eJournals Internationales Verkehrswesen 71/2

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2019-0043
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Mobilitätsmonitor Nr. 8 - Mai 2019

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Christian Scherf
Lisa Ruhrort
Maximilian Bischof
Lena Damrau
Andreas Knie
Das WZB erstellt ein Monitoring zum Personenverkehr in Deutschland. Im Fokus steht die Verkehrswende im Sinne einer Reduktion der privaten PKW-Nutzung und eines Nachfrageanstiegs geteilter und öffentlicher Verkehrsmittel. Der Monitor widmet sich der Mobilität in ausgewählten Großstädten und erscheint mit Unterstützung der Stiftung Mercator. Im Fokus der vorliegenden Ausgabe stehen Zeit- und Flächenvergleiche zwischen MIV und ÖPNV.
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Internationales Verkehrswesen (71) 2 | 2019 72 MOBILITÄT Mobilitätsmonitor Mobilitätsmonitor Nr. 8 - Mai-2019 Urbane Verkehrswende, ÖPNV-Nachfrage, PKW-Verkehr, Elektromobilität, Radverkehr Das WZB erstellt ein Monitoring zum Personenverkehr in Deutschland. Im Fokus steht die Verkehrswende im Sinne einer Reduktion der privaten PKW-Nutzung und eines Nachfrageanstiegs geteilter und öffentlicher Verkehrsmittel. Der Monitor widmet sich der Mobilität in ausgewählten Großstädten und erscheint mit Unterstützung der Stiftung Mercator. Im Fokus der vorliegenden Ausgabe stehen Zeit- und Flächenvergleiche zwischen MIV und ÖPNV. Christian Scherf, Lisa Ruhrort, Maximilian Bischof, Lena Damrau, Andreas Knie Indikatoren der urbanen Verkehrswende Anzeichen und Potenziale einer Verkehrswende in Städten lassen sich anhand von verschiedenen Indikatoren untersuchen. Die Daten stammen aus acht der zehn einwohnerreichsten Städte in Deutschland mit einer Größe von ca. 600.000 bis 3,6 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern (Bild 1). Mit mehr als 10 Mio. Menschen umfassen die Städte zusammen weit über 10 % der deutschen Bevölkerung. Eine zentrale Rolle für die Verkehrsmittelwahl spielt der Zeit- und Ressourcenaufwand im Vergleich zwischen Individualverkehr und öffentlichem Verkehr. In dieser Ausgabe werden daher Daten zum MIV und ÖPNV hinsichtlich durchschnittlicher Fahrzeit und Flächenverbrauch verglichen. Zudem betrachten wir Fahrzeugbestände von Elektroautos als Maß für Veränderungen innerhalb des PKW-Verkehrs. Ein weiteres Anzeichen der Verkehrswende ist die Entwicklung des Fahrradverkehrs, dessen durchschnittliche Geschwindigkeit wir in Bezug setzen zur Straßen- und Radwegelänge. Die Karte zeigt die ausgewählten Städte und die dazu ausgewerteten Mobilitätsdaten, die in den folgenden Grafiken dargestellt sind. 1 Die Zahlen der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) bieten ein Beispiel für die Nachfrageentwicklung im ÖPNV der Millionenstadt. Der Flächenbedarf parkender PKW im Vergleich zu öffentlichen Straßenverkehrsmitteln erfolgt vollständig über alle acht Städte, ebenso wie die Bestandszahlen der E-PKW und Rad-Daten. Durchschnittliche Fahrzeiten im ÖPNV und MIV konnten mit Ausnahme von Essen gebildet werden, da für diese Stadt keine INRIX-Daten vorlagen. Kontakt zum Forschungsdesign: lisa.ruhrort@wzb.eu ÖPNV: Entwicklung der Stammkunden Zu den Anzeichen einer Verkehrswende zählt die routinemäßige ÖPNV-Nutzung. Eine mögliche Maßzahl dazu ist die Entwicklung der ÖPNV-Stammkunden, d. h. die Anzahl der Abos und Zeitkarten. 3 Aufgrund unterschiedlicher Tarifstrukturen und Angebotsformen in den Nahverkehrsräumen ist ein überregionaler Vergleich nur eingeschränkt möglich. Daher wird im Monitor die Entwicklung der Stammkundenzahl für einzelne Verkehrsunternehmen, hier die KVB, exemplarisch betrachtet. Bild 2 zeigt die Anzahl der KVB-Stammkunden und die Wohnbevölkerung der Stadt Köln von 2008 bis 2018. Die Linie zeigt den Anteil der Stammkunden an der Bevölkerung in Prozent. Die absolute Anzahl an Stammkunden ist zwischen 2008 und 2018 von rund Zeitvergleich ÖV/ MIV erfasst von: INRIX & modalyzer Radgeschwindigkeit und Radwege erfasst von: Bike Data Project & modalyzer über 2 Mio. Einw. 0.5-1 Mio. Einw. München Hamburg Köln Essen Frankfurt Leipzig Berlin Stuttgart km/ h km/ h km/ h Elektroautos (BEV) erfasst von: KBA ÖPNV-Stammkunden erfasst von: KVB Flächenvergleich ÖV/ MIV 1.5-2 Mio. Einw. 1-1.5 Mio. Einw. km/ h km/ h km/ h km/ h km/ h km/ h Bild 1: Übersicht der ausgewählten Städte und Daten in dieser Monitor-Ausgabe Quelle: eigene Darstellung; Grafik: Robin Coenen Internationales Verkehrswesen (71) 2 | 2019 73 Mobilitätsmonitor MOBILITÄT 272.000 auf knapp 313.000 gestiegen. Dies ist ein Zuwachs von über 40.000 Stammkunden in zehn Jahren. Da die Bevölkerung Kölns im gleichen Zeitraum ebenfalls zunahm, stieg der Anteil der Stammkunden an der Bevölkerung jedoch nur leicht von ca. 27 % auf knapp 29 %. Fast ein Drittel der Kölnerinnen und Kölner kann damit regelmäßig Bus und Bahn fahren. Da jedoch anzunehmen ist, dass nicht alle Stammkunden innerhalb der Stadtgrenze wohnen, dürfte der genaue Anteil an der Kölner Bevölkerung etwas niedriger liegen. Fahrzeiten: ÖPNV und MIV im Vergleich Die Attraktivität des ÖPNV im Vergleich zum MIV ist in den Städten stark davon abhängig, welches Verkehrsmittel insbesondere zu Stoßzeiten schneller ist. In der vorletzten Ausgabe (IV 02/ 2018) verglichen wir die Fahrzeiten, die Nutzerinnen und Nutzer der Geotracking-App modalyzer für einen Kilometer pro Verkehrsmittel in verschiedenen Städten benötigen. Diese Daten sind nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerungen der Städte, erlauben aber Näherungswerte für die üblichen Zeitbedarfe. 5 In der reinen modalyzer-Auswertung hatte der MIV im Durchschnitt teilweise kürzere Zeiten, als der ÖPNV: Auch Nahverkehrsbahnen benötigen demnach länger für einen Kilometer, als Verkehrsteilnehmer im Schnitt pro MIV-km aufwenden. Dieses Verhältnis ändert sich jedoch, wenn Fahrten mit dem MIV zu Stoßzeiten in Richtung Stadtzentrum betrachtet werden. Der aktuelle Stau-Report des Datenanalysten INRIX (2019) enthält Werte für diese Nutzungssituation im Stadtvergleich. 6 Bild 3 zeigt die Fahrzeit in Minuten pro Kilometer je Stadt und Verkehrsmittel. Die blauen und orangen Zeiger in den Stoppuhren zeigen die Anzahl der Minuten, die Fahrgäste für einen Kilometer per S-Bahn bzw. Stadt-/ U-Bahn (Leipzig: Tram) benötigen. Die roten Zeiger geben die Anzahl der Minuten per MIV-km zur Stoßzeit ins Stadtzentrum an. In Berlin benötigt z. B. die S-Bahn für einen Kilometer im Schnitt unter zwei Minuten. Im MIV zu Stoßzeiten im Zentrum werden durchschnittlich drei Minuten benötigt. Die ÖPNV-Zeiten beziehen sich auf den Tagesdurchschnitt, sind also nicht spezifisch für die Stoßzeiten. Es liegt aber nahe, dass die Fahrzeiten insbesondere von S- und U-Bahnen zu Stoßzeiten durch eine dichte Taktfolge in diesen Zeiten eher noch kürzer ausfallen als im Tagesdurchschnitt. In allen Städten außer Stuttgart und Leipzig liegt die durchschnittliche Fahrzeit per S-Bahn pro Kilometer unter jener mit dem MIV zu Stoßzeiten im Zentrum. Stadt- und U-Bahnen benötigen in sechs der sieben Städte etwas länger als MIV und S-Bahn, was u. a. an den häufigeren Zwischenhalten liegen dürfte. In Hamburg beträgt die Fahrzeit pro MIV-Km länger als mit den hier betrachteten Bahnen. Die Verzögerungen des ÖPNV gegenüber dem MIV fallen insgesamt geringer aus, als im vorletzten Monitor, für den die Durchschnitte aller MIV-Mittel über die Gesamtzeit bis zur Stadtgrenze verglichen wurden. Unterschiede zeigt auch der Paarvergleich zwischen Städte mit ähnlicher Einwohnerzahl (in Bild 3 jeweils nebeneinander): Während die Geschwindigkeiten der S-Bahnen jeweils ähnlich groß sind, variieren die Geschwindigkeiten von Stadt- und U-Bahnen zwischen den Städten ähnlicher Größe deutlich stärker. Im Vergleich zwischen Frankfurt KVB-Stammkunden und Einwohner Kölns (absolute Anzahl und Wachstumsrate in Prozent) Einwohner/ Stammkunden 0 200.000 Einwohner (Köln Stadt) Anteil der Stammkunden an der Bevölkerung in % Stammkunden Kölner Verkehrsbetriebe 2008 2009 400.000 600.000 800.000 1.000.000 1.200.000 100 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Stammkundenanteil an Bevölkerung in % 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Bild 2: Bevölkerung Kölns, Anzahl der KVB-Stammkunden und Kundenanteil an der Kölner Bevölkerung 2008 - 2018 2 Quelle: Destatis 2019; KVB 2018, 2019; Recherche: Christian Scherf, Udo Wagner; Grafik: Robin Coenen Fahrzeit (Min.) pro Kilometer im ÖPNV und MIV (MIV: Stoßzeiten, in Richtung Stadtzentrum) Min. pro S-Bahn-km erfasst von: modalyzer Min. pro Stadt-/ U-Bahn-km (in Leipzig: Tram-km) erfasst von: modalyzer Min. pro MIV-km ins Zentrum zur Stoßzeit erfasst von: INRIX Berlin Hamburg Frankfurt a.M. Köln Stuttgart Leipzig 1 2 4 3 5 6 1 2 4 3 5 6 1 2 4 3 5 6 1 2 4 3 5 6 1 2 4 3 5 6 1 2 4 3 5 6 München 1 2 4 3 5 6 Min. pro km Min. pro km Min. pro km Min. pro km Min. pro km Min. pro km Min. pro km Bild 3: Durchschnittliche Fahrzeit in Minuten pro Kilometer je Verkehrssystem und Stadt Quelle: INRIX 2019 (MIV) modalyzer 4 (ÖPNV); Recherche: Lena Damrau, Christian Scherf; Grafik: Robin Coenen Internationales Verkehrswesen (71) 2 | 2019 74 MOBILITÄT Mobilitätsmonitor und Stuttgart besteht auch im MIV eine deutliche Differenz von über einer Minute. Flächenbedarf: PKW versus ÖSPV inkl. Sharing Bisher gibt es kaum verlässliche Daten dazu, wie viel Fläche für den MIV in den Städten zur Verfügung gestellt wird. Als Näherungswert kann berechnet werden, wie viel Fläche die in einer Stadt gemeldeten PKW verbrauchten, wenn alle Autos gleichzeitig im öffentlichen Raum parken würden. Die Rechnung zeigt, dass die geparkten PKW in Summe ein Vielfaches mehr Platz verbrauchen, als die Summe aller öffentlich nutzbaren Straßenfahrzeuge, inkl. Fahrzeuge im Sharing. 7 Für Bild 4 wurde pro Stadt die Zahl der PKW sowie die Zahl der öffentlich nutzbaren Fahrzeuge mit der Fläche eines zum jeweiligen Fahrzeug geeigneten Standardparkplatzes bzw. Standplatzes multipliziert. Das Balkendiagramm zeigt in Orange, wie groß die Fläche ist, die alle geparkten PKW (außer Taxi-, Funkmietwagen und Sharing-PKW) pro Stadt rechnerisch verbrauchen. Dabei wurde nicht nach privaten und geschäftlichen PKW unterschieden. Kaum zu erkennen sind die Flächen in Lila, die öffentlich nutzbare Straßenfahrzeuge, d. h. Busse, Stadt- und Straßenbahnen 8 sowie Taxis, Funkmietwagen und Sharing-Fahrzeuge rechnerisch verbrauchen. Die Kreisdiagramme zeigen die prozentualen Anteile der PKW-Parkflächen (ohne Taxis, Funkmietwagen und Sharing- PKW) an der gesamten Verkehrsfläche der jeweiligen Stadt. Für Berlin beträgt die Fläche der PKW z. B. rund 17 km 2 , was etwa 214mal der Fläche des Berliner Alexanderplatzes entspricht und knapp 13 % der Verkehrsfläche Berlins ausmacht. Öffentliche Straßenfahrzeuge benötigen zusammen etwas über 0,3 km 2 und damit nur etwa das Vierfache des Alexanderplatzes. Private und geschäftliche PKW nehmen somit pro Stadt erhebliche Flächenanteile ein. Die Anteile betragen zwischen ca. 9 % (Frankfurt und Leipzig) und fast 19 % (München) an der gesamten städtischen Verkehrsfläche. Dabei ist zu beachten, dass hier nur die rechnerisch benötigte Mindestfläche für alle Fahrzeuge zugrunde liegt. In der Realität dürfte für jeden PKW deutlich mehr als nur ein Parkplatz zur Verfügung stehen, wodurch die tatsächlich für das Parken reservierten Flächen in allen Städten wahrscheinlich deutlich höher liegen. Kontakt zur Berechnung: christian.scherf@m-five.de Elektromobilität: Entwicklung batterieelektrischer PKW-(BEV) Bild 5 zeigt den Bestand an Elektroautos (ohne Hybrid) in den acht ausgewählten Städten. 2018 waren in München mit knapp 2.300 Fahrzeugen die meisten E-PKW zugelassen, gefolgt von Berlin mit ca. 2.000 E-PKW. Obwohl die absoluten Zahlen in den letzten Jahren z. T. deutlich stiegen, ist die E-Autodichte verglichen mit den Fahrzeugdichten konventioneller PKW weiterhin sehr gering: In keiner der betrachteten Städte waren Anfang 2018 mehr als zwei E-PKW pro 1.000 Einwohner zugelassen, wobei dieser Wert mit 1,9 E-PKW pro 1.000 Einwohner in Stuttgart am höchsten und mit 0,4 E-PKW pro 1.000 Einwohner in Essen am geringsten lag. Verglichen damit lag die Dichte der PKW insgesamt Anfang 2018 in Stuttgart bei ca. 477 PKW und in Essen bei ca. 489 PKW pro 1.000 Einwohner (Destatis 2019, KBA 2019). Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ort der Zulassung nicht notwendigerweise mit dem Ort des Einsatzes der E-PKW zusammenfallen muss. So können z.-B. elektrische Carsharing-Autos an einem Ort zugelassen sein, an dem sie nicht eingesetzt werden. Radverkehr: Radwege und Geschwindigkeit Bild 6 zeigt die Länge der Radwege und im Vergleich dazu die Gesamtstraßenläge in Kilometern je Stadt pro 100.000 Einwohner. Die Radwege wurden aus dem freien Geoinformationssystem Open- StreetMap (OSM) ausgelesen. 9 Die Städte sind nach Einwohnergröße - von oben nach unten absteigend - sortiert. Der paarweise Vergleich von Städten mit ähnlicher Einwohnergröße zeigt zunächst die Unterschiede in der Infrastruktur: In Hamburg ist z. B. die Gesamtstraßenlänge pro 100.000 Einwohner mit ca. 227 km deutlich höher als in München (ca. 163 km pro 100.000 Einwohner). Im Verhältnis zur Bevölkerung hat München jedoch eine deutlich höhere Elektro-Pkw Bestand (BEV, ohne Hybrid) 0 2016 2017 2018 500 1.000 1.500 2.000 2.500 Berlin Hamburg München Frankfurt a.M. Köln Stuttgart Essen Leipzig 20 Berlin Köln Stuttgart Essen Leipzig Hamburg München Frankfurt a.M. 214× 4× Alexanderplatz Anteil der Pkw-Flächen an den Verkehrsflächen Standflächen von Pkw und öˆentlichen Straßenverkehrsmitteln in Quadratkilometer 12.5% 11.8% 18.6% 9.1% 14% 13.9% 8.7% 9.9% Flächenverbrauch ö entlicher Straßenfahrzeuge (ÖSPV*, Sharing-Fahrzeuge) im Vergleich zu übrigen Pkw Pkw (ohne Taxi, Funkmietwagen, Sharing-Pkw) ÖSPV*, Sharing-Fahrzeuge km2 0 5 15 20 10 *öˆentlicher Straßenpersonennahverkehr (inkl. Taxi, Funkmietwagen, ohne U-Bahn) Bild 4: Anteil der PKW-Parkflächen an den Verkehrsflächen sowie Standflächen für PKW und öffentliche Straßenverkehrsmittel in Quadratkilometer Quelle: Fahrzeugzahlen nach Angaben der Anbieter und Städte, Standardparkflächen nach Dunker 2005, S. 567 f.; Recherche: Christian Scherf, Grafik: Robin Coenen Bild 5: Anzahl rein elektrischer PKW (BEV, ohne Hybrid) Quelle: BR 2016, KBA 2019; Recherche: Christian Scherf; Grafik: Robin Coenen Internationales Verkehrswesen (71) 2 | 2019 75 Mobilitätsmonitor MOBILITÄT Radwegelänge von fast 90 km Radweg pro 100.000 Einwohner gegenüber Hamburg mit ca. 57 km Radwegen pro 100.000 Einwohner. Bei fast gleicher Bevölkerungsgröße und ähnlicher relativer Straßenlänge sind die Radwege in Leipzig mit ca. 62 km pro 100.000 Einwohner etwa doppelt so lange wie in Essen mit ca. 31 km pro 100.000 Einwohner. Eine mögliche Ursache könnte u. a. die kleinere Stadtfläche von Essen mit ca. 210 km 2 gegenüber Leipzig mit knapp 300 km 2 sein. Die roten Symbole zeigen die durchschnittliche Geschwindigkeit per Fahrrad in km/ h, die mit der App modalyzer oder der im Bike Data Project ausgewerteten Apps gemessen wurde. Am größten ist die Durchschnittsgeschwindigkeit in München und Frankfurt mit über 15 km/ h. Die niedrigste Radgeschwindigkeit wurde in Stuttgart mit einem Durchschnitt von 11,6 km/ h gemessen. In Berlin und Hamburg sind die Radgeschwindigkeiten mit 14,5 km/ h fast gleichschnell, obwohl die Radwege- und Straßenlänge deutliche Unterschiede aufweisen. Dies deutet an, dass neben der Infrastruktur weitere Faktoren die Geschwindigkeit beeinflussen. So hat Stuttgart z. B. mit Abstand die größte Höhendifferenz zwischen dem höchsten und niedrigsten Punkt im Stadtgebiet (ca. 350 m). In- den anderen Städten liegt die Differenz etwa bei 100 m oder darunter. Kontakt zur Auswertung: christian.scherf@m-five.de ■ Der Mobilitätsmonitor ist Teil des Projekts „Energie- und Verkehrswende als Herausforderung für die sozialwissenschaftliche Forschung“ des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Förderer ist die Stiftung Mercator (stiftung-mercator.de). Die Autorinnen und Autoren danken der M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics sowie Robin Coenen - Visual Intelligence & Communication für die Unterstützung und grafische Umsetzung. 1 Die Datenquellen wurden nach den Standards wissenschaftlichen Arbeitens sorgfältig ausgewählt und ausgewertet, dennoch kann keine Gewähr für die Genauigkeit und Vergleichbarkeit übernommen werden. Dies gilt insbesondere für Daten Dritter. Bei lückenhafter Datenlage wurden z. T. Mittelwerte gebildet, so dass die Ergebnisse als Näherungswerte zu verstehen sind. 2 Die Bevölkerungszahl entspricht jeweils dem Wert vom 31.12. des Vorjahres. 3 Unter „Stammkunden“ verstehen die KVB Abonnenten und Inhaber von Zeitkarten, z. B. Fahrgäste mit Job-, Schüler-, Studenten- oder Monatsticket. 4 Die Geschwindigkeit in den Bildern 3 und 6 wurde z. T. mit der Tracking-App modalyzer zwischen Mai 2015 und April 2018 per GPS aufgezeichnet (modalyzer.com). Insgesamt wurden 90.000 km erfasst, zurückgelegt von 570 Personen. Die Auswertungen beruhen auf im Projekt multimo zwischen dem 01.05. und dem 31.05.2015 und im Projekt Mobilitätsmonitor erhobenen Trackingdaten. Multimo wurde vom infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH und der InnoZ GmbH durchgeführt. Auftraggeber waren: BVG, VBB, VBN, DVB, GVH, KVB, VRS, LVB, SSB, MVV, HVV, RMV, VRR und der VDV - Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. 5 Beim Vergleich zwischen ÖPNV- und MIV-Zeiten ist zu beachten, dass modalyzer mit deutlich kleineren Fahlzahlen als INRIX arbeitet: Während INRIX die Daten von vielen Tausend Fahrzeugen auswertet, liegt die Zahl der modalyzer-Nutzer im zweibis dreistelligen Bereich pro Stadt. Da die durchschnittliche Bahn-Geschwindigkeit aber mehr von Technik und Betriebsplanung als vom Einzelnutzer abhängt, erachten wir den Vergleich für vertretbar. 6 INRIX untersucht regelmäßig Geodaten von Positionsgeräten aus motorisierten Straßenfahrzeugen, was u. a. Aufschluss über Stauphänomene gibt. 7 Die Sharing-Fahrzeuge umfassen Bike-, Car- und Scootersharing sowie Rideselling. 8 Stadt- und Straßenbahnen wurden in die Flächenberechnung einbezogen, wenn zumindest teilweise kein separater Gleiskörper besteht, d. h. öffentlicher Straßenraum mit PKW geteilt wird. Unabhängig vom Anteil dieser Art des Streckenverlaufs am Gesamtnetz wurden alle Straßenbzw. Stadtbahnwagen der jeweiligen Stadt einbezogen. 9 Aufgrund nutzergenerierter Inhalte können die ausgewerteten Radwegelängen gegenüber den tatsächlichen Distanzen variieren. Erfasst wurden Radspuren auf Straßen, straßenbegleitende Radwege sowie Radwege abseits von Straßen. Bei Straßen mit beidseitigen Radwegen/ Radspuren wurde jede Seite einzeln erfasst. Nicht enthalten sind Fahrradstraßen und Fahrspuren, die eine gemeinsame Nutzung von Fahrrad, Bus und Taxi erlauben. Radwegelänge in km pro 100.000 Einwohner und durchschnittliche Fahrradgeschwindigkeit in km/ h 0 0 5 10 15 20 25 30 35 km/ h 50 150 250 350 km Berlin ca. 3,6 Mio. Einw. Hamburg ca. 1,8 Mio. Einw. München ca. 1,5 Mio. Einw. Köln ca. 1,1 Mio. Einw. Frankfurt a.M. ca. 0,7 Mio. Einw. Stuttgart ca. 0,6 Mio. Einw. Essen ca. 0,6 Mio. Einw. Leipzig ca. 0,6 Mio. Einw. Radwegelänge pro 100.000 Einwohner in km (OSM) Strassenlänge pro 100.000 Einwohner in km (mobil.org) Durchschnittliche Fahrradgeschwindigkeit in km/ h (erfasst von: Bike Data Project & modalyzer) km/ h Bild 6: Radwege- und Straßenlänge pro 100.000 Einwohner in km und durchschnittliche Radgeschwindigkeit in km/ h Quelle: Bike Data Project 2019; Mobil in Deutschland e.V. 2015, S. 8 f.; modalyzer; 6 OSM; Recherche: Maximilian Bischof; Grafik: Robin Coenen QUELLEN Bike Data Project (2019): The data - Germany, online unter: https: / / bikedataproject.org/ data/ europe/ germany (Zugriff am 03.03.2019). BR (2016): Fahrzeugzulassungen - E-Autos pro Landkreis. Bayerischer Rundfunk, online unter: https: / / www. br.de/ extra/ br-data/ elektroauto-landkreise-zulassungen-karte-100.html (Zugriff 03.03.2019). Destatis (2019): Bevölkerung - Kreise, Stichtag, Statistisches Bundesamt, online unter: https: / / www-genesis. destatis.de/ genesis/ online (Zugriff am 27.02.2019). Dunker L. (2005): Ruhender Verkehr, in: Steierwald, G.; Künne, H. D.; Vogt, W. (Hg.): Stadtverkehrsplanung - Grundlagen, Methoden, Ziele. 2. Aufl., Springer, Heidelberg 2005, S. 555 - 590. INRIX (2019): Berlin ist Deutschlands Stauhauptstadt, online unter: http: / / inrix.com/ press-releases/ scorecard- 2018-de/ (Zugriff am 03.04.2019). KBA (2019): Bestand nach Zulassungsbezirken und Gemeinden (versch. Jahrg.), Kraftfahrt-Bundesamt, online unter: https: / / www.kba.de/ DE/ Statistik/ Fahrzeuge/ Bestand/ ZulassungsbezirkeGemeinden/ zulassungsbezirke_node.html (Zugriff am 03.03.2019). KVB (2018): Entwicklung der Stammkundenzahl 2008 - 2017. Präsentation, Kölner Verkehrsbetriebe. KVB (2019): Pressemitteilung 26.02.2019 - Fahrgastzahlen 2018. Kölner Verkehrsbetriebe, online unter: https: / / www.kvb.koeln/ unternehmen/ presse/ pressemitteilungen.html (Zugriff am 03.03.2019). Mobil in Deutschland e.V. (2015): Der große Städteverkehrsatlas, online unter: https: / / www.mobil.org/ wp-content/ uploads/ 2015/ 03/ MOBIL_Frühjahr_15.pdf (Zugriff am 05.04.2019).