Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0002
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Gerd Aberle
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Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 6 IM FOKUS Gutachten: Betriebsleittechnik der TSB-Magnetbahn ist-sicher D er Tüv Nord hat die Betriebsleittechnik der Magnetschwebebahn als sicher eingestuft. Damit hat das Transport System Bögl (TSB) einen weiteren Schritt in Richtung Markteinführung getan. Und das Eisenbahn-Bundesamt urteilt, das Lastenheft zur Betriebsleittechnik ermögliche eine Typzulassung der Technik. Auch Schallimmissionsmessungen und die Bewertung des Evakuierungs- und Notrettungskonzepts wurden von Tüv Nord-Experten untersucht. Vorbeifahrten etwa erwiesen sich als sehr leise; Das ist wichtig, weil die Magnetschwebebahn im urbanen Raum im Nahverkehr eingesetzt werden soll. Die Lärmbelastung entlang einer Strecke wäre also deutlich kleiner als bei einer klassischen Bahn. Beim TSB handelt es sich um ein am Standort Sengenthal in der Oberpfalz entwickeltes und getestetes Kurzstator-Magnetschwebebahn-System, das für einen fahrerlosen und vollautomatischen Personennahverkehr vorgesehen ist. Es soll mit der Maximalgeschwindigkeit von 150 km/ h unterwegs sein. Das TSB erreicht den höchstmöglichen Grad der Automatisierung (GOA4): Bei diesem Automatisierungsgrad befindet sich kein Fahrpersonal im Zug, alle Operationen sind automatisiert und technisch gesichert, jedoch kann eine Leitstelle jederzeit in den Zugbetrieb eingreifen. Entwickelt wird es von Max Bögl, einem Bau-, Technologie- und Dienstleistungsunternehmen der deutschen Bauindustrie. Bereits im Juni 2020 schickte Max Bögl das erste serienreife Zwei-Sektionen-Fahrzeug des TSB mit einem der weltweit größten Transportflugzeuge auf eine Demonstrationsstrecke nach Chengdu in China. Das neuartige Personennahverkehrssystem soll dort auf der 3,5 Kilometer langen Strecke die Vorteile des Transportsystems im Nahverkehr praktisch demonstrieren. Die Optimierung des Personennahverkehrs mithilfe modernster Technologien steht weit oben auf der Agenda der chinesischen Staatsführung. Gegenüber herkömmlichen Systemen vermeidet das Transport System Bögl die hohen Lasten am Kontaktpunkt Rad-Schiene, die Hauptursache für Vibrationen und Lärm sind. Stattdessen leitet das Transportsystem die Lasten berührungslos und gleichmäßig verteilt in den Fahrweg. Es ist dadurch sehr leise und kommt mit deutlich kleineren Unterbauten für den Fahrweg aus, was auch Rohstoffe und Kosten spart. Der Fahrweg der TSB-Demonstrationsstrecke ist mit einem Träger von 1,2 Metern Höhe und 23,5 Metern Länge sehr niedrig und leicht. www.max-boegl.de Foto: Tee2Tee/ pixabay Duales Mobilfunk- und Satellitenterminal für IoT-Anwendungen M it dem ST 9100 stellt US-Hersteller Orbcomm ein Mobilfunk- und Satellitenkommunikationsgerät vor, das den Betrieb telemetriebasierter Dienste und Anwendungen auf der ganzen Welt auch in entlegenen Gegenden sicherstellt, in denen keine oder nur unzureichende Mobilfunknetze vorhanden sind. Das multifunktionale Gerät kann für ein breites Spektrum von IoT-Anwendungen eingesetzt werden, etwa im Bereich Fahrzeugsicherheit, Flottenmanagement, Container- und Behälterüberwachung oder Fernverkehr. Das robuste, programmierbare Terminal ist offen für zahlreiche Netzwerkanbindungen. LTE-Verbindungen mit 3G-/ 2G-Fallback sowie zuverlässige Satellitenkommunikation mit niedrigen Latenzzeiten erlauben eine kontinuierliche weltweite Abdeckung. Die integrierte global einsetzbare SIM-Karte von Orbcomm gewährleistet Mobilfunkverbindungen in mehr als 565 Mobilfunknetzen, so dass das Gerät in nahezu jeder Region weltweit eingesetzt werden kann - unabhängig von den jeweiligen Verbindungsoptionen. Durch die leistungsfähige Backup-Batterie ist unterbrechungsfreier Betrieb auch bei einem Netzspannungsausfall für mindestens 48 Stunden sichergestellt. Außerdem verfügt das Terminal über zusätzliche Ein- und Ausgänge sowie serielle Schnittstellen. Zusammen mit vergrößertem Speicher und einer dualen CAN-Bus- Schnittstelle können Kunden also verschiedene elektronische Steuereinheiten über unterschiedliche Protokolle überwachen und steuern. Das robuste, gegen Umwelteinflüsse abgedichtete Gerät der Schutzklasse IP67 widersteht auch extremen Temperaturen, Stößen und Vibrationen. www.orbcomm.com Bild: Orbcomm Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 7 IM FOKUS Seilbahnen für Städte ins Visier genommen D as Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat das Stuttgarter Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer und das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart (VWI) beauftragt, eine Studie über die „stadt- und verkehrsplanerische Integration urbaner Seilbahnprojekte“ zu erarbeiten. Im Ergebnis soll in zwei Jahren ein Leitfaden für die „Realisierung von Seilbahnen als Bestandteil des öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV)“ vorliegen. „Mit Studie und Leitfaden wollen wir Anreize setzen, eine nachhaltige Mobilität im urbanen Raum zu fördern und das öffentliche Verkehrssystem sinnvoll zu ergänzen“, erklärt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger. „Unser Ziel ist, einen nationalen Standard für urbane Seilbahnen in Deutschland zu schaffen, an dem sich Städte und Kommunen orientieren können.“ Denn trotz der „beachtlichen Erfolge und nachweislichen Vorteile“ von Seilbahnen in vielen Metropolen weltweit, gebe es in Deutschland „wenig Erfahrungen mit Seilbahnsystemen im urbanen Bereich“, heißt es in der Leistungsbeschreibung des BMVI. Die Seilbahnen in den Städten Medellín, La Paz, New York, Portland, Algier, Lissabon, Brest, Bozen, London und Ankara zu untersuchen, ist daher ein Bestandteil der Studie. Im Fokus der Analyse der acht Fallbeispiele stehen jeweils der Einsatzzweck der Seilbahn, der Planungsprozess, die städtebauliche Integration, die Verknüpfung mit dem übrigen ÖPNV und die Auswirkungen auf den Verkehr. Abgeleitet werden sollen daraus Erkenntnisse für mögliche Seilbahnprojekte in Deutschland. Ebenfalls zwei Jahre fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Vorhaben zur Analyse künftiger Mobilitätsformen und fokussiert auf Seilschwebebahnen als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das Ingenieurbüro SSP Consult Beratende Ingenieure sowie das Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart entwickeln in diesem Rahmen derzeit Methoden und Werkzeuge, um dieses neue Verkehrsmittel im urbanen Raum besser planen und entwerfen zu können. Teil der Untersuchung ist auch, den Vergleich mit anderen Mobilitätsformen zu erleichtern. In vielen Stadtzentren sind die Verkehrswege ebenso wie öffentliche Verkehrsmittel überlastet. Staus und hohe Umweltbelastung, etwa durch Feinstaub-Stickoxide und Lärm, sind die Folgen. „Wir brauchen Alternativen, um den Autoverkehr zu reduzieren und den ÖPNV zu ergänzen“, sagt DBU-Referatsleiterin für Architektur und Bauwesen, Sabine Djahanschah. www.bmvi.de | www.dbu.de Biosprit E10 kann langfristig KFZ- Filtersysteme beeinträchtigen E ine Forschungsgruppe der Universität Siegen und der Fraunhofer Umsicht untersuchte in Langzeittests vier Jahre lang die Auswirkungen von E10-Biosprit auf Filtersysteme in Benzinern. Bereits Untersuchungen des Tüv Nord und des schwedischen Tüv hatten gezeigt, dass es nach langfristigem Einsatz der Kraftstoffdampf- Rückhaltesysteme (KDRS) in Fahrzeugen mit Biokraftstoffen vermehrt zu Ausfällen kommen kann. Die neuen Ergebnisse bestätigen nun, dass KDRS unter den betrachteten Versuchsbedingungen in dauerhaft mit E10 betankten Fahrzeugen nicht langzeittauglich sind. Mit einer neu entwickelten Messmethode wurde an einer häufig in KDRS zum Einsatz kommenden Aktivkohle über mehrere hundert Be- und Entladezyklen automatisiert gemessen. Während die Aktivkohlefilter bei Verwendung reinen E00-Kraftstoffs und trockener Spülluft langzeittauglich blieben, konnte bei E10 mit feuchter Spülluft festgestellt werden, dass die Filter nach mehreren hundert Testzyklen keine hinreichende Adsorptionskapazität mehr besitzen. Dementsprechend sind sie nicht für den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs einsatzfähig, wenn die Aktivkohlebehälter der KDR-Systeme unter ähnlichen Versuchsbedingungen oder in der Praxis betrieben werden. Sinnvoll wäre es daher, die KDR-Systeme regelmäßig, etwa im Rahmen der üblichen Hauptuntersuchung, auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen. Bislang werden sie nur einmalig vor ihrem Einbau untersucht. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), vertreten durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR). www.uni-siegen.de Bildquelle: pixabay Foto: Firmengruppe Max Bögl Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 8 IM FOKUS Terzrauschen macht Rückfahrmanöver sicherer U m Unfälle zu vermeiden, werden oftmals akustische Warnsysteme mit einem durchdringenden Alarmton verwendet, der jedoch Anwohner und Passanten stört. Herkömmliche Rückfahrwarner mit ihrem hohen, schrillen Piepton werden oft als sehr unangenehm wahrgenommen. Zudem lässt sich die Quelle tonaler Systeme schwierig lokalisieren, wodurch keine zuverlässige Warnung erzeugt wird. Ein sogenanntes Terzrauschen hingegen, wie es der Rückfahrwarner „PeTer“ der Grewus GmbH emittiert, stellt eine deutliche Reduzierung der Lärmbelästigung bei gleichzeitig hoher Sicherheitswahrnehmung dar. Terzrauschen ist für menschliche Ohren angenehmer ist als die herkömmlichen Warnsignale und emittiert einen Signalton, der sich in Lautstärke und Frequenzspektrum optimal vom Umgebungslärm abhebt. Bei Lieferungen in einer industriell geprägten Umgebung sind höhere Warnlautstärken erforderlich als in tendenziell eher ruhigen Wohngebieten. In der Variante „vollautomatisch“ passt sich der Rückfahrwarner über einen Algorithmus an die Geräuschkulisse an und reduziert die Lärmbelästigung, rettet aber trotzdem durch sein markantes Rauschen Menschenleben. In der manuellen Version wählen die Fahrer*innen die jeweils voreingestellten Lautstärken manuell aus, entscheidet selbst über den Schalldruckmodus. Dies ist entweder über einen Knopfdruck oder das mehrfache Einlegen des Rückwärtsgangs möglich. Die mehrjährige Entwicklung wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen einer ZIM- Förderung (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) finanziell unterstützt. www.grewus.de Foto: Grewus GmbH Wie bestellt, so geliefert: Zustellarbeit am Scheideweg? D as Wachstum des Online-Handels hat der Lieferindustrie im Allgemeinen und der Paketbranche im Besonderen einen Boom beschert. Dieser Boom wird auch jenseits der Corona-Beschränkungen anhalten, weil sich gegenwärtig das Einkaufs- und Konsumverhalten strukturell verändert. Gleichzeitig steht die Kurier-, Express- und Paketbranche - kurz: KEP-Branche - in den großen Städten unter erhöhtem Druck, da sie ökologisch nachhaltige Zustellkonzepte umsetzen soll. Gemeinsam mit der Input Consulting GmbH hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in einer Studie Gegenwart und Zukunft der Zustellbranche in den Fokus genommen: Welche Zustellkonzepte werden sich künftig durchsetzen und welche Auswirkungen könnte dies auf die Zustellarbeit bzw. die Arbeitsorganisation von Zusteller*innen haben? Die Ergebnisse der Analysen deuten darauf hin, dass die Zustellarbeit der KEP- Branche am Scheideweg steht: Unterschiedliche Technologien haben das Potenzial, die Arbeit weiter zu flexibilisieren und zu zergliedern, sodass selbst mit unerfahrenen Zustellkräften eine hohe Produktivität auf der letzten Meile erreicht werden kann. Möglich wird dies etwa, wenn Tourenprofile und Gangfolgen automatisiert geplant werden. Dies ermöglicht einen variablen Zuschnitt von Sendungsgebieten und einen erheblich flexibleren Einsatz von Fahrer*innen. Darüber hinaus sind im urbanen Raum alternative Zustellkonzepte zu beobachten, die durch den Einsatz kleinerer Fahrzeuge und gestufter Depot-Strukturen eine schadstoffreduzierte Zustellung anstreben. Dies alles führt zu einer Neuausrichtung von Arbeitsprozessen, zu neuen Formen der Arbeitsorganisation, aber auch zu neuen physischen und psychischen Belastungssituationen von Beschäftigten. Eine weitere Flexibilisierung in Form höherer Teilzeitquoten dürfte erforderlich werden, wenn für die innerstädtische Zustellung durch den Einsatz kleinerer und nachhaltigerer Fahrzeuge (z. B. Lastenräder) mehr Arbeitskräfte benötigt werden. „Harte“ Automatisierung wie der Einsatz von Zustellrobotern und Drohnen dürfte auf der letzten Meile in naher Zukunft keine große Rolle spielen. Dagegen könnte sich die Frage, ob Zustellarbeit künftig noch ein regulärer Vollzeitjob ist oder ob prekäre Teilzeitmodelle dominieren, in nächster Zeit entscheiden. www.iao.fraunhofer.de Stationärer Energiespeicher aus Elektroauto-Batterien M indestens 20 MWh stationäre Speicherkapazitäten in ganz Deutschland haben sich die Partner The Mobility House, Renault und Fenecon im Rahmen des Projekts „Advanced Battery Storage“ zum Ziel gesetzt. Der erste Speicher mit 3 MWh ging jetzt in einem ehemaligen Kohlekraftwerk in Elverlingsen, Nordrhein-Westfalen, in Betrieb. Dabei handelt es sich um zwei 40-Fuß- Standardcontainer für Batterien und Transformator, in denen das System schlüsselfertig installiert ist. Mit den Batteriespeichern unterstützen die Partner den Wandel der Energiewelt hin zu einem dezentralen und von erneuerbaren Energien geprägten System, das bei der Stromerzeugung durch Wind und Sonne starken Schwankungen ausgesetzt ist. Stationärspeicher gleichen diese Schwankungen aus und erhöhen somit die Flexibilität des Stromnetzes. Kunden aus der Industrie, Bus- oder Schnellladebetreiber sowie Stadtwerke, Netzbetreiber und EVUs, die bei Spitzenlasten Kosten einsparen und ihre Stromqualität stabilisieren möchten, können optimal von den Vorteilen des Systems profitieren. Das stationäre Speichersystem glättet hohe Lastspitzen direkt vor Ort. Da deshalb weniger Strom aus dem Stromnetz benötigt wird, senkt das System die Netznutzungsentgelte erheblich. Die besten Ergebnisse erzielt der Batteriespeicher bei Industrie- und Gewerbeunternehmen mit einem hohen Stromverbrauch von mehr als 10 GWh im Jahr und/ oder mit Lastspitzen oberhalb von 500-kW. Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 9 IM FOKUS Knowhow für effizientere Flugtriebwerke I m EU-Projekt „Turandot“ (Turbulence and Duct Surface Optimization in Turbofans) untersuchten Forschende der TU Graz eine der Haifischhaut ähnliche Beschichtung für Triebwerksschaufeln und verfolgten den Verlauf der Kühlluft im Triebwerk. So wollen sie Flugzeuge sparsamer, kostengünstiger und leiser machen. Ein Triebwerk ist effizienter und leiser, je größer und langsamer der Fan ist, das Gebläserad vorn am Triebwerk. Der wird von der Niederdruckturbine angetrieben, die damit auch einen größeren Durchmesser bekommt. Je größer dieser Durchmesser ist, desto kürzer und „aggressiver“ muss auch der Übergangskanal zwischen Hoch- und Niederdruckturbine gestaltet sein. Eine nicht unproblematische Geometrie, denn ein zu kurzer Übergangskanal könnte einen Strömungsabriss verursachen, da die Luft dem Strömungspfad aufgrund der aggressiveren Geometrie eventuell nicht mehr folgen kann. Ein Druckverlust und damit eine reduzierte Triebwerksleistung wären die Folge. Das Projektteam konnte nun nachweisen, dass eine sogenannte Riblet-Beschichtung den Wirkungsgrad des Übergangskanals und damit die Triebwerksleistung enorm verbessert. Diese Beschichtung wurde von Projektpartner Bionic Surface Technologies entwickelt. Es handelt sich dabei um eine der Haifischhaut ähnliche Oberflächenbeschichtung, bestehend aus nano- und mikrostrukturierten Rillen (Riblets), die die Reibung an der Kanalwand und damit den Strömungswiderstand verringert. www.tugraz.at Pro Container können 72 einzeln tauschbare First- und Second-Life-Batterien aus dem Kompaktwagen Renault Zoe verbaut werden. Es können sogar verschiedene Bauformen, Spannungen und Kapazitäten miteinander kombiniert werden. Neue Batterien, die als „lebendes Ersatzteil“ im Speicher verbaut sind und auf diese Weise frisch gehalten werden, lassen sich schonender belasten als Second-Life-Akkus. Die Verwendung im Second-Life wiederum verlängert die Nutzungsdauer ehemaliger E-Auto- Akkus - und verbessert damit auch deren CO 2 -Bilanz deutlich. Darüber hinaus reduzieren die Erlöse der Nachnutzung die Kosten für das Elektroauto. Ein vergleichbares Projekt mit First-Life- Batterien für den Smart electric hatten bereits Ende 2017 die Kooperationspartner Daimler AG mit der hundertprozentigen Tochter Mercedes-Benz Energy GmbH und enercity (Stadtwerke Hannover AG) umgesetzt. www.mobilityhouse.com Foto: The Mobility House Foto: TU Graz/ Lunghammer Predictive Maintenance für Zugbremsen B remsanlagen von Zügen sind hohen Belastungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist es, den Zustand der Systeme immer im Auge zu behalten. Drohende Schäden durch Verschleiß müssen behoben werden, bevor diese zu einem Sicherheitsrisiko werden. In der Regel findet dies in den Zugdepots durch entsprechendes Personal statt. Dadurch erhöhen sich allerdings die Stillstandszeiten. Die Dänischen Staatsbahnen (DSB) haben deshalb ein System in Auftrag gegeben, das automatisch den Zustand der Bremsbacken überwacht - während des laufenden Betriebs. Zu diesem Zweck wurden Hochleistungs-Scansysteme von ITTH zur automatischen optischen Inspektion an den Bahnhöfen in Odense und Kolding sowie auf freier Strecke im Gleisbett verbaut. Die Datenübertragung erfolgt über Glasfasersteckverbinder von Fischer Connectors. Bei der Zustandsüberwachung der Bremsbacken ist es unbedingt notwendig, genau zu wissen, welche Bremse an welchem Zug wann überprüft wurde. Um diese Daten zu erhalten, wird jeder Zug anhand mehrerer RFID-Tags eindeutig identifiziert. Die zu analysierenden Züge vom Typ IC3 und IC4 haben achsmontierte Bremssysteme - insgesamt also 40 bis 60 Bremsen pro Zug, die eindeutig identifiziert werden müssen, um die Daten zuordnen zu können. Der RFID-Scanner ermittelt den Zustand der Bremsbacke innerhalb von Sekundenbruchteilen: Die Aufnahmen werden von sechs Kameras gemacht, die bis zu 4.000 Bilder in der Sekunde mit einer Belichtungszeit von 200 µ s aufnehmen. Wesentlicher Bestandteil solcher bildgebenden Verfahren sind auch immer leistungsfähige Beleuchtungssysteme: 32 High Power IR LEDs mit Spezialgeometrie für Horizontalbeleuchtung sorgen für das benötigte Licht. Die Beleuchtung ist kamerasynchronisiert. Das System ist für eine präzise Messung bei einer bis zu 60 km/ h schnellen Überfahrt des Zuges zertifiziert. Die Bilder werden schließlich über Lichtwellenleiter an ein hoch performantes Rechensystem übertragen. Dabei werden eine eindeutige Abnutzungsregression pro Achse und Bremse ermittelt und Abnormalitäten erkannt. Dadurch ergibt sich eine exakte Bedarfsermittlung aller Bremsbeläge. Der Zustand der Bremsen wird schließlich automatisch in eine Datenbank aufgenommen. Wird bei der Soll-Ist-Analyse ein bestimmter Schwellenwert unterschritten, wird über eine automatische Warnmeldung über das SAP oder SMS-Gateway-System auf die Wartungsnotwendigkeit hingewiesen. Dadurch können Wartungsintervalle bedarfsgerecht gestaltet, Zeit eingespart und die Sicherheit erhöht werden. www.dsb.dk Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 10 IM FOKUS Satellitenbasiertes Landesystem für kleine Flughäfen A utomatische Landungen sind derzeit nur an großen Flughäfen möglich, die über ein Instrumentenlandesystem (ILS) oder ein GBAS (Ground Based Augmentation System) Landesystem (GLS) verfügen. Gemeinsam haben diese beiden Systeme, dass sie eine Bodeninfrastruktur benötigen. In den Projekten GLASS (GLS approaches based on SBAS) und GUI- DE entwickelte und testete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein satellitenbasiertes Landesystem, das die Kosten für solch ein Präzisionslandesystem stark verringern kann. Die Flugversuche mit dem DLR-Forschungsflugzeug A320 ATRA, einem umgebauten Airbus A320, fanden in Salzburg, Larnaka, dem zyprischen Luftraum, Thessaloniki und Korfu statt. Wie bei den bisherigen Landesystemen gibt es auch hierbei eine Bodenstation, die entsprechende Daten, die der Autopilot zur Landung braucht, direkt an das Flugzeug weitergibt. Im Projekt GLASS jedoch untersuchten die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Flugführung einen anderen Ansatz: eine Umsetzung von satellitenbasierten Systemen (SBAS) zu GLS Datenstrukturen. Der Autopilot kann das Flugzeug bis zu einer Höhe von 250 Fuß über Grund führen und so zumindest einen Teil des Landeanflugs übernehmen. Auch automatische Landungen sind möglich. Ebenfalls entfällt eine kostenintensive Zulassung eines SBAS-basierten Landesystems für größere Flugzeuge, da das Flight Management System des Flugzeugs nicht mehr benötigt wird, um die in der Datenbank an Bord gespeicherte Anfluginformation zu laden. Nach einer Reihe erprobter Einsatzszenarien und den erfolgreichen Flugversuchen soll nun an der Zertifizierung des neuen Systems gearbeitet werden. Da die Wissenschaftler des DLR dafür auf Daten aus einem längeren operationellen Testbetrieb angewiesen sind, planen sie derzeit mit AustroControl und Fraport Greece gemeinsame Projekte. Die GLASS-Station soll über einen Zeitraum von einem Jahr in Salzburg, Korfu und Thessaloniki betrieben werden, um auch mit Airlines Daten gewinnen zu können. Dabei spielen zum Beispiel das Systemverhalten, die Stabilität und auch operationelle Einflüsse und Vorteile eine Rolle. Einige Airlines haben bereits ihr Interesse bekundet, sich aktiv an der Datenerhebung zu beteiligen. www.dlr.de Schiffstransporte wirtschaftlich und zuverlässig trotz-Klimawandel? L angfristig werden die veränderten Klimabedingungen gravierende Auswirkungen auf das Wasserdargebot in den Wasserstraßen haben. Vermehrte und anhaltend extreme Wetterereignisse sind zu erwarten, verbunden mit häufigeren und extremeren Hoch- und Niedrigwasserereignissen. So könnte auf längere Sicht das Szenario, das im zweiten Halbjahr 2018 beim extremen und lang anhaltenden Niedrigwasserereignis am Rhein vorherrschte, zum Regelfall werden, befürchten Experten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Für die Anpassung der Schiffstransporte an künftig geringere Niedrigwasserabflüsse seien jedoch unterschiedliche Handlungsoptionen denkbar, die auch kombiniert werden könnten. Ein Handlungsstrang zielt auf bauliche Änderungen an den Schiffsgefäßen ab, wie etwa kleinere Schiffsrümpfe, leichtere Schiffe sowie höhere Effizienz der Schiffsantriebe bei Niedrigwasser. Ein weiterer Handlungsstrang umfasst Änderungen an der Wasserstraßen-Infrastruktur. Diese reichen von verbesserten Wasserstandsvorhersagen über die Bereitstellung aktueller Tiefeninformationen der Wasserstraße bis hin zu flussbaulichen Anpassungsmaßnahmen. Zu diesen zählen der Bau oder die Anpassung von Buhnen und Parallelwerken, die Verfüllung von Übertiefen sowie der Sohlenabtrag durch Baggerungen. Diese klassischen Maßnahmen sind in weiten Bereichen der frei fließenden Wasserstraßen zielführend, stoßen mitunter aber auch an Grenzen. So hat das BAW im Rahmen einer Konzeptstudie für den Mittelrhein zwischen Mainz und St. Goar innovative flussbauliche Lösungen entwickelt, die einerseits die Regelungsziele erfüllen und andererseits geringe Auswirkungen auf Wasserwirtschaft und Umwelt haben. Das Konzept mit dem Namen „Niedrigwasserkorridor“ beruht darauf, dass im Niedrigwasserfall der Verkehrsflächenbedarf der Schiffe kleiner ist als bei höheren Abflüssen. Bei klimabedingt geringeren Niedrigwasserabflüssen sind damit wirtschaftliche Schiffstransporte auch künftig möglich, indem die Fahrrinne nicht über die gesamte Breite vertieft wird und natürlich vorhandene Übertiefen genutzt werden. Fahrdynamische Untersuchungen der BAW für den Mittelrhein haben ergeben, dass bei Niedrigwasserabfluss im Begegnungsfall ca. 50 bis 80 % der heute vorhandenen Breite ausreichen. Diese reduzierte Breite kann nochmals deutlich verringert werden, wenn der Niedrigwasserkorridor nicht für den Begegnungsfall, sondern für die Richtungsfahrt dimensioniert wird. Maßgebend hierfür ist die Fahrt zu Berg, da zum einen die Gütertransporte im Mittelrheinabschnitt überwiegend zu Berg gerichtet sind und zum anderen die dynamische Einsinktiefe der Schiffe bei Bergfahrt größer ist als bei Talfahrt. Für dieses Szenario sind im untersuchten Streckenabschnitt nur etwa 30 % der heutigen Fahrrinnenbreite erforderlich. www.baw.de Foto: Austrocontrol / Walter Hager ATC LOWS
