Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2019-0070
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Internationales Verkehrswesen (71) 4 | 2019 6 IM FOKUS Autonome Straßenbahnfahrten im Depot D ie Vollautomatisierung eines Straßenbahndepots auf Basis einer autonom fahrenden Tram und eines digitalen Betriebshofes ist Ziel des Projekts AStrid, „Autonome Straßenbahn im Depot“. Das Karlsruher Institut für Technolgie (KIT) und Industriepartner starten nun die Entwicklungsarbeit, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) für drei Jahre gefördert wird. Die Umsetzung des Forschungs- und Entwicklungsprojekts erfolgt auf dem Betriebshof des Verkehrsbetriebs Potsdam. Die technische Machbarkeit wird mit autonomen Servicefahrten zu einem Abstellgleis demonstriert, beispielsweise durch eine Waschanlage. Mittelfristig soll die Depot- Automatisierung als eine erste Stufe des autonomen Fahrens kommerziell nutzbar gemacht werden. Bei der Entwicklung soll von Anfang an berücksichtigt werden, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb einer autonom fahrenden Straßenbahn zu beachten sind und in welchem ökonomischen Rahmen ein operativer Betrieb abzubilden wäre. Die Projektpartner bei AStriD haben das Projekt in verschiedene Arbeitspakete unterteilt. Partner sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Siemens Mobility, die Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (ViP), das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), die Codewerk GmbH und Mapillary. Das Projekt AStriD startete im Oktober 2019, die Projektdauer beträgt drei Jahre. www.mfund.de www.kcist.kit.edu Foto: Sandra Göttisheim, KIT Ideen für nachhaltige Verkehrsprojekte gesucht D ie Europäische Kommission hat eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für die Unterstützung wichtiger Verkehrsprojekte veröffentlicht. Sie sollen über die Connecting Europe Facility (CEF) gefördert werden, das zentrale Finanzierungsinstrument der EU für Infrastruktur. Die Investitionen werden dazu beitragen, fehlende Verbindungen auf dem gesamten Kontinent aufzubauen und sich gleichzeitig auf nachhaltige Verkehrsträger konzentrieren. Die für Verkehr zuständige Kommissarin Violeta Bulc sagte dazu, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen und zur Vollendung des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) beizutragen, würden die im Rahmen der „Connecting Europe Facility“ verfügbaren Ressourcen in vollem Umfang genutzt. Diese Investitionen sollten die intelligente und nachhaltige Mobilität fördern und Bürger in ganz Europa besser vernetzen. Die 2014 eingerichtete Connecting Europe Facility hat bisher 763 Projekte- mit EU-Mitteln in Höhe von fast 22-Mrd.-EUR unterstützt, davon 111 Projekte mit deutscher Beteiligung. Zu den 2018 geförderten Verkehrsprojekten gehören Initiativen zur Digitalisierung der deutschen Wasserwege, der Einführung nachrüstbarer Notrufmodule für Autounfälle und zum Testen innovativer Technologien im Bereich des Schienentransports. Informationen zur Einreichung von Vorschlägen sind auf der Webseite der Kommission unter ec.europa.eu zu finden, die Bewerbungsfrist für den aktuellen Aufruf endet am 26. Februar 2020. Aktuelle Meldungen finden Sie im Web unter www.internationales-verkehrswesen.de Internationales Verkehrswesen (71) 4 | 2019 7 IM FOKUS ETH Zürich schließt ihr Eisenbahnbetriebslabor D as Eisenbahnbetriebslabor am Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme IVT der ETH Zürich wird Ende 2020 geschlossen. Das haben die Betreiber IVT, SBB und Siemens Mobility gemeinsam entschieden. Die Gründe dafür sind vielfältig. So habe sich der Bahnbetrieb in der Schweiz im Laufe der letzten Jahre durch Automation und Zentralisierung grundlegend verändert - und damit auch die Anforderung an die Ausbildung des Bahnpersonals und der Studierenden. So bieten Ausbildungssimulatoren heute didaktische Möglichkeiten, die den neuen Berufsbildern besser entsprechen und die das „traditionelle“ Eisenbahnbetriebslabor nicht bieten kann. Auch entfällt künftig der Hands-on-Ausbildungsbedarf für Studierende mit der Neuausrichtung der bahnorientierten Lehrinhalte am IVT auf mathematische Verfahren und den Einsatz von Informationstechnologien. Mit den verbleibenden Ausbildungs- und Demonstrationsbedürfnissen stünde bereits jetzt die Nutzung in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand, so Prof. Martin Huber vom IVT der Hochschule. Das Eisenbahnbetriebslabor des IVT auf dem Hönggerberg wurde in den 1970er Jahren als Nachfolgeanlage einer Vorgängerin an der ETH Zentrum in Betrieb genommen. Sie wurde zweimal grundlegend modernisiert und führte Lernende, Studierende und Besucher in den Schweizer Eisenbahnbetrieb und die zugehörige Sicherungstechnik ein. Die drei Partner-Betreiber hoffen daher, dass ein neuer Besitzer die Anlage gesamt oder teilweise an einem anderen Standort weiterbetreiben will. www.ivt.ethz.ch/ ts/ ebl.html Foto: ETH Bahnverkehr China-Europa bald rückläufig? T rotz der gestiegenen Zahl der Ganzzugeinheiten, den zusätzlich hinzugekommenen Betreiberplattformen in China und der erhöhten Anzahl europäischer Empfangsdestinationen scheint eine Steigerung der Bahnverkehre zwischen China und Europa vorläufig nicht mehr möglich zu sein. Das könne man aus der von der chinesischen Regierung festgelegten Subventionsverteilung ableiten, so Hans Reinhard, Präsident der schweizerischen InterRail Holding AG und bis vor Kurzem Vice- Chairman des CCTT (Coordinating Council on Trans-Siberian Transportation). Die neue Subventionsverteilung will die Zuschüsse von 40 % zu den Zugkosten im Jahr 2019 auf 30 % im Jahr 2020 und auf 20 % im Jahr 2021 senken. Da diese Reduktion weder durch die Operateure der Züge noch durch die beteiligten Staatseisenbahnen aufgefangen werden könne, sei zu erwarten, dass die Vermarktungspreise für Einzelcontainer und Containergruppen ab Anfang 2020 wieder steigen werden. Ob zu höheren Preisen dann noch weiterhin im heutigen Umfang nach und von Europa auf die bestehenden Züge gebucht werden wird, scheint fraglich. Nach ersten Aussagen aus China dürfte daher die Anzahl Züge von und nach Europa abnehmen, was jedoch insbesondere für das chronisch überlastete europäische Eisenbahnnetz, das von den bisherigen, jährlichen Steigerungsraten der Züge aus China praktisch überrumpelt worden ist, auch positive Effekte haben könnte. http: / / icctt.com Foto: pixabay Internationales Verkehrswesen (71) 4 | 2019 8 IM FOKUS Binnenschifffahrt der nächsten Generation D er Bundesverkehrswegeplan sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 der Güterverkehr mit Binnenschiffen um 23 Prozent wachsen soll. Das Projekt „A - SWARM“ (Autonome elektrische Schifffahrt auf Wasserstrassen in Metropolenregionen) auf Basis autonomer, koppelbarer und elektrisch betriebener Wasserfahrzeuge will einen Beitrag zur modernen Citylogistik leisten. Schwerpunkt ist die Entwicklung und Erprobung autonom operierender Wasserfahrzeuge. Die Machbarkeit eines derartigen Systems soll durch einen Demonstratorbetrieb in einem Reallabor im Bereich des Berliner Westhafens nachgewiesen werden. Dazu beschäftigen sich die Projektpartner Behala - Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH und Schiffbau- Versuchsanstalt Potsdam mit der Entwicklung von Anwender-Konzepten, um Lieferketten zu optimieren. Kernfrage ist, an welchen Stellen Bootsverkehr in etablierte Gütertransportketten integriert werden kann, um den Straßengüterverkehr per LKW zu ersetzen. Auf weniger genutzten kleineren Wasserstraßen etwa könnten kompakte, aneinander gereihte und gekoppelte Schiffseinheiten mit Hybrid-Antrieb einen Schwarm bilden. Idee ist es, dass kleine, flexible Binnenschiffe miteinander kommunizieren, ihre Routen selbst berechnen und ihre Ladung eigenständig an Umschlagpunkten auf- und abladen können. Digitale Assistenzsysteme könnten dabei die energie- und ressourcensparendste Fahrweise ermitteln sowie Unfallrisiken frühzeitig erkennen. Versuchslabor für dieses Projekt, das bis bis Mitte 2022 laufen soll, ist die Spree- Oder-Wasserstraße. www.behala.de www.sva-potsdam.de Quelle: Behala Ultrakondensatoren für Straßenbahnen gegen hohe Stromkosten D er deutsche Hersteller von Ultrakondensatoren und Energiespeichersystemen für Transport- und Netzanwendungen Skeleton Technologies stattet den tschechischen Antriebshersteller Škoda Electric mit Ultrakondensatorsystemen aus und ermöglicht ein Energiespar-Projekt besonderer Art: Die Ultracaps-Module sollen in 114 Straßenbahnen des Typs „Rhein-Neckar- Tram 2020“ von Škoda Transportation verbaut werden, die anschließend in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen eingesetzt werden. Das Ultrakondensatoren-Modul fungiert als Kinetic Energy Recovery System, kurz KERS. Das System zur Energierückgewinnung nutzt die Bremsenergie der Straßenbahnen zur erneuten Beschleunigung, spart somit Energie und senkt Kosten. Für diese Anwendung sind Ultrakondensatoren aufgrund ihrer hohen Effizienz, Zuverlässigkeit und Wiederaufladbarkeit in Sekundenschnelle ideal. Das Tram-Projekt belegt laut Hersteller Skeleton, dass graphen-basierte Ultrakondensatoren-Technologie ein Schlüsselfaktor für intelligente Stadtverkehrssysteme in Deutschland und auf der ganzen Welt sein könnte. Das neue System nutzt außerdem modernste Management-Software, um eine zusätzliche Verlängerung der Lebensdauer zu gewährleisten. www.skeletontech.com www.rnt2020.de Foto: Škoda Transportation
