Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2019-0050
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2019
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Alternativer Flugturbinentreibstoff
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2019
Michael Kalis
Susan Wilms
Bei der Dekarbonisierung des Flugverkehrs nimmt der Einsatz von alternativem Flugturbinentreibstoff – sog. synthetisches Kerosin – eine entscheidende Rolle ein. Dessen Herstellung im industriellen Maßstab wird im Projekt KEROSyN100 untersucht. Prüft man vor diesem Hintergrund den derzeitigen Rechtsrahmen auf Anreize für den Einsatz von synthetischem Kerosin, stellt man fest: Die einschlägigen Regularien adressieren alternative Flugturbinentreibstoffe nur unzureichend. Die Potenziale von synthetischem, „grünem“ Kerosin bleiben vom Recht bisher unerkannt.
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POLITIK Emissionssteuer Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 12 Alternativer Flugturbinentreibstoff Anreize für den Einsatz von synthetischem Kerosin nach derzeitiger Rechtslage Synthetisches Kerosin, Erneuerbare Kraftstoffe, Anreize Bei der Dekarbonisierung des Flugverkehrs nimmt der Einsatz von alternativem Flugturbinentreibstoff - sog. synthetisches Kerosin - eine entscheidende Rolle ein. Dessen Herstellung im industriellen Maßstab wird im Projekt KEROSyN100 untersucht. Prüft man vor diesem Hintergrund den derzeitigen Rechtsrahmen auf Anreize für den Einsatz von synthetischem Kerosin, stellt man fest: Die einschlägigen Regularien adressieren alternative Flugturbinentreibstoffe nur unzureichend. Die Potenziale von synthetischem, „grünem“ Kerosin bleiben vom Recht bisher unerkannt. Michael Kalis, Susan Wilms F liegen liegt im Trend. Die Zahl der Flugreisen wird eher weiter zunehmen als sinken. Zugleich erhöhen sich damit die Emissionsbelastungen. Die CO 2 -Emissionen in der Luftfahrt haben sich seit 1990 bereits verdoppelt und waren 2016 fast 25 % höher als 2010 [1]. Vor diesem Hintergrund ist eine drastische Dekarbonisierung der Luftfahrt zwingend notwendig. Dabei ist, anders als im Straßenverkehr, eine vollständige Elektrifizierung der Luftfahrt in weiter Ferne. Eine Dekarbonisierung ist daher in nächster Zeit vor allem durch die Substitution des Flugturbinentreibstoffs Kerosin durch nachhaltigere, alternative Kraftstoffe zu erreichen [2, 3, 4]. Derzeit forscht ein Konsortium verschiedener Fachwissenschaften an der Herstellung von strombasiertem, grünem Kerosin. In dem Projekt KEROSyN100 1 arbeiten die Partner aus Industrie und Wissenschaft daran, synthetisches Kerosin in industriellen Ausmaßen zu produzieren und marktfähig in den Verkehr zu bringen. Bereits jetzt hat die Deutsche Lufthansa AG angekündigt, das hergestellte synthetische Kerosin abzunehmen. Trotz solcher Einzelerklärungen stellt sich die Frage, welche Anreize überhaupt für den Einsatz von synthetischem Kerosin bestehen. Synthetisches, grünes Kerosin soll hinsichtlich seiner Flugeigenschaften mit fossilem Kerosin grundsätzlich identisch sein. Unterschiede bestehen vor allem beim Herstellungsprozess und den eingesetzten Ausgangsstoffen. Hierbei können jedoch erhebliche Treibhausgaseinsparungen bewirkt werden. Bestehen darüber hinaus keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Treibstoffen, so stellt sich die Frage, ob und inwieweit die derzeitige Rechtslage überhaupt zwischen den beiden Flugturbinentreibstoffen unterscheidet. Ausgehend von dieser Fragestellung untersucht der Beitrag den derzeitigen Rechtsrahmen auf Anreize für den Einsatz von synthetischem Kerosin. Die Untersuchung geht dabei folgenden Gang: Zunächst wird in der gebotenen Kürze der Herstellungsprozess von synthetischem Kerosin skizziert. Anschließend werden Anreizmechanismen im Rechtsrahmen untersucht, wobei eine Beschränkung auf die wesentlichen Anreize erfolgt. Abschließend folgen ein Fazit und kurzer Ausblick. Herstellungsprozess Synthetisches Kerosin ist ein strombasierter, alternativer Kraftstoff. Seine Herstellung basiert auf dem Power-to-Fuelbzw. Power-to-Jet-Verfahren. Diese Verfahren beruhen auf der Überlegung, dass fossile Kraftstoffe als Kohlenwasserstoffe grundsätzlich auch durch Zusammenfügen von Wasserstoff und Kohlendioxid synthetisch hergestellt werden können. Stark vereinfacht dargestellt, entstehen unter Einsatz verschiedener Katalysatoren beim Zusammenführen von Wasserstoff und Kohlendioxid verschieden langkettige Kohlenwasserstoffe wie Benzin, Diesel und letztlich auch Kerosin [5]. Ausgangspunkt all dieser Syntheseverfahren sind daher die Rohstoffe Wasserstoff und Kohlendioxid. Dabei kann Wasserstoff im Rahmen des Power-to- Gas-Verfahrens unter Einsatz von erneuerbarem Strom treibhausgasarm bzw. treibhausgasneutral produziert werden. Der Einsatz erneuerbarer Energien in dieser Elektrolyse ist für die Treibhausgasbilanz des synthetischen Kerosins maßgeblich. Zusätzlich zum Wasserstoff wird Kohlendioxid benötigt. Dieses kann dabei insbesondere durch Carbon Capture-Verfahren oder die Verwertung von industriellen Abgasen und Abfällen aus nicht dekarbonisierbaren Prozessen (z. B. Zementherstellung) gewonnen werden. Die Gewinnung der im Prozess eingesetzten Rohstoffe Wasserstoff und Kohlendioxid, ebenso wie die im Herstellungsprozess eingesetzte Energie, entscheiden maßgeblich über die Treibhausgasbilanz des synthetischen Kerosins und dessen Einordnung als nachhaltige oder gar erneuerbare Alternative zum bisherigen Flugturbinentreibstoff. Anreize Ausgehend von diesem Herstellungsprozess soll untersucht werden, ob und inwieweit Anreize für den Einsatz von synthetischem Kerosin bestehen. Dabei werden als wesentliche Anreizmechanismen Quoten in Form eines Mindestanteils an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor, die sog. Treibhausgasminderungsquote sowie die Bestimmungen des Emissionshandels untersucht. Zudem erfolgt eine Analyse des einschlägigen Energiesteuerrechts und der Qualitätsvorschriften für Flugturbinentreibstoffe. Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 13 Emissionssteuer POLITIK Erneuerbare-Energie-Quote im Verkehrssektor Der Einsatz von erneuerbaren Energien gilt, neben Energieeinsparung und Energieeffizienz, als wesentliche Maßnahme zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Kernelement der Treibhausgasminderung ist in den einschlägigen Vorschriften daher zumeist eine Quote, die den Mindestanteil erneuerbarer Energien im Energieverbrauch zu einer bestimmten Zeit vorgibt (sog. Erneuerbare-Energie-Quote). Ausgangspunkt dieser Erneuerbare-Energie-Quoten (EE-Quote) sind im EU-Recht das europäische Gemeinschaftsziel sowie das nationale Gesamtziel. Zusätzlich zu diesen Gesamtzielen besteht eine Quote für den Verkehrssektor. Für das Jahr 2020 schreibt die Erneuerbaren-Energie-Richtlinie einen Mindestanteil von 10 % erneuerbare Energien am Endenergieverbrauch vor. Die Nachfolgerrichtlinie RED II (Renewable Energy Directive) legt einen Mindestanteil von 14 % im Jahr 2030 fest. Zum Verkehrssektor gehört grundsätzlich auch der Luftverkehr. 2 Als erneuerbare Energien zur Erfüllung der EE-Quote im Verkehrssektor kommen neben der unmittelbaren Nutzung von Elektrizität und dem Einsatz von Biokraftstoffen insbesondere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs eine Rolle zu. Die RED II definiert diese Kraftstoffe als flüssige oder gasförmige im Verkehrssektor eingesetzte Kraftstoffe mit Ausnahme von Biokraftstoffen, deren Energiegehalt aus erneuerbaren Energiequellen mit Ausnahme von Biomasse stammt (vgl. Art. 2 Nr. 36 RED II). Zu diesen kann auch synthetisches Kerosin gezählt werden. Die Richtlinie definiert überdies auch wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe als Kraftstoffe, die aus Abfallströmen nicht erneuerbaren Ursprungs sowie aus Gas aus der Abfallverarbeitung und Abgas nicht erneuerbaren Ursprungs, die zwangsläufig und unbeabsichtigt infolge der Produktionsprozesse in Industrieanlagen entstehen, stammen (vgl. Art. 2 Nr. 35 RED II). Abhängig vom Einsatz von erneuerbaren Energien und dem Ursprung des Kohlendioxids im Herstellungsprozess des synthetischen Kerosins kann dieses auch zu den wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen zählen. Diese fallen zwar nicht unter die Energien aus erneuerbaren Quellen (vgl. Art. 27 Abs. 1 lit. b) RED II i.V.m. ErwG 89). Gleichwohl können die wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffe bei der Berechnung des Mindestanteils an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor berücksichtigt werden. Den Mitgliedstaaten steht es frei, die Anrechnung von wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen zu beschließen. Die Erneuerbare-Energie-Quote im Verkehrssektor stellt folglich für sich allein keinen Anreiz für den Einsatz von synthetischem Kerosin im Luftverkehr dar. Adressaten der Quote sind die Mitgliedstaaten. So weit diese die Erfüllung der Quote nicht durch weitere Instrumente an die Kraftstoffanbieter oder Luftfahrtsbetreiber weitergeben, kommt ein möglicher Anreiz bei diesen nicht an. [6] 3 Treibhausgasminderungsquote Ein solches Instrument zur Weitergabe der Quotenverpflichtung könnte die Treibhausgasminderungsquote sein. Diese sieht vor, dass Mitgliedstaaten (Kraftstoff-)Anbieter verpflichten, die Treibhausgasemissionen pro Energieeinheit des gelieferten Kraftstoffs bis Ende des Jahres 2020 stetig, um bis zu 10 % gegenüber einem festgelegten Basiswert zu mindern (vgl. Art. 7a Abs. 2 Kraftstoffqualitätsrichtlinie). Treibhausgasemission meint hierbei die Lebenszyklus- Treibhausgasemissionen, also sämtliche CO 2 -, CH 4 - und N 2 O-Nettoemissionen, die dem Kraftstoff (einschließlich aller beigemischten Bestandteile) oder dem Energieträger zugeordnet werden können. Kraftstoffanbieter ist diejenige Person, die für die Abgabe von Kraftstoff oder Energie an einer Verbrauchssteuerstelle zuständig ist. Insgesamt müssen Verkäufer von Kraftstoff demnach dafür Sorge tragen, dass die von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe im Laufe ihrer Produktion und ihres Verbrauchs weniger Treibhausgase emittieren. Die Treibhausgasminderungsquote betrifft jedoch zunächst nur Anbieter von Kraftstoffen für den Straßenverkehr. Den Mitgliedstaaten ist es lediglich freigestellt, einen Beitrag zur Minderungspflicht zumindest durch Verwendung von Biokraftstoffen in der Luftfahrt zuzulassen. Von dieser Möglichkeit hat Deutschland im Rahmen seiner Umsetzung der Richtlinie keinen Gebrauch gemacht. Die bisherige Treibhausgasminderungsverpflichtung greift für Kraftstoffe der Luftfahrt daher nicht. Ohnehin adressiert diese Verpflichtung nur eine Minderung bis zum Jahresende 2020. Ob und inwieweit im Anschluss an das Jahr 2020 eine Treibhausgasminderungsquote besteht, ist derzeit noch offen. Überdies gibt die RED II eine Treibhausgasminderungsquote nicht als verbindlich vor. Stattdessen überlässt die Richtlinie es den Mitgliedstaaten, wie der Mindestanteil an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor erreicht wird. Ausdrücklich zählt die- Vorschrift als möglichen Ansatz auch an- Treibhausgasemissionen ausgerichtete Maßnahmen auf. Demnach könnten die Mitgliedstaaten nunmehr auch eine Treibhausgasminderungsquote für die Luftfahrt schaffen, bei der sodann auch der Einsatz von synthetischem Kerosin zu berücksichtigen wäre. Emissionshandel Mit der Emissionshandelsrichtlinie (EH- RL) hat die Europäische Union ein marktwirtschaftlich orientiertes System zur Treibhausgasminderung eingeführt. Der Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten basiert dabei auf den Prinzipen cap and trade. Grundlage des Systems sind damit der marktwirtschaftliche Handel mit den Zertifikaten (trade) und die regulierte Begrenzung der verfügbaren Zertifikatsmenge (cap). Das Emissionshandelssystem wurde im Jahr 2008 auf den innereuropäischen Luftverkehr ausgeweitet. Die Überwachung des ordnungsgemäßen Zertifikateinsatzes erfolgt durch Berechnung oder auf der Grundlage von Messungen. Die Formel für Emissionen im Luftverkehr lautet: Treibstoffverbrauch * Emissionsfaktor. Für den Einsatz von Biomasse in Treibstoffen ist ein Emissionsfaktor von Null vorgesehen (Anhang IV Teil B EH-RL). Damit wird der Einsatz von Biokraftstoffen privilegiert. Spezifische Emissionsfaktoren für synthetische Kraftstoffe, die keine Biokraftstoffe sind, bestehen nicht. Obgleich synthetisches Kerosin als strombasierter, erneuerbarer Kraftstoff grundsätzlich einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten kann, erfolgt eine Privilegierung durch einen Emissionsfaktor von 0, wie beim Einsatz von Biomasse, nicht. Folglich schafft das Emissionshandelssystem auch keinen Anreiz für den Einsatz von synthetischem Kerosin in der Luftfahrt. Energiesteuer Energieerzeugnisse unterliegen im Steuergebiet grundsätzlich der Energiesteuer. Zu den steuerpflichtigen Energieerzeugnissen gehören im Wesentlichen mineralische Brennstoffe und Mineralöle. Hierunter fällt auch konventionelles Kerosin. Synthetisch hergestelltes und damit nicht mineralisches Kerosin zählt gleichermaßen zu den steuerpflichtigen Energieerzeugnissen, denn die Steuer umfasst auch nicht aufgelistete Stoffe, wenn diese zur Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmt sind. Kraftstoffe werden demnach unabhängig von ihrer Beschaffenheit stets besteuert. Der Steuertarif ergibt sich regelmäßig aus der einschlägigen Auflistung im EnergieStG. Energieerzeugnisse, die in der dortigen Aufzählung nicht auftauchen, un- POLITIK Emissionssteuer Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 14 terliegen der gleichen Steuer wie die Energieerzeugnisse, denen sie nach ihrem Verwendungszweck und ihrer Beschaffenheit am nächsten stehen. Demnach folgt synthetisches Kerosin dem Steuertarif für Kerosin aus fossilen Energiequellen. Letzteres ist jedoch als Flugturbinentreibstoff für die gewerbliche Luftfahrt von der Steuer befreit, § 27 Abs. 2 EnergieStG. Folglich ist auch synthetisches Kerosin von der Steuer befreit. Die unterschiedslose Behandlung der beiden Treibstoffe verhindert allerdings eine effektive Anreizwirkung für den Einsatz von synthetischem Kerosin. Drop-In-Kraftstoff Um größere Änderungen und Anpassungen der Flugzeugtechnik zu vermeiden, besteht für die Luftfahrtindustrie ein nicht unerhebliches Interesse an sog. Drop-In-Kraftstoffen. Die alternativen Kraftstoffe sollen demnach insbesondere zur Beimischung bzw. Nutzung in denselben Antriebsmaschinen geeignet sein [7]. Dem gegenüber stehen besondere Sicherheitsaspekte der Luftfahrt und daraus folgende strenge Qualitätsanforderungen an die Flugturbinentreibstoffe. Erfüllt synthetisches Kerosin diese Anforderungen nicht, scheidet der Einsatz in der Luftfahrt (vorerst) aus. In den Regelwerken der American Society for Testing and Materials (ASTM) und der Defence Standard (Def Stan) des Ministry of Defence UK fehlen Vorschriften für vollständig synthetischen Flugturbinentreibstoff bisher. Seit dem Jahr 2009 finden sich in ASTM D 7566 Vorschriften zur Beimischung von synthetischen Kohlenwasserstoffen [8]. Die Vorschriften des Def Stan 91-91 verweisen teilweise auf ASTM D7566. Die Voraussetzungen der Anerkennung sind insoweit ähnlich. Die synthetische Herstellung „reinen“ Kerosins erweist sich nach dem obigen Herstellungsprozess als schwierig. Vielmehr entstehen Kohlenwasserstoffgemische, welche die strengen Vorschriften des ASTM und Def Stan kaum erfüllen. Beide Regelwerke sehen zudem keine Anerkennung von vollständig synthetischem Kerosin nach dem obigen Herstellungsprozess vor. 4 Der Def Stan 91-91 spricht von einer vom Einzelfall abhängigen Entscheidung über die Zulassung synthetischer Flugturbinentreibstoffe. Damit besteht für den Einsatz von synthetischem Kerosin eine weitere Hürde. Die notwendigen Überprüfungen und Qualitätskontrollen werden zu weiteren Verzögerungen beim tatsächlichen Einsatz des synthetischen Treibstoffes führen. Ein Anreiz für dessen Entwicklung und dessen Einsatz besteht damit jedenfalls nicht. Fazit und Ausblick Die obigen Ausführungen lassen erhebliche Zweifel an der kurz- oder auch mittelfristigen Markteinführung von synthetischem Kerosin aufkommen. In der Untersuchung konnten nennenswerte Anreize im regulatorischen Rahmen für den Einsatz von synthetischem Kerosin nicht identifiziert werden. Eine wirksame Kraftstoff- oder Treibhausgasminderungsquote für den Luftverkehr gibt es in Deutschland nicht. Auch die Erneuerbare-Energie-Quote für den Verkehrssektor und die Berücksichtigung des Luftverkehrs in dieser stellen keinen wirksamen Anreiz dar, zumal die Quote nur die Mitgliedstaaten adressiert. Auch der Emissionshandel schafft keine Anreizmechanismen für erneuerbare Kraftstoffe, die nicht aus Biomasse stammen. Ebenso wenig stellt die Befreiung von der Energiesteuer einen Anreiz für den Einsatz von synthetischem Kerosin dar, da sie auch für fossiles Kerosin gilt. Die Potenziale des synthetischen Kerosins werden vom derzeitigen Rechtsrahmen weder erkannt noch berücksichtigt. Privilegierungen und Anreize fehlen daher vollständig. Die bestehenden Programme privater Vereinigungen zur Förderung von alternativen Treibstoffen sind sicherlich begrüßenswert. 5 Die systemrelevante Markteinführung von synthetischem Kerosin, das bereits aufgrund der erhöhten Produktionskosten einen schwierigen Stand hat, braucht jedoch wohl einen verbindlichen Rechtsrahmen mit Anreizen und Förderungen. Soll auch der Luftverkehr dekarbonisiert werden, muss die Eigenschaft des synthetischen Kerosins als „grüner“ Treibstoff adressiert und privilegiert werden. ■ 1 Das Projekt wird vom BMWi gefördert. Koordinator ist das Advanced Energy Systems Institute (AES) der Universität Bremen. Kooperationspartner sind Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH, DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme e.V., Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen, Technische Universität Bergakademie Freiberg, Raffinerie Heide GmbH, SKL - Engineering & Contracting GmbH und IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. 2 Dies ergibt sich aus der besonderen Berücksichtigung des Luftverkehrs bei der Berechnung des Energieverbrauchs gemäß Art. 5 Abs. 6 UAbs. 3 RL 2009/ 28/ EG bzw. Art. 27 Abs. 2 lit. c) RL 2018/ 2001/ EU. 3 Vgl. hierzu auch EASA, die den Anteil alternativer Kraftstoffe im Luftverkehr in naher Zukunft auf unter 1 % schätzt, S.-51. 4 Gemäß Def Stan 91-91 Annex D, D.4.3.1, ist Sasol synthetic kerosine derzeit der einzige vollständig synthetische Flugturbinentreibstoff, der anerkannt ist. 5 Bspw. EU Advanced Biofuels Flight Path und Aviation Initiative for Renewable Energy in Germany e. V. Ausführlich zu den internationalen und nationalen Initiativen BMVI, Drop- In-Kraftstoffe für die Luftfahrt, 2014, S. 16 ff. LITERATURVERZEICHNIS [1] DEHSt (2018), Factsheet - Emissionshandel im Luftverkehr. Online verfügbar unter https: / / www.dehst.de/ SharedDocs/ downloads/ DE/ publikationen/ Factsheet_LV.pdf. Zuletzt geprüft am 02.07.2019 [2] Plath (2014), Einbeziehung des Luftverkehrs in den EU-Emissionshandel. Cuvillier Verlag, Göttingen [3] Palmer (2015), Will Sustainability Fly? Aviation Fuel Options in a Low-Carbon World. Ashgate Publishing, Farnham [4] Jantzen/ Maier (2016), Betriebsstoffe in der deutschen Luftfahrt, 2016. Mönch Verlag [5] Dena (2018), Powerfuels - Power to X: Technologien, 2018. Online verfügbar unter https: / / shop.dena.de/ fileadmin/ denashop/ media/ Downloads_Dateien/ esd/ 9264_Power_to_X_Technologien.pdf. Zuletzt geprüft am 02.07.2019 [6] EASA (2019), European Aviation Environmental Report. Online verfügbar unter https: / / www.easa.europa.eu/ eaer/ system/ files/ usr_ uploaded/ 219473_EASA_EAER_2019_WEB_HI-RES_190311.pdf. Zuletzt geprüft am 02.07.2019 [7] BMVI (2014), Drop-In-Kraftstoffe für die Luftfahrt. Online verfügbar unter https: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ MKS/ studiedrop-in-kraftstoffe-luftfahrt.pdf. Zuletzt geprüft am 02.07.2019 [8] IATA (2015), Guidance Material for Sustainable Aviation Fuel Management. Online verfügbar unter https: / / www.iata.org/ whatwedo/ environment/ Documents/ IATA%20Guidance%20Material%20 for%20SAF.pdf. Zuletzt geprüft am 02.07.2019 Michael Kalis, Ass. jur. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V., Berlin michael.kalis@ikem.de Susan Wilms, Ass. jur., LL.M Wissenschaftliche Referentin und Teamleiterin Energierecht, IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V., Berlin susan.wilms@ikem.de
