eJournals Internationales Verkehrswesen 72/1

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2020-0021
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2020
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Verkehrsverlagerung im ländlichen Raum

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2020
Gerald Klemenz
Hannah Janßen
Die Stadt Kleve am Niederrhein möchte den Anteil des Umweltverbundes am Gesamtverkehrsaufkommen bis 2030 auf 40 % erhöhen. Das Fundament soll der Radverkehr bilden, dessen Anteil auf 25 % gesteigert werden soll. Des Weiteren soll das Angebot im ÖPNV verbessert und der Fußverkehr gefördert werden.
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Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 71 Verkehrsverlagerung im ländlichen Raum Mobilitätskonzept, Mobilitätswende, Modal Split, Verkehrsverlagerung, Radverkehr, Mobility on demand Die Stadt Kleve am Niederrhein möchte den Anteil des Umweltverbundes am Gesamtverkehrsaufkommen bis 2030 auf 40 % erhöhen. Das Fundament soll der Radverkehr bilden, dessen Anteil auf 25 % gesteigert werden soll. Des Weiteren soll das Angebot im ÖPNV verbessert und der Fußverkehr gefördert werden. Gerald Klemenz, Hannah Janßen D ie Stadtverwaltung von Kleve am Niederrhein arbeitet zurzeit an einem zukunftsorientierten Mobilitätsentwicklungskonzept, das Alternativen zur Nutzung des privaten PKW bieten und alternative Verkehrsträger für den Alltagsgebrauch ausbauen soll. Der gegenwärtige Modal Split des Radverkehrs liegt bei schätzungsweise 10 bis 12 %, der des ÖPNV zwischen 2 und 3 %. Wie in vielen anderen Städten war auch in Kleve die Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte stark auf die Bedürfnisse des MIV ausgerichtet. Die gesellschaftlichen und ökologischen Verhältnisse der Gegenwart haben jedoch auch in Kleve zu einem Umdenken diesbezüglich geführt. Der technologische und demografische Wandel, der Klimawandel und nicht zuletzt ein verändertes Konsumverhalten erfordern ein umfangreicheres Paket an Mobilitätslösungen als nur den privaten PKW. In einigen unserer Nachbarländer ist man verkehrspolitisch schon etwas weiter, wie etwa in Dänemark oder den Niederlanden. Kleve liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Niederlande. Seit 2019 verbindet die Europa-Radbahn Kleve direkt mit der Nachbarstadt Kranenburg und Nijmegen in der niederländischen Provinz Gelderland. Der Radweg bietet Radfahrern oder auch den Fietsern, wie sie hier genannt werden, Vorfahrt an Knotenpunkten und über Bundesstraßen. Wärmedetektoren erkennen die Fahrradfahrer, welche dann in einer quasi grünen Welle bis ans Ziel fahren können. Ein weiteres Merkmal ist der exklusive Winterdienst für die Radbahn. Dies soll vor allem Pendlern aus den Niederlanden den Umstieg vom Auto aufs Rad erleichtern. Der Bau weiterer Radschnellwege in die umliegenden Gemeinden in den nächsten Jahren ist bereits in Planung. Die Stadtverwaltung in Kleve ist davon überzeugt, dass gute Infrastruktur notwendig ist, um einen Umstieg aufs Rad zu begünstigen. Es braucht jedoch auch ein geändertes Verkehrswahlverhalten. Dies zu ändern, soll mit verschiedenen verkehrspolitischen und planerischen Mitteln erreicht werden. Eine Verbesserung des Angebotes im ÖPNV zu erreichen ist dahingegen weitaus schwieriger, vor allem für diejenigen, die mit der strukturellen Problematik des ÖPNV im ländlichen Raum vertraut sind. Einen halbwegs kostendeckenden ÖPNV anzubieten ist fast nicht machbar, weshalb dieser überwiegend von Schülern und ein paar Studenten genutzt wird. Das hat unter anderem zur Folge, dass das Angebot abends und am Wochenende lediglich minimal ist. Um das zu ändern und ein bedarfsgerechteres Angebot zu schaffen, beabsichtigt die Stadt Kleve, ein On-demand-Bussystem zu errichten, das 16 Stunden am Tag einsatzbereit sein soll und das gesamte Stadtgebiet umfasst. Dieses On-demand-System soll mit eigens dafür entwickelter App funktionieren. Das hieße, dass vor allem die vielen kleinen, größtenteils sehr ländlich geprägten Stadtteile ein besseres Mobilitätsangebot bekommen würden. Dieser On-demand-Bus ist ein Bestandteil, um die maximalen ÖPNV-Reisezeiten einzuhalten, die die Stadt Kleve in ihrem Mobilitätskonzept definiert hat. Diese besagen, dass keine Verbindung länger als wochentags 30 Minuten und am Wochenende 45 Minuten dauern soll. ■ Gerald Klemenz, Dipl-Ing. Fachbereich 66, Stadt Kleve gerald klemenz@kleve.de Hannah Janßen, Dipl-Ing. Fachbereich 61, Stadt Kleve hannah.janssen@kleve.de Kleve will den Umstieg vom Auto aufs Rad erleichtern. Foto: Alfred Derks / pixabay Verkehrskonzepte MOBILITÄT