eJournals Internationales Verkehrswesen 70/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2018-0087
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2018
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Die Airside-Mobilität eines Hub-Flughafens

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2018
Andreas Romstorfer
Heinz Dörr
Hub-Flughäfen sind immer einem Ballungsraum zugeordnet und bilden oft eine hochurbane Airport-City aus, womit der Flughafenstandort ebenso zum Adressaten der Klimaziele wird. Freilich sind hier spezielle Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung zu beachten. Der Betrieb von Gebäuden und deren Verkehrsanbindung auf der Landseite genießt öffentliche Aufmerksamkeit, während der Flughafenbetrieb am Vorfeld als Selbstverständlichkeit angesehen wird. Das komplexe Zusammenwirken zahlreicher Akteure bei der Bodenabfertigung der Flugzeuge und die Vielfalt der eingesetzten Fahrzeuge und Geräte bilden Ansatzpunkte, sich mit der Mobilität des Bodenverkehrs auf der Luftseite zu befassen.
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Internationales Verkehrswesen (70) 4 | 2018 44 MOBILITÄT Flughafen Die Airside-Mobilität eines Hub-Flughafens Innovationspotential am Vorfeld für nachhaltige Mobilität Infrastruktur, motorenbetriebene Bodenfahrzeuge, Akteursvielfalt, Checkpoints, Airside Operations, Ground Handling Hub-Flughäfen sind immer einem Ballungsraum zugeordnet und bilden oft eine hochurbane Airport-City aus, womit der Flughafenstandort ebenso zum Adressaten der Klimaziele wird. Freilich sind hier spezielle Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung zu beachten. Der Betrieb von Gebäuden und deren Verkehrsanbindung auf der Landseite genießt öffentliche Aufmerksamkeit, während der Flughafenbetrieb am Vorfeld als Selbstverständlichkeit angesehen wird. Das komplexe Zusammenwirken zahlreicher Akteure bei der Bodenabfertigung der Flugzeuge und die Vielfalt der eingesetzten Fahrzeuge und Geräte bilden Ansatzpunkte, sich mit der Mobilität des Bodenverkehrs auf der Luftseite zu befassen. Andreas Romstorfer, Heinz Dörr D er hochurbane Charakter einer Airport City hat viele Facetten auch in Hinblick auf die Mobilitätsformen angenommen. Die landseitige Verkehrsanbindung ist eine laufend thematisierte Angelegenheit, weil sie als infrastrukturelle Vorleistung die Attraktivität des Flughafenstandortes wesentlich vorausbestimmt. Gewonnen wird die Wettbewerbsfähigkeit für die verschiedenen Kundenkreise aber auf den Primärmärkten der Luftfahrtgesellschaften und auf den Sekundärmärkten der Forwarding-Logistik, der Immobilienansiedlungen, des Einzelhandels, der Gastronomie und der Landverkehrsdienste. Somit ergibt sich ein Kerngeschäft und nicht minder wichtig stellen sich mittlerweile die Geschäftsfelder der Annexeinrichtungen dar. Sie machen die Airport Cities sowohl für die mit dem Luftfahrtbetrieb verbundenen Beschäftigten als auch für jene in Geschäftsfeldern, die die Standortgunst der globalen Erreichbarkeit genießen, zu einem bunten Arbeitsplatzschwerpunkt. Dem Flughafen benachbarte Wirtschaftsparks übernehmen als ausgelagerte Business Centres Teilfunktionen der Inner Cities im Ballungsraum. Für die Raumordnung ist die Airport City ein hochrangiger Zentraler Ort der globalen Funktionsteilung. So mancher Tower signalisiert als Landmark die Airport City (siehe Bild 1). Ein Hub-Flughafenstandort teilt sich als Siedlungsgebilde in mehrere Funktionszonen unterschiedlicher Nutzungsausrichtung, Öffentlichkeitszugänglichkeit und Luftfahrtaffinität auf. Ein Strukturmodell lässt sich prinzipiell als zwei Halbkreise darstellen, die durch die Landside-Airside- Grenze halbiert werden und in sich schalenförmig untergliedert werden, wobei die Airport City landseitig in den Ballungsraum verwoben ist und der eigentliche Luftfahrtbetrieb durch die Kanalisierung der Bodenabfertigung und der sicherheitsbedingten Zugangsberechtigungen für Personen und Frachten gelenkt wird (siehe Bild 2). Dieses Strukturschema verdeutlicht außerdem, welche Funktionszonen als Innovationsfelder für die Dekarbonisierung zur Lösung anstehen und welche Handlungsträger dafür zu adressieren sind, damit eine gesamthafte Nachhaltigkeitsbilanz für einen Flughafenstandort aufgestellt werden kann. Gliederung in Sicherheits- und Nutzungszonen Verkehrsflughäfen gliedern sich in Nutzungsflächen landseitig und luftfahrtseitig. Diese grundsätzliche Zweiteilung ist den Sicherheitsanforderungen der Luftfahrt geschuldet. Sie überlappt sich jedoch mit den funktionellen Anforderungen des Flughafenbetriebes, sodass die Grenzlinie definiert und die unterschiedlichsten Zugangsbe- Bild 1: Photovoltaik-Anlage und Tower als Landmark am Flughafen Wien Quelle: Nachhaltigkeitsbericht 2017, Flughafen Wien AG Internationales Verkehrswesen (70) 4 | 2018 45 Flughafen MOBILITÄT rechtigungen für Personen und Zulaufberechtigungen für Fahrzeuge, Geräte und Güter an Checkpoints ausnahmslos kontrolliert werden müssen. 1 So kommt es, dass eingangsseitig von „landside to airside“ verschiedene Schleusen zu passieren und Ausweise bzw. Kennzeichnungen zur Überprüfung erforderlich sind. Umgekehrt, also einreisebzw. importseitig, sind die sicherheitspolizeilichen und zolltechnischen Belange anzuwenden, wobei auch stichprobenartig vorgegangen werden kann, wenn keine Auffälligkeiten offensichtlich werden. Diese unterschiedliche Durchlässigkeit ein und derselben Grenze setzt bauliche Trennungen und eine Lenkung der Verkehrsströme voraus, die Ebenen und Laufwege für Ankünfte, Transfer und Abflüge ohne Schlupflöcher benötigt. Das gilt für die Passagierluftfahrt (PAX), u.a. nach dem Schengenbzw. Non-Schengen-Regime, ebenso wie für Luftfracht (EU-Binnenmarkt und Warenverkehr mit anderen Ländern), welche entweder in Passagierflügen als „Belly Bild 3: Schematisierte Darstellung eines Vorfeldbereiches in Hinblick auf den Bodenverkehr Quelle: Grundkarte Flughafen Wien 2 , Bearbeitung: Romstorfer Bild 2: Generelles Flächenfunktionsmodell eines Hub-Flughafens in Hinblick auf Innovationsfelder für die Dekarbonisierung der Mobilität Internationales Verkehrswesen (70) 4 | 2018 46 MOBILITÄT Flughafen Load“ oder in eigenen Frachtfliegern befördert wird. Ein Flughafenstandort ist zudem ein komplexes Gefüge unterschiedlicher Verfügungsrechte, wie Eigentums-, Baurechts- und Mietverhältnisse, von denen in weiterer Folge die Art der Flächennutzungen landseitig und der Geschoßnutzungen in den Terminals luftfahrtseitig abhängen. Das geht Hand in Hand mit der proprietären Regelung der Zugänglichkeit und der fahrzeug- und personenbezogenen Mobilität, auch wenn generell gültige Normen, wie die Straßenverkehrsordnung (StVO), angewendet werden. Alle Bewegungen klinken sich in ein ausgeklügeltes Wegeleitsystem des Flughafens als Infrastrukturbetreiber ein (siehe Bild 3). Das Vorfeld als Raum hochkonzentrierter Mobilität Auf vielen Hub-Flughäfen 3 ist eine funktionelle Dreiteilung am Vorfeld zwischen der PAX-Luftfahrt, Air Cargo und General Aviation ausgeprägt, damit sich die Abläufe im Zulauf zu den Terminals landside und die Bodenabfertigung airside nicht übermäßig in die Quere kommen. Es sind die Flughafendienste, die sich im Ground Handling für die Flugzeugabfertigung (Cargo- und Gepäcksmanipulation, Kerosin-Betankung, Cabin Services, PAX-Beförderung, Ramp Handling, etc.) am Vorfeld betätigen 4 . Das gilt verkehrstechnisch für die Bewegungen von Personen, Personalen, Fahrzeugen und mobilen Gerätschaften für die Bedienung der Luftfahrzeuge (LFZ) auf den Parkpositionen der Vorfelder. Hierbei ändern sich die Bedingungen nicht nur seitens der Flughafeninfrastruktur, ob Fingerflugsteige oder freie Parkpositionen von den LFZ eingenommen werden, sondern es muss auch die Vielzahl der gängigen Flugzeugmuster berücksichtigt werden, um eine reibungslose Abfertigung der Flugzeuge zu gewährleisten. Dafür sorgt an der jeweiligen Parkposition ein Ramp Agent, der die Abfolge der einzelnen Prozesse in Abstimmung mit dem für das LFZ verantwortlichen Flugkapitän koordiniert (siehe Bild 4). 5 Die Bedienung der Parkpositionen erfolgt in der grundsätzlichen Relation vom Stützpunkt des jeweiligen Dienstes aus (siehe Bild 3). Dabei ist auch von Relevanz, ob der Dienst einen operativ günstigen Zugang zum Betriebsstraßennetz am Vorfeld aufweist (siehe Bild 5). Ob bei der Bedienung spinnenförmig von der Quelle zu den Zielen gefahren wird, oder ob mehrere Parkpositionen seriell als logistische Tour bedient werden können, ist jeweils abzuklären. Bei Flugzeugen mit sehr kurzen Turnaround- Zeiten können gewisse Bedienungen entfallen. Die Passagierbeförderung zu/ von außenliegenden Parkpositionen findet mit geeigneten Bussen (wie mit Hecktüren und beidseitigen Türen ausgestattet und in Überbreite) von ebenerdigen Gates aus statt. Die Fahrten können dabei weitab vom Terminalgebäude auf das Vorfeld führen und sogar Rollgassen queren. Bei einem zeitkritischen PAX-Transfer sind direkte „Ramp Transfers“ zwischen den Parkpositionen möglich. Bei kurzen Anschlusszeiten kann es ebenso bei Transfergepäck oder -fracht gehandhabt werden, wenn diese als sicher gelten. Auch speziell sortierte LFZ- Container können direkt an den Anschlussflug rationell überstellt werden („tail2tail“). Für alle Bewegungen am Vorfeld gilt: Flugzeugbewegungen haben immer Vorrang, ob sie nun vom eigenen Triebwerk bewegt werden oder von einem Push-Fahrzeug. Die Fahrten von Bodenfahrzeugen auf den Vorfeldern werden weitgehend durch Bodenmarkierungen geleitet, die einem Straßennetz ähnlich organisiert sind. Dort gilt üblicherweise die StVO, welche durch die Verkehrsregeln für den nicht-öffentlichen Bereich des Flughafengeländes spezifiziert wird. Kraftfahrzeuge sind dazu speziell für den Vorfeldeinsatz gekennzeichnet, z. B. mittels Schachbretttafe (siehe Bild 6). Abstellplätze für Geräte und Bodenfahrzeuge können dort eingerichtet sein, wo Flugzeugbewegungen nicht behindert werden. Bewegungen von Personen sind, wenn betrieblich erforderlich, zu beobachten. Eine prinzipiell (rote) No-Go-Linie ist die Zuständigkeitsgrenze zwischen Airside Operations in Verantwortung des Flughafens und dem Flugbetrieb in Verantwortung der Air Traffic Control. Aber selbst dieser Bereich muss für die Pistenwartung (z. B. Befeuerung), den Winterdienst, die Freiflächenpflege und für Notfälle (Feuerwehr) unter Wahrung der Hoheit von Air Traffic Control befahrbar sein. Bild 4: Bodenabfertigungsdienste an einer Parking Position, Mitteldeutscher Flughafen Leipzig- Halle LEJ Foto: Dörr Bild 5: Luftfahrtseitige Betriebsstraße, Flughafen Leipzig-Halle LEJ Foto: Dörr Bild 6: E-Schlepper für den Zugverband mit Vorfeldberechtigungs- Kennzeichnung Foto: Romstorfer mit freundlicher Genehmigung der Flughafen Wien AG Internationales Verkehrswesen (70) 4 | 2018 47 Flughafen MOBILITÄT Dekarbonisierung der Vorfeld- Mobilität Wie eingangs erwähnt, ergeben sich an einem Flughafenstandort verschiedene Innovationsfelder in Korrespondenz mit den dort initiativen Akteuren für eine CO 2 -neutrale und schadstoffarme Flächennutzung und Mobilität 6 . Über die Effekte alternativer Antriebsformen Well-to-Wheel in Hinblick auf die Primärenergiebilanzen, die Wirkungsgrade und die Einsparpotenziale bei den Emissionen gibt es eine kontroversielle, von Interessen geprägte Diskussion, auf die hier nicht im Detail eingegangen wird. Vielmehr wird das Vorfeld als Mobilitätsraum ins Bild gerückt, das wenig Beachtung findet, weil es zwar intensiv frequentiert, aber nicht öffentlich frei benutzbar ist. Ausgangspunkt der Betrachtung sollen daher die günstigen Randbedingungen für eine Umstellung auf eine nachhaltige Mobilität am Vorfeld sein, ehe die antriebstechnologischen Optionen dann im zu untersuchenden Einzelfall nach ihren Nutzeffekten zu behandeln sein werden. Als vorteilhaft erweisen sich im Vergleich zur Mobilität in den öffentlichen Verkehrsnetzen folgende verkehrslogistische Faktoren: • Das Vorfeld als Infrastruktur steht in Verantwortung des Flughafenbetreibers. • Die Energieversorgung der Fahrzeuge findet in einem nichtöffentlichen Bereich statt. • Die Relationen führen zu Stützpunkten am Gelände zurück (back-to-base). • Es handelt sich um relativ kurze, aber zumeist häufige Wege. • Es herrscht eine brauchbare Planbarkeit der Einsätze. • Die Gewichtsbandbreite der Vorfeldtransporte ist im Normalfall im Zentnerbis niedrigen Tonnenbereich angesiedelt. Alles in allem sind das nahezu ideale bodenbezogene Voraussetzungen für eine Umstellungsstrategie, die man sich anderswo im Ballungsraum wünschen würde 7 . Dazu sind aber die vielen sich am Vorfeld bewegenden Akteure „an Bord“ zu holen, deren Verkehrsmittel eine bunte Vielfalt auszeichnet (siehe Bild 7). Deswegen müssen sowohl die aufgabenbedingten Bewegungsmuster als auch die Fahrzeugmassen genau erhoben werden, um zu beurteilen, welche Antriebskonfigurationen den Nachhaltigkeitszielen am besten entsprechen. Dabei können sich erhebliche Unterschiede bei der fahrzeugtechnologischen Auswahl herausstellen. Denn für eine Umstellung sind für den Fuhrparkbetreiber airside die örtlichen Installationsmöglichkeiten und Leitungskapazitäten der Energieversorgungsinfrastruktur ebenso zu bedenken wie die Folgeeinrichtungen für Wartung und Reparatur. Im Übrigen sind Synergien zwischen den Services airside und allenfalls mit Nutzern landside zu überlegen. Außerdem bietet ein weitläufiger Flughafenstandort manche Möglichkeiten, selbst zur regenerativen Energieerzeugung etwas beizutragen (siehe Bild 1). Die Nachhaltigkeitsziele sind mit den betrieblichen Zielen der Operabilität für den jeweiligen Flughafen abzuwägen, womit sich nicht automatisch eine Ablehnung herkömmlicher fossiler Antriebe verbindet. 10 So ist für bestimmte Bodendienste die verlässlich jederzeitige Einsatzfähigkeit (Pusher, Enteisung, Winterdienst, Feuerwehr, Follow-me) sicherzustellen, weil solche Fahrzeuge nicht in Überzahl vorgehalten werden können. Schließlich sind auch widrige Witterungsverhältnisse mit zu bedenken. In der Hauptsache stehen folgende Antriebskonzepte zur Auswahl, wobei die externe Energieversorgung der Fahrzeugflotte und die Energiespeicher im Fahrzeug immer dazugehören: • diesel- oder benzinbetriebene Verbrennungskraftmotoren (VKM) Bild 7: von links oben nach rechts unten E-Smart für Ramp-Agents, 8 elektrisch angetriebener Passagierbus, 8 voll elektrifiziertes Catering-Hub- Fahrzeug, 9 LFZ-Schlepper mit Hybridantrieb 8 Internationales Verkehrswesen (70) 4 | 2018 48 MOBILITÄT Flughafen • erdgasbetriebene Verbrennungskraftmotoren (CNG, LNG) • batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) • wasserstoffbetriebene Elektrofahrzeuge (FCEV) 11 • hybride Kombinationen dieser Antriebe Erdgasgestützte Fahrzeuge erfreuen sich einer gewissen Beliebtheit, weil zu ihnen reichliche Betriebserfahrungen vorliegen. Ihr Betrieb reduziert die klimaschädlichen Emissionen geringfügig. Sie kommen außerdem für hybride Antriebskombinationen in Frage. Das spricht für den Einsatz in der erweiterten Airport-City 12 . Bei der reinen Elektromobilität (BEV) ist der lokale Entlastungseffekt klarerweise am höchsten, die Knackpunkte liegen beim Lastmanagement der Stromversorgung und der Einrichtung einer genügenden Anzahl von Ladestationen, die auch in gewissem Umfang am Gelände dezentralisiert werden könnte. Zudem wäre unter günstigen Umständen die konduktive Ladetätigkeit (über Kabel oder Pantograph) um induktive Standplätze (also berührungsfrei über Magnetspulen) indoor oder an Abstellplätzen ergänzbar. Die zentralen Stützpunkte erlauben ferner einen raschen Batterietausch, sodass nicht notwendigerweise schnell oder langdauernd das Fahrzeug selbst aufgeladen werden muss. Solche Anwendungen sind für Schlepper im Zugverband gebräuchlich (siehe Bild 6). Die Reichweite von BEVs sollte über den Tageseinsatz am Vorfeld gewährleistet sein. Die Anfahrzugkraft ist je nach Einsatzzweck ein Thema. Das faktische Geschwindigkeitsniveau entspricht dem einer Wohnanliegerzone. Beim Antrieb eines Elektrofahrzeugs mittels Brennstoffzelle (Fuel Cell) ist der Entlastungseffekt wie beim BEV. Der Knackpunkt liegt bei der Anlage der teuren Wasserstofftankstelle, die aber an der Landside-Airside-Grenze zur beiderseitigen Betankung positioniert werden könnte, sodass sie von der Auslastung durch den allgemeinen Landverkehr profitieren kann. Die Erreichbarkeit der H 2 -Tankstelle vor Ort und die Frequenz der Tankvorgänge sind aufgrund der Reichweite des FCEV kein Problem. Die Sicherheit gilt heute als gewährleistet. Freilich ist nicht jedes selbstangetriebene Airside-Gerät für den Einbau vorgesehen. Aber solche Fahrzeugentwicklungen sind über übliche KFZ-Muster hinausgehend denkbar. Die den Einsatz limitierenden Faktoren der batteriegestützten Elektrofahrzeuge stellen sich bei den H 2 betriebenen Fahrzeugen nicht ein, sodass sie ein breiteres Anwendungsspektrum abdecken können (siehe Bild 8). Fazit Als Vorhut auf dem Pfad zur Nachhaltigkeit können einzelne Maßnahmen, wie Photovoltaik-Anlagen oder die Vollelektrifizierung einer Schlepperflotte, angesehen werden. Je näher die benötigten Fahrzeugmuster an der Marktnachfrage angesiedelt sind, desto leichter fällt eine Investitionsentscheidung zugunsten CO 2 -reduzierter bzw. -neutraler und schadstoffarmer bzw. -freier Bodenfahrzeuge bei der Nachbeschaffung. Dabei können auch hybride Antriebslösungen ihre Chance bekommen, wenn analoge Fahrzyklen im Landverkehr, was regelmäßige Tagesfahrleistungen, etwa von Taxi-, Shuttle- und Liefer-Services, anbelangt, zum Vergleich herangezogen werden können. Koordinierte Beschaffungen der Fuhrparkbetreiber innerhalb des Flughafenstandortes oder im Flughäfen-Verbund könnten günstigere Konditionen erzielen und nach außen die Umstellung positiv signalisieren. ■  1 Das Prozedere dieser Kontrollen für Waren und Air Cargo wird in der Studie ACCIA beschrieben. Siehe auch Fußnote 4.  2 FWAG (2017): Kernplan Flughafen Wien, Ausgabe 3. Quartal 2017, https: / / www.viennaairport.com/ jart/ prj3/ va/ uploads/ data-uploads/ Plan/ Kernplan%20Stand%203.%20Quartal%202017[1].pdf  3 Ein Hub-Flughafen zeichnet sich durch mehrere Kriterien aus, er ist mit anderen Hubs international und transkontinental vernetzt, ist Heimatflughafen zumindest eines größeren Carriers, hat eine jährliche Passagierzahl, die in die Millionen geht, und ist meistens mit zwei Pisten ausgerüstet, um die Zahl der regelmäßigen Flugbewegungen zu meistern. Landseitig ist er an das Schienen- und Autobahnnetz angebunden. Ferner braucht ein Hub auch Hotels für die Flugzeugbesatzungen und für Transferpassagiere. Im Übrigen kann die Bedeutung als Aircargo-Hub gegenüber der als Passagier-Hub auch mancherorts überwiegen.  4 Im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) wurde eine Forschungsdienstleistung zu den Schnittstellen in der Air Cargo-Transportkette (ACCIA) ausgearbeitet. Projektpartner waren arp-planning.consulting.research, DHL Global Forwarding Austria und Flughafen Wien AG. Ergebnisse dazu wurden referiert in: Dörr, Marsch, Romstorfer: FTI-Potenziale an Schnittstellen für Air Cargo. In: Internationales Verkehrswesen (69) 2017, Heft 2, Seiten 28-32. Die Studie ist von den Internetseiten des BMVIT und der FFG sowie unter Andreas Romstorfer oder Heinz Dörr von www.researchgate.net herunterladbar.  5 Templin C. (2007): Bodenabfertigungsdienste in Europa - Deregulierung und ihre Konsequenzen, Kölner Wissenschaftsverlag, Köln  6 Europäische Flughäfen könnten als „Early Adopters“ Fahrzeuge einsetzen, die noch über keine EU-Homologation für das öffentliche Straßennetz verfügen. Ein Vorfeld könnte hier als Innovationsfeld ein interessantes Anwendungsgebiet darstellen.  7 Im Forschungsprojekt EFLOG wurden zusammen mit der AVL List GmbH Fahrzyklensimulationen für Nutzfahrzeuge im Einsatz im Ballungsraum für verschiedene Antriebstechnologien berechnet. Siehe Dörr, Toifl, Huss, Prenninger: Antriebstechnologie und Nachhaltigkeit im Straßengüterverkehr. In: Internationales Verkehrswesen (67) 2015, Heft 1, S. 40-44. Das gesamte Forschungsprojekt EFLOG ist von den Internetseiten des BMVIT und der FFG sowie unter Andreas Romstorfer oder Heinz Dörr von www.researchgate.net herunterladbar.  8 Quelle: https: / / www.klimaschutz-portal.aero/ verbrauchsenken/ am-flughafen/ emissionsarmer-fuhrpark  9 Quelle: http: / / www.doll.eu/ neuigkeiten/ aktuelles/ detail/ article/ innovation-von-doll-erstes-voll-elektrifiziertes- 18-t-nutzfahrzeug-als-ecat-catering-fahrzeug/ 10 Am Flughafen Wien laufen derzeit zwei Nachhaltigkeitsprojekte: Zum einen über Energieeinsparung, Verkehrsvermeidung und zur Verminderung der Belastungen von Mitarbeitern und Passagieren, zum anderen zur Treibhausgas-Reduktion und zur Umsetzung eines zukunftsweisenden Verkehrskonzeptes. Quelle: FWAG (2018): Nachhaltigkeitsbericht 2017, Flughafen Wien AG 11 Übrigens könnte Wasserstoff auch in einem dafür adaptierten Verbrennungskraftmotor CO 2 -frei und NO x -frei eingesetzt werden, die Technologie hat aber den Fahrzeugmarkt noch nicht erreicht. Ein Prototyp wurde auf der IAA 2018 jüngst in Hannover ausgestellt. 12 Siehe EFLOG Endnote 7. Die Fahrzyklensimulation für erdgasbetriebene Fahrzeuge hat eine Emissionsreduktion von ca. 7 % gegenüber dieselbetriebenen Fahrzeugen ergeben. 13 Quelle: http: / / trucknbus.hyundai.com/ global/ brand/ eco/ hydrogen-electric-bus-shuttle-bus-service Andreas Romstorfer, Dipl.-Ing. (FH), MA Ingenieur für Logistik, Transport und Verkehrsdienste, arp-planning.consulting.research/ Flughafen Wien AG, Wien a.romstorfer@arp.co.at Heinz Dörr, Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. Beratender Ingenieur für Raum- und Verkehrsplanung, arp-planning. consulting.research, Wien heinz.doerr@arp.co.at Bild 8: Brennstoffzellenbetriebener Bus bei den Olympischen Winterspielen 2018 im Routinebetrieb 13