eJournals Internationales Verkehrswesen 71/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2019-0014
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Telematik bringt Entsorger den digitalen Mehrwert

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Jens Uwe Tonne
Statt der papiergebundenen Auftragsabwicklung sowie der manuellen Vor- und Nachbereitung fährt das Entsorgungsunternehmen Tönsmeier auf digitalen Wegen. Von der Tourenoptimierung über das automatische Routenabfahren in der kommunalen Entsorgung und die smarte Containerverwaltung bis zur einfachen Anbindung von Subunternehmern setzt das Team auf den Telematik-Manager „couplinkyourfleet Entsorger“. Das Ergebnis: einheitliche, automatisierte und transparente Unternehmensprozesse.
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Internationales Verkehrswesen (71) 1 | 2019 36 LOGISTIK Praxis Telematik bringt Entsorger den digitalen Mehrwert Tönsmeier setzt auf ganzheitliche Digitalisierung mittels individualisierbarer Standard-Telematik Prozessautomatisierung, Tourenplanung und -optimierung, SAP-Schnittstelle, smarte Containerverwaltung Statt der papiergebundenen Auftragsabwicklung sowie der manuellen Vor- und Nachbereitung fährt das Entsorgungsunternehmen Tönsmeier auf digitalen Wegen. Von der Tourenoptimierung über das automatische Routenabfahren in der kommunalen Entsorgung und die smarte Containerverwaltung bis zur einfachen Anbindung von Subunternehmern setzt das Team auf den Telematik-Manager „couplinkyourfleet Entsorger“. Das Ergebnis: einheitliche, automatisierte und transparente Unternehmensprozesse. Jens Uwe Tonne B ei der Tönsmeier Gruppe, fünftgrößter Entsorger Deutschlands und mit einer über 1100 Fahrzeuge starken Flotte in ganz Europa unterwegs, sieht man gerade im Bereich der Prozessautomatisierung ein enormes Optimierungspotenzial. Beim 1927 gegründeten Umweltdienstleister, der Teil der Schwarz- Gruppe ist, erkannte man früh, dass sich die Digitalisierung im Unternehmensalltag auszahlt. Projektleiter Maik Gronau, Geschäftsführer bei Tönsmeier Transport, wünschte sich in Deutschland ein hardwareunabhängiges System, über das sämtliche bisher manuellen Prozesse in digitaler Form erfolgen. Von der Behälterverwaltung über die Routenplanung bis zur Auftragsübermittlung sollte es eine einheitliche Lösung für alle Unternehmensbereiche geben. Nach intensiver Suche inklusive diverser Testläufe mit unterschiedlichen Ergebnissen fand Tönsmeier 2015 eine Branchensoftware, die alle Anforderungen erfüllt: „couplinkyourfleet Entsorger“ des Telematik-Anbieters Couplink. „Auch wenn wir anfangs skeptisch waren, wie ein Team aus 20 Service-Mitarbeitern ein derart komplexes und aufwendiges Projekt stemmen kann, hat uns das Produkt, die schnelle und reibungslose Implementierung sowie die Möglichkeiten des Customizing absolut überzeugt“, sagt Gronau. „Wir bekommen alles aus einer Hand und die Funktionen der Software können auch im Livebetrieb flexibel und passgenau auf unsere Arbeitsweise zugeschnitten werden.“ In einer ersten Testphase wurden sämtliche Schnittstellen zum zentral genutzten SAP- System und zu den Waagen realisiert. Knapp ein Jahr später wurden schließlich rund 500 Tönsmeier-Fahrzeuge in Deutschland mit mobilen Lizenzen für den Telematik-Manager ausgestattet. Ein System für jede Entsorgung Neben der Zusammenarbeit mit dualen Systemträgern und der Entwicklung von Entsorgungsleistungen für Gewerbe- und Industrieunternehmen übernimmt Tönsmeier mit seinen Fahrzeugflotten vor allem die öffentlich-rechtliche sowie die gewerbliche Entsorgung. Hierzu wurde das neue System an das in den Betriebsstätten genutzte SAP- System angebunden. Die mit der neuen Software ausgestatteten Fahrzeuge verfügen über eine zusätzliche Hardwarebox von Squarell. Über diese können sämtliche Fahrzeugdaten wie etwa Drehzahlen, Kilometer- oder Tankstand sowie Massenspeicher- und Fahrerkartendaten ausgelesen werden. Die Fahrerbewertung berücksichtigt zudem, ob ein Nebenantrieb aktiv war, der für einen erhöhten Verbrauch verantwortlich ist. Die bisher personell aufwendigen manuellen Arbeitsschritte entfallen und es wird automatisch sichergestellt, dass die gesetzlich geforderten Nachweise in bestimmten Archivierungsordnern abgelegt werden. Die einzelnen Fahrer nutzen die Telematik-Software auch über spezielle Tablets von Samsung. Hier greifen sie auf sämtliche Arbeitsinformationen gebündelt zu. Nach Eingabe der persönlichen Daten werden dem Fahrer die zur Verfügung stehenden Touren für den aktuellen Tag angezeigt. Auch die anschließende Fahrzeugprüfung erfolgt komplett digitalisiert. Im nächsten Schritt sind alle Angaben in Echtzeit für den Disponenten über ein webbasiertes Cockpit verfügbar. Hier werden die über die Schnittstelle in der Zentrale erfassten Aufträge mit Be- und Entladestellen angezeigt und entsprechend auf die Fahrzeuge disponiert. Die Übertragung auf das Endgerät im entsprechenden Fahrzeug erfolgt automatisch über die eingerichteten Schnittstellen. Alle Fotos: FotografieWattendorff Internationales Verkehrswesen (71) 1 | 2019 37 Praxis LOGISTIK Über eine hinterlegte Lösung zur Tourenplanung und -optimierung kann der Fahrer jederzeit den besten Weg zum nächsten Auftragsort finden und dank der angezeigten TMC-Daten 1 Verzögerungen durch Staus oder Unfälle umfahren. Fahrer können während der Auftragsbearbeitung außerdem Fraktionen ändern, Fehlbefüllungen mit Fotos live dokumentieren und Kunden digital unterschreiben lassen. Darüber hinaus ist der Telematik-Manager an die in den Fahrzeugen genutzten Wiegesysteme angebunden. Somit werden auch bei der Verwiegung sämtliche Daten in Echtzeit über eine implementierte Rückschnittstelle ans führende System übertragen. Die Arbeitszeiterfassung und Erstellung von Lieferscheinen mit sämtlichen Daten erfolgen inzwischen ebenfalls elektronisch. Diese Automatisierung führt zu einer enormen Verkürzung von Abläufen und einer deutlichen Effizienzsteigerung im gesamten Unternehmen. Bei der kommunalen Entsorgung zeichnet das Telematik-System die Touren beim ersten Befahren auf. An markanten Stellen können zudem frei definierte audiogestützte und visuelle Hinweise für die assistenzgesteuerte Abfuhr hinterlegt werden. Anhand dieser gespeicherten Spur können sich die Fahrer auch in für sie unbekannten Gebieten problemlos bewegen. Durch seine Erfahrungen mit kommunalen Entsorgern hat Couplink zudem weitere wichtige Funktionen in seine Standardlösung integriert: Verlässt der Fahrer etwa die Tour für eine Entleerungsfahrt, kann er sich an die Stelle der Unterbrechung zurückleiten lassen. Über das webbasierte Cockpit kann wiederum der Disponent Touren in Echtzeit nachbearbeiten und vergessene Straßenzüge automatisiert hinzufügen. Bei einem möglichen Fahrzeugausfall kann er bereits begonnene Touren an eines oder mehrere der Fahrzeuge übertragen, so dass Abfuhrzeit und -qualität stets eingehalten bzw. kontrolliert werden. Subunternehmen einfach anbinden In einigen Bereichen arbeitet Tönsmeier immer wieder mit Subunternehmen zusammen. In einem nächsten Schritt können daher auch deren aktuelle sowie neue Fahrer an den Telematik-Manager angebunden werden, da er auf allen Betriebssystemen wie etwa Android oder IOS läuft. Nach dem Prinzip „Bring Your Own Device“ kann zudem die bisher vorhandene Hardware auch weiterhin genutzt werden. Über das Smartphone oder Tablet greifen die Fahrer auf ein spezielles Subunternehmerportal zu, in dem ihnen die von ihnen zu erledigenden Aufträge inklusive der zugehörigen Daten zur Verfügung stehen. Über dieses können sie ihre jeweiligen Fahrzeuge selbstständig disponieren. Bei der kommunalen Entsorgung wird ihnen hier zudem eine große Kartenansicht mit den Straßenzügen angezeigt, die zu leeren sind. Ist der Auftrag erledigt, meldet der Fahrer dies über das Telematik-System, die Information wird automatisch ans SAP-System weitergeleitet, in dem die Abrechnung erfolgt. Ein Foto - und der Container ist inventarisiert Das neue Telematik-System wird außerdem für die Containerverwaltung genutzt. Denn wie andere Entsorger stand Tönsmeier lange vor der Herausforderung, dass Stammdaten wie die genaue Anzahl sowie alle Standorte seiner Container fehlten. Seit der Einführung des Systems erfolgt die eindeutige Inventarisierung nun über die Kamerafunktion der genutzten mobilen Endgeräte: Mitarbeiter prüfen die Container-ID per Foto und integrieren so auch noch unbekannte Behälter direkt in der Containerverwaltung. Der Disponent erhält in der Zentrale über sein Webportal in Echtzeit alle relevanten Informationen und kann so nachvollziehen, wo sich Behälter aktuell befinden oder wann beispielsweise die nächste UVV-Prüfung fällig ist. Indem jeder Container digital erfasst wird, wird jede seiner Bewegungen als Standort- und Kundenhistorie automatisch dokumentiert. Ausblick und Fazit „Heutzutage ist es wichtig, einen Partner zu haben, der flexibel auf neue Gegebenheiten reagieren kann und auch neue Zukunftstechnologien im Blick hat“, sagt Projektleiter Gronau. So sind etwa die Anbindung eines Schüttungssystems und die Erstellung des Rückfahrkatasters weitere Punkte auf der gemeinsamen Agenda von Tönsmeier und Couplink, da sie im Telematik-System standardmäßig unterstützt werden. Die Lösungen des Telematik-Anbieters verfügen außerdem bereits über eine integrierte Sensorik, so dass auch hier noch viel möglich ist. Die Container können etwa selbstständig melden, dass sie voll sind und abgeholt werden können. So langwierig die Suche nach einer passenden Telematik-Lösung war und so hoch auch die zu überwindenden internen Hürden waren, hat es sich gelohnt, wie Gronau resümiert. Inzwischen haben alle Mitarbeiter den Mehrwert und das enorme Optimierungspotenzial erkannt. ■ 1 Traffic Message Channel, sendet Informationen über Verkehrsbeeinträchtigungen digital im nichthörbaren Bereich des UKW-Signals Jens Uwe Tonne Vorstand der Couplink Group AG jutonne@couplink.net