Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0019
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Auslastungssteuerung vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie
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Knut Ringat
Michael Rüffer
Markus Huber
Till Sommerfeld
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben der RMV und seine Partner VGF und traffiQ die Auslastungsprognose für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Rekordzeit umgesetzt und ihren Fahrgästen zur Verfügung gestellt. Diese trägt dem enorm gestiegenen Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit und Abstand im ÖPNV Rechnung. Als Datengrundlage dient die Verbindungsauskunft des RMV im Zusammenspiel mit Informationen u.a. aus den automatischen Fahrgastzählsystemen (AFZS) der Partner. Zukünftig sollen auch Daten aus den WLAN-Hotspots datenschutzkonform für die Prognose genutzt werden.
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Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 78 Auslastungssteuerung vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie Einführung einer Auslastungsprognose und Routenoptimierung in den digitalen RMV-Kanälen Auslastungsprognose, Fahrgastlenkung, Digitalisierungsstrategie Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben der RMV und seine Partner VGF und traffiQ die Auslastungsprognose für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Rekordzeit umgesetzt und ihren Fahrgästen zur Verfügung gestellt. Diese trägt dem enorm gestiegenen Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit und Abstand im ÖPNV Rechnung. Als Datengrundlage dient die Verbindungsauskunft des RMV im Zusammenspiel mit Informationen u.a. aus den automatischen Fahrgastzählsystemen (AFZS) der Partner. Zukünftig sollen auch Daten aus den WLAN-Hotspots datenschutzkonform für die Prognose genutzt werden. Knut Ringat, Michael Rüffer, Markus Huber, Till Sommerfeld M it seiner Innovationskraft gestaltet der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die Entwicklung der Branche maßgeblich mit. Als ein gutes Beispiel kann hier die Initiative „Mobility inside“ genannt werden. Gemeinsam mit seinen lokalen Partnern und den Verkehrsunternehmen wie der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) investiert er viel, um seinen Kunden bessere und maßgeschneiderte Mobilitätsoptionen bieten zu können. Im Rahmen der Umsetzung seiner Digitalisierungsstrategie verfolgt der Verbund eine Vielzahl zukunftsweisender Ideen. Bereits während der Strategieentwicklung wurde die Prognose der Fahrgastbelegung in Verkehrsmitteln als eine nützliche Funktion der digitalen Vertriebs- und Informationskanäle des RMV identifiziert. Erste konzeptionelle Grundlagen für eine spätere Realisierung wurden geschaffen. Mit dem Auftreten der Corona-Pandemie wurden frühzeitig mögliche Maßnahmen in den Fach- und Führungsgremien geprüft und priorisiert. Bekanntlich führte die Krise zu temporär stark rückläufigen Bild 1: Die RMV-Auslastungsprognose bietet auch in Frankfurt entscheidende Mehrwerte. Foto: Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH TECHNOLOGIE Digitalisierung im ÖPNV Internationales Verkehrswesen (73) 1 | 2021 79 Digitalisierung im ÖPNV TECHNOLOGIE Fahrgastzahlen und zu einem enorm gestiegenen Bedürfnis der Fahrgäste nach Sicherheit und Abstand im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Um das Vertrauen in den ÖPNV wiederzugewinnen, haben die Verkehrsunternehmen erfolgreich und schnell verschiedene Maßnahmen zum besseren Schutz der Fahrgäste ergriffen (so zum Beispiel ein größeres Leistungsangebot zur Abstandswahrung, verstärkte Reinigungen oder Desinfektionen von Fahrzeugen und Infrastruktur). Die Pandemie rückte den Bedarf einer „Auslastungsprognose“ der im Betrieb befindlichen Fahrzeuge regional und international schnell in den Fokus. Die Fahrgäste sollten die Möglichkeit erhalten, übervolle Busse und Züge zu vermeiden. Diese Kundenanforderung wurde vom RMV gemeinsam mit seinen lokalen Partnern Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (traffiQ) und VGF für die Rhein-Main-Region sehr schnell aufgegriffen, diskutiert und als absolut prioritär eingeschätzt. Das Projekt „Auslastungssteuerung Rhein-Main“ wurde im April 2020 initiiert. Das ambitionierte Projektziel lautete, eine erste Version Ende August 2020, zum Ende der hessischen Sommerferien, zu präsentieren. Die Auslastungssteuerung RheinMain sollte mit den zwei Kernfunktionalitäten „Auslastungsprognose“ und „optimiertes Routing“ an den Start gehen (Bild 1). Starke Kooperationspartner für eine schnelle Umsetzung Der Rhein-Main-Verkehrsverbund arbeitet traditionell intensiv mit seinen Partnern vor Ort zusammen. Bei der Pilotierung der Auslastungsprognose kooperierte der Verbund daher wie beschrieben eng mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt und der traffiQ als lokale Nahverkehrsgesellschaft in Frankfurt. Diese brachten ihr jeweiliges technisches Knowhow sowie ortsspezifische Kenntnisse ein und liefern unter anderem Daten ihrer automatischen Fahrgastzählsysteme, kurz AFZS. Die technische Klammer in diesem Projekt bildet die Firma HaCon Ingenieurgesellschaft (HaCon). Diese ist ein langjähriger Entwicklungspartner des RMV und verantwortlich für die RMV-Auskunft. Ha- Con stellt die Software-Basis für die Auslastungsprognose. Ergänzt wurde das Projektteam von der RMV-Tochter Rhein-Main- Verkehrsverbund Servicegesellschaft mbH (rms). Diese steuerte ihre Kompetenzen im Bereich Datenhaltung und -nutzung sowie Projektmanagement bei. Die Arbeiten am Umsetzungsprojekt wurden wie beschrieben im April 2020 gestartet. Diese nutzen die weitreichenden Erfahrungen von HaCon. Zudem konnten die Partner wichtige Impulse aus der Arbeitsgruppe Auslastungssteuerung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und aus einem intensiven internationalen Austausch mitnehmen. Im Gegenzug stellen der RMV und VGF die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse der gesamten ÖV-Branche zur Verfügung. Dies erfolgt national über den VDV-Arbeitskreis und international über die neugegründete UITP „Occupancy Monitoring Working Group“. Auslastungsprognose und optimiertes Routing im Detail Bereits im September vergangenen Jahres schaltete der Verbund die Auslastungsprognose in seiner mobilen Auskunft, der RMV- WebApp, live. Wenig später folgte die Integration in die RMV-App. Dort können die Fahrgäste bei der Planung ihrer Reise neben klassischen ÖV-Angeboten auch weitere Verkehrsmittel beziehungsweise Mobilitätsangebote einbeziehen: Möglich sind multi- und intermodale Kombinationen mit Carsharing, Bikesharing, dem Taxi oder dem eigenen Fahrrad. Dank der neuen Funktionalität können sich die Fahrgäste vor Fahrtantritt über das prognostizierte Fahrgastaufkommen beim Einstieg und über den gesamten Fahrtverlauf hinweg informieren. Die erwartete Auslastung wird dabei in drei Belegungsgrade (niedrig, mittel, hoch) eingeteilt und mit leicht verständlichen Icons dargestellt. Als mittlere Belegung zählt eine erwartete Auslastung zwischen 30 und 60 Prozent. Darunter wird eine niedrige Auslastung angegeben. Liegt die Auslastung beim Einstieg über 60 Prozent, wird die Route entsprechend gekennzeichnet und mit einem Hinweis versehen. In diesem Fall berechnet der intelligente Algorithmus des Auskunftssystems auslastungsoptimierte Routen mit geringer oder mittlerer Belegung und zeigt diese an (Bild 2). Da viele Fahrten zu einer bestimmten Zeit stattfinden müssen, liegt die Herausforderung beim Covid-19-optimierten Routing darin, den Fahrgästen sinnvolle Alternativverbindungen zu bieten. Diese sollten weniger ausgelastet sein und die Fahrt nicht deutlich verlängern. Zudem sollte sich die Zahl der Umstiege in einem vertretbaren Rahmen bewegen. Glücklicherweise gibt es gerade in Ballungsräumen zumindest außerhalb der Hauptverkehrszeiten häufig Alternativen, die ohne große Fahrzeitverluste nutzbar sind. Die Bedeutung der Auslastungsprognose für die Fahrgäste zeigt das Ergebnis ei- Bild 2: Anzeige der Auslastungsprognose mit optimiertem Routing Quelle: RMV
