eJournals Internationales Verkehrswesen 72/2

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2020-0035
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Military Mobility in Europa

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Philipp Schneider
Die Mobilität militärischer Verbände ist für Europa ein hochaktuelles Thema. Die Aktualität ergibt sich zum einen aus den Diskussionen um den kommenden EU-Haushalt, der einen eigenen Military-Mobility-Etat vorsehen könnte, und zum anderen aus dem Manöver „Defender 2020“. Doch während sich die Haushaltsverhandlungen als schwierig erweisen, machte die Coronavirus-Pandemie „Defender 2020“ den Garaus. Von der Agenda verschwinden wird die „Military Mobility“ dennoch nicht, weswegen die folgende Lagebeschreibung und Analyse aktuell bleibt. Das Thema wird dabei mit einem Fokus auf den Verkehrsträger Schiene behandelt.
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Internationales Verkehrswesen (72) 2 | 2020 18 Military Mobility in Europa Aktuelle Entwicklungen und Hintergründe zur Mobilität militärischer Verbände in Europa Verkehrsinfrastruktur, Militärische Mobilität, Schienenverkehr Die Mobilität militärischer Verbände ist für Europa ein hochaktuelles Thema. Die Aktualität ergibt sich zum einen aus den Diskussionen um den kommenden EU-Haushalt, der einen eigenen Military-Mobility-Etat vorsehen könnte, und zum anderen aus dem Manöver „Defender 2020“. Doch während sich die Haushaltsverhandlungen als schwierig erweisen, machte die Coronavirus-Pandemie „Defender 2020“ den Garaus. Von der Agenda verschwinden wird die „Military Mobility“ dennoch nicht, weswegen die folgende Lagebeschreibung und Analyse aktuell bleibt. Das Thema wird dabei mit einem Fokus auf den Verkehrsträger Schiene behandelt. Philipp Schneider D er Begriff Military Mobility ist noch relativ jung, die zentrale Rolle der Logistik in der Verteidigung ist jedoch sehr alt, und so gibt es hierzu im Oxford Handbook of War unter dem Titel „The role of Logistics in war“ ein eigenes Kapitel. Die dort enthaltene Definition kann hier übernommen werden, auch wenn der Fokus der EU-Politik deutlich beim Abbau der unterschiedlichen nationalen Zugangsbarrieren liegt: „Defence logistics […] determines what military forces can be delivered to an operational theatre, the time it will take to deliver that force, the scale and scope of forces that can be supported once there, and the tempo of operations.” [1: 401] Military Mobility ist auch aus strategischer Sicht bedeutsam: Gegebenenfalls stattet sie die Politik mit Zeitvorteilen und Verhandlungsmasse am Beginn einer Krise aus, ehe lediglich auf geschaffene Fakten reagiert werden kann. [2] Im Übrigen sind Maßnahmen in diesem Bereich ein Mittel, den Anforderungen des EU-Vertrags, Art. 42, gerecht zu werden. Hier geht es unter anderem um die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die schrittweise Verbesserung militärischer Fähigkeiten und den gegenseitigen Beistand. [3] Jüngste Entwicklungen Etwa 2016 erlangte das Thema, damals unter dem Slogan „Military Schengen“, einige Aufmerksamkeit. Ein adaptiertes Schengen-Abkommen - das eigentliche Schengener Abkommen von 1985 und seine Nachfolger finden militärisch keine Anwendung [4: 10] - erwies sich aber als zu ambitioniert, weswegen diese Formulierung in der Folge seltener wurde. Die Europäische Kommission veröffentlichte 2018 einen „Action Plan on Military Mobility“. [5] Dieser sah verschiedene Maßnahmen und Pro- M1A2 Abrams Panzerfahrzeuge der 4. US-Infanteriedivision beim Verladen in Bremerhaven. Foto: www.dvidshub.net / PD POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (72) 2 | 2020 19 Wissenschaft POLITIK jekte vor und galt als ein Puzzleteil auf dem Weg zur GSVP. 2019 folgte ein Umsetzungsbericht. [6] Die EU-Kommission schlug 2018 für den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021 bis 2027 ein Military-Mobility-Budget von ca. 6,5 Mrd. EUR vor, welches wiederum Teil der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) sein sollte. Gefördert werden sollte damit die europäische Verkehrsinfrastruktur an Stellen, an denen sich ein „Dual-Use-Gedanke“ verwirklichen lässt, an denen also sowohl der zivile Binnenverkehr profitiert als auch die grenzüberschreitende Beweglichkeit militärischer Verbände verbessert wird. Explizit beide Bedingungen - also die zivile und die militärische - müssten für eine Teilfinanzierung erfüllt sein, rein militärische Anforderungen sollten nicht hinreichend sein. [6: -4] Interessant ist diese Entwicklung auch angesichts der Diskussion um das 2%-Ziel der Nato: Würden solche Investitionen zu den Verteidigungsausgaben zählen, könnten sich Länder wie Deutschland dem gemeinsam verabredeten Ziel, 2 % des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, schneller annähern. [7] Doch den ambitionierten Zielen der Kommission folgte in den Verhandlungen um den MFR ein stetiger Abstieg: Aus den 6,5 Mrd. EUR machte die finnische Ratspräsidentschaft 2,5 Mrd. EUR, der EU-Ratspräsident 1,5 Mrd. EUR und schließlich stand in einem technischen Dokument der Kommission die komplette Streichung der Mittel [8] - was vor allem in Osteuropa für Unverständnis sorgte. [9] Mit dem Großmanöver „Defender 2020“ wollte die Nato im großen Maßstab (ca. 20.000 beteiligte Soldaten) die Verlegung von Personal und Material von Nordamerika nach Europa sowie innerhalb Europas üben. Mitte März wurde die bereits laufende Übung wegen der Ausbreitung des Coronavirus ausgesetzt, das lange vorbereitete Manöver fand damit ein jähes Ende. [10] Dass das Thema Military Mobility trotzdem aktuell bleiben wird, kann aber angenommen werden: Zum einen hat sich durch die Pandemie die sicherheitspolitische Lage nicht geändert. Diese hatte die Nato-Staaten unter anderem dazu bewogen, 2014 die „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) ins Leben zu rufen. [11] Dieser Verband, dessen Truppenteile jährlich rotieren und den Deutschland 2023 zum wiederholten Mal führen wird, ist auf eine sehr kurzfristige Verlegbarkeit ausgerichtet. Glaubwürdig ist dessen Einsatzfähigkeit aber nur, wenn er auch schnell an einen Einsatzort gelangt. Zum anderen gibt es auf EU-Ebene im Rahmen der PESCO-Initiative (Permanent Structured Cooperation in der Verteidigungspolitik) ein eigenes Military-Mobility-Projekt, das insbesondere auf einen Bürokratieabbau bei grenzüberschreitenden Verlegungen abzielt. Die Beteiligung fast aller Mitgliedsstaaten zeugt von der Bedeutung des Themas. [12] Im Bereich Military Mobility spielen viele Stakeholder eine Rolle: Neben den Nationalstaaten sind dies die EU und die Nato mit ihren diversen Unterorganisationen und Projekten, deren Zuständigkeiten und Ziele von außen nicht immer trennscharf erscheinen [13: 2], es ist sogar die Rede von „parallel, almost competing processes“ [14: 19]. Erschwerend kommt für Europa hinzu, dass es neben Staaten mit beiden Mitgliedschaften auch solche gibt, die ausschließlich EU- oder Nato-Mitglieder sind. Beide Bündnissysteme stehen in einem „Strukturierten Dialog“ zum Thema. Europäische Infrastruktur Die Verkehrsinfrastruktur in Europa ist seit den 1990er Jahren mit nahezu ausschließlichem Fokus auf zivile Anforderungen weiterentwickelt worden. [15: 3] Hierfür gibt es gute Gründe - und viele Beispiele dafür, wie grundverschieden die Zeit des Kalten Krieges in dieser Hinsicht war. Grundsätzlich ist jeder Verkehrsträger für militärische Belange einsetzbar, verfügt aber über einen eigenen natürlichen Marktbereich: So ist der Lufttransport schnell und weitgehend unempfindlich für Interoperabilitätsprobleme, eignet sich jedoch nicht für große Stückzahlen und Tonnagen. Die Luftfrachtkapazitäten sind bei den Streitkräften, aber auch im privaten Sektor, sehr beschränkt. Ferner besteht eine partielle Abhängigkeit von ukrainischen und russischen Luftfrachttransporteuren, deren Verfügbarkeit in Krisenzeiten nicht verlässlich eingeplant werden kann. [14: 15] Die Stärken der Schifffahrt liegen bei der Massenleistungsfähigkeit genau umgekehrt zum Luftverkehr, jedoch kommen hier erschwerend das nur weitmaschige und in großen Teilen nur eingeschränkt befahrbare Binnenwasserstraßennetz sowie die relativ geringen Geschwindigkeiten hinzu. Seetransporte aus Nordamerika oder dem Vereinigten Königreich würden - wie bei „Defender 2020“ - wohl nur bis zu den Nordseehäfen Deutschlands und der Niederlande fahren und wären von dort an auf Straßen- und Eisenbahntransporte angewiesen. [14: 17] Wie auch bei der Luftfracht sind die Transportkapazitäten allerdings sehr beschränkt. [16] Straße und Schiene sind somit für die militärische Mobilität in Europa von entscheidender Bedeutung. Aufgrund seines engmaschigen Netzes ist der Verkehrsträger Straße für Transporte in Europa insbesondere für die letzte Meile unerlässlich, da weder Kasernen und Häfen noch Operationsgebiete durchgängig über einen Zugang zu anderen Verkehrsträgern (insbesondere zu Gleisanschlüssen [17]) verfügen. Auch für Langstreckentransporte kommt die Straße in Frage, jedoch ist man hierfür auf eine große Zahl geeigneter Transporter angewiesen, die nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Daneben existieren im europäischen Straßennetz auch qualitative Mängel. In Deutschland ist der Zustand der Straßen- und Eisenbahnbrücken Gegenstand von Diskussionen, aber auch für das Nachbarland Polen - um ein weiteres wichtiges Transitland zu nennen - wird in einem EU-Report das Fehlen eines „kohärenten Netzwerks“ und zuverlässiger Verbindungen bemängelt. [17: 107] Das Land ist reich an Gewässern und demzufolge auch an Brücken, die aber vielfach nur maximal 60 Tonnen tragen können, oft auch weniger. [18] Andere Länder teilen dieses Problem, ebenso wie die vielfach eingeschränkte lichte Durchfahrthöhe von Brücken, die Großraumtransporten die Durchfahrt erschwert. [5: 4] Darüber hinaus sind für die Vorbereitung eines solchen Transports vielfach Abstimmungen mit verschiedenen Behörden unterschiedlicher Hierarchiestufen nötig, wobei militärische Verkehre z.B. in Deutschland keine Vorrangbehandlung genießen. [19: 2] Internationales Verkehrswesen (72) 2 | 2020 20 POLITIK Wissenschaft Mobilität im Schienengüterverkehr in Europa Die allgemeine Bedeutung der Eisenbahn und die Herausforderungen beim Transport insbesondere schwerer gepanzerter Fahrzeuge wurden bereits andernorts ausführlich diskutiert. [20] Im Folgenden sollen Herausforderungen beim grenzüberschreitenden Transport militärischer Güter in Europa dargelegt werden. Diese stoßen allgemein auf drei Barrierekategorien: technische, die meist spezifisch den Verkehrsträger Bahn betreffen, sowie rechtliche und administrative, die oftmals für alle Verkehrsträger gelten. Ein höheres Maß an Interoperabilität im europäischen Eisenbahnverkehr ist seit vielen Jahren Hauptziel der EU-Verkehrspolitik. Erreichen will man dies unter anderem mittels technischer Spezifikationen (TSI) und dem Infrastrukturprogramm Trans-European Transport Network (TEN). [21: 70] Der Status quo in Europa ist noch von einem hohen Maß an Zerklüftung geprägt. Betrachtet man beispielhaft den auch für „Defender 2020“ genutzten Korridor Nordseehäfen - Deutschland - Polen - Baltikum stößt man dabei auf zwei unterschiedliche Spurweiten (Normalspur sowie russische Breitspur im Baltikum), drei bzw. vier verschiedene Stromsysteme, drei bzw. vier Zugbeeinflussungssysteme und in jedem Land mindestens ein administrativ zuständiges Eisenbahninfrastrukturunternehmen - dies alles ungeachtet des Umstands, dass dabei durchgehend der TEN-Kernnetz-Korridor North Sea-Baltic befahren wird. [22] Teilweise lassen sich diese Interoperabilitätsprobleme mit Mehrsystemlokomotiven umgehen, spätestens die russische Breitspur in den baltischen Staaten erzwingt jedoch einen Wechsel des Rollmaterials. Die nötigen Verladekapazitäten sind dabei beschränkt (ca. zwei Züge pro Tag), was im Falle größerer und ggf. eiliger militärischer Verlegungen dazu führen dürfte, dass der letzte Transportabschnitt durch das Baltikum per Straßentransport durchgeführt würde. [14: 17] Das Projekt Rail Baltica - eine Neubaustrecke in Normalspur durch die baltischen Staaten und Polen - soll hier Abhilfe schaffen. [22] Die administrativen Anforderungen für den Transport militärischer Güter sind, auf der Straße wie auf der Schiene, komplex: Zoll-Bestimmungen sind zu beachten und können variieren, je nachdem ob der Versender Nato- oder EU-Mitglied ist. Auch kann es einen Unterschied machen, ob es sich um einen zivilen Transporteur handelt oder die Streitkräfte selbst als solcher auftreten. Zwar kann angenommen werden, dass einige regulatorische Einschränkungen in Krisenzeiten gelockert würden, eingeplant werden kann dies jedoch nicht. [14: -21f.] Schwerpunkte der Harmonisierungsbestrebungen der EU in diesem Bereich betreffen Gefahrguttransporte sowie Vereinfachungen bei Mehrwertsteuer und Zollbestimmungen, wobei hier auf die Übernahme existierender Nato-Regelungen abgezielt wird. [6: 6f.] Generell sollen diplomatische Genehmigungen für militärische Transporte innerhalb von fünf Tagen erteilt werden, was insbesondere für die Straße eine erhebliche Verkürzung darstellt. [19: 2f.] Da der Transportsektor fast komplett privatwirtschaftlich organisiert ist, werden Transportgefäße grundsätzlich nur in einer wirtschaftlich für die Unternehmen vertretbaren Anzahl vorgehalten und ihr Einsatz auf möglichst wenig Stillstand hin optimiert. Das betrifft die Eisenbahn genauso wie alle anderen Verkehrsträger, weswegen der verfügbare Transportraum ein erheblicher Engpass ist. [19: 4] Der internationale Austausch von Güterwagen ist über den Allgemeinen Vertrag für die Verwendung von Güterwagen (AVV) geregelt (bis 2006: RIV) und eingespielt. Fast 700 Eisenbahnunternehmen sind Mitglied, naturgemäß besteht jedoch ein Defizit bei den baltischen Ländern, deren Eisenbahnunternehmen teilweise am post-sowjetischen Breitspurwagenaustauschregime partizipieren. [23] Der - hinsichtlich VJTF auch kurzfristige - Zugriff auf Transportleistungen ist durch die Bundeswehr zwar gesichert, jedoch ist zu bedenken, dass beispielsweise die Verlegung eines größeren US-Kampfverbandes (Armored Brigade Combat Team) ca. 17 Züge beansprucht, was viel Vorlaufzeit benötigt und den bundeswehreigenen Wagenbestand übersteigt. [14: 16] Generell ist das Auslagern eigener Kompetenzen auf externe Dienstleister mit der einhergehenden steigenden Komplexität der Logistikketten das Ergebnis eines länger währenden Prozesses, der nach dem Ende des Kalten Krieges seinen Anfang nahm. [24: 523f.] Die Nato und ihre Mitgliedsstaaten haben seither einige Fähigkeiten abgebaut, die nun wieder neu aufgebaut werden müssen (vgl. exemplarisch Bild 1). [4: 10] Dies dürfte bei internationalen Operationen - in Bündnissystemen wie Nato oder EU der Regelfall - die Abhängigkeiten von der jeweiligen Gastnation erhöhen (Host Nation Support). Ausblick Military Mobility ist ein Handlungsfeld, das sowohl mehrere Sektoren als auch verschiedene Hierarchiestufen adressiert: Es ist sektorübergreifend, weil Planung, Betrieb und Aufsicht der Verkehrsträger jeweils diversen Akteuren obliegen, und es betrifft oft mehrere Ebenen, z.B. durch das Subsidiaritätsprinzip in der öffentlichen Verwaltung oder die Einbeziehung privater Akteure. [25: -2] Diese vielen Dimensionen machen Problemlösungen per se schwierig. Bild 1: Bis 2009 mussten für viele Straßenbrücken militärische Lastenklassen angegeben werden; die Schilder sind häufig noch präsent. Foto: Cookie Nguyen / Wikimedia / CC BY-SA 4.0 Internationales Verkehrswesen (72) 2 | 2020 21 Wissenschaft POLITIK Hinzu kommt, dass Nutzen und Kosten schwierig abzuwägen sind: Kosten für Infrastrukturmaßnahmen sind oft erheblich, und die umfassende Ertüchtigung der europäischen Infrastruktur wäre ein enormes Projekt, gerade in den absehbar schwierigen Post-Corona-Haushaltslagen der Mitgliedsländer. Außerdem treten die Kosten unmittelbar auf, der Nutzen ist jedoch kaum quantifizierbar bzw. tritt hoffentlich nie unmittelbar tatsächlich ein. Investitionen in Sicherheit und Verteidigung sind präventive Maßnahmen und wie in einem anderen Kontext festgehalten wurde: „There is no glory in prevention.“ [26] Die EU hat 2019 im Rahmen einer Lückenanalyse untersucht, welche Unterschiede zwischen militärischen und zivilen Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur existieren. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Anforderungen im Netzwerk verkehrsträgerübergreifend zu 94 % decken, wobei keine Details zur Herangehensweise veröffentlicht wurden. [6: 4] Im Eisenbahnbereich wäre ein Abgleich der TSI-Anforderungen mit militärischen Ansprüchen an Strecken und Bahnhöfe (z.B. Lademaße, Meter- und Achslasten, Laderampen oder Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern) naheliegend. Die laufenden Haushaltsverhandlungen werden zeigen, inwieweit mögliche Infrastrukturprojekte künftig finanziell unterfüttert werden, um Schwächen zu beseitigen, die bei der Lückenanalyse identifiziert wurden. Die Förderung künftiger Infrastrukturprojekte zu einem kleinen Teil von der Erfüllung militärischer Anforderungen abhängig zu machen, erscheint zweckmäßig, sofern die zivilen Anforderungen nicht hintangestellt werden (Dual-Use-Gedanke der EU-Kommission). Dies gilt umso mehr, wenn man das gegenüber diversen Gefahren höhere Maß an Resilienz betont, das mit einer auch militärisch höheren Nutzbarkeit einhergeht: „Crisis Mobility“ statt Military Mobility. [27] Dass schon die Übernahme von existenten Nato-Prozessen (z.B. Regelungen zur Mehrwertsteuererhebung im Rahmen von Bündnisaktivitäten oder die Übernahme eines Zollformulars) als besondere Meilensteine hervorgehoben werden [6: 7f.], verdeutlicht, dass bei allem Problembewusstsein offensichtlich nur eine Politik der kleinen Schritte verfolgt werden kann. Dies gilt auch für das begrenzte Budget, das im CEF-Rahmen der Military Mobility zugebilligt werden könnte - wenn es überhaupt dazu kommt. Auf nationaler Ebene finden militärische Bedürfnisse bei der Verkehrswegeplanung bislang keine besondere Beachtung. Es wäre zu erwägen, im Einzelfall (z.B. bei strategisch bedeutsamen Brücken und der Anbindung von Kasernen) diesen Zustand zu hinterfragen bzw. eine Übernahme des Dual-Use-Gedankens der EU-Kommission zu überprüfen. ■ LITERATUR [1] C. Kinsey; M. Uttley: „The Role of Logistics in War“, in The Oxford Handbook of War, Oxford, Oxford University Press, 2012, S. 401-416. [2] B. Hodges; T. Latici: „Deterrence through Military Mobility“, Center for European Policy Analysis, 12.02.2020. URL: https: / / www.cepa.org/ deterrence-through-military-mobilit. [Zugriff am 07.04.2020]. [3] Vertrag über die Europäische Union in der Fassung vom 7.6.2016, Amtsblatt der Europäischen Union, C 202/ 15. [4] J. Dempsey: „Nato’s Eastern Flank and Its Future Relationship With Russia“, 23.10.2017. URL: https: / / carnegieendowment.org/ files/ CP_318_Eastern_Flank_FNL4WEB.pdf. [Zugriff am 07.04.2020]. [5] Europäische Kommission: „Action Plan on Military Mobility“, Brüssel, 2018. [6] Europäische Kommission: „Joint Report to the European Parliament and the Council on the implementation of the Action Plan on Military Mobility“, Brüssel, 2019. [7] B. Hodges; A. Schaltuper: „In defence of logistics“, New Europe, 15.02.2019. URL: https: / / www.neweurope.eu/ article/ in-defence-of-logistics/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [8] A. Brzozowski: „Europe‘s military mobility: latest casualty of EU budget battle“, Euractiv, 25.02.2020. URL: https: / / www.euractiv.com/ section/ global-europe/ news/ europes-military-mobility-latest-casualty-of-eu-budget-battle/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [9] The Defense Post: „Eastern European defense ministers urge EU funds for military mobility program“, 10.03.2020. URL: https: / / www.thedefensepost.com/ 2020/ 03/ 10/ eastern-europe-eu-funding-military-mobility/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [10] U.S. Army Europe: „Defender-Europe 20“, 13.03.2020. URL: https: / / www.eur.army.mil/ DefenderEurope/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [11] Bundesministerium der Verteidigung: „VJTF - Speerspitze der Nato“, URL: https: / / www. bmvg.de/ de/ themen/ dossiers/ die-nato-staerke-und-dialog/ vjtf-speerspitze-der-nato. [Zugriff am 07.04.2020]. [12] PESCO: „PESCO Projects - Military Mobility“, URL: https: / / pesco.europa.eu/ project/ military-mobility/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [13] M. Drent; K. Kruijver; D. Zandee: „Military Mobility and the EU-Nato Conundrum“, 07/ 2019. URL: https: / / www.clingendael.org/ sites/ default/ files/ 2019-07/ Military_Mobility_and_the_EU_Nato_Conundrum.pdf. [Zugriff am 07.04.2020]. [14] B. Hodges; T. Lawrence; R. Wojcik: „Until Something Moves - Reinforcing the Baltic region in crisis and war“, 31.03.2020. URL: https: / / icds.ee/ wp-content/ uploads/ 2020/ 03/ ICDS_ Report_Until_Something_Moves_Hodges_Lawrence_Wojcik_April_2020_cor.pdf. [Zugriff am 07.04.2020]. [15] T. Latici: „Military mobility - Infrastructure for the defence of Europe“, 02/ 2020. URL: http: / / www.e uro p a rl .e uro p a .e u/ Re g D ata/ etud e s/ B R I E / 2 02 0/ 6 4 61 8 8/ E P R S _ BRI(2020)646188_EN.pdf. [Zugriff am 07.04.2020]. [16] C. Clark: „Not Enough C-17s, Tankers Or Ships For Hot War: TRANSCOM“, Breaking Defense, 02.05.2017. URL: https: / / breakingdefense.com/ 2017/ 05/ not-enough-c-17s-tankers-orships-for-hot-war-transcom/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [17] Europäische Kommission: „Transport in the European Union - Current Trends and Issues“, Brüssel, 2018. [18] S. J. Freedberg Jr.: „OMFV: The Army’s Polish Bridge Problem“, Breaking Defense, 06.02.2020. URL: https: / / breakingdefense.com/ 2020/ 02/ omfv-the-armys-polishbridge-problem/ . [Zugriff am 07.04.2020]. [19] Deutscher Bundestag: „Drucksache 19/ 5208 - Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Drucksache 19/ 4739“, 23.10.2018. URL: https: / / dipbt.bundestag.de/ dip21/ btd/ 19/ 052/ 1905208.pdf. [Zugriff am 07.04.2020]. [20] P. Schneider: „Die Anbindung von Bundeswehr-Standorten an das Eisenbahnnetz“, Eisenbahntechnische Rundschau, S. 49-53, Juni 2019. [21] C. Salander: „Das Europäische Bahnsystem“, Wiesbaden: Springer Vieweg, 2019. [22] Europäische Kommission: „North Sea-Baltic“, URL: https: / / ec.europa.eu/ transport/ themes/ infrastructure/ north-sea-baltic_en. [Zugriff am 07.04.2020]. [23] GCU Bureau: „GCU Signatories Portlet“, URL: https: / / www.gcubureau.org/ signatories. [Zugriff am 07.04.2020]. [24] M. Erbel; C. Kinsey: „Think again supplying war: reappraising military logistics and its centrality to strategy and war“, The journal of strategic studies, S. 519-544, 04/ 2015. [25] Finabel: „On the Way Towards A True Military Mobility“, 16.03.2018. URL: http: / / finabel. org/ wp-content/ uploads/ 2018/ 12/ Military-Schengen-Towards-a-true-Military-Mobility-1.pdf. [Zugriff am 08.04.2020]. [26] NDR Info: „Coronavirus-Update: Wir müssen weiter geduldig sein“, 30.03.2020. URL: https: / / www.ndr.de/ nachrichten/ info/ 24-Coronavirus-Update-Wir-muessen-weiter-geduldig-sein,podcastcoronavirus166.html. [Zugriff am 07.04.2020]. [27] B. Hodges: „Let‘s get moving“, 07.04.2020. URL: https: / / www.cepa.org/ lets-get-moving. [Zugriff am 07.04.2020]. Philipp Schneider, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachgebiet Bahnbetrieb und Infrastruktur, Institut für Land- und Seeverkehr, Technische Universität Berlin pschneider@railways.tu-berlin.de