Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0035
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Klimakosten eines Flughafens
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Richard Klophaus
Mit einer auf andere Flughafenstandorte übertragbaren Methodik wird untersucht, welche Klimakostenreduktion möglich wäre, wenn alle Flugreisen im Linienluftverkehr am Flughafen Bremen ersatzlos unterblieben. Die Klimakosten werden über die ein- und aussteigenden Passagiere für die Teilstrecken zwischen dem Flughafen Bremen und den Streckenherkunfts- und Streckenzielflughäfen berechnet. Es findet keine Verrechnung mit gegenläufig wirkenden Klimakosten durch eine Verkehrsverlagerung auf andere Flughäfen oder die Nutzung anderer Verkehrsträger statt.
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Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 46 Klimakosten eines Flughafens Berechnung der Klimakosten aller Linienflüge an einem Flughafen am Beispiel des Flughafens Bremen Klimakosten, Schadstoffemissionen, Linienluftverkehr, Flughafen Bremen Mit einer auf andere Flughafenstandorte übertragbaren Methodik wird untersucht, welche Klimakostenreduktion möglich wäre, wenn alle Flugreisen im Linienluftverkehr am Flughafen Bremen ersatzlos unterblieben. Die Klimakosten werden über die ein- und aussteigenden Passagiere für die Teilstrecken zwischen dem Flughafen Bremen und den Streckenherkunfts- und Streckenzielflughäfen berechnet. Es findet keine Verrechnung mit gegenläufig wirkenden Klimakosten durch eine Verkehrsverlagerung auf andere Flughäfen oder die Nutzung anderer Verkehrsträger statt. Richard Klophaus O bwohl moderne Flugzeugtypen und Triebwerke gemessen an den Vorgängermodellen leiser und sparsamer sind, geht Luftverkehr unstrittig mit Umweltbelastungen einher [1]. Dazu zählen: • Schadstoffemissionen, • Fluglärm und • Flächenversiegelungen an Flughäfen. Beim Betrieb von Flugzeugen entstehen klimawirksame Gase sowie Änderungen der Wolkenbedeckung, die insgesamt zur globalen Erwärmung beitragen. Nachstehend werden die Klimakosten durch Schadstoff emissionen als Teil der gesamten Umweltkosten des Flughafens Bremen für das Bezugsjahr 2019 berechnet. Konkret lautet die Fragestellung: Welche Klimakostenreduktion würde resultieren, wenn alle Flugreisen im Linienluftverkehr mit Start oder Ziel am Flughafen Bremen ersatzlos unterblieben? Schadstoffemissionen entstehen durch die Verbrennung von Treibstoff beim Betrieb der Flugzeuge und zudem durch den Bau, die Instandhaltung und den Betrieb der Flughafeninfrastruktur. Im Folgenden werden ausschließlich die Klimakosten des mit dem Flughafen Bremen verbundenen Linienluftverkehrs berechnet. Dabei wird eine Methodik vorgestellt, die auf andere Flughafenstandorte übertragbar ist. Methodik Die Klimakosten aller Flugreisen im Linienluftverkehr mit Start oder Ziel in Bremen werden für die Teilstrecken zwischen dem Flughafen Bremen und den Streckenherkunfts- und Streckenzielflughäfen berechnet. Es findet keine Verrechnung mit gegenläufig wirkenden Klimakosten durch eine Verkehrsverlagerung auf andere Flughäfen oder die Nutzung anderer Verkehrsträger statt. Entsprechend werden erzeugte Schad- Foto: Bilal El-Daou / pixabay MOBILITÄT Umweltbelastung Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 47 Umweltbelastung MOBILITÄT stoffemissionen einer PKW- oder Zugfahrt als Reisealternative nicht mit den vermiedenen Schadstoffemissionen eines innerdeutschen Fluges saldiert. Diese Bruttobetrachtung führt zu höheren Klimakosten als eine Methodik mit einer Nettobetrachtung. Die klimaschädlichen Emissionen der im Linienluftverkehr angebotenen Flüge am Flughafen Bremen werden mit dem Emissionsberechnungsprogramm von Atmosfair geschätzt. Auf ihrer Website (www.atmosfair.de) bietet diese Non-Profit-Organisation an, Treibhausgasemissionen auszugleichen. Die zugrundeliegende Methodik und die verwendeten Daten sind dabei transparent dokumentiert [2] und gelten als international anerkannter „Gold-Standard“ zur Kompensation von Flugreisen [3]. Selbst bei einer so vorteilhaften Einschätzung ist zu beachten, dass jede Methodik zur Bewertung von Klimaschadenskosten angezweifelt werden kann, „da einerseits die Schäden schwer abzuschätzen sind und sie andererseits zum großen Teil weit in der Zukunft liegen“ [4]. Die durch das Emissionsberechnungsprogramm ermittelte Klimawirkung in Kilogramm Kohlendioxid (CO 2 ) und der entsprechende Kompensationsbeitrag pro Reisenden im Linienluftverkehr von/ nach Bremen wird mit der jeweiligen Zahl ein- und aussteigender Passagiere gewichtet. Die im Jahr 2019 angebotenen Linienflugverbindungen am Flughafen Bremen werden einer Flugplandatenbank [5] entnommen, die Zahl ein- und aussteigender Passagiere der amtlichen Statistik [6]. Die Klimakosten werden für Hin- und Rückflug berechnet. Es wird auf die Analyse einzelner Flugereignisse verzichtet, auch wenn bei einer gegebenen Strecke die Emissionen je nach Fluggesellschaft und Flugzeugtyp sowie von Flug zu Flug durch unterschiedliche Flughöhen und -routen variieren können. Es werden die flugstreckenspezifischen Basiswerte für eine durchschnittliche Airline ohne Festlegung auf einen bestimmten Flugzeugtyp verwendet. So weist die Strecke von Bremen nach München eine durchschnittliche Klimawirkung von 362 kg CO 2 auf, wobei die Klimawirkung bei Einsatz eines Flugzeugtyps der Airbus A320-Familie mit 332 kg CO 2 unter derjenigen von 395 kg CO 2 für Flugzeugtypen wie dem Canadair Regional Jet 900 oder der Embraer 195 liegt. Tabelle 1 zeigt exemplarisch die Emissions- und Klimakostenberechnung für einen Flugreisenden auf der Strecke von Bremen nach Istanbul und zurück. Die berechnete Klimawirkung für einen Flugreisenden beträgt 1.104 kg. Im Vergleich dazu führt ein- Jahr Autofahren (Mittelklassewagen, 12.000-km) zu einer Klimawirkung von zwei Tonnen [2]. Gewichtet mit der Passagierzahl des Jahres 2019 handelt es sich mit insgesamt 68,7 Tsd. Einsteigern um die Strecke mit der größten Klimawirkung im Bremer Flugplan. Die Klimawirkung von insgesamt 75.843 Tonnen entspricht ca. 38.000 Jahren Autofahren mit der genannten Fahrzeugklasse und Fahrleistung. Neben den Kohlendioxidemissionen werden weitere Schadstoffe bei der Emissionsberechnung berücksichtigt und in CO 2 - Äquivalente umgerechnet. Die CO 2 -Emissionen werden über den Treibstoffverbrauch eines Flugzeugs auf einem bestimmten Flug berechnet und dann durch die Anzahl der Passagiere geteilt, wobei vorher die Beiladefracht abgezogen wird. Andere Schadstoffe und deren Erwärmungswirkung etwa über Kondensstreifen und Ozonbildung werden von [2] so berücksichtigt, dass alle CO 2 - Emissionen, die in Flughöhen über 9 km erfolgen, mit dem Faktor 3 multipliziert werden. CO 2 -Emissionen in Höhen unter 9 km erhalten dagegen keinen Aufschlagsfaktor. Atmosfair setzt grundsätzlich einen Preis von 23 EUR pro Tonne CO 2 an. Das soll der benötigte Betrag sein, um eine Tonne CO 2 in Klimaschutzprojekten einzusparen. Für Kurzstreckenflüge wird ein Mindestbetrag von 10 EUR angesetzt. Der Minimumbetrag gilt für Strecken mit einer Klimawirkung durch CO 2 -Emissionen und Nicht-CO 2 -Emissionen (in CO 2 -Äquivalenten) von weniger als 435 kg CO 2 für Hin- und Rückflug. Bild 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Klimawirkung und Kompensationsbetrag pro Einsteiger für alle 41 Ziele, die im Jahr 2019 nonstop mit einem Linienflug ab dem Flughafen Bremen erreichbar waren. Ein Vergleichsmaßstab für den Atmosfair-Kompensationsbetrag von 23 EUR pro Tonne CO 2 ist der Zertifikatspreis für eine Tonne CO 2 im europäischen Emissionshandel (EU-ETS). Aufgrund der Corona-Krise lag der Zertifikatspreis im März 2020 bei ca. 15 EUR, im November 2020 bei ca. 25-EUR und ist zwischenzeitlich auf ein Allzeithoch von über 40 EUR gestiegen. Für die Marktteilnehmer scheint also die erwartete Knappheit an Zertifikaten und nicht mehr die Corona-Krise im Vordergrund zu stehen. Aus deutscher Perspektive ist ein weiterer Vergleichsmaßstab für den Atmosfair-Kompensationsbetrag die seit dem 1. Januar 2021 eingeführte CO 2 -Steuer von 25 EUR pro Tonne CO 2 , die in den 1 Flugreisender, Bremen (BRE) - Istanbul-Atatürk (IST), Hin- und Rückflug Flugdistanz 4.072 km Maximale Flughöhe 12.500 m CO 2 -Emissionen 404 kg Klimawirkung durch Nicht-CO₂-Emissionen (in CO₂-Äquivalenten) 700 kg Klimawirkung insgesamt 1.104 kg Kompensationsbetrag 26 EUR Tabelle 1: Beispielberechnung Emissionen und Klimakosten 3 Neben den Kohlendioxidemissionen werden weitere Schadstoffe bei der Emissionsberechnung berücksichtigt und in CO₂-Äquivalente umgerechnet. Die CO₂-Emissionen werden über den Treibstoffverbrauch eines Flugzeugs auf einem bestimmten Flug berechnet und dann durch die Anzahl der Passagiere geteilt, wobei vorher die Beiladefracht abgezogen wird. Andere Schadstoffe und deren Erwärmungswirkung etwa über Kondensstreifen und Ozonbildung werden von [2] so berücksichtigt, dass alle CO 2 - Emissionen, die in Flughöhen über 9 km erfolgen, mit dem Faktor 3 multipliziert werden. CO 2 -Emissionen in Höhen unter 9 km erhalten dagegen keinen Aufschlagsfaktor. Atmosfair setzt grundsätzlich einen Preis von 23 pro Tonne CO 2 an. Das soll der benötigte Betrag sein, um eine Tonne CO₂ in Klimaschutzprojekten einzusparen. Für Kurzstreckenflüge wird ein Mindestbetrag von 10 angesetzt. Der Minimumbetrag gilt für Strecken mit einer Klimawirkung durch CO 2 -Emissionen und Nicht-CO₂-Emissionen (in CO₂-Äquivalenten) von weniger als 435 kg CO₂ für Hin- und Rückflug. Bild 1 zeigt den Zusammenhang für zwischen Klimawirkung und Kompensationsbetrag pro Einsteiger für alle 41 Ziele, die im Jahr 2019 nonstop mit einem Linienflug ab dem Flughafen Bremen erreichbar waren. Bild 1: Kompensationsbetrag (in ) und Klimawirkung (CO 2 -Äquivalente in kg). Ein Vergleichsmaßstab für den Atmosfair-Kompensationsbetrag von 23 pro Tonne CO 2 ist der Zertifikatspreis für eine Tonne CO 2 im europäischen Emissionshandel (EU-ETS). Aufgrund der Corona-Krise lag der Zertifikatspreis im März 2020 bei ca. 15 , im November 2020 bei ca. 25 und ist zwischenzeitlich (Stand: Anfang März 2021) auf ein Allzeithoch von über 40 gestiegen. Für die Marktteilnehmer scheint also die erwartete Knappheit an Zertifikaten und nicht mehr die Corona-Krise im Vordergrund zu stehen. Aus deutscher Perspektive ist ein weiterer Vergleichsmaßstab für den Atmosfair-Kompensationsbetrag die seit dem 1. Januar 2021 eingeführte CO 2 -Steuer von 25 pro Tonne CO 2 , die in den nächsten Jahren schrittweise auf 55 im Jahr 2025 steigt. Der Atmosfair-Kompensationsbetrag pro Tonne CO 2 wirkt demnach niedriger als der aktuelle Preis für eine Tonne CO 2 im europäischen Emissionshandel bzw. als die zum Jahresanfang Bild 1: Kompensationsbetrag (in EUR) und Klimawirkung (CO 2 -Äquivalente in kg) Quelle: eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 48 MOBILITÄT Umweltbelastung nächsten Jahren schrittweise auf 55 EUR im Jahr 2025 steigt. Der Atmosfair-Kompensationsbetrag pro Tonne CO 2 wirkt demnach niedriger als der aktuelle Preis für eine Tonne CO 2 im europäischen Emissionshandel bzw. als die zum Jahresanfang 2021 in Deutschland eingeführte CO 2 -Steuer. Jedoch werden auch Nicht-CO 2 -Emissionen in den passagierbezogenen Kompensationsbeträgen berücksichtigt. Bezogen auf die Linienflüge am Flughafen Bremen im Jahr 2019 ist eine Tonne CO 2 im Durchschnitt aller Einsteiger zusätzlich mit 1,38 Tonnen CO 2 -Äquivalenten durch Nicht-CO 2 -Emissionen verknüpft. Der durchschnittliche passagierbezogene Kompensationsbetrag, pro Tonne CO 2 beträgt somit insgesamt knapp 63 EUR. Wie Bild 2 zeigt, liegt die monetäre Gesamtbewertung der Klimawirkung damit über der für das Jahr 2025 vorgesehenen CO 2 - Steuer von 55 EUR pro Tonne CO 2 . Für innerdeutsche Flüge nennt Atmosfair keine Kompensationsbeträge mit dem Hinweis auf alternative Bahnverbindungen. Bei der Berechnung der Klimakosten wird daher der Minimumbetrag von 10 EUR pro Einsteiger angesetzt, den Atmosfair bei kurzen Flugstrecken ins europäische Ausland verwendet. Ergebnisse Für die innerdeutschen Strecken ab Bremen liegt die Klimawirkung (CO 2 und Nicht-CO 2 ) für Hin- und Rückflug bei 362-kg (München, MUC), 352 kg (Stuttgart, STR) und 202 kg (Frankfurt, FRA). Mit dem Minimumbetrag von 10 EUR pro Einsteiger liegt die monetär bewertete Klimawirkung pro Tonne Emissionen (CO 2 - und Nicht- CO 2 ) somit bei 27,6 EUR (MUC), 28,4 EUR STR) und 49,5 EUR (FRA) und ausschließlich auf die CO 2 -Emissionen bezogen bei 58,1 EUR (MUC), 56,8 EUR (STR) und 75,8-EUR (FRA). Bild 3 veranschaulicht den Zusammenhang für die drei innerdeutschen Strecken und die weiteren Top-10-Flugziele des Flughafens Bremen im Jahr 2019 nach angebotenen Sitzen. Wenn die Säule „CO 2 - und Nicht-CO 2 “ deutlich über 23 EUR liegt, d. h. nicht wie bei Istanbul (IST) mit 24 EUR ein Ergebnis gerundeter Zahlen ist, handelt es sich um Kurzstreckenziele, bei denen der Minimumbetrag von 10 EUR unabhängig von den Emissionen greift. Bei den entfernteren Zielen Istanbul (IST), Mallorca (PMI) und Malaga (AGP) beruht ein relativ großer Anteil der monetär bewerteten Klimawirkung auf Kondensstreifen und Ozonbildung, d. h. auf Nicht-CO 2 -Emissionen, die in CO 2 -Äquivalente umgerechnet wurden. Nr. Flugziel Airline Einsteiger (Tsd.) Klimawirkung pro Einsteiger (kg) Klimakosten CO 2 Non-CO 2 Summe Pro Einsteiger (EUR) Strecke (Mio. EUR) 1 München (MUC) LH 206,8 172 190 362 10 2,07 2 Frankfurt (FRA) LH 150,7 132 70 202 10 1,51 3 Stuttgart (STR) EW 84,5 176 176 352 10 0,84 4 London (STN) FR 93,4 174 199 373 10 0,93 5 Amsterdam (AMS) KL 86,2 142 38 180 10 0,86 6 Istanbul (IST) TK 68,7 404 700 1.104 26 1,79 7 Mallorca (PMI EW, FR 74,7 258 432 690 16 1,19 8 Zürich (ZRH) LX 40,3 178 212 390 10 0,40 9 Paris (CDG) AF 33,6 204 242 446 11 0,37 10 Malaga (AGP) FR 29,1 421 734 1.155 27 0,79 … … ... ... ... ... ... ... ... 41 Kiev (IEV) W6 0,5 335 554 889 21 0,01 Summe 1.142,7 17,25 Tabelle 2: Klimakosten des Flughafens Bremen 2019 4 2021 in Deutschland eingeführte CO 2 -Steuer. Jedoch werden auch Nicht-CO 2 -Emissionen in den passagierbezogenen Kompensationsbeträgen berücksichtigt. Bezogen auf die Linienflüge am Flughafen Bremen im Jahr 2019 ist eine Tonne CO₂ im Durchschnitt aller Einsteiger zusätzlich mit 1,38 Tonnen CO 2 -Äquivalenten durch Nicht-CO 2 -Emissionen verknüpft. Der durchschnittliche passagierbezogene Kompensationsbetrag, pro Tonne CO 2 beträgt somit insgesamt knapp 63 €. Wie Bild 2 zeigt, liegt die monetäre Gesamtbewertung der Klimawirkung damit über der für das Jahr 2025 vorgesehenen CO 2 -Steuer von 55 € pro Tonne CO 2 . Bild 2: Atmosfair-Kompensationsbetrag, EU-ETS-Zertifikatspreis und CO 2 -Steuer (in €) für eine Tonne CO 2 im Vergleich. Für innerdeutsche Flüge nennt Atmosfair keine Kompensationsbeträge mit dem Hinweis auf alternative Bahnverbindungen. Bei der Berechnung der Klimakosten wird daher der Minimumbetrag von 10 € pro Einsteiger angesetzt, den Atmosfair bei kurzen Flugstrecken ins europäische Ausland verwendet. Ergebnisse Für die innerdeutschen Strecken ab Bremen liegt die Klimawirkung (CO 2 und Nicht-CO 2 ) für Hin- und Rückflug bei 362 kg (München, MUC), 352 kg (Stuttgart, STR) und 202 kg (Frankfurt, FRA). Mit dem Minimumbetrag von 10 € pro Einsteiger liegt die monetär bewertete Klimawirkung pro Tonne Emissionen (CO₂- und Nicht-CO 2 ) somit bei 27,6 € (MUC), 28,4 € (STR) und 49,5 € (FRA) und ausschließlich auf die CO 2 -Emissionen bezogen bei 58,1 € (MUC), 56,8 € (STR) und 75,8 € (FRA). Bild 3 veranschaulicht den Zusammenhang für die drei innerdeutschen Strecken und die weiteren Top 10-Flugziele des Flughafens Bremen im Jahr 2019 nach angebotenen Sitzen. Wenn die Säule „CO₂- und Nicht-CO2“ deutlich über 23 € liegt, d.h. nicht wie bei Istanbul (IST) mit 24 € ein Ergebnis gerundeter Zahlen ist, handelt es sich um Kurzstreckenziele, bei denen der Minimumbetrag von 10 € unabhängig von den Emissionen greift. Bei den entfernteren Zielen Istanbul (IST), Mallorca (PMI) und Malaga (AGP) beruht ein relativ großer Anteil der monetär bewerteten Klimawirkung auf Bild 2: Atmosfair-Kompensationsbetrag, EU-ETS-Zertifikatspreis und CO 2 -Steuer (in EUR) für eine Tonne CO 2 im Vergleich Quelle: eigene Darstellung 5 Kondensstreifen, Ozonbildung, d.h. auf Nicht-CO 2 -Emissionen, die in CO 2 -Äquivalente umgerechnet wurden. Bild 3: Monetär bewertete Klimawirkung pro Tonne CO 2 der Top 10-Flugziele des Flughafens Bremen. Für innerdeutsche Flüge werden also deutlich höhere Klimakosten als 23 € pro Tonne CO 2 zugrunde gelegt. Obwohl bei innerdeutschen Flügen die Emissionen vor allem in Höhen unter 9 km erfolgen, sind deren Klimakosten in der Größenordnung mit dem durchschnittlichen passagierbezogenen Kompensationsbetrag von knapp 63 € pro Tonne CO 2 für alle Linienflüge am Flughafen Bremen im Jahr 2019 vergleichbar. Erst bei der 674 km langen Flugstrecke von Bremen nach Paris (CDG) führt die Klimawirkung von insgesamt 446 kg CO₂ multipliziert mit 23 € pro Tonne CO₂ aufgerundet zu einem Betrag von 11 €, der knapp über dem Minimum von 10 € liegt. Der höchste Kompensationsbetrag von 43 € errechnet sich für das ägyptische Reiseziel Hurghada (HRG) mit einer Klimawirkung pro Einsteiger von 1.840 kg CO₂ (Hin- und Rückflug). Die einfache Flugdistanz der Strecke von Bremen nach Hurghada beträgt 3.594 km. Für die 647 kg CO 2 -Emissionen (d.h. ohne Nicht- CO 2 -Emissionen) auf dieser Strecke ergibt sich eine Belastung von 66,5 € pro Tonne CO₂. Der Linienluftverkehr am Flughafen Bremen war im Jahr 2019 mit einer Klimawirkung von 654,0 Tsd. Tonnen Emissionen verbunden, davon 274,9 Tsd. Tonnen CO 2 -Emissionen und 379,1 Tsd. Tonnen Nicht-CO₂-Emissionen (in CO₂-Äquivalenten). Tabelle 2 zeigt zusammenfassend die Klimakosten bzw. die monetäre Bewertung der Klimawirkungen. Der Linienluftverkehr am Flughafen Bremen hat im Jahr 2019 demnach 17,25 Mio. € Klimakosten verursacht. Davon entfallen 10,75 Mio. oder ca. 62% auf die Top 10-Flugziele des Flughafens. Bei insgesamt 1.142,7 Tsd. Einsteigern liegen die durchschnittlichen Klimakosten pro Einsteiger (= Reisender mit Hin- und Rückflug) bei 15 €. Als Großluftfahrt werden hier die Verkehrssegmente Linien-, Touristik- und Low-cost- Verkehr mit Passagieren zusammengefasst. Im Jahr 2019 wurden 21,7 Tsd. Flugbewegungen (Starts/ Landungen) in der Großluftfahrt am Flughafen Bremen gezählt. Davon waren 21,3 Tsd. Flugbewegungen (98,2%) in der Flugplandatenbank [5] hinterlegt und wurden bei der Bild 3: Monetär bewertete Klimawirkung pro Tonne CO 2 der Top 10- Flugziele des Flughafens Bremen Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 49 Umweltbelastung MOBILITÄT Für innerdeutsche Flüge werden also deutlich höhere Klimakosten als 23 EUR pro Tonne CO 2 zugrunde gelegt. Obwohl bei innerdeutschen Flügen die Emissionen vor allem in Höhen unter 9 km erfolgen, sind deren Klimakosten in der Größenordnung mit dem durchschnittlichen passagierbezogenen Kompensationsbetrag von knapp 63- EUR pro Tonne CO 2 für alle Linienflüge am Flughafen Bremen im Jahr 2019 vergleichbar. Erst bei der 674 km langen Flugstrecke von Bremen nach Paris (CDG) führt die Klimawirkung von insgesamt 446 kg CO 2 multipliziert mit 23 EUR pro Tonne CO 2 aufgerundet zu einem Betrag von 11 EUR, der knapp über dem Minimum von 10 EUR liegt. Der höchste Kompensationsbetrag von 43 EUR errechnet sich für das ägyptische Reiseziel Hurghada (HRG) mit einer Klimawirkung pro Einsteiger von 1.840 kg CO 2 (Hin- und Rückflug). Die einfache Flugdistanz der Strecke von Bremen nach Hurghada beträgt 3.594 km. Für die 647 kg CO 2 -Emissionen (d. h. ohne Nicht-CO 2 - Emissionen) auf dieser Strecke ergibt sich eine Belastung von 66,5 EUR pro Tonne CO 2 . Der Linienluftverkehr am Flughafen Bremen war im Jahr 2019 mit einer Klimawirkung von 654,0 Tsd. Tonnen Emissionen verbunden, davon 274,9 Tsd. Tonnen CO 2 - Emissionen und 379,1 Tsd. Tonnen Nicht- CO 2 -Emissionen (in CO 2 -Äquivalenten). Tabelle 2 zeigt zusammenfassend die Klimakosten bzw. die monetäre Bewertung der Klimawirkungen. Der Linienluftverkehr am Flughafen Bremen hat im Jahr 2019 demnach 17,25 Mio. EUR Klimakosten verursacht. Davon entfallen 10,75 Mio. oder ca. 62 % auf die Top-10-Flugziele des Flughafens. Bei insgesamt 1.142,7 Tsd. Einsteigern liegen die durchschnittlichen Klimakosten pro Einsteiger (= Reisender mit Hin- und Rückflug) bei 15 EUR. Als Großluftfahrt werden hier die Verkehrssegmente Linien-, Touristik- und Low-cost-Verkehr mit Passagieren zusammengefasst. Im Jahr 2019 wurden 21,7 Tsd. Flugbewegungen (Starts/ Landungen) in der Großluftfahrt am Flughafen Bremen gezählt. Davon waren 21,3 Tsd. Flugbewegungen (98,2 %) in der Flugplandatenbank [5] hinterlegt und wurden bei der Schätzung der Klimawirkung des Linienluftverkehrs des Flughafens ausgewertet. Die Division der gesamten Klimakosten von 17,25 Mio. EUR durch 21,3 Tsd. Flugbewegungen ergibt durchschnittlich ca. 800 EUR Klimakosten pro Flugbewegung. Die Klimakosten pro Flugbewegung variieren stark mit der jeweiligen Flugdistanz. So verursacht das Reiseziel Istanbul Klimakosten in Höhe von 1,79 Mio. EUR bei ca. 1,1 Tsd. Flugbewegungen, d. h. durchschnittliche Klimakosten von ca. 1.600 EUR pro Flugbewegung. Für eine aus Hin- und Rückflug bestehende Reise sind die genannten Klimakosten pro Flugbewegung zu verdoppeln. Das Aufkommen von rund 2,3 Mio. Passagieren am Flughafen Bremen im Jahr 2019 entspricht 1,15 Mio. Einsteigern. Für diese Zahl an Einsteigern hat [3] die Klimabelastung bei Annahme von Hin- und Rückflug pro Einsteiger kalkuliert. Das Ergebnis sind CO 2 -Emissionen von 235,8 Tsd. Tonnen und eine Erwärmungswirkung durch andere Schadstoffe in großer Höhe mit CO 2 -äquivalenten Emissionen von 544,0 Tsd. Tonnen, insgesamt eine Klimawirkung von 779,8 Tsd. Tonnen. Die Schätzung der Klimawirkung von [3] liegt trotz einer grundsätzlich vergleichbaren Vorgehensweise damit um immerhin 19,2 % über der Schätzung in diesem Beitrag von 654,0 Tsd. Tonnen. Die Abweichung beruht darauf, dass die Einsteiger hier nach dem Streckenziel ab Bremen erfasst sind, bei [3] dagegen - das wird dort allerdings nicht klar beschrieben - nach dem letztbekannten Ziel. Während es z. B. 86.230 Einsteiger für das Streckenziel Amsterdam - einem der großen Umsteigeflughäfen Europas - ab dem Startflughafen Bremen gab, lag bei Amsterdam als letztbekanntem Ziel die Zahl der Einsteiger lediglich bei 7.741 [6]. Für Asien als Streckenziel - hier gibt es kein Nonstop- Linienflugangebot ab Bremen - werden lediglich vier Einsteiger ausgewiesen, jedoch 57.437 beim letztbekannten Flugziel [6]. Tendenziell führt eine Zuordnung nach dem letztbekannten Flugziel also zu längeren Reisedistanzen und damit zu höheren Klimawirkungen. Dem Ansatz einer Zählung der Einsteiger nach dem letztbekannten Flugziel wird hier nicht gefolgt, da die gesamte Klimawirkung einer Flugreise von Bremen nach Asien die Nutzung eines Umsteigeflughafens wie z. B. Amsterdam voraussetzt. Die mit beiden Flughäfen verknüpfte Klimawirkung sollte nicht alleine einem Flughafen zugeordnet werden. Es sei ergänzend nochmals erwähnt, dass in der vorliegenden Untersuchung keine Verrechnung mit gegenläufig wirkenden Klimakosten durch Verkehrsverlagerung auf andere Flughäfen und/ oder Nutzung anderer Verkehrsträger erfolgt. Diese Bruttobetrachtung führt zu höheren Klimakosten als es bei einer Nettobetrachtung der Fall sein würde. Fazit Insgesamt war der Linienluftverkehr am Flughafen Bremen im Jahr 2019 mit einer Klimawirkung von 654,0 Tsd. Tonnen Emissionen verbunden, davon 274,9 Tsd. Tonnen CO 2 -Emissionen und 379,1 Tsd. Tonnen Nicht-CO 2 -Emissionen (in CO 2 -Äquivalenten). Eine Tonne CO 2 ist also im Durchschnitt aller Einsteiger zusätzlich mit 1,38-Tonnen CO 2 -Äquivalenten durch Nicht- CO 2 -Emissionen wie Kondensstreifen und Ozonbildung verknüpft. Der in diesem Beitrag bei der Berechnung der Klimakosten verwendete durchschnittliche passagierbezogene Kompensationsbetrag liegt bei knapp 63 EUR pro Tonne CO 2 . Der gesamte Linienluftverkehr des Flughafens Bremen hat dadurch 17,25-Mio. EUR Klimakosten verursacht. Bei insgesamt 1.142,7 Tsd. erfassten Einsteigern sind das durchschnittliche Klimakosten von 15 EUR pro Einsteiger (= Reisender mit Hin- und Rückflug). Bezogen auf ausgewertete 21,3 Tsd. Flugbewegungen im Linienluftverkehr am Flughafen Bremen resultieren pro Flugbewegung durchschnittlich etwa 800-EUR Klimakosten. ■ QUELLEN [1] Umweltbundesamt (2020): Further development of the EU ETS for aviation against the background of the introduction of a global market-based measure by ICAO, Final report, Dessau-Roßlau. [2] Atmosfair (2016): atmosfair Flug-Emissionsrechner. Dokumentation der Methode und Daten, Berlin. [3] Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) (2020): Regionalflughäfen - Ökono-misch und klimapolitisch unverantwortliche Subventionen, Berlin, S. 19. [4] DIW Econ (2015): Grundlagenermittlung für ein Luftverkehrskonzept der Bundesregierung, Schlussbericht, Berlin, Karlsruhe, Hamburg, Frankfurt, Darmstadt und Ottobrunn, S. 70. [5] OAG Official Airline Guide (2020): Weltweiter Flugplan, fortlaufend aktualisierte Flug-plandatenbank. [6] Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020): Fachserie 8, Reihe 6.1 Luftverkehr auf Hauptverkehrsflughäfen 2019, Wiesbaden, Februar 2020. Richard Klophaus, Prof. Dr. Studiengangsleitung Aviation Management, Fachbereich Touristik/ Verkehrswesen, Hochschule Worms klophaus@hs-worms.de
