eJournals Internationales Verkehrswesen 71/3

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2019-0051
91
2019
713

CO2-Steuer – worüber streitet die Politik überhaupt?

91
2019
Christian Holz-Rau
Giulio Mattioli
Die Bemühungen um eine Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sind bisher erfolglos. Der Beitrag beschreibt als eine wesentliche Ursache den ausgebliebenen Anstieg der Kraftstoffpreise, zu dem nach Bundesverkehrswegeplan (BVWP) auch die Erhöhung der Mineralölsteuer beitragen sollte. Stattdessen blieb die Mineralölsteuer nominal unverändert und liegt 2019 unter Berücksichtigung der Geldentwertung real um 18 ct/l niedriger als 2003 (letzte Mineralölsteuererhöhung) und 10 ct/l niedriger als 2010 (Basisjahr der BVWP-Prognose). Mit der jetzt vorgeschlagenen CO2-Steuer wird das Kraftstoffpreisniveau der BVWP-Prognose für das Jahr 2030 nicht einmal annähernd erreicht. Die Umsetzung dieser sogar interministeriell abgestimmten BVWP-Grundlage würde dem Klima also mehr nutzen als ein politischer Streit über die CO2-Steuer im Verkehr. Ob sie dann Mineralölsteuer oder CO2-Steuer heißt, ist egal.
iv7130015
Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 15 Emissionssteuer POLITIK CO 2 -Steuer - worüber streitet die Politik überhaupt? CO 2 -Steuer, Klimaschutz, Bundesverkehrswegeplan, Kraftstoffpreis, Maut Die Bemühungen um eine Reduzierung der CO 2 -Emissionen im Verkehrssektor sind bisher erfolglos. Der Beitrag beschreibt als eine wesentliche Ursache den ausgebliebenen Anstieg der Kraftstoffpreise, zu dem nach Bundesverkehrswegeplan (BVWP) auch die Erhöhung der Mineralölsteuer beitragen sollte. Stattdessen blieb die Mineralölsteuer nominal unverändert und liegt 2019 unter Berücksichtigung der Geldentwertung real um 18 ct/ l niedriger als 2003 (letzte Mineralölsteuererhöhung) und 10 ct/ l niedriger als 2010 (Basisjahr der BVWP-Prognose). Mit der jetzt vorgeschlagenen CO 2 -Steuer wird das Kraftstoffpreisniveau der BVWP-Prognose für das Jahr 2030 nicht einmal annähernd erreicht. Die Umsetzung dieser sogar interministeriell abgestimmten BVWP-Grundlage würde dem Klima also mehr nutzen als ein politischer Streit über die CO 2 -Steuer im Verkehr. Ob sie dann Mineralölsteuer oder CO 2 -Steuer heißt, ist egal. Christian Holz-Rau, Giulio Mattioli I m Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung 2030 wurde eine Reduzierung der CO 2 -Emissionen im Straßenverkehr um 25 % prognostiziert (BVU et al. 2014: 361). Diese ist vollständig ausgeblieben. Die Verkehrsnachfrage steigt stärker als erwartet. Fahrzeugseitige Effizienzgewinne blieben in den letzten zehn Jahren aus. Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat am 5. Juli 2019 ihr Konzept einer CO 2 -Steuer für den Verkehrs- und Wärmesektor präsentiert. Danach schlägt sie eine CO 2 -Steuer von 35 EUR je t CO 2 für das Jahr 2020 vor sowie eine lineare Steigerung um 15 EUR je Jahr bis 2030 (DIW 2019: 7). Im Verkehrsbereich werden davon Verhaltensanpassungen in der Verkehrsnachfrage und beim Kauf von Fahrzeugen erwartet. Die gleichzeitig vorgeschlagene Kompensation als Kopfpauschale 1 mindert allerdings den Druck zur Verhaltensanpassung. Bei unterdurchschnittlichen CO 2 -Emissionen steigt das verfügbare Einkommen und kann die Grundlage für höhere Emissionen bilden. Erst oberhalb des Mittelwertes entstehen Zusatzkosten. Diese können im Verkehrsbereich, aber auch durch andere Einsparungen (z. B. bei Nahrung, Kleidung, Urlaub, Altersvorsorge…) ausgeglichen werden. Hinsichtlich des Vorschlags einer CO 2 - Steuer dürfte unstrittig sein: 1. Die Einführung einer CO 2 -Steuer setzt gegenüber unveränderter steuerlicher Belastung einen Impuls, verkehrsbedingte Emissionen zu reduzieren. 2. Die erzielte Emissionsminderung ist abhängig von der Höhe der CO 2 -Steuer. 3. Einsparungen auf der Ausgabenseite werden nicht nur im Verkehrsbereich, sondern auch bei anderen Ausgaben erfolgen. 4. Die Kompensation mittels Kopfpauschale reduziert die Wirksamkeit. 2 Dieser Beitrag ordnet die Debatte in die Verkehrsentwicklung der letzten zwanzig Jahre und in die Verkehrsprognosen für die nächsten zehn Jahre ein. Er betrachtet die Emissionen des Personenverkehrs mit PKW, auf die sich die politische Debatte konzentriert. Zur Entwicklung der Kraftstoffpreise Die Kraftstoffpreise sind seit dem Jahr 2000 zunächst gestiegen, nominal (hier Superbenzin) von 102 ct/ l im Jahr 2000 auf 146-ct/ l im Jahr 2018, also um 43 % (Bild 1) 3 . Maxima erreichte der nominale Benzinpreis in den Jahren 2008 und 2012. Seitdem ist der Benzinpreis wieder deutlich gesunken. Während in den Jahren 2000 bis 2003 zu Jahresbeginn die Steuern auf Kraftstoffe um 3,1 ct/ a erhöht wurden, 4 blieben die Steuersätze seitdem nominal konstant (Mineralölsteuer auf Benzin 65,45 ct/ l, auf Diesel 47,04 ct/ l BMFi 2019). Damit sind sie real seit 2003 um 21,5 % gesunken (Inflationsrate 1,5 %/ a) 5 . In Preisen von 2019 lag die Mineralölsteuer im Jahr 2003 um 18 ct/ l Benzin höher als heute. Dagegen haben zwischen 2009 und 2017 24 bzw. 26 der übrigen 29 europäischen Staaten die Steuern auf Benzin bzw. Diesel erhöht, in der Mehrzahl der Fälle für Diesel stärker als für Benzin (Kunert 2018: 690f ). Gemessen an den Verbraucherpreisen beträgt der Anstieg von 2000 bis 2018 10 %. Bezogen auf die Nettolöhne und -gehälter liegt der heutige Benzinpreis nur knapp 3 % über dem Preis des Jahres 2000. Preissignale für sparsamere und weniger CO 2 -emittierende Fahrzeuge und Verhaltensweisen sind trotz zwischenzeitlichen Hochs 2012 ausgeblieben. Zum absehbaren Scheitern der bisherigen Verkehrspolitik Der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) ist das zentrale Dokument der Verkehrs(infrastruktur)politik des Bundes (BMVI 2016). Der BVWP basiert u. a. auf einer in ihren Grundlagen interministeriell und in der Bund-Länder-Kommission abgestimmten Verkehrsverflechtungsprognose. 6 Diese prognostiziert die Entwicklung der Verkehrsnachfrage (PKW-km: +12 %) und der CO 2 -Emissionen (-25 %) (BVU et al. 2014: 368). 7 In der Realität ist die Verkehrsnachfrage seit 2010 stärker gestiegen als erwartet. Die Abnahme der CO 2 -Emissionen ist vollständig ausgeblieben. Die CO 2 -Emissionen der Neufahrzeuge haben in Deutschland in den letzten Jahren sogar weiter zugenommen. Innerhalb der EU emittieren die Neufahrzeuge nur in Estland und Luxemburg mehr CO 2 pro km als in Deutschland (Rang 27 von 29). Die CO 2 -Emissionen pro km der deutschen Neuwagenflotte (2017) liegen um 7,8 % über dem EU-Durchschnitt und um 23,1 % über dem der Niederlande als EU-Meister (Berechnung nach ACEA 2019: 64). Eine der zentralen Grundlagen der BV- WP-Prognose ist die Preisentwicklung bei Kraftstoffen. Der BVWP ging von einem realen Preisanstieg von 2 %/ a aus (punktierte POLITIK Emissionssteuer Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 16 Linien von 2010 bis 2030 in Bild 2). Die tatsächliche Preisentwicklung von 2010 bis 2019 (schmale Linien in Bild 2) verläuft ab 2014 immer weiter unterhalb der BVWP- Prognose. Im Jahr 2019 war das Superbenzin real 47 ct/ l billiger als prognostiziert, der Liter Diesel 36 ct/ l. Die Gründe: 1. Ein Teil der Preisdifferenz resultiert aus der dem BVWP zugrunde gelegten, aber nicht realisierten Mineralölsteuererhöhung von real 2,3 %/ a (BVU et al. 2014: 185). Diese hätte bis 2018 den Benzinpreis real um 26,2 ct/ l erhöht, den Dieselpreis um 18,5 ct/ l. 2. Außerdem weist die Verkehrsverflechtungsprognose des BVWP explizit darauf hin, dass ein geringerer Anstieg der Kraftstoffpreise vor Steuern durch eine stärkere Erhöhung der Mineralölsteuer ausgeglichen werden sollte, um die Klimaschutzbemühungen zu unterstützen (BVU et al. 2014: 186f.). Dies blieb ebenfalls aus. Entsprechend verläuft die Nachfrage- und Emissionsentwicklung deutlich oberhalb der BVWP-Prognose. Die bisher schon erhebliche Differenz zwischen BVWP-Prognose und den aktuellen Kraftstoffpreisen würde ohne Interventionen (gestrichelte Linien in Bild 2) bis 2030 real auf 89,7 ct/ l Benzin und 66,9 ct/ l Diesel ansteigen. Die hohe Preisdifferenz zu den Prognosegrundlagen zeigt die bisher fehlende Bereitschaft, Emissionsminderungen im Verkehrsbereich durch Preiserhöhungen zu unterstützen. Seit fast zwei Jahrzehnten wird sogar ein inflationsbedingter Rückgang der realen Mineralölsteuer akzeptiert. In der BVWP-Prognose 2030 soll Superbenzin real 234 ct/ l und Dieselkraftstoff 200 ct/ l kosten (auf 2019 umgerechnet nach BVU et al. 2014: 187). Diese Planungsgrundlagen wurden politisch nicht einmal kommuniziert. Dabei sind 2 %/ a real eine moderate Preissteigerung, weiter abgeschwächt durch Einkommenssteigerungen. Bei den aktuellen Vorschlägen zur CO 2 - Steuer handelt es sich um eine modifizierte Mineralölsteuererhöhung, die den höheren CO 2 -Ausstoß je Liter Dieselkraftstoff berücksichtigt (breite Linien 2020 bis 2030 in Bild 2). Auch mit diesem CO 2 -Steuer-Vorschlag wäre der Liter Superbenzin im Jahr 2030 real 44,8 ct billiger als nach der BVWP-Prognose, der Liter Diesel um 16,5 ct. 8 Die aktuelle politische Auseinandersetzung über die CO 2 -Steuer dreht sich also darum, ob ein kleiner Teil der dem BVWP 2030 zugrunde liegenden Preiserhöhung verspätet realisiert wird. Bisher diente die BVWP-Prognose dagegen ausschließlich als Begründungsgerüst für den weiteren Infrastrukturausbau, verbunden mit einem nicht umgesetzten Beruhigungsargument für die CO 2 -Diskussion. Mögliche Wirkungen der Steuererhöhungen Die seitens der Umweltministerin vorgeschlagene CO 2 -Steuer wird die im BVWP prognostizierte CO 2 -Minderung für den Straßenpersonenverkehr von 25 % bis 2030 bei Weitem nicht erreichen, und erst recht nicht das Sektorziel von 40 bis 42 %: • Die CO 2 -Steuer führt zu einer wesentlich geringeren Preissteigerung bei Kraftstoffen als im BVWP veranschlagt (bei Benzin von 48 statt 93 ct/ l, bei Diesel von 59 statt 76 ct/ l). • Die in den letzten Jahren gekauften Fahrzeuge mit hohem Verbrauch und hohen Emissionen bleiben noch über Jahre bestandsprägend (s.u.). • Verkehrsaufwendige Standortentscheidungen (z. B. zu Wohnen und Arbeiten) lassen sich nur schwer korrigieren. • Obwohl die aktuellen Flottengrenzwerte der EU auf etwa die gleichen Emissionen der Neuwagen für 2030 hinauslaufen wie im BVWP, werden die Emissionen der Flotte insgesamt deutlich höher liegen. Denn in zehn Jahren werden wesentlich weniger Fahrzeuge ersetzt als für die 20 Jahre seit 2010 veranschlagt. • Die Kompensation der CO 2 -Steuer über eine Kopfpauschale reduziert den Minderungseffekt gegenüber der BVWP- Prognose, die keine Kompensation vorsah. Der Vorschlag der CO 2 -Steuer, die EU- Grenzwerte für den Flottenverbrauch und einige Fördermaßnahmen werden bei Weitem nicht ausreichen, um das Ziel 2030 von minus 40 bis 42 % (BMU 2019: 38) für den Verkehr zu erreichen. Das im Verkehrsbereich für den Klimaschutz verlorene letzte Jahrzehnt wird sich so nicht aufholen lassen. Daher wäre die erste Schlussfolgerung die Kraftstoffpreise so zu erhöhen, wie im BVWP 2030 vereinbart. Umgerechnet auf Benzin entspricht dies einer CO 2 -Steuer von real 180 EUR/ t CO 2 für 2020 und 320 EUR/ t CO 2 für 2030. Dazu führt auch, leichter verständlich als die Angaben in EUR/ t CO 2 , etwa folgende Regelung: • Alle drei Monate plus 2 ct/ l fürs Klima auf den Benzinpreis und 3 ct/ l auf den Dieselpreis 0 50 100 150 200 250 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 bisherige-Preisent‐ wicklung-(ct/ l-Benzin) bisherige-Preisent‐ wicklung-(ct/ l-Diesel) fortgesetzte Untätigkeit-(Benzin) fortgesetzte Untätigkeit-(Diesel) BVWP‐Prognose ab-2011-(Benzin) BVWP‐Prognose ab-2011-(Diesel) mit-CO2‐Steuer ab-2020-Benzin) mit-CO2‐Steuer ab-2020-(Diesel) ct/ l Bild 1: Preisentwicklung bei Superbenzin (nominal, bezogen auf die Entwicklung der Verbraucherpreise sowie auf die Nettolöhne und - gehälter (2010 = 1)) Berechnungen nach: statista 2019a bis 2019 d, BVU et al. 2014: 185ff. und DIW 2019: 5 Bild 2: Bisherige und mögliche Entwicklungen der Kraftstoffpreise (reale Preise, Bezugsjahr 2018) Berechnungen nach: statista 2019a bis 2019 d, BVU et al. 2014: 185ff. und DIW 2019: 5 Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 17 Emissionssteuer POLITIK Dies würde, ab 2020 eingeführt, zwar milde einsteigen, bis 2030 für Benzin aber ziemlich genau den Wert der BVWP-Prognose erreichen. Gleichzeitig wäre das Dieselprivileg abgebaut. Es ginge aber vielleicht noch eingängiger: • Jeden Monat einen ct/ l fürs Klima und am Jahresende 3 ct/ l zusätzlich für Diesel. Damit wäre 2030 der BVWP-Wert etwas überschritten, aber es gilt ein verlorenes Jahrzehnt aufzuholen. Zu Ende ist die Diskussion damit aber noch lange nicht, denn selbst die kaum noch erreichbare BVWP- Prognose blieb weit vom Ziel der -40 % entfernt. Aber ein wichtiger Einstieg ist die Verteuerung der Kraftstoffe in jedem Fall, je schneller und konsequenter umso besser. Zu diskutieren wären aber auch dann weitere Bausteine: • Ein Tempolimit auf Bundesautobahnen, das mehr erreicht als die Verkehrspolitik der letzten zehn Jahre und v. a. einen Impuls gegen immer größere, schwerere, schnellere stadtunverträgliche Fahrzeuge mit hohem Energieverbrauch setzt, egal mit welchem Antrieb. • Gebühren für Neufahrzeuge mit hohen CO 2 -Emissionen zur daraus finanzierten Förderung sparsamer Fahrzeuge. • Die weitere Regulierung der CO 2 -Emissionen und des Energieverbrauchs von Fahrzeugen mit einem vollständigen Abschied vom Verbrennungsmotor weit vor 2050. Denn sonst müsste man diese Fahrzeuge ab 2050 verbieten. Zum Schluss noch ein Hinweis: Die von der Umweltministerin vorgeschlagene CO 2 - Steuer wird das Steueraufkommen gar nicht erhöhen! Die verkaufte Menge der Kraftstoffe muss zum Erreichen der CO 2 -Ziele um 40 bis 42 % zurückgehen. Damit sinken die Steuereinnahmen aus Kraftstoffen, die sich aus der bisherigen Mineralölsteuer plus der CO 2 -Steuer zuzüglich der Mehrwertsteuer auf den gesamten Nettopreis ergeben. Trotz jährlich steigender CO 2 -Steuersätze würde bei einer CO 2 bzw. Verbrauchs-Minderung um etwa 4 %/ a das reale Steueraufkommen zunächst steigen. Mit einem realen Plus von 9 % wäre das Maximum aber bereits im zweiten Jahr erreicht. Ab 2022 würden die Steuereinnahmen trotz steigender CO 2 -Steuer real wieder sinken, bis 2027 auf das heutige Niveau und bis 2030 um weitere 9 %. Die Einsparungen der Verbraucher könnten sogar noch höher ausfallen, da für sie nicht nur die Steuern sinken, sondern auch durch einen geringeren Verbrauch die Ausgaben für den Kraftstoffgrundpreis. Sollten nach den Ankündigungen von Ursula von der Leyen als neuer Präsidentin der EU-Kommission verschärfte Klimaschutzvorgaben in Kraft treten und erreicht werden, wären die Mindereinnahmen noch höher. Im klimaneutralen Jahr 2050 fehlen diese Steuereinnahmen zur Infrastrukturfinanzierung dann vollständig. Mit der CO 2 -Steuer ist die Debatte um die Nutzerkosten im Verkehr gerade erst eröffnet. Wünschen wir uns eine fundierte Debatte und endlich relevante Fortschritte im Klimaschutz. Wünschen wir uns einen offensiven Verkehrsminister, der das Geld zur Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur im Verkehrsbereich einnehmen will. Denn alles andere wäre unsozial. Erfolgreicher Klimaschutz führt dann fast zwingend von der Mineralölsteuer, im Übergang begleitet durch eine CO 2 -Steuer, zur Maut auf allen Straßen. ■ 1 Die Mehreinnahmen sollen mit einem gleichen Betrag je Bürger zurückerstattet werden. 2 Aufgrund der Schiefe der Emissionsverteilung führt die Kopfpauschale bei weniger als 50 % der Bevölkerung zu Mehrausgaben, bei mehr als 50 % zu Mehreinnahmen. 3 Die nominalen Preise sind die Preise, die im jeweiligen Jahr „an der Zapfsäule“ bezahlt wurden. Die realen Preise berücksichtigen die Geldentwertung. Bei steigenden realen Preisen steigt der Kraftstoffpreis stärker als die allgemeine Preisentwicklung. Bei steigenden lohn- und gehaltsbezogenen Preisen muss der durchschnittliche Arbeitnehmer länger für den Liter Kraftstoff arbeiten. 4 Die Ökosteuer der Jahre 1999 bis 2003 folgte der gleichen Logik wie die CO 2 -Steuer. Die Einnahmen werden zur Entlastung der Rentenkassen genutzt, eine ähnliche Form der Kompensation. 5 Diese und die folgenden Berechnungen sind im Arbeitspapier 32 des Fachgebiets Verkehrswesen und Verkehrsplanung der TU Dortmund dokumentiert. www.vpl.tu-dortmund.de/ cms/ de/ Publikationen/ Arbeitspapiere/ index. html 6 Im Grundsatz waren alle Bundesministerien sowie das Bundeskanzleramt beteiligt. Besonders eng wurde die Bearbeitung begleitet durch das BMVI, BMU und BMWI. 7 Steigende Energieeffizienz der PKW-Flotte: -1,5 %/ a (BVU et al. 2014: 341f) 8 Die Berechnungen gehen davon aus, dass der Vorschlag zur CO 2 -Steuer in Preisen der jeweiligen Jahre erfolgt. Zu heutigen Preisen entsprechen den 185 EUR/ t CO 2 im Jahr 2030 dann etwa 160 EUR/ t. LITERATUR ACEA (European Automobile Manufacturers Association): The Automobile Industry Pocket Guide 2019/ 2020 (2019) BMFi 2019: Grundlagenwissen zum Benzinpreis und seiner Entwicklung. https: / / www.bundesfinanzministerium.de/ Content/ DE/ Standardartikel/ Service/ Einfach_erklaert/ 2018-01-11-grundlagen-benzinpreis.html (Zugriff 17.7.2019) BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit): Klimaschutz in Zahlen. Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik. Ausgabe 2019 BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) Hg.: Bundesverkehrswegeplan 2030. (2016) BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) Hg.: Verkehr in Zahlen 2018/ 2019. (2018) BVU Beratergruppe Verkehr und Umwelt, Intraplan Consult, Ingenieurgruppe IVV, Planco Consulting (2014): Verkehrsverflechtungsprognose 2030. Endbericht (2014) DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin): Für eine sozialverträgliche CO 2 -Bepreisung. In: Politikberatung kompakt 138 (2019) Kunert, Uwe (2018): Diesel: Kraftstoff und PKW-Nutzung europaweit steuerlich bevorzugt, Besteuerung in Deutschland reformbedürftig. In: DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung): DIW Wochenbericht 32/ 2018: 686-695 (DOI: https: / / doi.org/ 10.18723/ diw_ wb: 2018-32-1) Statista 2019a: https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 776/ umfrage/ durchschnittspreis-fuer-superbenzin-seit-dem-jahr-1972/ (Zugriff 10.7.2019) Statista 2019b: https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 4913/ umfrage/ verbraucherpreisindex-fuer-deutschland-seit-1948/ (Zugriff 10.7.2019) Statista 2019c: https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 370558/ umfrage/ monatliche-nettoloehne-und-gehaelter-je-arbeitnehmer-in-deutschland/ (Zugriff 10.7.2019) Statista 2019d: https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 779/ umfrage/ durchschnittspreis-fuer-dieselkraftstoff-seit-dem-jahr-1950/ (Zugriff 10.7.2019) Christian Holz-Rau, Prof. Dr.-Ing. Verkehrswesen und Verkehrsplanung, Fakultät Raumplanung, Technische Universität Dortmund christian.holz-rau@tu-dortmund.de Giulio Mattioli, Dr. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Verkehrswesen und Verkehrsplanung, Fakultät Raumplanung, Technische Universität Dortmund