Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0015
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Typisierung datengetriebener Geschäftsmodelle im innerstädtischen Verkehr
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Pablo Guillen
Andreas Mitschele
Technologische Fortschritte und die zunehmende Vernetzung in Verbindung mit der Erhebung immer detaillierterer Daten führen zu einem kontinuierlichen Zuwachs der Datenmengen innerhalb des Mobilitätssektors. Einen wesentlichen Treiber dieser Entwicklungen stellen sogenannte intelligente Verkehrssysteme (IVS) dar, durch die innerhalb von Städten eine Vielzahl urbaner Mobilitätsdaten erhoben werden. Das entstehende Datenmaterial eröffnet hierbei vollkommen neue Potenziale zur Wertschöpfung, die mittels datengetriebener Geschäftsmodelle (DGGM) erschlossen werden können. Der Beitrag typisiert solche DGGM systematisch und zeigt Organisationen somit konkrete Möglichkeiten zur Generierung von Mehrwert auf Basis urbaner Mobilitätsdaten auf.
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Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 58 MOBILITÄT Geschäftsmodelle Typisierung datengetriebener Geschäftsmodelle im innerstädtischen Verkehr Urbane Mobilität, Intelligente Verkehrssysteme, Datengetriebene Geschäftsmodelle, Big Data Technologische Fortschritte und die zunehmende Vernetzung in Verbindung mit der Erhebung immer detaillierterer Daten führen zu einem kontinuierlichen Zuwachs der Datenmengen innerhalb des Mobilitätssektors. Einen wesentlichen Treiber dieser Entwicklungen stellen sogenannte intelligente Verkehrssysteme (IVS) dar, durch die innerhalb von Städten eine Vielzahl urbaner Mobilitätsdaten erhoben werden. Das entstehende Datenmaterial eröffnet hierbei vollkommen neue Potenziale zur Wertschöpfung, die mittels datengetriebener Geschäftsmodelle (DGGM) erschlossen werden können. Der Beitrag typisiert solche DGGM systematisch und zeigt Organisationen somit konkrete Möglichkeiten zur Generierung von Mehrwert auf Basis urbaner Mobilitätsdaten auf. Pablo Guillen, Andreas Mitschele I m Jahr 2012 ging das Unternehmen IBM in einer Studie von einer weltweit täglich generierten Datenmenge von rund 2,5 Trillionen (2,5 · 10 18 ) Bytes aus [1]. Dieses Volumen hat sich einer Berechnung der International Data Corporation (IDC) zufolge im Jahr 2018 bereits um den Faktor 30 vervielfacht [2]. Diese exponentielle Entwicklung lässt sich auf rasante Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zurückführen. Die Technologien finden dabei in verschiedensten Bereichen Anwendung und kommen auch im Mobilitätssektor immer häufiger zum Einsatz. Vor allem im Kontext der innerstädtischen Mobilität sorgen sogenannte intelligente Verkehrssysteme (IVS) für eine zunehmende Vernetzung und demzufolge für einen rasanten Anstieg entsprechender Datenmengen. Big Data im innerstädtischen Verkehr Im innerstädtischen Verkehr werden im Rahmen von IVS große Mengen an urbanen Mobilitätsdaten erzeugt (Big Data). Mithilfe sogenannter datengetriebener Geschäftsmodelle lassen sich auf Basis dieses Datenschatzes neue Wertschöpfungspotenziale erschließen. Ein zentraler, technologischer Bestandteil von IVS ist das Internet of Things (IoT, Internet der Dinge). So werden unter anderem Fahrzeuge, Straßen, Lichtsignalanlagen oder Parkplätze mit Sensoren und Netzwerkanschlüssen ausgestattet, wodurch diese innerhalb des urbanen Raums über das Internet miteinander kommunizieren können. Im Zuge dessen werden große Mengen urbaner Mobilitätsdaten generiert und ausgetauscht. [3] Die Quellen und Eigenschaften der erwähnten Daten sind in Bild 1 zusammengefasst. Diese Mobilitätsdaten eröffnen dabei neue Wertschaffungspotenziale für verschiedenste Organisationen im „urbanen Ökosystem“. So ermöglichen es innovative Technologien, wie beispielsweise Big Data Analytics, substanziellen Mehrwert aus der Datenflut zu schöpfen [5]. Geschäftsmodelle für Big Data Ein Geschäftsmodell beschreibt, wie eine Organisation grundlegend funktioniert [6]. Entsprechend adressiert ein Geschäftsmodell die wesentlichen Kunden sowie das zugehörige Nutzenversprechen eines Unternehmens. Außerdem beschreibt es die grundlegende Wertschöpfungsarchitektur sowie die Ertragsmechanik einer Organisation [7]. Geschäftsmodelle werden oftmals mithilfe sogenannter Taxonomien anhand verschiedener Dimensionen systematisch klassifiziert. Der Business Model Canvas (BMC) nach Osterwalder und Pigneur [8] zählt zu den am weitesten verbreiteten Taxonomien in diesem Zusammenhang und klassifiziert das Geschäftsmodell eines Unternehmens anhand von neun Schlüsselelementen. Diese sind zum einen in einen Wertbereich (Nutzenversprechen, Kundensegmente, Kundenbeziehung, Kundenkanäle und Einnahmequellen) untergliedert, wobei dieser den konkreten Mehrwert für die Kunden eines Unternehmens definiert. Die übrigen Elemente werden dem Effizienzbereich (Schlüsselaktivitäten, -ressourcen, -partner und Kostenstruktur) zugeordnet. Dieser beschreibt die internen Prozesse, die zur Generierung des Wertversprechens erforderlich sind. [9] Technologische Innovationen haben bestehende Geschäftsmodell-Logiken grundlegend verändert und die Gestaltung vollkommen neuer, digitaler Geschäftsmodelle ermöglicht. Darunter fallen auch die datengetriebenen Geschäftsmodelle (DGGM), wobei sich deren Relevanz auf den Treiber Big Data und die Entwicklung innovativer Analyseverfahren zurückführen lässt. Diese Geschäftsmodelle verwenden Daten als Schlüsselressource zur Schaffung jeglicher Art von digitalen Produkten bzw. Services. Die Wertschöpfung für die Stakeholder erfolgt dabei mithilfe von Schlüsselprozessen wie Datenaggregation, Datengenerierung, Datenanalyse, Datenaustausch, Datenverarbeitung, Dateninterpretation, Datenverteilung und Datenvisualisierung. Gleichzeitig sollen entsprechende Einnahmequellen sichergestellt werden. [10] Datengetriebene Geschäftsmodelle in IVS Die Entwicklung von DGGM im Kontext der urbanen Mobilität gewinnt mit der kontinuierlich zunehmenden Datenflut sowie den gegenwärtigen gesellschaftlichen Trends an Bedeutung. So führen Urbanisierung und Bevölkerungswachstum zu einer
