliegen zur Förderung des öffentlichen Verkehrs und damit für die Subventionierung des Angebots stehen meist gut. Durch die direkte Demokratie wird die Verkehrspolitik des Staates und das Handeln der Transportunternehmen mit Staatsauftrag überwacht und legitimiert. Verkehrsbetriebe können durch positive Abstimmungsresultate zur effizienten Produktion motiviert werden. Wissenschaftlich wurde die politische Bereitschaft bezüglich der Frage erforscht, wer die Kosten des Ausbaus des Verkehrsnetzes in der Schweiz übernehmen soll [11]. In einer repräsentativ angelegten Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung stellte sich heraus, dass der gewünschte staatliche Subventionsbeitrag bei einem Anteil von 50 % der Gesamtkosten liegt. Dieser Anteil liegt nahe am heutigen Kostenteiler zwischen Allgemeinheit und Nutzerfinanzierung im ÖV (vgl. oben). Diese Studie und die demokratische Legitimierung des ÖV zeigen, dass eine Bereitschaft für ein subventioniertes Angebot im öffentlichen Personennahverkehr in der Bevölkerung vorhanden ist. Damit ist es plausibel, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht bloß das ÖPNV-Angebot per se unterstützt, sondern dass die Individuen aus ihrer Mobilität auch einen internen Nutzen ziehen, der über den bezahlten Ticket-Preis hinausgeht. Aus Nutzerperspektive machen Abgeltungen Sinn, wenn aus dem Angebot des ÖPNV ein Gut entsteht, bei welchem sie von einer entsprechend hohen Konsumentenrente profitieren. Die Rente der Konsumenten leitet sich aus der Nachfrage der Passagiere ab und ist gegeben durch die Differenz zwischen dem effektiven Preis (z.B. einer Fahrkarte) und dem Maximalpreis, welchen die Person höchstens bereit wäre, zu bezahlen (vgl. Bild 1). Weltweit gibt es wenige empirische Studien in diesem Bereich. Laird et al. [12] präsentieren in ihrer Übersicht empirische Schätzungen für Konsumentenrenten verschiedener ÖV-Angebote. Die von ihnen aufgeführten Schätzungen sind aber schwierig mit dem heutigen ÖPNV in der Schweiz vergleichbar. Mit dem Abschätzen von Preiselastizitäten kann intuitiv argumentiert werden, dass eine konstant bleibende Nachfrage bei deutlichen Preiserhöhungen auf entsprechend substanzielle Konsumentenrenten hinweist. Eine Wertschöpfungsstudie der Verkehrsbetriebe Thun konnte feststellen, dass nach einem Preisaufschlag von 2,4 % auf gewisse Einzel- und Mehrfahrtenbillette und 3,6 % auf Verbundabonnemente die Fahrgastzahlen nicht etwa zurückgingen, sondern im Gegenteil weiter anstiegen [3]. Dies spricht für eine tiefe Preiselastizität und widerlegt die Annahme einer hohen Konsumentenrente zumindest nicht. Angebot ohne Subventionen - ein Gedankenexperiment Man stelle sich vor, es stünden keine Gelder der Allgemeinheit für TU, welche ÖPNV bereitstellen, zur Verfügung. Unter der Annahme, dass die Nutzenden die gleichen Distanzen auch ohne öffentlich subventionierten Menge Personenfahrten Menge in Anzahl Personenfahrten Preise in CHF Fahrpreis Möglicher Maximalpreis Angebot mit konstantem Preis Nachfrage Differenz zwischen effektivem Preis und Maximalpreis Konsumentenrente Bild 1: Theoretische Herleitung der Konsumentenrente bei Personenfahrten Quelle: Eigene Abbildung Internationales Verkehrswesen (70) 3 | 2018 26 POLITIK Wissenschaft Verkehr zurücklegen würden, präsentieren wir zwei mögliche Substitutionsszenarien: einen kompletten Wechsel auf individuelle Verkehrsmittel oder ein vollständig kostendeckendes privates ÖV-Angebot. Im ersten Szenario werden die Anteile des Modalsplits des öffentlichen Verkehrs auf individuelle Verkehrsmittel verteilt. Gesamtschweizerisch beträgt der Anteil des ÖV 24,4 % [10] an der täglich zurückgelegten Distanz, in den Städten deutlich mehr (z. B. Stadt Luzern 42 % [13]). Rechnet man den Modalsplit für die restlichen Verkehrsträger linear hoch, würde insbesondere der motorisierte Individualverkehr deutlich zunehmen. In Abwesenheit des öffentlichen Verkehrs macht dieser über 80 % des Modalsplits der Tagesdistanz im Inland aus. Es interessiert nun die Frage, wie hoch die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten für ein Szenario ohne ÖPNV wären. Für die umfassende Betrachtung möglicher Alternativen müssen sowohl die internen und externen Kosten für die Konsumenten als auch für die Gesellschaft insgesamt aufgerechnet werden. Konkret sind sämtliche Mobilitätskosten zu summieren, von Abschreibungen an Autos über Zeitkosten für Fußgänger, Lärmkosten von Motorrädern bis hin zu Unfallkosten minus Gesundheitsnutzen des Fahrradfahrens. Die Wertschöpfungsstudie zum Busangebot in der Stadt Thun von Hauser et al. [3] kann als illustratives Beispiel herangezogen werden. Die Studie kam zur Erkenntnis, dass die Summe der internen und externen Kosten (unter Abzug des Nutzens) für die Passagiere bei der Substituierung der Buslinien durch den MIV deutlich höher liegt als bei der Nutzung des Busangebots (siehe Tabelle 1). Im Jahr 2013 transportierten die Buslinien der Verkehrsbetriebe Thun 16 Mio. Passagiere, was in der Summe einer Strecke von 57,5 Mio. Pkm entspricht. Hier ist anzumerken, dass in der Studie von Hauser et al. die Bahn als mögliches Substitut aufgeführt wurde, welche jedoch zum ÖPNV gezählt werden muss. Weiter wurden die Stauexternalitäten, welche für die Benutzung der Buslinie sprechen, aufgrund der schwierigen Quantifizierbarkeit nicht berücksichtigt. Die Kosten des Alternativszenarios sind demnach um die zusätzlichen Stauund/ oder Infrastrukturkosten zu tief angesetzt. Trotzdem zeigt die Quantifizierung des Alternativszenarios, dass die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten mit 52-Mio. CHF deutlich höher liegen als beim Ist-Szenario, das inklusive dem subventionierten ÖPNV-Angebot 32- Mio. CHF Gesamtkosten verursacht. Kurz: Ohne funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr wäre die gleiche Mobilitätsleistung volkswirtschaftlich gesehen mindestens 62 % teurer. Im zweiten Szenario wird der ÖPNV kostendeckend von privaten Transportunternehmen angeboten mittels einer „On-the road competition“. Zum einen würden hoch frequentierte Linien und Haltestellen vom Konkurrenzkampf der Unternehmen betroffen sein. Dies hätte theoretisch mehr Kundenorientierung und aus ökonomischer Perspektive einen effizienteren Betrieb einzelner Linien zur Folge [3]. Zum anderen würde für weniger dicht besiedelte Orte der öffentliche Verkehr ein aus heutiger Perspektive wohl ungenügendes Angebot bereitstellen und somit die Nachfrage nach öffentlicher Mobilität in diesen Gebieten nicht befriedigen. Allerdings zeigt der Blick nach England, dass das selbsttragende Netz des öffentlichen Personennahverkehrs eine beträchtliche Größe zu erreichen im Stande ist (Z. B. Stadtverkehr in Brighton mit 90 % kommerziellem Betrieb [7]). Hingegen würde nach englischer Erfahrung beim kostendeckenden Angebot von privaten Transportunternehmen der in der Schweiz als so wichtig eingeschätzte Systemgedanke verloren gehen. Dieser Verlust der bewussten Fahrplanabstimmung zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern könnte die Reisezeit von Passagieren, insbesondere in ländlichen Regionen, verlängern und hätte somit einen negativen Einfluss auf den Mohring-Effekt. Mit diesen schrumpfenden Konsumentenrenten würde, zumindest teilweise, das erstgenannte Szenario ohne ÖPNV drohen. Oben wurde aufgezeigt, dass dieses unter Berücksichtigung aller volkswirtschaftlichen Kosten zu einer deutlich teureren Mobilität führt. Fazit und Ausblick Hohe staatliche Subventionsbeiträge sind in einer Marktwirtschaft hinreichend zu begründen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mehrere ökonomische Argumente für einen öffentlich subventionierten Personennahverkehr sprechen. Schwierig ist dabei meist eine genauere Quantifizierung. Bei einer umfassenden Gegenüberstellung aller Kosten der Mobilität mit und ohne ÖPNV zeigt sich, dass das subventionierte Angebot letztlich volkswirtschaftlich günstiger ist. Ohne öffentliche Bereitstellung des Angebots ginge der Systemgedanke verloren. Interne wie externe Kosten der Mobilitätsnutzenden und der Öffentlichkeit würden insgesamt steigen. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs von einer starken Pfadabhängigkeit profitiert. Ein Ausbau der Straßeninfrastruktur, und damit Wechselkosten, wäre ohne Subventionen unumgänglich und aufgrund des knappen Raumes politisch kaum realisierbar. Andererseits muss angemerkt werden, dass bei einer erhöhten Kostenwahrheit in Bezug auf Externalitäten beim MIV auch der ÖV weniger Subventionen benötigen würde, und dass die Gefahr eines zu starken Ausbaus des subventionierten ÖPNV aus sachfremden Gründen (Z. B. Szenario Ist-Szenario (Bus) Alternativszenario* Gesamte Nettokosten 32 Mio. CHF 52 Mio. CHF Nettokosten/ Pkm 0,56 CHF 0,90 CHF Kosten MIV 1 - 44 Mio. CHF Kosten Bahn 2 - 2 Mio. CHF Kosten LV 3 - 6 Mio. CHF Kosten Bus 4 32 Mio. CHF - * Zusammensetzung: MIV 82,9 %, Langsamverkehr 10,1 %, Bahn 7,0 % 1 Auto: Intern: Betriebskosten, Parkkosten, Fahrkosten; Extern: Umwelt 2 Bahn: Intern: Längere Anmarschwege, Fahrzeugkosten; Extern: Umwelt, Abgeltungen und Infrastruktur 3 Langsamverkehr: Intern: Zeitkosten, Anstrengung, abzüglich Gesundheitsnutzen, Fahrzeugkosten (Velo); Extern: Unfallkosten, Gesundheit 4 Bus: Intern: Fahrkosten; Extern: Umwelt, Abgeltungen Tabelle 1: Volkswirtschaftliche Nettokosten für die Wertschöpfung der Verkehrsbetriebe Thun (Bus) und das Alternativszenario (für Ausführungen siehe [3]) Internationales Verkehrswesen (70) 3 | 2018 27 Wissenschaft POLITIK Chancengleichheit) besteht. Hinzu kommt, dass bei staatlicher Einmischung in den Verkehrsmarkt die Innovationsfähigkeit leiden könnte. Dies ist für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz heute allerdings nicht ersichtlich [7]. Die Höhe der staatlichen Subventionen für den öffentlichen Stadt- und Nahverkehr dürfte dank technischen Entwicklungen und effizienter Bereitstellung in den nächsten Jahren sinken. Anteilsmässig verursacht das Personal bei den Verkehrsbetrieben Luzern über die Hälfte der Gesamtkosten [14]. Autonome Busse haben das Potenzial, im städtischen sowie im ländlichen Raum über die Hälfte dieser Kosten einzusparen [15]. Wenn dereinst auch der MIV autonom fährt, wird sich die Frage der Verkehrsdosierung in den Innenstädten neu stellen, denn Parkierungsgebühren und Staukosten würden als Rationierungsinstrument weit weniger greifen als heute. Straßenbenützungsgebühren und damit die Kostenwahrheit im gesamten Verkehrssystem wären dann möglicherweise unumgänglich. ■ LITERATUR [1] VöV (2017): Fakten & Argumente zum öffentlichen Verkehr der Schweiz 2016/ 2017. Broschüre als Download verfügbar unter https: / / www.voev.ch/ de/ Service/ Publikationen/ VoeV-Schriften/ Fakten-und-Argumente-zum-oeV-Schweiz [2] Hauser, C.; Hanisch, C.; Lienhard, M.; Egli, H.; von Arx, W. (2013): Wertschöpfung der Verkehrsbetriebe Luzern AG und die Bedeutung ihrer Leistungen für die regionale Wirtschaft. IBR/ Hochschule Luzern - Wirtschaft [3] Hauser, C.; Lienhard, M.; Hanisch, C. (2015): Wertschöpfung der Verkehrsbetriebe STI AG Thun und die Bedeutung ihrer Leistungen für die regionale Wirtschaft. IBR/ Hochschule Luzern - Wirtschaft [4] Ecoplan und Infras (2014): Externe Effekte des Verkehrs 2010. Monetarisierung von Umwelt-, Unfall- und Gesundheitseffekten. Auftraggeber: Bundesamt für Raumentwicklung. Bern, Zürich und Altdorf [5] Mohring, H. (1972): Optimization and scale economies in urban bus transportation. The American Economic Review, 62(4), 591-604 [6] Chang, Z., & Phang, S. Y. (2017): Urban rail transit PPPs: Lessons from East Asian cities. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 105, 106-122 [7] Schaaffkamp, C. (2017): Do Direct Awards Lead to Better Public Transport? [8] Credit Suisse Economic Research (Hrsg.) (2006): Verkehr als Wirtschaftsfaktor. NABRegionalstudie, Aargau [9] Ecoplan und Büro Widmer (2004): Wirkungsketten: Verkehr - Wirtschaft. Analyse der Wechselwirkungen und Vorschlag für ein Indikatorensystem der wirtschaftlichen Aspekte eines nachhaltigen Verkehrs. Forschungsauftrag SVI 1999/ 310 auf Antrag der Vereinigung Schweizerischer Verkehrsingenieure. Bundesamt für Strassen (ASTRA). Altdorf und Frauenfeld [10] Bundesamt für Statistik (2015): Verkehrsverhalten der Bevölkerung Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr. Bundesamt für Statistik, Neuenburg [11] Laesser, C.; Reinhold, S. (2013): Finanzierung des OeV in der Schweiz: Was zahlt der Nutzer, was die Allgemeinheit? 1. Arbeitsbericht. Schriftenreihe SBB Lab, Vol. 006, St. Gallen: SBB Lab [12] Laird, J.; Geurs, K.; Nash, C. (2009): Option and non-use values and rail project appraisal. Transport Policy, 16(4), 173-182 [13] LUSTAT Statistik Luzern (2017): Mobilität im Kanton Luzern. LUSTAT Statistik Luzern, Luzern [14] vbl (2016): Geschäftsbericht 2016. Luzern. Als Download verfügbar unter https: / / www. vbl.ch/ fileadmin/ customer/ Das_Unternehmen/ Geschaeftsbericht/ Geschaeftsbericht_2016.pdf [15] Bösch, P. M.; Becker, F.; Becker, H.; Axhausen, K. W. (2017): Cost-based analysis of autonomous mobility services. Transport Policy Christoph Hauser, Prof. Dr. Leiter Kompetenzzentrum Management & Law, Hochschule Luzern (CH) christoph.hauser@hslu.ch Widar von Arx, Prof. Dr. Leiter Kompetenzzentrum Mobilität, Hochschule Luzern (CH) widar.vonarx@hslu.ch Hannes Wallimann, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kompetenzzentrum Mobilität, Hochschule Luzern (CH) hannes.wallimann@hslu.ch Lesen Sie Internationales Verkehrswesen und International Transportation lieber auf dem Bildschirm? 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