Internationales Verkehrswesen
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10.24053/IV-2020-0051
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Internationales Verkehrswesen (72) 3 | 2020 6 IM FOKUS Klimafreundlicher Wasserstofftransport per Bahn soll Standard werden D er potenziell grüne Energieträger Wasserstoff kann äußerst umweltfreundlich und in deutlich größeren Mengen mit der Bahn als auf der Straße befördert werden. Technisch und rechtlich ist die Anlieferung auf dem Gleis bereits möglich. Bislang fehlt es jedoch im Schienenverkehr an geeigneten Transportbehältern. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie von DB Energie, dem Energieversorger der Deutschen Bahn, die im Auftrag der Landesenergieagentur Hessen (LEA) erstellt wurde. Auf dem Taunusnetz der Hessischen Landesbahn GmbH (HLB) sollen ab Ende 2022 Brennstoffzellenzüge des Typs Coradia iLint 54 den Verkehr aufnehmen. Die Betankung mit Wasserstoff soll im Industriepark Höchst erfolgen. Im Hinblick auf eine künftige Wasserstoffwirtschaft muss - vorzugsweise grüner - Wasserstoff nicht nur hergestellt, sondern auch verteilt und ausgeliefert werden. Weil Straßentransport über größere Entfernung keine wirklich nachhaltige Lösung ist, beauftragte die LEA die Studie zum Wasserstofftransport per Eisenbahn. DB Energie untersuchte dazu von November 2019 bis April 2020 mit Partnern aus Industrie, der Verkehrs- und Logistik- Branche, wie der Transport von Druck-Wasserstoff technisch, betrieblich und genehmigungsrechtlich auf der Schiene erfolgen kann. Ausgehend von der bestehenden Wasserstoffquelle im Industriepark Höchst in Frankfurt am Main, wo der Wasserstoff als Nebenprodukt einer Chlor-Alkali-Elektrolyse anfällt, wurde dies an zwei konkreten Strecken im Rhein-Main-Gebiet untersucht und dargestellt. Um die Belieferung neu entstehender Wasserstofftankstellen von der Schiene aus zu einer wirtschaftlich interessanten Option zu machen, empfehlen die Verfasser der Studie ein Pilotprojekt. Ziel soll der klimafreundliche Wasserstofftransport auf der Schiene im Regelbetrieb sein. Wir bei DB Energie nehmen diese Studie zum Anlass, den Aufbau einer Wasserstoff-Logistik auf der Schiene voranzutreiben. Perspektivisch wird Wasserstoff auch als Dieselersatz bei der Bahn immer interessanter. Ein weiterer Schritt auf dem Weg, die DB bis 2050 zum klimaneutralen Konzern zu machen. Die gesamte Studie „Potenzialbeschreibung Wasserstofftransport über das Schienennetz“ ist auf der Webseite der LEA verfügbar. www.lea-hessen.de Foto: Michael Ismar, NPROXX Continental recycelt Sekundärfederungen von Schienenfahrzeugen A lle paar Jahre ist es an der Zeit, Komponenten in Zügen oder Bahnen auszutauschen - auch die Sekundärfederung. Der Neukauf von Ersatzteilen ist für die Betreiber von Schienenfahrzeugen eine kostspielige Angelegenheit. Nun bietet Continental die industrielle Aufarbeitung von Luftfedersystemen an. Refurbishment ist preisgünstiger als Neuteile und zugleich nachhaltig, es schont also Umwelt und Kundenbudget. Bei dieser industriellen Aufarbeitung demontieren die Techniker das bestehende System, prüfen die einzelnen Teile und bewerten die Wiederverwendbarkeit. Auf die noch intakten Systemkomponenten werden ein neuer Luftfederbalg, eine neue MEGI-Zusatzfeder sowie die erforderlichen Anbauteile montiert. Am Ende prüfen Fachleute das komplette Luftfedersystem in einer Prüfmaschine mit mordernster Technologie. Continental gibt eine Gewährleistung auf alle neu verbauten Komponenten und die Systemdichtigkeit geben. Durch die Aufarbeitung ist die Sekundärfederung um 30 bis 60 % schneller verfügbar als ein Neu-System, bei 25 bis 50 % geringeren Kosten. Außerdem lassen sich je nach ursprünglichem Zustand 50 bis 100 kg Metall pro Luftfedersystem wiederverwenden. Durch das Recycling erübrigt sich demnach nicht nur die Entsorgung von Altmetall, sondern auch die Herstellung neuer Stahl- und Aluminiumkomponenten. Pro Luftfedersystem für Schienenfahrzeuge spart die industrielle Aufarbeitung laut Continental mindestens 300 kg CO 2 ein. Das sei vergleichbar mit der Emission eines Flugzeugs auf der Stecke Hannover - London. www.continental-industry.com Foto: Continental Internationales Verkehrswesen (72) 3 | 2020 7 IM FOKUS InnoTrans-Preview ab September 2020 D ie InnoTrans, pandemiebedingt vom September 2020 auf 27. bis 30. April 2021 verschobene Weltleitmesse für Verkehrstechnik, ermöglicht einen ersten Vorgeschmack auf die Highlights im kommenden Jahr. Bei der digitalen InnoTrans-Preview ab dem 21. September 2020 dreht sich alles um Innovationen in den Segmenten Railway Technology, Railway Infrastructure, Public Transport, Interiors und Tunnel Construction. Zentrale Anlaufstelle ist der InnoTrans Virtual Market Place (VMP), der die Fachmesse als digitale Informations- und Kommunikationsplattform 365 Tage im Jahr begleitet. Nun ermöglicht der VMP verschiedene neue Präsentationen wie etwa Videos, 3D-Fotos, Webinare oder virtuelle Rundgänge durch Züge und Werkshallen. Das neue Angebot wird dem Fachpublikum ab dem 21. September zur Verfügung stehen. Die Expertenrunden zu aktuellen zukunftsrelevanten Mobilitätsthemen haben sich im Rahmen der InnoTrans Convention über die Jahre als internationaler Treffpunkt für Top-Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Verkehr etabliert. Zu den vormals geplanten Terminen am 23. und 24. September 2020 werden das Deutsche Verkehrsforum (DVF) und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) ihre Dialogforen sowie das International Bus Forum digital anbieten. Die Themen für die Dialogforen (23. September) lauten: „Mobilitätsrevolution 4.0: Auf der Schiene aus der Krise“ (VDB) und „Investitionen planvoll und zügig umsetzen - für ein digitales und erweitertes Schienennetz“ (DVF). Am Folgetag beschäftigt sich das International Bus Forum mit der Frage „In Zukunft elektrisch? Strategien für den e-Bus zwischen Klimaschutz und Spardiktat“. Mehr Informationen online unter www.innotrans.com ALLE ANTRIEBSARTEN 100 % FAHRZEUGVERFÜGBARKEIT Software für die Mobilität von morgen · info @ psitranscom.de Mehr als 1000 Tonnen CO 2 -Einsparung Mit PSIebus ist der emissionsfreie Nahverkehr heute schon Realität. » www.psitranscom.de/ PSIebus Foto: Adobe Stock Internationales Verkehrswesen 2.9.2020 DU PSI Transcom.indd 1 25.07.2020 11: 33: 31 DIN bringt Ladeinfrastruktur-Leitfaden D as Deutsche Institut für Normung (DIN) hat mit der kostenlosen DIN SPEC 91433 eine Orientierungshilfe für Planung, Errichtung und Betrieb von Ladepunkten im öffentlichen Raum veröffentlicht. Damit soll vor allem Kommunen eine Entscheidungshilfe an die Hand gegeben werden, damit diese schnell und nach einheitlichen Regeln beim Aufbau der Ladeinfrastruktur vor Ort agieren können. Das Dokument bietet einen standardisierten Leitfaden zur Suchraum- und Standortidentifizierung sowie Empfehlungen für Melde- und Genehmigungsverfahren in der Ladeinfrastruktur-Planung für batterieelektrische Fahrzeuge. Es gibt einen Überblick über den kompletten Prozess des Aufbaus - von Planung über technische Auslegung bis zum Anschluss des Ladepunktes an das örtliche Stromnetz. Dabei werden die Prozessabläufe und insbesondere die Schnittstellen zwischen den beteiligten Akteuren im Genehmigungsprozess beschrieben. Wichtige Punkte des Leitfadens neben den Grundlagen - etwa die verschiedenen Anwendungsfälle von Ladeinfrastruktur (Use Cases) - auch die Kosten und die Fördermöglichkeiten von Elektromobilität auf Landes- und Bundesebene, Hinweise für den Betrieb von Ladeinfrastruktur sowie eine Übersicht des Ladeinfrastrukturerrichtungs- und Betriebsprozesses. Ebenso sind Hinweise zur Verkehrssicherungspflicht und der Endabnahme sind enthalten. Download auf DOI: 10.31030/ 3184115 Foto: A. Krebs/ pixabay Internationales Verkehrswesen (72) 3 | 2020 8 IM FOKUS PyroMar: Schifffahrt künftig umweltfreundlicher? I n den Kraftstoffmarkt für Hochseeschiffe kommt Bewegung: Forschenden des Instituts Fraunhofer Umsicht ist es im Rahmen des Projekts PyroMar gelungen, die gesamte Verfahrenskette zur Produktion biobasierter Beimischkomponenten abzubilden. Jetzt geht es in die Testphase. Schiffe emittieren große Mengen Schwefeldioxid und CO 2 in die Umwelt - weltweit etwa so viel wie der gesamte Ausstoß der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2015 dürfen daher Hochseeschiffe innerhalb sogenannter Emission Control Areas (ECAs) wie etwa Nord- und Ostsee, Bereiche der nordamerikanischen Küsten und die Küstengewässer rund um Puerto Rico nur noch mit Kraftstoffen betrieben werden, deren Schwefelanteil bei maximal 0,1 Massenprozent liegt. Außerhalb dieser Zonen gilt ein weltweiter Grenzwert von 0,5 Massenprozent Schwefel. Sogenannte Drop-in-Fuels auf Basis nachhaltiger biogener Rohstoffe könnten das Problem lösen und langfristig erdölbasierte Kraftstoffe zumindest teilweise ersetzen. Noch sind die Biokraftstoffe zwar nicht in den geforderten Mengen zu produzieren. Im Projekt PyroMar soll jedoch die Technologie zur Herstellung dieser Komponenten entwickelt werden. Als Rohstoff dient bisher ungenutzte Biomasse, etwa Stroh, Laub, Heu aus der Landschaftspflege oder Strauchschnitt. Der Vorteil: Im Gegensatz zu gängigen Energiepflanzen wie Raps oder Mais steht diese Biomasse nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Mittels sogenannter ablativer Schnellpyrolyse entsteht im ersten Schritt Pyrolyseöl, dessen saure Komponenten in einem nächsten Schritt mit biobasierten langkettigen Alkoholen verestert werden. So wird eine bestmögliche Mischbarkeit mit fossilen Dieselkraftstoffen bzw. Schweröl erreicht - und das ohne Zugabe von Wasserstoff, der häufig in anderen Biokraftstoffverfahren benötigt wird. Insgesamt lässt sich im Rahmen von PyroMar die gesamte Verfahrenskette zur Produktion biobasierter Beimischkomponenten abbilden. Die Erwartungen der Forschenden an die ersten Motorentests sind groß. Im Kraft- und Schmierstofflabor der Universität Rostock wird aktuell sichergestellt, dass für die biobasierten Beimischkomponenten keine gesonderten Änderungen am Motor notwendig sind. www.umsicht.fraunhofer.de Sonnenschutz für den Asphalt: Nanopartikel gegen Alterung von Straßenbelag A sphaltstraßen halten nicht ewig. Beginnen sie zu altern, bröckeln sie bis zur kompletten Zerstörung der Deckschichten. Grund hierfür ist der Verschleiß des Bindemittels Bitumen vor allem durch Licht, Sauerstoff und Wärme. Wissenschaftler des Instituts für Straßenwesen der Technischen Universität Braunschweig wollen nun die UV-Alterungsbeständigkeit von Bitumen mit einem neuen Nanokomposit aus Ton und pyrogener Kieselsäure verbessern. Bitumen setzt sich aus verschiedenen organischen Stoffen - hauptsächlich Kohlenstoff und Wasserstoff - zusammen und wird aus Erdöl gewonnen. Durch höhere Temperaturen und UV-Strahlung oxidieren diese organischen Verbindungen: UV-Strahlung kann die Bindungen der Bitumenmoleküle aufbrechen und freie Radikale erzeugen, die den Alterungsprozess beschleunigen. Deshalb wäre für die Anwendung im Straßenbau ein Bitumen, das durch die Anti- Aging-Materialien Ton und pyrogene Kieselsäure modifiziert wurde, besonders interessant: Die kostengünstigen Nanomaterialien sind harmlos und ungiftig und wirken ähnlich wie ein Sonnenschutzmittel. Die Nanomaterialien können die mechanischen und rheologischen Eigenschaften, also die Elastizität von Bitumen sowie seine Beständigkeit gegen Feuchtigkeitsschäden und Alterung potenziell verbessern. Die Kombination von beiden als Nanokomposit wurde jedoch bisher noch nicht in Asphaltmischungen eingesetzt. www.tu-braunschweig.de/ isbs Blick durchs Rasterelektronenmikroskop Foto: Institut für Straßenwesen/ TU Braunschweig Foto: Ulrike Schümann Aktuelle Meldungen finden Sie im Web unter www.internationales-verkehrswesen.de
