eJournals Internationales Verkehrswesen 72/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2020-0024
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2020
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Erfassung und Nutzung von Mobilitätsdaten

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2020
Robin Tech
Weert Canzler
Andreas Knie
Christian Scherf
Lisa Ruhrort
Daten sind das neue Öl – eine stark simplifizierende Darstellung, die aber insbesondere im Mobilitätssektor auf eine zentrale Bedeutung hindeutet. Öl war und ist Schmiermittel und Treibstoff des Verkehrs – ob wir in Zukunft eine ähnliche Relevanz von Daten erleben werden, woher diese Daten überhaupt kommen, wie sie verarbeitet werden und wofür man sie braucht, untersucht dieser Artikel. Die Kernthese lautet: Mit mehr verfügbaren Mobilitätsdaten kann Mobilitätsverhalten besser erfasst und eingeschätzt werden. Dies wiederum ist die Grundlage für jegliche erfolgversprechende Intervention zur Verhaltensänderung.
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Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 80 Erfassung und Nutzung von Mobilitätsdaten Mobilitätsdaten, Verkehrswende, Mobilitätswende, Big Data, KI Daten sind das neue Öl - eine stark simplifizierende Darstellung, die aber insbesondere im Mobilitätssektor auf eine zentrale Bedeutung hindeutet. Öl war und ist Schmiermittel und Treibstoff des Verkehrs - ob wir in Zukunft eine ähnliche Relevanz von Daten erleben werden, woher diese Daten überhaupt kommen, wie sie verarbeitet werden und wofür man sie braucht, untersucht dieser Artikel. Die Kernthese lautet: Mit mehr verfügbaren Mobilitätsdaten kann Mobilitätsverhalten besser erfasst und eingeschätzt werden. Dies wiederum ist die Grundlage für jegliche erfolgversprechende Intervention zur Verhaltensänderung. Robin Tech, Weert Canzler, Andreas Knie, Christian Scherf, Lisa Ruhrort D ie Erfassung und Steuerung von Mobilität durch den Einsatz von Maschinen ist mitnichten ein neues Phänomen. Die erste Ampel wurde zwar noch per Hand betrieben, war aber bereits im Jahr 1868 in Großbritannien im Einsatz [1]. Mit der Elektrifizierung kamen 1926 automatische Verkehrsleitsysteme auf, gefolgt von miteinander kommunizierenden - also Daten austauschenden - Sensorsystemen in den 1980ern [2]. Heute produziert eine Vielzahl an stets mit dem Internet verbundenen Geräten sogenannte Big Data, die dann von (schwachen) Künstliche Intelligenzen klassifiziert und analysiert wird, um Mobilität so effizient zu steuern, wie es kein Mensch vermag. Verkehrswende jetzt? Wie Mobilitätsdaten erfasst und genutzt werden können, interessiert nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass ein wirksamer Klimaschutz auch und gerade im Verkehr erreicht werden muss. Der Widerspruch könnte derzeit kaum größer sein: Die umfassende Dekarbonisierung ist nach dem Klima-Gipfel von Paris 2015 beschlossen. Gleichzeitig gibt es im Verkehr, der fast zu 100 Prozent karbonisiert ist, nicht die geringsten Fortschritte. Alle Effizienzgewinne der letzten Jahrzehnte wurden durch mehr Verkehr, größere Fahrzeuge und längere Wege überkompensiert. Und das obwohl die technischen Grundlagen einer postfossilen Mobilität gelegt sind. Elektromobilität, Sharingdienste, nachhaltig betriebener ÖPNV und das Fahrrad stellen gerade in Städten schon heute ein klimaschonendes Mobilitätsangebot dar [3]. Eine Verkehrswende zur nachhaltigen Intermodalität bedarf zum einen einer Neubewertung des öffentlichen Raumes und Foto: Moritz Klassen/ pixabay TECHNOLOGIE Big Data Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 81 Big Data TECHNOLOGIE seiner Infrastrukturen. Sie braucht zum anderen attraktive und zuverlässige Angebote, sie braucht Mobility-as-a-Service in ihren individualisierten Varianten. Diese wiederum beruhen auf intelligent verknüpften und möglichst öffentlich verfügbaren Mobilitätsdaten. Mobilitätsdaten Verkehrsströme beispielsweise können nur dann optimal gesteuert werden, wenn aus historischen Daten repräsentative Muster abgeleitet und zusätzlich möglichst viele Kontextdaten eingebunden werden - also alles vom Wetter bis zur Tageszeit und dem lokalen Veranstaltungskalender. Diese Steuerung beruht heute primär auf Annahmen, Stichproben und ad-hoc Beobachtungen [4, 5]. Eine dynamische, tages- oder sogar stundenaktuelle Preissetzung von Stadtmauten ist beispielsweise nur vereinzelt eingeführt, obwohl damit Stau und Luftverschmutzung gesteuert werden könnten. Diese Technologien umfassen in Bezug auf die Datenerhebung sowohl die Hardware-Ebene, also Sensoren und IoT- Systeme, sowie die Software-Ebene, insbesondere zur Sensorfusion und Datenformatierung. Daran anschließend gibt es inzwischen Analysewerkzeuge (insbesondere Algorithmen), die sogar mit größer werdenden Datenmengen immer besser funktionieren. All dem zugrunde liegen selbstverständlich die Daten. Hier ist zwischen Rohdaten und prozessierten (also aggregierten, bereinigten und/ oder analysierten) Daten zu unterscheiden [6]. Daten und deren Analyse ermöglichen bessere Planung und Steuerung bestehender Systeme, aber auch zunehmend neue Produkte und Dienstleistungen. Der Ride- Hailing-Dienst Uber wäre undenkbar ohne präzise GPS-Koordinaten von Fahrer*innen und Fahrgästen, Routen- und Verkehrsinformationen in Echtzeit, optimierte Allokationsalgorithmen und mobile, dynamische Fahrpreiskalkulation und -abrechnung (Bild-1). Erhebung von Mobilitätsdaten Die Erfassung mobilitätsrelevanter Daten steht entsprechend am Anfang einer langen Wertschöpfungskette. Technologien Smartphones nehmen dabei eine zentrale Rolle ein, da sie nicht nur Mini-Computer, sondern auch Sensor-Arrays sind. Sie erfassen alles von Beschleunigung und Standort über Luftfeuchtigkeit und Temperatur bis hin zur Ausrichtung zum nächsten Mobilfunk und WiFi-Sender. Darüber hinaus entsteht gerade im Zuge von Smart City- Initiativen Infrastruktur zur kontinuierlichen Erfassung mobilitätsrelevanter Größen (z.- B. Luft- und Abgasmessstationen oder Lidar-basierte Passantenzähler). Auch Fahrzeuge selbst werden zunehmend verbundener und smarter [7]. Bi-direktionale Datenverbindungen sind bei neueren Automobilen Standard (Beispiel eCall oder OBD-basierte Motoranalysesysteme mit Over-the-Air-Updatefähigkeit). Menschen Schon heute teilen Menschen in vielen Bereichen bereitwillig Daten (in sozialen Medien zum Beispiel). Der Nutzen muss aber erkennbar sein: zum Beispiel eine vereinfachte Fahrtenbuchung, eine optimierte Route oder ein günstigerer Fahrpreis. Zudem wird die Erhebung und Verarbeitung von Daten immer umfassender reguliert, wie das Beispiel DSGVO in Bezug auf personenbezogene Daten zeigt. Regulierung Die europäische DSGVO setzt sich für Datenminimierung, -transparenz und -zweckbindung ein und entwickelt sich zunehmend zu einem weltweiten Standard. Die Folgen für datenbasierte Anwendungen sind noch schwer absehbar. Sowohl eine Reduzierung von Diensten und Produkten durch Nicht-Konformität als auch ein Innovationsschub durch sicherere Rahmenbedingungen sind denkbar. Auch die Verschränkung von Innovationsregulierung und Datenaustausch wird sicherlich zunehmen. So hat San Francisco geteilte Elektro-Scooter verboten und wenig später eine Regulierung eingeführt, die nur zugelassenen Unternehmen den Betrieb erlaubt. Eine von der San Francisco Municipal Transportation Agency (SFMTA) definierte Voraussetzung für eine Erlaubnis ist, „that each company provide data to the SFMTA [reflecting] the SFMTA’s datadriven method to better understanding how new mobility services impact San Francisco and its communities“ [8]. Datenbasierte Anwendungen Im Folgenden werden exemplarische Anwendungen beschrieben, die den aktuellen Stand mobilitätsrelevanter Datensysteme aufzeigen. Dabei nehmen wir eine Unterteilung entlang von zwei Achsen vor: (a) Kommerzialisierungsgrad der Mobilitätsdaten sowie (b) Datenreichtum des Dienstes (Tabelle 1). Nicht-kommerziell Beispiel Modalyzer Das deutsche Projekt Modalyzer setzt ausschließlich auf das Smartphone und seine Sensorik. Die so generierten Daten werden dann mit proprietärer Software analysiert. Nicht kommerziell Indirekt kommerziell Kommerziell Datenreichtum* (multiple Sensoren, multiple Geräte) Inrix Vivacity Lime Moovit Revmax Mäßiger Datenreichtum* (multiple Sensoren, Einzelgerät) Modalyzer Motiontag Root Car Insurance Geringer Datenreichtum* (Einzelsensor, Einzelgerät oder nur Sekundärquellen) mCloud Austraffic Pace * Datenreichtum entlang der Dimensionen Zeitnähe (real time), Sensordatendiversität, Kontextdaten, Big Data etc. Tabelle 1: Einordnung von Mobilitätsdatendiensten ERFASSUNG VON MOBILITÄTSDATEN PRODUKTE & DIENSTE ANALYSE- WERKZEUGE Bild 1: Daten, Werkzeuge, Dienste Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 82 TECHNOLOGIE Big Data „Vollautomatisch erkennt Modalyzer neun verschiedene Verkehrsmittel, während du dein Smartphone in der Tasche trägst” ist der Claim des Projekts, das sich klar als Forschungsinstrument für die Verkehrs- und Mobilitätsforschung versteht. Entsprechend findet keine Kommerzialisierung der Daten, Analysen oder Software statt. Die automatische Erkennung des Mobilitätsmodus wird durch die Kombination von GPS- Daten mit serverseitiger Verarbeitung ermöglicht, was jedoch zu massiven Energieverbräuchen führt. Laut Robert Schönduwe, Produktentwickler bei der Firma hinter Modalyzer, wurde die App zwar Anfang 2019 eingestellt; jedoch wurde das Projekt an das Markt- und Sozialforschungsinstitut Infas übergeben, wo die App weiterentwickelt wird und zu einem späteren Zeitpunkt wieder online gehen soll. Indirekt kommerziell Beispiel Austraffic Wie Rohdaten traditionell erhoben werden, zeigt der australische Mittelständler Austraffic. Neben Befragungen werden primär automatische Verkehrszählstellen verwendet. Nach eigenen Angaben verfügt das sogenannte BlipTrack-System über Tausende Sensoren, die via Bluetooth Reisezeiten aufnehmen: „Motorists could then be told what the actual delays were and make an informed decision about their journey. [Authorities were] able to tell the media and the public a specific travel time that was accurate and up to date.“ Beispiel Motiontag Das brandenburger Startup unterstützt „Mobilitätsdienstleister dabei, Bewegungsdaten in wertvolle Informationen zu verwandeln, die Aufschluss über Systemnutzung, Reiseverhalten und Reiseketten geben“. Damit ist Motiontag nicht an der direkten Kommerzialisierung der Daten interessiert, sondern ermöglicht andere Dienste - insbesondere Ticketing-Dienste, die Fahrkarten nahtlos über verschiedene Mobilitätsmodi hinweg verkaufen. Motiontag nutzt dabei unter anderem Input- Größen wie den Zeitpunkt der Lokalisierung, Geo-Koordinaten und Genauigkeit (vom GPS-Chip ermittelt), Beschleunigungswerte (über Sensoren im Smartphone ermittelt), Magnetometer (über Sensoren im Smartphone ermittelt) und Bewegungsaktivität aus dem Betriebssystem sowie die Erkennungssicherheit der Bewegungsaktivität. Die MotionTag-Technologie ist auch das Backend der oben beschriebenen Modalyzer-App. Beispiel Vivacity Das 2015 gegründete Startup Vivacity steht beispielhaft für stark vertikal integrierte Lösungen. Vivacity fokussiert sich auf die Erhebung von Mobilitäts- und insbesondere Verkehrsdaten mittels stationärer IoT-Sensorik. Diese „sensor hardware provides continuous and anonymous streams of data on all forms of urban mobility - from pedestrian to cyclist, car to HGV, and everything inbetween“. Vivacity erhebt nicht nur Daten, sondern bereinigt und analysiert sie auch: „Vivacity captures and classifies realtime transport usage through cutting-edge Machine Learning techniques.“ Lediglich die Dienstebene deckt das Startup nicht ab. Als Hauptkund*innen werden Gemeinden und deren Verkehrsunternehmen genannt. Beispiel Lime Moderne Mobilitätsdienstleister wie Lime, Uber oder Mytaxi sind ohne Sensor- und Datentechnologien undenkbar. Erst durch GPS können Fahrer*innen und Fahrzeug zusammengeführt werden, nur durch Echtzeitverkehrsdaten kann die beste Route identifiziert werden. Gerade bei Free-floating-Mikromobilitätskonzepten wie Lime ist die exakte Positionsbestimmung und ständige Erhebung von Fahrzeugdaten essentieller Bestandteil des Geschäftsmodells. Dabei dienen sowohl das Fahrzeug selbst - also beispielsweise der e-Scooter - als auch das Smartphone der Nutzer*innen als Datenlieferant. Die Daten werden bei Lime mit weiteren Kontextdaten wie der Verkehrs- und Wetterlage zusammengeführt, um den eigentlichen Dienst der e-Scooter- Vermietung zu ermöglichen. Die Mobilitätsdaten werden also indirekt kommerziell verwertet. Kommerziell Beispiel Pace Eine der „direktesten“ Möglichkeiten der Mobilitätsdaten-Kommerzialisierung präsentiert Pace. Ein sogenanntes Dongle, das an die OBD2-Diagnoseschnittstelle von PKW angeschlossen wird, kann Fahrzeugdaten auslesen und mit GPS-Daten verschneiden, um Mobilitätsdaten zu erzeugen. Diese werden dann automatisch in ein digitales Fahrtenbuch überführt, das die Nutzer*innen für die Dokumentation gegenüber dem Finanzamt nutzen kann. Moderne Systeme können jedoch schon heute ein wesentlich breiteres Spektrum abbilden: Die maschinengestützte Auswertung von Sensordaten (Bild, Video, Temperatur, Druck, Vibration, Beschleunigung) erlaubt es beispielsweise, Versicherungen anzubieten, die dem Fahrverhalten des Versicherungsnehmers entsprechen. Beispiel Moovit Das 2012 gegründete Startup verspricht die größte Datenbank zu lokalen Mobilitätsangeboten weltweit. In Abgrenzung zu Wettbewerbern versichert die Firma: „On the transit level, Moovit today has about 70 % more coverage than Google Maps“. Zudem sei das Geschäftsmodell nicht auf den Verkauf von Werbung aus, weshalb sie auch keine personenbezogenen Einzeldaten sammeln müssten. Stattdessen aggregiert Moovit Mobilitätsdaten „[and] provides statistics and analytics for public transit based on Moovit usage data, surveys and commuter travel patterns around their cities“. Damit ermöglichten sie Gemeinden eine effizientere Mobilitätsplanung. Moovits Fokus liegt auf der Echtzeitdarstellung und -planung von Mobilität über verschiedene Modi hinweg durch eine Kombination von GPS Daten, Daten-Crowdsourcing und Echtzeitdaten von Mobilitätsanbietern. Foto: StockSnap / pixabay Internationales Verkehrswesen (72) 1 | 2020 83 Big Data TECHNOLOGIE Beispiel Revmax Der Technologiezweig Flottenmanagement wird im Zuge des multimodalen und künftig auch autonomen Verkehrs immer bedeutender. Ein Startup, das exemplarisch für Lösungsanbieter auf dieser Ebene steht, ist Revmax. Das US-amerikanische Unternehmen wurde 2016 gegründet und greift auf vorhandene Datensets zurück und positioniert sich damit auf der Analyse- und Dienstebene. Nach eigener Aussage ist die Platform „specifically designed for transportation and distribution applications. We utilize numerous correlated data sources and structure the outputs based on location and time horizon“. Dabei kann von einer ausschließlichen B2B-Ausrichtung des Startups ausgegangen werden. Anwendungen in der Forschung Aus der Perspektive der Mobilitätsforschung - insbesondere in Bezug auf eine Verkehrswende - ergibt sich die Frage der Messbarmachung. Forscher*innen und an diese anschließend Polity-, Policy- und Politics-Maker benötigen Informationen über die Effektivität von Maßnahmen, die den Modal Shift vorantreiben sollen. Dabei spielen Daten zum (individuellen) Verkehrsverhalten und insbesondere zur Vekehrsmittelwahl eine entscheidende Rolle. Wie weiter oben beschrieben, ist dies aufgrund • technischer Restriktionen, • nicht-kooperativen Verhaltens der Datengeber*innen und • des besonderen Schutzes personenbezogener Daten äußerst schwer umsetzbar. Eine zusammengefasste und tatsächlich individuelle und genaue Messung des Mobilitätsverhaltens ist also aktuell nicht möglich. Entsprechend bleibt die Erfassung durch Befragungen die einzige Methode, um demographische, multi-modale, emotionale und kausale Faktoren gesichert zu erheben. Ausblick Die in diesem Artikel diskutierten Prozesse und Dienste zeigen einerseits deutliche Weiterentwicklungen in der Erhebung und Analyse von Mobilitätsdaten. GPS- und Mobilfunkdaten erlauben bereits gute Rückschlüsse auf Mobilitätsverhalten. Insbesondere kontextuelle Daten und KI-Methoden werden die automatische Erfassung und Mobilitätsmoduszuordnung künftig weiter verbessern. Dem gegenüber stehen jedoch klare Defizite in Bezug auf das Teilen von Daten sowie die Nutzung für Forschungszwecke. Dabei sind drei Faktoren entscheidend: Erstens gilt es, ein besseres Verständnis von Datenquellen und -typen in der Bevölkerung, bei Politiker*innen und Forscher*innen herzustellen. Nur so können klare Anforderungen an Mobilitätsdatenlieferanten gestellt werden. Dies steht in enger Verbindung mit dem zweiten Faktor: Auch wenn immer mehr Daten - beispielsweise durch Dienste wie mCloud - verfügbar gemacht werden, sind diese zuweilen in so unterschiedlichen oder unnützen Formaten (z. B. PDF), dass eine maschinelle und skalierte Auswertung schwer bis unmöglich ist. Es braucht klare Standards und Richtlinien, um Daten zu erheben, zu bereinigen und zu homogenisieren. Zum Dritten ist die enge Kopplung von Datenerhebung und Datenkommerzialisierung zwar ein Treiber immer größerer Mobilitätsdatensätze, jedoch bleiben diese der Öffentlichkeit meist verschlossen, da sie Bestandteil des jeweiligen Geschäftsmodells sind. Dabei scheint die Monetarisierung und Kommerzialisierung von Mobilitätsdaten in stand-alone-Lösungen weiterhin schwierig. Meist findet eine Einbindung in andere Dienste statt. Lime, Uber oder Google Maps sind zwar Mobilitätsdatensammler und -verwerter, aber eben keine Mobilitätsdatenkommerzialisierer. Alternativen, die ausschließlich innerhalb des Mobilitätsdatendienstes wirtschaftlich agieren, sind rar. Selbst INRIX Traffic - eine Navigations-App fürs Smartphone, die individuelle Mobilitätspräferenzen der Nutzer*innen erlernt - ist in ein größeres Forschungs- und B2B-Wertschöpfungsmodell eingebunden. Alternativen wie das 2009 in Griechenland gegründete Mobilitätsdaten-Startup SBoing - welches durch die Kombination eines Crowdsourcing-Ansatzes und einer virtuellen digitalen Währung ein Geschäftsmodell aufzubauen versucht - sowie das oben diskutierte Startup Moovit sind weiterhin Ausnahmen. ■ LITERATUR [1] Day, L.; McNeil, I. (1996): Biographical dictionary of the history of technology. London: Routledge [2] Akcelik, R. (1981): Traffic signals: capacity and timing analysis. Australian Road Research Board. Research Report ARR No. 123 [3] Canzler, W.; Knie, A. (2018): Die Zukunft urbaner Mobilität: Ansätze für eine ökologische Verkehrswende im digitalen Zeitalter. böll. brief - Grüne Ordnungspolitik, No. 6. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin [4] Schmidt, A.; Männel, T. (2017): Potenzialanalyse zur Mobilfunkdatennutzung in der Verkehrsplanung. Stuttgart: Fraunhofer IAO [5] Baum, J.; Howe, E. (2017): Using GPS technology for demand data collection. Introduction to opportunities and challenges of the methodology in developing and emerging economies. In: International Transportation (69) 1, 30-33 [6] Zikopoulos, P.; Eaton, C. (2011): Understanding big data: Analytics for enterprise class hadoop and streaming data. McGraw-Hill Osborne Media [7] Van den Haak, P.; Bakri, T. van Katwijk, R.; Emde, M.; Snelder, M. (2018): Validation of Google floating car data for applications in traffic management. Transportation Research Board 97th Annual Meeting [8] SFMTA (2018): Pilot Powered Scooter Share Permit Program. Retrieved October 12, 2019 from https: / / www.sfmta.com/ sites/ default/ files/ reports-and-documents/ 2018/ 08/ scooter_policy_directive_08.28.2018.pdf and https: / / www.sfmta.com/ sites/ default/ files/ reports-and-documents/ 2018/ 10/ scooter_program_terms_conditions_and_guidline_10.12.18_0.pdf INFORMATIONEN UND HINTERGRUND • austraffic.com.au, gegründet 1983, Australien; vergleichbar mit innovarytech.com, gegründet 2017, Indien • motion-tag.com, gegründet 2015, Deutschland; vergleichbar mit hopon.co, gegründet 2012, Israel • vivacitylabs.com, gegründet 2015, UK; ähnlich zu www.carmera.com, gegründet 2015, USA • li.me, gegründet 2017, USA; vergleichbar mit tier.app, gegründet 2018, Deutschland • pace.car, gegründet 2015, Deutschland; ähnlich zu vim-car.de, gegründet 2013, Deutschland • revmax.io, gegründet 2016, USA; vergleichbar mit Skyline Labs, gegründet 2014, Indien, sowie ThingTech, gegründet 2014, USA Christian Scherf, Dr. Wissenschaftlicher Berater, M-Five GmbH Mobility - Futures, Innovation, Economics, Karlsruhe christian.scherf@m-five.de Lisa Ruhrort, Dr. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik, WZB Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH, Berlin lisa.ruhrort@wzb.eu Andreas Knie, Prof. Dr. Leiter Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung, WZB Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH, Berlin andreas.knie@wzb.eu Weert Canzler, Dr. habil. Leiter Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung, WZB Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH weert.canzler@wzb.eu Robin P. G. Tech, Dr. Senior Researcher Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung, WZB Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH robin.tech@wzb.eu