Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2020-0002
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Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 6 IM FOKUS Deutsche Bahn lässt Metall-Ersatzteile im 3D-Druck herstellen M it 3D-Druck kann die DB innerhalb kurzer Zeit Ersatzteile aus Metall produzieren und so die Lieferzeiten drastisch verkürzen. Ziel ist es, eine bessere Versorgung auch mit selten gebrauchten oder gar nicht mehr verfügbaren Ersatzteilen sicherzustellen und die Fahrzeuge schneller wieder für den Betrieb bereitzustellen. Bis 2021 will die DB Tausende verschiedener Ersatzteile über 3D-Druck abrufbar machen. Das sogenannte Additive Manufacturing erlaubt es, kleine Stückzahlen schnell und wirtschaftlich herzustellen. Den Anfang machte bei der DB Ende 2015 ein einfacher, hellgrauer Mantelhaken aus Plastik. Heute lässt die Bahn über 3D-Drucker sogar mehr als 27 kg schwere, betriebsrelevante Bauteile aus Metall für ICE-Züge herstellen, etwa die „Kastenkulisse“ unter dem Wagenkasten, die für den sicheren Lauf des Wagens in engen Kurven oder beim Passieren von Weichen sorgt. Insgesamt kann die Deutsche Bahn mehr als 130 verschiedene Teile herstellen lassen, beispielsweise Lüfterräder, Kopfstützen für Regionalzüge, unterschiedliche Gehäuse wie Klemmenkästen für Kabel des Zugantriebs oder Ersatzteile für Kaffeemaschinen. Der 3D-Druck hat neben der Zeitersparnis noch einen weiteren Vorteil: Schon heute lassen sich Ersatzteile nicht nur nachbauen, sondern auch verbessern: 3D-Druck ermöglicht es, Teile aus Kunststoff und Metall so herzustellen, wie es mit konventionellen Fertigungsverfahren gar nicht möglich ist. Außerdem spart 3D-Druck Material und Kosten, denn Ersatzteile werden nicht mehr in großen Mengen gelagert, sondern erst bei Bedarf hergestellt (Print-on-Demand). So lassen sich Produktionsabfälle minimieren und Lagerbestände reduzieren. Werden die Teile in unmittelbarer Nähe porduziert, entfallen durch den Druck außerdem Transportwege. Damit leistet die additive Fertigung einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. www.deutschebahn.com | www.trumpf.com Bild: Trumpf Busflotten auf alternative Antriebe umstellen M it der Umstellung dieselbetriebener Busflotten auf alternative Antriebsarten gehen veränderte betriebliche Abläufe und die Einführung neuer Technologien einher. Das KI-basierte Depot- und Lademanagementsystem PSIebus ist darauf ausgelegt, den optimalen Einsatz aller Fahrzeuge vom anfänglichen Parallelbetrieb bis zum vollständigen E-Bus-Betrieb sicherzustellen. Das System steuert derzeit bereits mehr als 200 Busse in Deutschlands erstem E-Bus-Betriebshof Hamburg Alsterdorf. Das System berücksichtigt bei der flexiblen Einsatzplanung der Fahrzeuge automatisch die aktuellen Ladezustände sowie die prognostizierten Restreichweiten der E- Busse und unterstützt mit passenden Vorschlägen. Es nutzt dazu die eigens entwickelte Optimierungssoftware Qualicision, die anhand der nächsten erforderlichen Arbeitsschritte wie Reinigen, Tanken, Laden und Werkstatt den nächsten Stellplatz auf dem Betriebshof ermittelt. Ein integriertes Last- und Lademanagement berücksichtigt Aspekte der Netzüberwachung und -steuerung. Es prognostiziert, steuert und regelt den Energieverbrauch, entwickelt Strategien für die vorhandene Ladeinfrastruktur und überwacht das Einhalten der Ladeleistung. Das spart Kosten beim Ausbau des Stromnetzes und garantiert einen stabilen ÖPNV-Betrieb. www.psitranscom.de Foto: pixabay Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 7 IM FOKUS Brennstoffzellenantrieb für den maritimen Einsatz D er elektrische Katamaran Energy Observer startet Mitte Februar auf die nächste Etappe, angetrieben von einem Toyota Brennstoffzellensystem. Das japanische Unternehmen hat für das Wasserstoffschiff das vom Mirai bekannte Antriebssystem - Kraftstoffverbrauch Wasserstoff kombiniert 0,76 kg/ 100 km, Stromverbrauch kombiniert 0 kWh/ 100 km, CO 2 -Emissionen kombiniert 0 g/ km - angepasst und weiterentwickelt. Nach einer ersten Erprobung in der Werft Ende 2019 stehen nun finale Tests an, ehe es auf die Weltmeere geht. Toyota begleitet die Energy Observer von Anfang an: Seit 2017 unterstützt der japanische Mobilitätskonzern das erste energieautarke Schiff bei seinem auf sechs Jahre angelegten Weltreiseprojekt. Das „Schiff der Zukunft“ arbeitet mit einem Mix aus erneuerbaren Energien und einem System, das kohlenstofffreien Wasserstoff aus Meerwasser erzeugt. Das Toyota Technical Center Europe hat das weiterentwickelte Brennstoffzellensystem in ein kompaktes, für den maritimen Einsatz geeignetes Modul eingebaut. Es bietet nun mehr Leistung und Effizienz, aber auch eine hohe Zuverlässigkeit - die Grundvoraussetzung für eine sichere Überquerung von Atlantik und Pazifik. In nur sieben Monaten wurden die Komponenten entwickelt, produziert und in den Katamaran integriert. In der Serienlimousine Mirai, aber auch in verschiedenen Bussen und LKW wird der Brennstoffzellenantrieb bereits seit einigen Jahren eingebaut. Der Einsatz im Seeverkehr ist der nächste Schritt auf dem Weg zu einer Wasserstoffgesellschaft und zu einer weiteren Senkung der CO 2 - Emissionen. www.toyota.de Smart Charging - intelligente Ladesysteme im Fokus E in neues Whitepaper des europäischen Wirtschaftsverbands SmartEN (Smart Energy Europe) in Kooperation mit der Power2Drive Europe, der internationalen Fachmesse für Elektromobilität und Ladeinfrastruktur, beleuchtet die aktuellen Trends beim Ausbau der Infrastruktur für das Laden von Elektrofahrzeugen. Im Jahr 2017 lag der weltweite Bestand an Elektrofahrzeugen noch bei nur drei Millionen Fahrzeugen, was einem Anteil von 0,23 % des gesamten Fahrzeugbestandes aller Antriebsformen entsprach. Ende 2018 waren aber bereits weit über fünf Millionen Elektrofahrzeuge unterwegs - ein Zuwachs von 63 % gegenüber 2017. Während Deutschland europaweit derzeit führend ist bei der Anzahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen, glänzt Norwegen mit dem höchsten Marktanteil. Dort wuchs der Anteil der Elektrofahrzeuge bei den Neuzulassungen von 49,1 % 2018 auf stattliche 55,9 % im Jahr 2019. Aber auch in den Niederlanden liegt der Anteil von E-Fahrzeugen schon bei 15 %, wie die aktuelle Studie des Center of Automotive Management (CAM) belegt. Deutschland steigt im Gesamtjahr 2019 mit 109.000 neu zugelassenen Elektro-Fahrzeugen zum drittgrößten Elektroautomarkt weltweit auf. Dabei stieg der Anteil an den Neuzulassungen erstmals auf 3 %, darunter 58 % reine E-Autos. Die Niederlande sind aktuell eines der führenden Länder beim Ausbau einer intelligenten Ladeinfrastruktur. Vor Kurzem hat das Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft die Unterstützung von Vehicle-to-Grid Ladegeräten angekündigt, die elektrischem Strom aus den Antriebsakkus zurück in das öffentliche Stromnetz abgeben können. Mit einem Zuschuss von 5 Mio. EUR unterstützt das Ministerium die Installation von 472 Smart Chargern mit Vehicle2Grid-Funktionalität in 21 niederländischen Gemeinden. Diese zukunftsträchtigen Ladestationen entlasten das Stromnetz, nutzen Ökostrom besser und machen das Laden von Autos noch günstiger. Die ersten intelligenten Ladegeräte werden in Kürze für den öffentlichen Einsatz verfügbar sein. Für die Stadt Utrecht rechnet die niederländische Regierung 2020 zum Beispiel mit rund 12.000 Elektrofahrzeugen. Für eine solche Flotte werden mehr als 1.600 Ladepunkte benötigt. www.powertodrive.de „Energy Observer“ mit Brennstoffzellenantrieb. © Toyota Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 8 IM FOKUS Gewerbliche Drohneneinsätze intelligent organisieren D ie Zahl gewerblicher Drohnen im Luftraum steigt, denn unbenannte Flugsysteme werden zunehmend zu einem etablierten Werkzeug für Unternehmen. Drohnen bieten beispielsweise für Bauingenieure und Kommunen, aber auch zur Kontrolle großer forst- und landwirtschaftlicher Flächen schnelle, günstige und pragmatische Möglichkeiten zur Dokumentation, Inspektion und Vermessung. Das zeigen auch aktuelle Statistiken: In Deutschland waren 2019 schon etwa 24.000 gewerbliche Drohnen im Einsatz. Prognosen des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sagen für 2020 einen Anstieg auf 31.000 voraus. Bis 2030 prognostiziert der BDL sogar einen Anstieg auf 126.000 kommerziell eingesetzte Drohnen - das entspricht einer Zunahme von mehr als 560 Prozent. Dadurch ergibt sich eine neue Verkehrszone im Luftraum von 0 bis 100 Metern, die derzeit allerdings, ganz im Gegenteil zum Straßen-, Schienen- oder zivilen Flugverkehr, stark unterreguliert ist und kaum einheitliche Richtlinien und Genehmigungsverfahren aufweist. Die Organisation von immer mehr Bewegung in diesem Luftraum stellt also eine große Herausforderung für Luftraumbehörden und Unternehmen dar. Klare Regularien sind erforderlich, um bei Drohneneinsätzen die Sicherheit von Personen und Arealen zu garantieren. Zudem müssen Drohnenfluggenehmigungen formal so erfolgen, dass bei den Luftfahrtbehörden die Verwaltungsaufgaben nicht zu sehr steigen und für Unternehmen der Drohneneinsatz planbar und praktikabel bleibt. Für das Unternehmen FlyNex, einen 2015 gegründeten Lösungsanbieter für kommerzielle Drohnen-Nutzung mit Standorten in Leipzig, Hamburg und San Francisco, liegt die Lösung in der intelligenten Vernetzung und Planung des Luftraumverkehrs. Die cloudbasierte Software Map2Fly des Anbieters verschafft Unternehmen die Möglichkeit, die Verwaltung und Genehmigung gewerblicher Drohnenflüge abzuwickeln und gleichzeitig einen sicheren Drohnenflug für alle Beteiligten zu gewährleisten. Der Einsatz der Software befähigt unter anderem dazu, • Befliegungen auf Grundlage umfangreicher Geodaten zu planen und dabei Besonderheiten und Verbotszonen zu kennen und zu beachten, • Veränderungen der Angaben in Echtzeit zu sehen und darauf zu reagieren und • die neue Verkehrszone sicher zu nutzen. Zudem ist für 2020 geplant, Fluggenehmigungen durch eine integrierte Schnittstelle zu beantragen und damit bürokratischen Aufwand erheblich zu minimieren. Somit bildet Map2Fly einen Knotenpunkt im Informationsaustausch zwischen Luftfahrtbehörden und dem kommerziellen Einsatz von Drohnen, ebnet als Softwareas-a-Service-Lösung den Weg zur intelligenten Vernetzung in der Organisation des Luftraums zwischen 0 und 100 Metern und trägt dazu bei, Drohnen als (verkehrs-)sicheres Hilfsmittel zur Datenerhebung zu nutzen und gleichzeitig für eine sicherere Verkehrszone zu sorgen. www.flynex.io Linde entwickelt „interaktive“ Sicherheits-Warnweste S tatistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zeigen, dass „Anfahrunfälle“ in Lager- und Produktionsbereichen, bei denen eine Person angefahren, eingequetscht oder sogar überfahren wurde, in den vergangenen Jahren einen Anteil von 40 bis 50 % aller registrierten Unfälle mit Flurförderzeugen ausmachten. Die von Linde Material Handling entwickelte „Interaktive Warnweste“ schützt jetzt Fußgänger frühzeitig vor herannahenden Flurförderzeugen. Das intelligente Kleidungsstück mit fühlbarer, hörbarer und weithin sichtbarer Warnfunktion ist eine Weiterentwicklung des „Linde Safety Guard“-Systems und hilft, Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Fußgängern zu verhindern. Der Staplerfahrer erkennt dabei auf seinem Gerät, aus welcher Richtung sich eine oder mehrere Personen nähern. Zeitgleich sieht, spürt und hört der Fußgänger über seine Personeneinheit, dass ein Flurförderzeug naht. Das Kleidungsstück verfügt über LED-Streifen vorn und hinten, die ständig mit 40% der Nennleistung leuchten. Droht Gefahr durch ein sich näherndes Fahrzeug, wechseln die LED-Streifen in einen auffälligen Blink-Modus und steigern ihre Leuchtkraft auf 200 % der Nennleistung. Die Position des Senders am Schlüsselbein sorgt dafür, dass die Vibration sehr spürbar ist, der Ton nah am Ohr ist und die Funksignale nicht abgeschattet werden. Die akkubetriebene Weste basiert auf dem Assistenzsystem Linde Safety Guard, das per Ultrabreitbandsignal (UWB) zentimetergenaue Funksignale selbst durch Wände und Türen hindurch sendet. Das kleine, mobile Gerät musste bislang per Clip an der Kleidung des Trägers befestigt werden. www.linde-mh.de Bild: Linde
