Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0041
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Aus Forschung und Entwicklung
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Nachhaltig: E-Motor ohne Seltene Erden | Digitale Kreuzungsdaten für kooperative Verkehrssysteme | Flussbatterien: Neues Forschungsprojekt der Universität Bayreuth | Hochtemperatur-Brennstoffzelle mit Ammoniak für Schiffe | Drehgestell der neuesten Generation für den Schienenverkehr
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Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 71 Nachrichten TECHNOLOGIE Nachhaltig: E-Motor ohne Seltene Erden D er britische Motoren-Hersteller Advanced Electric Machines (AEM) liefert für die Rekuperationsachse SAF TRAKr eine innovative E-Maschine, die ohne Seltene Erden und Kupfer auskommt. Seltene Erden sind wertvolle Rohstoffe, die in sehr geringen Mengen etwa in Notebooks, Smartphones oder auch Elektromotoren eingesetzt werden. Die Gewinnung der besonderen Metalle belastet die Umwelt erheblich: Jede Tonne gefördertes Selten- Erd-Material produziert hohe Mengen toxischer und ätzender Abgase, zum Beispiel Schwefeldioxid, sowie säurehaltige Abwässer. Die HDSRM150-Maschine von AEM kommt jedoch komplett ohne Seltene Erden wie Neodym und Dysprosium aus. Zusätzlich strebt das Unternehmen an, das Kupfer für die Wicklungen durch Aluminium zu ersetzen, um die Recyclingfähigkeit zu verbessern. Durch den Verzicht auf Kupfer wird der Motor zudem leichter, ohne die Gesamteffizienz zu verringern. Diese nachhaltig produzierte E- Maschine wird in die neue E-Achse SAF TRAKr eingebaut. Sie nutzt Rekuperation, indem sie die Bewegungsenergie des Fahrzeugs in elektrische Energie umwandelt. Diese wird in einer Lithium- Ionen-Batterie zwischengespeichert und anschließend für Nebenverbraucher im Trailer genutzt, etwa für Pumpen oder Kühlsysteme. Die Rekuperation als zusätzliche Quelle der Stromerzeugung spart Kraftstoff ein und verringert gleichzeitig Abgas-Emissionen des Lastzuges. www.safholland.de / red Digitale Kreuzungsdaten für kooperative Verkehrssysteme S eit Jahresbeginn 2021 betreibt der Städteverband OCA e.V. (Open Traffic Systems City Association), ein im Jahre 1999 gegründeter Verband öffentlicher Baulastträger und Betreiber in der Straßenverkehrstechnik, das mFUND-Projekt „Di- MAP“. Es widmet sich der Digitalisierung von Kreuzungstopologien und -geometrien für den Regelbetrieb kooperativer Verkehrssysteme. Im Fokus stehen die Erstellung harmonisierter Spezifikationen sowie die Beschreibung organisatorischer Prozesse hinsichtlich der Erstellung, Bereitstellung und Qualitätssicherung dieser digitalen Kreuzungsinformationen. Im Fokus des „DiMAP“-Projekts stehen eine deutschlandweite, harmonisierte Spezifikation von Daten bezogen auf Kreuzungstopologien und -geometrien - sogenannter MAP-Daten - in Anlehnung an geltende Regulierungen, Standards und Normen unter Berücksichtigung kommunaler Anforderungen, außerdem eine Beschreibung der Prozesse zur Erhebung, Verarbeitung und Pflege der Daten. Des Weiteren soll ein Konzept erstellt werden, das die organisatorischen, rechtlichen und wettbewerblichen Voraussetzungen für den Betrieb einer Clearingstelle mit dem Ziel der permanenten Verbesserung der Datenqualität definiert. Abgerundet wird das Projekt durch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Empfehlungen zur Behebung von Organisations- und Prozess-Ineffizienzen. Insgesamt soll die Bereitstellung hoch qualitativer digitaler Kreuzungsinformationen ermöglicht werden, um einen deutschlandweiten Regelbetrieb kooperativer Verkehrssysteme sowie digitale Vorrangschaltungen für den ÖPNV und Einsatzfahrzeuge und eine verbesserte Abwicklung anderer Verkehrsträger wie Radfahrer oder Fußgänger gewährleisten zu können. www.oca-ev.org / red Foto: Nick Photoarchive / pixabay Flussbatterien: Neues Forschungsprojekt der Universität Bayreuth D ie langfristige Speicherung aus Sonne und Windkraft gewonnener elektrischer Energie hat für das Gelingen der Energiewende und der Verkehrswende zentrale Bedeutung. Flussbatterien (Redox- Flow-Batterien) haben sich als eine wirtschaftlich und ökologisch interessante Form der Energiespeicherung erwiesen. Ein neues Forschungsprojekt von Birgit Weber, Professorin für Anorganische Chemie an der Universität Bayreuth, will nun diesen Batterietyps optimieren. Das Ziel ist es, Wirkungsgrad und Speicherkapazität umweltfreundlicher Flussbatterien auf der Basis von Eisen deutlich zu steigern. Verglichen mit Lithium-Ionen-Batterien, die mit festen Elektrolyten arbeiten, weisen Flussbatterien zahlreiche Vorteile auf: Sie haben eine relativ hohe Lebensdauer und setzen keine umweltschädlichen Substanzen frei. Zudem macht es der modulare Aufbau der Flussbatterien möglich, die Energiespeicherung von Lade- und Entladevorgängen räumlich zu entkoppeln. Grundsätzlich lassen sich mit Flussbatterien sehr hohe Speicherkapazitäten aufbauen, obwohl die Energiedichte in den flüssigen Elektrolyten gering ist. Flussbatterien, in deren Elektrolytbehältern sich gelöstes Vanadium befindet, haben Bild: SAF Holland Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 72 TECHNOLOGIE Nachrichten Drehgestell der neuesten Generation für den Schienenverkehr D ie Entwicklung eines neuartigen Drehgestellrahmens für den Schienenverkehr geht in die nächste Phase: Ende 2020 arbeitete Hörmann Vehicle Engineering (HVE) mit Sitz in Chemnitz gemeinsam mit ihrem Projektpartner, dem Institut für Konstruktion und Verbundbauweisen (KVB), am Fertigungswerkzeug für ein seriennahes Referenzbauteil des neuartigen „hybridBO- GIE“ (Englisch für Hybrid-Drehgestell). Nun beginnt die Fertigung des innovativen Längsträger-Demonstrators. Beteiligt am Projekt „hybridBOGIE“ sind neben HVE und KVB das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) und die IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH (IMA). Ziele sind eine Gewichtseinsparung von 75 Prozent gegenüber einem konventionellen Drehgestellrahmen, die Integration der Primärfeder, eines Steinschlagschutzes und Sensornetzwerkes in den Rahmen, die Erarbeitung eines Degradationsmodelles zur Bestimmung der Restlebensdauer des Faserverbundes und die Entwicklung eines speziell auf den Hybrid-Verbund angepassten Prüfverfahrens. All diese Schritte sollen zu einem Drehgestell mit besseren Parametern bei Funktionalität, Gewicht, Laufleistung und Geräuschemission führen. www.hoermann-gruppe.com / ae Hochtemperatur-Brennstoffzelle mit Ammoniak für Schiffe D er Seeverkehr stößt jedes Jahr viele hundert Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid aus. Weltweit erproben Wissenschaftler neue Antriebskonzepte, die Schweröl als Treibstoff ablösen könnten. Fraunhofer-Forschende arbeiten im ShipFC-Projekt in einem internationalen Konsortium an Brennstoffzellen auf Basis von Ammoniak (NH3). Als Treibstoff für elektrische Schiffsmotoren ist Ammoniak ebenso „grün“ wie Wasserstoff, dabei aber weniger gefährlich und einfacher in der Handhabung. Auch funktioniert die Stromerzeugung mit Ammoniak ähnlich wie bei Anlagen auf Wasserstoff-Basis. Das Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM in Mainz entwickelt nun im Projekt ShipFC gemeinsam mit 13 europäischen Verbundpartnern die weltweit erste Brennstoffzelle auf Basis von Ammoniak für Schiffe. Die Fraunhofer-Forschenden sind für den Katalysator zuständig, der dafür sorgt, dass keine klimaschädlichen Abgase entstehen. Das Forschungsteam entwickelt auch den Reaktor, der den passiv arbeitenden Katalysator umgibt. Der Reaktor steuert die Temperatur und regelt die Gasströme. Er heizt den Katalysator beispielsweise schon vor dem Start der Maschinen vor, da er in kaltem Zustand nicht so effizient arbeitet. Die Gase, die den Katalysator durchströmen, sollten voraussichtlich etwa 500 °C heiß sein, damit die Abgasreinigung möglichst wirksam ist. Ein erster kleiner Prototyp soll gegen Ende 2021 fertig sein, Ende 2022 dann ein Prototyp in der endgültigen Größe. In der zweiten Jahreshälfte 2023 wird das erste Schiff mit der Ammoniak-basierten Brennstoffzelle in See stechen, das Versorgungsschiff Viking Energy der norwegischen Reederei Eidesvik. Danach sollen weitere Schiffstypen wie etwa Frachtschiffe damit ausgestattet werden. www.imm.fraunhofer.de / red Foto: UBT / C. Wißler Katalysator-Teststand Bild: Fraunhofer IMM Bild: Hörmann Industries sich in den letzten Jahren als im Prinzip hochattraktive Speichertechnologie erwiesen. Allerdings ist Vanadium ein seltenes und teures Metall, das oft Verunreinigungen aufweist. „Heute gilt Eisen als der mit Abstand am meisten versprechende Kandidat für Flussbatterien. Es ist ein auf der Erde reichlich vorhandenes, kostengünstiges Metall, das sich durch eine geringe Toxizität auszeichnet und in verschiedenen molekularen Umgebungen eingesetzt werden kann“, sagt Prof. Weber. „Unser Ziel ist es, auf der Grundlage von Eisen umweltfreundliche und hocheffiziente Flussbatterien zu entwickeln. Diese werden aufgrund ihrer hohen Speicherkapazität dazu beitragen können, den Anteil nachhaltiger Energiequellen an der Energieversorgung wesentlich zu erhöhen.“ Das Vorhaben wird von der Volkswagen- Stiftung aus dem Programm „Experiment! “ für anderthalb Jahre gefördert. www.uni-bayreuth.de / ebl Internationales Verkehrswesen (73) 2 | 2021 73 Veranstaltungen FORUM Foto: 1388843 / pixabay Zukunftsfähige Brücken, Tunnel und Straßen Vorschau: 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur, 29. bis 30.-Juni 2021, Esslingen (DE) E rstmals veranstaltet die Technische Akademie Esslingen (TAE) am 29. und 30. Juni 2021 einen Fachkongress zur Sicherung und Erhaltung der Zukunftsfähigkeit einer verkehrsträgerübergreifenden Infrastruktur. Unter der fachlichen Leitung von Dir. Prof. Dr.-Ing. Jürgen Krieger, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbau der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), werden in knapp 50 Fachvorträgen in parallelen Sessions Technologien sowie Methoden der Digitalen Transformation vorgestellt und diskutiert. Die Fachvorträge zeigen Potenziale und Herausforderungen digitaler Technologien auf und präsentieren Konzepte zur Verknüpfung von (zukünftigen) digitalen Entwicklungen mit der Verkehrsinfrastruktur. Darüber hinaus werden aktuelle Anwendungen vorgestellt und ihr Nutzen im Lebenszyklus betrachtet. Themenschwerpunkte der zweitägigen Veranstaltung mit begleitender Ausstellung sind: Asset Management, Building Information Modeling (BIM), Digital Twin, das Gebiet Internet of Things, Künstliche Intelligenz und Smart Data in der Anwendung sowie der Bereich Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR). Ziel des Fachkongresses ist es, die Potenziale des Digitalen Wandels für die Verkehrsinfrastruktur deutlich zu machen und so einen wichtigen Beitrag zu deren Zukunftsfähigkeit zu leisten. Im Fokus stehen dabei aktuelle Projektbeispiele aus dem Brücken-, Tunnel- und Straßenbau - mit unterschiedlichen Blickwinkeln aus Planung, Bauausführung und Betrieb. Die TAE wird die Fachtagung im hybriden Flex-Format durchführen. Interessierte können daher (auch spontan) entscheiden, ob sie vor Ort teilnehmen oder die Vorträge lieber zum reduzierten Preis live auf ihr Endgerät streamen möchten. www.tae.de/ go/ digitrave Der European Green Deal und die Folgen Vorschau: 19 th European Transport Congress (ETC), 7. bis 8. Oktober 2021, Maribor (SL) oder online F ür den 7. bis 8. Oktober 2021 hat die European Platform of Transport Sciences EPTS zusammen mit der University of Maribor den 19. European Transport Congress (ETC) geplant. Das Motto „European Green Deal, Challenges and Solutions for Mobility and Logistics in Cities“ umfasst in der Tat die derzeit dringlichsten Herausforderungen und Aufgaben für Verkehrsplaner, Kommunen und Verkehrsbetriebe in Europa. Die Veranstaltung, abgehalten in englischer Sprache, ist verbunden mit der Verleihung des 16. European Friedrich-List-Award für junge Verkehrswissenschaftler. Der Preis erinnert an den 1789 geborenen Wirtschaftstheoretiker, Unternehmer, Diplomat und Eisenbahn-Pionier Daniel Friedrich List, der sich für die Schaffung eines Binnenmarktes durch Abschaffung der Zollgrenzen, vor allem aber den Aufbau eines deutschen Eisenbahnnetzes einsetzte. Im Juni soll die Entscheidung fallen, ob der Kongress online oder als Präsenzveranstaltung im slowenischen Maribor abgehalten werden kann. www.epts.eu/ etc2021 Neue Strategien für Bus und Bahn Vorschau: 10. ÖPNV Innovationskongress, 9. bis 10. Juni 2021, Online-Veranstaltung V erkehrswende und nachhaltige Mobilität, Digitalisierung und Vernetzung - und natürlich auch die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Krise: Beim 10. ÖPNV-Innovationskongress am 9. und 10. Juni 2021 stehen alle Themen auf der Agenda, die die Nahverkehrsbranche bewegen. Veranstalter ist das Ministerium für Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Die Corona-Pandemie hat auch auf den öffentlichen Nahverkehr deutliche Auswirkungen. Neue Hygiene- und Abstandsregeln sowie ein stark verändertes Nutzerverhalten stellen die Branche derzeit vor große Herausforderungen. Auch führt der Trend zu mehr Homeoffice dazu, dass die Zahl der Berufspendler - und damit der Fahrgäste im ÖPNV - spürbar sinkt. Nach wie vor auf der Agenda stehen jedoch die großen Themen Digitalisierung und Vernetzung sowie der Klimawandel und die Verkehrswende hin zu einer nachhaltigeren Mobilität. Neue Ideen und Konzepte sind gefragt, damit der öffentliche Nahverkehr aus der aktuellen Situation gestärkt in die Zukunft gehen kann. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigen zahlreiche Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland beim ÖPNV-Innovationskongress. Die Veranstaltung findet aufgrund der anhaltenden Einschränkungen durch die Corona-Pandemie und die weiterhin hohen Infektionszahlen nicht wie gewohnt im Kongresszentrum Konzerthaus Freiburg statt, sondern komplett digital. https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ mobilitaet-verkehr/ bus-und-bahn/ oepnvi n n o v a t i o n s k o n g r e s s / k o n g r e s s p r o gramm-2021/
