Internationales Verkehrswesen
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10.24053/IV-2019-0048
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Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 6 IM FOKUS Assistenzsystem gegen Zusammenstöße im Toten Winkel von LKWs I n Deutschland dürfen seit dem 15. Juni 2019 E-Scooter ohne Führerschein genutzt werden, was gerade in der Anfangszeit erhebliche Gefahren birgt. Deshalb müssen andere Verkehrsteilnehmer noch aufmerksamer sein als sonst - dies trifft besonders auf LKW-Fahrer beim Rechtsabbiegen zu: Der Tote Winkel birgt von jeher Gefahren für „schwächere“ Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Rad- oder Scooter-Fahrer. Die Firmen Brigade Elektronik und Wüllhorst haben nun ein Abbiege-Assistenzsystem mit vier Ultraschallsensoren entwickelt: Es erfasst kritische Gefahrenbereiche und Tote Winkel und meldet Hindernisse mithilfe eines dreistufigen akustischen und optischen Warnsystems. Anders als herkömmliche passive Systeme, die voraussetzen, dass der Fahrer den Monitor aufmerksam im Blick behält und die Gefahr auf dem Bild rechtzeitig erkennt, verfügt der neue Fahrassistent außer der Seitenkamera auch über vier Sensoren in Ultrasonic-Technik. Wichtig war dabei, dass das Assistenzsystem Gefahren zuverlässig lokalisiert, nicht abschaltbar ist und leicht nachgerüstet werden kann. Die Sensoren sammeln kontinuierlich Informationen und warnen den LKW-Fahrer mithilfe eines dreistufigen akustischen und optischen Anzeigesystems. So wird das Augenmerk des Fahrers aktiv auf akute Risikosituationen gelenkt. Zusätzlich wird die Nähe der Gefahrenzone mit einer farblichen Markierung und die Distanz des Hindernisses mit einer Abstandszahl exakt dargestellt. Darüber hinaus hat Wüllhorst einen Lenkwinkelassistenten integriert, der das Abbiegesignal selbstständig aktiv schaltet. www.brigadegmbh.de www.wuellhorst-fahrzeugbau.de Foto: Wüllhorst Continental: Erster voll integrierter Achsantrieb für die-Großserie C ontinental stellt auf der IAA 2019 die dritte Generation eines elektrischen Antriebsstrangs vor: Der neue, laut Hersteller besonders leistungsstarke, leichte und kompakte Achsantrieb wird in China gefertigt und soll noch in diesem Jahr in unterschiedlichen Elektromodellen mehrerer Hersteller in China und Europa auf die Straße kommen. Der hochintegrierte E-Achsantrieb für den Massenmarkt vereint Elektromaschine, Leistungselektronik und Untersetzungsgetriebe in einem Gehäuse. Continental kann damit einen kompletten elektrifizierten Antriebsstrang aus einer Hand anbieten. Der neue Achsantrieb wiegt weniger als 80 Kilogramm. Ins Getriebe neu integriert wurde die Funktion einer elektrischen Parksperre. Durch die intelligente Kombination der Komponenten - Stichwort Integration - können beispielsweise zahlreiche Kabelverbindungen und Stecker entfallen. Der Achsantrieb wird in zwei Leistungsstufen mit 120 oder 150 kW angeboten. Mit einem maximalen Drehmoment von bis zu 310 Nm ist er mit einem 2-Liter-Turbodiesel herkömmlicher Bauart vergleichbar. E-Maschine und Leistungselektronik des neuen Systems sind flüssigkeitsgekühlt. Neben Elektrofahrzeugen klassischer OEMs bringt der neue Antrieb auch das Elektrofahrzeug Sion des deutschen Startup-Unternehmens Sono Motors in Fahrt. Der Sion ist das erste in Serie gefertigte Elektrofahrzeug, in dessen Karosserie Solarzellen integriert sind. Damit produziert das Auto autark elektrische Energie, was die Reichweite vergrößert. Die Produktion des Autos, dessen Elektronik-Architektur für innovative Sharing-Konzepte vorbereitet ist, soll 2020 beginnen. Die Partnerschaft zwischen Continental und Sono Motors ist langfristig über den gesamten Lebenszyklus des Sion angelegt. www.continental.com Bild: Continental Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 7 IM FOKUS Alternative LKW-Antriebe: Unternehmen sind bereit für-den Wechsel L aut einer aktuellen Studie des Fraunhofer ISI sind Fuhrunternehmen offen für den Umstieg auf alternative Antriebe. Um diese grundsätzliche Bereitschaft in den tatsächlichen Umstieg zu überführen, braucht es sowohl Entwicklungen in Technologie und Infrastruktur als auch politische Unterstützung. Die Anforderungen für den Umstieg auf alternative Antriebe hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in einer quantitativen Studie ermittelt. An der Analyse nahmen 70 Personen aus Deutschland teil, vor allem Geschäftsführer von größtenteils mittelständischen Fuhrunternehmen. Obwohl diese Auswahl aufgrund der Größe des Transportsektors nicht repräsentativ ist, lassen die Ergebnisse Rückschlüsse auf die Gesamtheit zu. Untersucht wurde unter anderem, welche Anforderungen die Befragten an die Fahrzeuge haben und welche Bedingungen die zukünftige Infrastruktur erfüllen muss. Im Hinblick auf die ökonomischen Anforderungen sind sich die Befragten weitgehend einig: Besonders wichtig sind die Gesamtkosten über den ganzen Lebenszyklus hinweg sowie die Zuverlässigkeit. Diese beiden Faktoren sind stark voneinander abhängig, da Fahrzeugausfälle und Reparaturkosten hohe Verluste verursachen können. Hier gilt es, beispielsweise über Demonstrationsprojekte Transparenz und Vertrauen zu schaffen, so dass alternative Antriebe als zuverlässige und praktikable Alternativen zu konventionellen Antrieben wahrgenommen werden. Durch den hohen Wettbewerbs- und Kostendruck in der Speditions- und Logistikbranche haben die Unternehmen wenig finanziellen Spielraum - insbesondere für die Umsetzung umweltfreundlicher Maßnahmen. Die Untersuchung zeigt aber, dass vielen Befragten ökologische Aspekte wichtig sind: Unter anderem stimmten mehr als die Hälfte der Aussage zu, dass alternative Antriebe aus Klimaschutzgründen von besonderem Interesse für die Unternehmen sind. Die Antworten in dieser Kategorie gingen jedoch im Vergleich zu den ökonomischen Anforderungen sehr weit auseinander, was auf einen derzeitigen Wandel der Meinungen hindeutet. Vor allem größere Unternehmen zeigten sich umsteigebereit. Ein wichtiger Grund ist, dass sie eher über die finanziellen Mittel für die teure Anschaffung alternativer Antriebe verfügen. Durch die höheren durchschnittlichen Fahrleistungen und die niedrigeren Betriebskosten rentieren sich die Investitionen bei ihnen zudem schneller. Ein weiterer Teil der Befragung zielte darauf ab, Informationen für die Gestaltung der zukünftigen Infrastruktur alternativer Antriebe zu erhalten. Für die Bereitschaft, Umwege zum Tanken oder Laden zu machen, ergab sich ein Mittelwert von 20 km. Die generell akzeptierte Tankbeziehungsweise Ladedauer liegt bei 15 Minuten, die durchschnittlich geforderte Mindestreichweite eines LKW beträgt etwa 800 km. Diese Ergebnisse zeigen die größte Herausforderung für den Umstieg: Die geforderte Mindestreichweite ist mit heutigen alternativen Antrieben nur begrenzt möglich, die Tankstelleninfrastruktur im Hinblick auf Umwegebereitschaft und Ladedauer noch nicht ausreichend. www.isi.fraunhofer.de Foto: Nigel Tadyanehondo | Unsplash ISL-Publikation: Green Ports und Green Shipping A uch wenn der Seeverkehr insgesamt nach wie vor zu den effizientesten Transportmöglichkeiten mit dem geringsten spezifischen Energieverbrauch zählt, ergeben sich durch den stetig wachsenden internationalen Warenaustausch und somit großen Umfang des Schiffsverkehrs zahlreiche negative Auswirkungen auf Flora, Fauna und Menschen. Schifffahrt und Häfen müssen also mehr Beiträge zum- Umweltschutz leisten. Doch welche Maßnahmen sind wirklich nachhaltig und- wie zügig sollten sie umgesetzt werden? Eine aktuelle Publikation des Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik ISL stellt für die beiden eng miteinander verknüpften Hafen- und Schifffahrtsektoren übersichtlich und zusammenhängend die zahlreichen bestehenden und geplanten Aktivitäten auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene dar, die das Ziel haben, den Auswirkungen der maritimen Transportwirtschaft auf die Umwelt zu begegnen. Eine kurze Zusammenfassung der ISL-Analyse steht kostenfrei zum Download bereit. www.isl.org/ de/ downloads/ greenshipping Foto: Foto: Axel Ahoi | Unsplash Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 8 IM FOKUS Erster Volo-Port für Flugtaxis noch 2019? D er deutsche Flugtaxipionier Volocopter und der britische Vertiport-Entwickler und -Betreiber Skyports wollen noch 2019 den ersten mobilen Volo-Port für Flugtaxis fertigstellen. Die Präsentation dieser physischen Landeplattform für sogenannte eVTOLs - das steht für Electric vertical take-off and landing aircraft oder Flugtaxis - ist während öffentlicher Testflüge in der zweiten Jahreshälfte in Singapur geplant. Für den Erfolg von Urban Air Mobility (UAM) allgemein und für den Betrieb von Flugtaxis in staugeplagten Städten im besonderen erscheint eine flexible Landeinfrastruktur aus sogenannten Vertiports enorm wichtig. Der Bau des ersten mobilen Volo-Port- Prototyps wird noch in diesem Jahr vollendet. Er soll es ermöglichen, • die komplette Reise unter realen Bedingungen zu testen und das Reiseerlebnis zu optimieren, • die geplanten Dienstleistungen, Passagierbereiche und Passagierprozesse inklusive Vorflugkontrollen und Boardingabläufen zu demonstrieren, • alle kritischen Schritte des Bodenbetriebs wie Batteriewechsel und Aufladen der Akkus, Wartung der Volocopter, Sicherheitskontrollen durchzuspielen, • Behörden die Infrastruktur zu zeigen und • Feedback für die Weiterentwicklung zu sammeln. Volo-Ports sind so gestaltet, dass sich Passagiere von Anfang an gut aufgehoben fühlen. Verantwortlich für das Design ist die Agentur Brandlab, die zusammen mit Graft Architekten und Arup den internationalen Wettbewerb für die Infrastrukturentwicklung gewonnen hatte. Jeder einzelne Volo- Port kann sowohl eigenständig als auch mit anderen Volo-Ports zusammen in verschiedenen Formationen betrieben werden. Dieser Ansatz erlaubt einen schnellen Aufbau und ein dynamisches Wachstum der Infrastruktur. www.volocopter.com | www.skyports.net Bild: Brandlab / Skyports / Volocopter / GRAFT Infrastrukturaufbau zur Versorgung von Batterie- und Brennstoffzellen-PKW E in Forschungsprojekt der Ludwig-Bölkow-Stiftung hat den Infrastrukturbedarf sowie die Rückwirkungen auf das deutsche Energiesystem und die Stromverteilnetze, die durch eine Einführung von insgesamt 40 Mio. Batteriefahrzeuge (BEV) und Brennstoffzellen-PKW (FCEV) bis 2050 entstehen, untersucht. Dafür werden drei Szenarien mit unterschiedlichen Anteilen von Batterie- und Brennstoffzellen-PKW betrachtet. Im Szenario „Fokus BEV“ werden 80 % der 40 Mio. Nullemissions-PKW batterieelektrisch angetrieben und 20 % verfügen über einen Brennstoffzellenantrieb. Im Szenario „Fokus FCEV“ sind es 80 % Brennstoffzellen- und 20 % Batterie-PKW. Eine Gleichverteilung beider Technologien wird in einem dritten Szenario „Mix“ zugrunde gelegt. Die separaten Analysen der Lade- und Betankungsinfrastruktur, des Nieder- und Mittelspannungs-Stromverteilnetzes und des übrigen Energiesystems für Energieerzeugung, -wandlung, -speicherung und -transport werden für eine Einordnung der ökonomischen Einzelergebnisse anschließend in einer Gesamtbetrachtung zusammengeführt. Zunächst wurde der Bedarf an Lade- und Betankungsinfrastruktur ermittelt und ökonomisch bewertet. Für die batterieelektrischen Fahrzeuge werden basierend auf den Annahmen der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) bis zum Jahr 2050, abhängig vom Szenario, zwischen 9,6 Mio. („Fokus FCEV“) und 38,4-Mio. („Fokus BEV“) Ladepunkte benötigt. Die damit verbundenen jährlichen Kosten für Wartung, Instandhaltung und Investitionsabschreibung liegen zwischen 2 Mrd. EUR im „Fokus FCEV“-Szenario und knapp 9-Mrd. EUR im „Fokus BEV“-Szenario. Die szenarien-basierte Abschätzung zur Versorgung der Brennstoffzellen-PKW ergibt einen Bedarf von rund 2.000 („Fokus BEV“) bis rund 6.000 („Fokus FCEV“) Wasserstofftankstellen, im letzteren Szenario mit höherer Betankungskapazität. Die entsprechend ermittelten jährlichen Kosten für die Wasserstoffbetankungs-Infrastruktur inklusive der Anlieferung des Wasserstoffs betragen zwischen 1 Mrd. EUR („Fokus BEV“) und 3,7-Mrd. EUR („Fokus FCEV“). Die Betrachtung der Rückwirkungen der jeweiligen Lade- und Betankungsvorgänge auf das Stromverteilnetz zeigt, dass grundsätzlich sowohl BEV als auch FCEV in großer Zahl integriert werden können. Dazu müssen aber Teile der Mittel- und Niederspannungsnetze für die Aufnahme einer hohen Anzahl von BEV rechtzeitig und systematisch überprüft und ertüchtigt werden. Dieser Aufwand kann durch innovative Ansätze wie etwa ein geeignetes Management der Ladepunkte verringert werden, wenn diese Maßnahmen ebenfalls zeitgerecht und in ausreichendem Umfang umgesetzt werden. Hintergrund und Download des Abschlussberichts: www.ludwig-boelkow-stiftung.org/ infrastrukturstudie-elektromobilitaet Foto: Geovanni Herrera | Unsplash Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 9 IM FOKUS Foto: AvantgardeConcept/ Unsplash www.oeffentliche-infrastruktur.de Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur 2019 Infrastruktur in Stadt und Land - gleichwertig, digital, kritisch 03. Dezember 2019, Hotel Adlon Berlin Eine Veranstaltung des Modulares Baukastensystem für Transporter D as Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen hat gemeinsam mit Partnern in einem Forschungsprojekt untersucht, wie sich leichte elektrische Nutzfahrzeuge modular zusammenbauen und dadurch kostengünstiger herstellen und vertreiben lassen. Das Fahrzeug, das die Partner im Projekt „Baukasten für Ladewagensysteme“ einsetzen, lässt sich je nach Transportaufgabe mit einem anderen Aufbau kombinieren: Ein geschlossener Kofferaufbau mit Kühlung und Luftfeuchtigkeitsmesser dient Lebensmitteltransporten. Ein Aufbau ohne Kühlung kann für den Transport von Werkzeugen eingesetzt werden, ein Pritschenaufbau für Baumaterialien. Da sich der Aufbau flexibel und schnell austauschen lässt, können Unternehmen sogar denselben Fahrzeugunterbau für unterschiedliche Transportaufgaben innerhalb eines Betriebs einsetzen: Fährt etwa ein Schreiner zu einem Kunden, verwendet er den Aufbau mit einem Schubladen- Regalsystem für seine Werkzeuge; liefert er ein Möbel aus, braucht er eine größere Ladefläche und kann einen Pritschenwagen mit Spannsystemen nutzen. Durch die modulare Gestaltung des Bauraums, die auf die die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen ausgerichtet ist, lassen sich bereits in der Produktion der Fahrzeuge auch bei anfänglich geringen Stückzahlen bereits Skaleneffekte erzielen. Das Projektkonsortium geht sogar noch einen Schritt weiter: Das modulare Konzept verringert die Anzahl der tatsächlich gebrauchten Fahrzeuge und senkt so die hohen Investitionskosten, die besonders bei der Anschaffung leistungsfähiger Elektrotransporter mit Lithium-Ionen-Batterien entstehen. Der modulare Baukasten bietet damit die Chance, dass sich mehrere Unternehmen eine Flotte nach dem Carsharing- Prinzip teilen können. So lassen sich hohe Investitionskosten für das einzelne Unternehmen deutlich senken, die Standzeiten der Fahrzeuge verringern sich und insgesamt wird weniger Parkraum für das Abstellen nicht genutzter Fahrzeuge gebraucht. www.ipt.fraunhofer.de Grafik: Fraunhofer IPT Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 10 IM FOKUS Vier von fünf Einwohnern für urbane Seilbahnen I n Metropolen Lateinamerikas gehören Seilbahnen im Nahverkehr zum Alltag. Metropolen wie La Paz, Medellín oder Mexiko City nutzen die Vorteile, um das Verkehrschaos einzudämmen: Kein Stau, kaum Emissionen, wenig Lärm und vergleichsweise geringe Kosten. In Deutschland scheitern solche Seilbahn-Pläne oftmals noch am Nein der Bürger. Woran das liegt und wie sich die Akzeptanz für Seilbahnen erhöhen lässt, wollte das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE in einer aktuellen Umfrage wissen. Derzeit arbeiten die Infrastruktur- und Mobilitätsexperten des Unternehmens mit Hauptsitz in Stuttgart auch an Machbarkeitsstudien für Seilbahnen in Städten wie Leonberg, aber auch für Industrieunternehmen und deren Areale. Für das Stimmungsbild wurden im Mai 2019 mehr als 180 Personen in Form einer repräsentativen Stichprobe im Alter von 18 bis 80 Jahren im Raum Stuttgart befragt. Zentrale Ergebnisse: Was deutsche Großstädte angeht, steht mit 83 % die überwiegende Mehrheit einem Einsatz von Seilbahnen positiv gegenüber, vor allem, wenn es sich um den Anschluss von Stadtteilen im Umland handelt. Auch viele Vorteile sind bereits bekannt: 42 % sind überzeugt, dass die Seilbahnen den öffentlichen Nahverkehr insgesamt verbessern. Mehr als die Hälfte hält deren Nutzung bei entsprechender Einbindung ins Ticketsystem für unkompliziert. Fast ebenso viele glauben, dass Seilbahnen stark beanspruchte Verkehrsstrecken entlasten und 44 % sind der Überzeugung, dass ihr Einsatz CO 2 -Emissionen verringert. Seilbahnen ersparen den Pendlern eine Menge verlorener Zeit im Stau, sie sind zudem äußerst umweltfreundlich, kurz und deutlich kostengünstiger zu realisieren als U- oder S-Bahnen. Außerdem kann eine Seilbahn Stadtteile voranbringen, die aus topografischen oder wirtschaftlichen Gründen bislang vom öffentlichen Nahverkehr ausgeschlossen waren. Zwar eignen sich Seilbahnen nicht für längere Strecken, sondern nur für Distanzen von bis zu acht Kilometern. Mit 20 bis 25 km/ h sind sie auch nicht sonderlich flott unterwegs - die Nutzer sind aber deutlich schneller am Ziel als mit dem Auto zu Stoßzeiten. Schwierigkeiten ergeben sich freilich von anderer Seite: Dass Seilbahnen auch über Wohnhäuser hinwegschweben müssen, stößt vielfach auf Widerstand der Eigentümer: In der Umfrage sehen 44 % eine Einschränkung ihrer Privatsphäre, wenn die Seilbahn an ihren Wohnungen vorbei führt. In Lateinamerika sind Seilbahnen als städtisches Verkehrsmittel bereits Normalität, allen voran im bolivianischen La Paz mit dem größten städtischen Seilbahnnetz der Welt. Bis zum Jahr 2020 soll zu den bislang zehn Seilbahnlinien noch eine weitere hinzukommen, so dass die gesamte Länge insgesamt rund 34 km beträgt. Die Ergebnisse der aktuellen Machbarkeitsstudie für Leonberg sollen Ende des Jahres vorliegen. Dazu der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn: „Eine Seilbahn bietet die Chance, Mobilität in Verbindung mit Stadtgestaltung für die Bürgerinnen und Bürger neu zu denken. Wichtig ist dabei vor allem, wie sich eine Seilbahn städtebaulich und raumordnerisch einfügt und neue Impulse für eine integrierte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung setzen kann.“ www.dreso.com Foto: Chris Barbalis | Unsplash Kopernikus-Projekt P2X: Kraftstoff aus Luft und Strom D ie Sektoren Strom und Mobilität zu verbinden, kann einige Herausforderungen der Energiewende bewältigen: Ökostrom ließe sich langfristig speichern, Kraftstoffe mit hoher Energiedichte wären kohlendioxidneutral nutzbar. Wie Sektorenkopplung aussehen kann, haben Forschungspartner des Kopernikus-Projektes P2X nun auf dem Gelände des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gezeigt und die ersten Liter Kraftstoff aus Kohlendioxid, Wasser und Ökostrom produziert. Sie integrierten in einer containerbasierten Versuchsanlage erstmals alle vier benötigten chemischen Prozessschritte zu einem kontinuierlichen Verfahren mit maximaler Kohlendioxidausnutzung und besonders hoher Energieeffizienz. Im ersten Schritt gewinnt die Anlage Kohlendioxid aus der Umgebungsluft in einem zyklischen Prozess. Im zweiten Schritt erfolgt die gleichzeitige elektrolytische Spaltung von Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf. Im dritten Schritt werden nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren aus dem Synthesegas langkettige Kohlenwasserstoffmoleküle gebildet, die Rohprodukte für Kraftstoffe. Der vierte Schritt optimiert schließlich die Qualität des Kraftstoffes und die Ausbeute. Die derzeitige Versuchsanlage kann rund zehn Liter Kraftstoff pro Tag produzieren. In der zweiten Phase des Kopernikus-Projektes P2X wird bald eine Anlage mit 200-Litern pro Tag entwickelt. Danach soll eine vorindustrielle Demonstrationsanlage im Megawattbereich, also mit rund 1.500 bis 2.000 Litern Produktionskapazität pro Tag, entstehen. Damit wäre es theoretisch möglich, Wirkungsgrade von rund 60 % zu erreichen, also 60 % des eingesetzten Ökostroms als chemische Energie im Kraftstoff zu speichern. www.kopernikus-projekte.de/ projekte/ power-to-x
