eJournals Internationales Verkehrswesen 73/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2021-0085
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Covid-19 - Was lernt der Luftverkehr aus der Pandemie

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Andreas Deutschmann
Jannis Pfeiler
Magnus Lasse Hamann
John Michael
Hanna Listapad
Andrei Popa
Der Covid-bedingte Einbruch der Passagier- und damit einhergehend der Flugbewegungszahlen, ebenso wie die daraus entstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen für Flughäfen, Airlines und Dienstleister der Luftfahrt, sind inzwischen sehr gut untersucht. Weniger bekannt sind pandemiebedingte Auswirkungen auf weitere Bereiche, wie etwa der Umgang mit künftigen Pandemien bzw. präventive Maßnahmen auch im Luftverkehr, der Einfluss gesellschaftlicher Shutdown-Maßnahmen auf das Risiko von Flugunfällen oder die Chance auf bisher kaum durchführbare infrastrukturelle Maßnahmen am Flughafen sowie Effekte auf die Umwelt. Diesen Themen widmete sich eine gemeinsame Studie von DLR und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Ostfalia, in der Risiken, aber auch Chancen und Maßnahmen, die es der Luftfahrt in ähnlichen Situationen ermöglichen, gestärkt aus kritischen Situationen hervorzugehen, abgeleitet werden.
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Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 74 Covid-19 - Was lernt der Luftverkehr aus der Pandemie? Denkanstöße für die Zukunft Luftverkehr, Covid-19, Pandemie-Auswirkungen, Risikoabschätzung, Flughäfen Der Covid-bedingte Einbruch der Passagier- und damit einhergehend der Flugbewegungszahlen, ebenso wie die daraus entstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen für Flughäfen, Airlines und Dienstleister der Luftfahrt, sind inzwischen sehr gut untersucht. Weniger bekannt sind pandemiebedingte Auswirkungen auf weitere Bereiche, wie etwa der Umgang mit künftigen Pandemien bzw. präventive Maßnahmen auch im Luftverkehr, der Einfluss gesellschaftlicher Shutdown-Maßnahmen auf das Risiko von Flugunfällen oder die Chance auf bisher kaum durchführbare infrastrukturelle Maßnahmen am Flughafen sowie Effekte auf die Umwelt. Diesen Themen widmete sich eine gemeinsame Studie von DLR und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Ostfalia, in der Risiken, aber auch Chancen und Maßnahmen, die es der Luftfahrt in ähnlichen Situationen ermöglichen, gestärkt aus kritischen Situationen hervorzugehen, abgeleitet werden. Andreas Deutschmann, Jannis Pfeiler, Magnus Lasse Hamann, John Michael, Hanna Listapad, Andrei Popa D ie Auswirkungen der gegenwärtigen Corona-Pandemie sind in allen Bereichen des täglichen Lebens spürbar. Im gesellschaftlichen Kontext stehen dabei, neben Fragen der Virusausbreitung, psychologische Effekte, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen [1], Long-Covid-Folgen, Fragen der Klimawirksamkeit des Herunterfahrens der Wirtschaft [2] sowie der verkehrlichen Folgen [3] der Pandemie im Fokus der Wissenschaft unterschiedlicher Disziplinen. Corona reist mit Im Kontext der Ausbreitung des Virus auf globaler Ebene zeigte sich schnell die Bedeutung des Luftverkehrs [4, 5], der in Folge global steigender Inzidenzen in den Jahren 2020 und 2021 signifikant, mit Ausnahme des Frachtverkehrs, heruntergefahren wurde. Die wirtschaftlichen Einbußen in Folge der Pandemie für Airlines und Flughäfen wurden u. a. von [6, 7] detailliert untersucht. Zur Eindämmung der Pandemie und zur Stärkung des Luftverkehrs wurden Maßnahmen eingeführt, die einerseits für Mindestabstände zwischen den Reisenden im Flughafen und andererseits dafür sorgen sollen, dass nur negativ getestete Flugreisende das Flugzeug betreten dürfen [5]. Trotz dieser Maßnahmen gelingt es nicht, Covid-19-infizierte Reisende vor Flugantritt mit hinreichender Präzision zu identifizieren [8, 9] und Reisende während des Fluges gegen eine Infektion zu schützen [10]. Insbesondere die Art der Testung (staatlich organisierter Test oder selbst durchgeführter Schnelltest) vor einem Flug ist zu hinterfragen, um Varianten des Betruges beim Testergebnis einerseits auszuschließen und falsch-negative Testresultate zu minimieren. Da Reisende im allgemeinen mehrere Verkehrsmittel zur Anreise zum Flughafen nutzen, sollte, mit Blick auf weitere Corona- Mutationen sowie weitere Viren mit Pandemiepotential darüber nachgedacht werden, die Reisekette zum Flughafen mit den damit verbundenen Infrastrukturen und Prozes- Foto: Free Photos / pixabay MOBILITÄT Luftfahrt Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 75 Luftfahrt MOBILITÄT sen grundsätzlich neu zu denken, um Infektionen während der Reise in anderen Verkehrsmitteln sowie beim Umsteigen ebenso zu vermeiden wie im Flughafen. Das Studium der negativen Auswirkungen der Pandemie ist mit Blick auf sich abzeichnende weitere Pandemien und Epidemien wichtig, um aus den Erkenntnissen Maßnahmen im Umgang mit Ereignissen dieser Größenordnung abzuleiten, mit denen unsere Gesellschaft insgesamt an Resilienz gewinnt. Gleichzeitig steckt hinter jeder Herausforderung auch die Chance zu positiven Veränderungen verbunden mit der Frage, was können wir an positiven Erkenntnissen in den sich abzeichnenden Normalbetrieb übernehmen? Als Gesellschaft müssen wir uns die Frage stellen: Was ist „normal“? Und wie können wir positive Effekte künftig, bei sich ähnlichen abzeichnenden Ereignissen nachhaltig nutzen, um negative Einflüsse auf Gesellschaft, Kultur, Industrie und den Verkehr als verbindendes Element zu minimieren? Störungen und Unfälle im Luftverkehr in der Pandemie Der Covid-bedingte Shutdown führte zu einem weltweiten Einbruch der gewerblichen Flugbewegungen [6] der auch in Deutschland, wie Bild 1 exemplarisch für einige Flughäfen zeigen, eine deutliche Ausprägung aufweist. Im Gegensatz zum Luftverkehr verringerte die Deutsche Bahn ihr Angebot - trotz gesunkener Nachfrage nicht signifikant [13]. Damit war es Reisenden möglich, Abstände von 1,5 m einzuhalten. Die Pandemie hinterließ auch im Straßenverkehr Spuren. Messungen an Dauermessstellen ergaben, dass die Zahl der PKW-Fahrten in Deutschland bspw. während des ersten Shutdowns zeitweise um mehr als 50 % abnahm [14]. Mit der Rücknahme von Reisebeschränkungen am Ende der ersten Covid-Welle normalisierte sich das Verkehrsaufkommen. Parallel konnte Kalwitzki für den Straßenverkehr zeigen, dass die Zahl der Unfälle sowie der Verkehrstoten im ersten Jahr der Pandemie im Vergleich zum Jahr 2019 signifikant zurückging [3]. Uns interessierte die Frage, ob ein vergleichbarer Effekt im Luftverkehr ebenfalls zu beobachten ist. Dazu untersuchten wir Daten der Bundesstelle für Unfalluntersuchung (BFU), die in Form von monatlichen Berichten veröffentlicht wurden [15]. Aus den Monatsberichten wurden folgende Informationen extrahiert: •• Anzahl der Ereignisse insgesamt in Deutschland (als Sammelbegriff für alle Vorkommnisse, Unfälle, etc.) •• Anzahl der Ereignisse sowie Art und Anzahl von verunglückten Personen unterteilt nach - maximale Startmasse (MTOM) > 5,7 t - 2,0 t ≤ MTOM ≤ 5,7 t - MTOM < 2,0 t - Ultraleichtflugzeuge und Tragschrauber - Hubschrauber - Segelflugzeuge und Motorsegler - Freiballone Bzgl. der Art und Zahl der verunglückten Personen wurde nach •• tödlichen, •• schweren und •• leichten Verletzungen differenziert. Kriterien für diese Klassifizierung sind in den jeweiligen Berichten beschrieben. Um Aussagen über die typische Entwicklung von Fallzahlen von Jahren ohne pandemischen Einfluss zu ermöglichen und um diese in Relation zum Jahr 2020 zu setzen, wurden zunächst Monatsberichte des Zeitraums Januar 2016 bis Dezember 2020 analysiert. Im ersten Schritt wurde untersucht, ob sich die jährliche Anzahl der Vorkommnisse sowie die Anzahl der Verunglückten der Jahre 2016 bis 2020, ausschließlich auf Ereignisse in Deutschland bezogen, signifikant unterscheiden. Dieser Vergleich, auf Basis absoluter Zahlen, ist in Bild 2 dargestellt. Aus Bild 2 (linke Darstellung) geht hervor, dass sowohl die Zahl der Vorkommnisse als auch die Zahl der Verletzten im Betrachtungszeitraum deutlichen jährlichen Schwankungen unterliegen. Im Mittel treten pro Jahr 99 Personenschäden auf. Die Bild 1: Rückgang der Flugbewegungen und der Passagiere an ausgewählten Flughäfen Deutschlands [11, 12] Bild 2: Darstellung der Zahl jährlicher luftverkehrlicher Vorkommnisse in Deutschland (links) sowie der Zahl der jährlich Verunglückten (rechts), unterteilt in tödlich verunglückte, schwer und leicht verletzte Personen Alle Grafiken: Autoren Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 76 MOBILITÄT Luftfahrt Schwankung, die durch die Standardabweichung repräsentiert wird, beträgt 24. Die Personenschäden sind im Mittel auf 169 jährliche Vorkommnisse mit einer Standardabweichung von 19 zurückzuführen. Das Jahr 2020 mit 103 Verunglückten und 162 Ereignissen, liegt innerhalb der beschriebenen Toleranzen. Diese Zahlen zeigen, dass mit Blick auf das gesamte Jahr 2020 das Corona-bedingte Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens keinen Rückgang der Fallzahlen bewirkte. Die Unterteilung der Verunglückten in die zuvor beschriebenen Kategorien zeigt, dass sich auch hier, wie in Bild 2 (rechts) dargestellt, dass sich das Jahr 2020 nicht signifikant von den Jahren zuvor unterscheidet. Grundsätzlich ist die Aussagekraft der Zahl jahresbasierter Vorkommnisse und verunglückter Personen zu hinterfragen. So können wenige Ereignisse eine große Zahl Verletzter, die unmittelbar Einfluss auf die Jahresbilanz nehmen, verursachen. In diesem Fall sind die Personenschäden an der Zahl der Ereignisse zu skalieren. Im Folgenden wird untersucht, ob die Zeit des gesellschaftlichen Herunterfahrens, in den monatsscharf vorliegenden Daten, erkennbare Hinweise liefert, ob in diesem Zeitraum weniger Störungen und weniger Verletzte zu beobachten waren. Dazu wurden entsprechende Daten der Jahre 2016 bis 2021 (so weit bis Redaktionsschluss vorliegend) untersucht. Gezählt wurden die Zahl der Ereignisse sowie die Anzahl der verletzten Personen. In absoluten Zahlen sind diese Werte in Bild 3 (oben rechts sowie oben links) dargestellt. Da generell in den Wintermonaten die Unfall- und Verletztenzahlen im Vergleich zu den Frühlings- und Sommermonaten geringer sind, ist eine signifikante Wirkung des deutschlandweiten Herunterfahrens im Jahr 2020 auf die Zahl der Unfälle, als auch auf die Zahl der Verletzten auf den ersten Blick nicht erkennbar. Um einen deutlichen statistischen Hinweis auf Shutdown-Effekte zu erhalten, wurden monatliche Mittelwerte sowie deren Standardabweichungen bzgl. der Zahl der Vorkommnisse als auch der Zahl der verletzten Personen ermittelt. Hier ist zu beachten, dass die Monatsdaten des Pandemiejahres 2020 in die Berechnungen explizit mit eingingen. Daher ist zu erwarten, dass auf der vorliegenden Datenbasis erkennbar ist, wenn 2020 signifikante Sondereffekte enthält. Visualisierungen der monatsscharfen Daten sind Bild 4 zu entnehmen. Das erste Herunterfahren in Deutschland begann mit der ersten Welle im März 2020 mit der sukzessiven Einführung von einschränkenden Maßnahmen. Die intensive Phase des Shutdowns endete zu Pfingsten 2020 mit der Öffnung von Restaurants und Hotels. Im März 2020 ist, wie in Bild 4 erkennbar, kein nachweisbarer Rückgang von Vorkommnissen erkennbar. Die Zahl der Personenschäden liegt oberhalb des zu erwartenden Intervalls. Im April 2020 ist sowohl die Zahl der Vorkommnisse als auch die Zahl der Personenschäden unter das durch Mittelwert und Standardabweichung gegebene Intervall gesunken. Dieser Effekt spricht als Indikation für den Shutdown. Bereits im Mai, in dem zahlreiche bundesweite Öffnungen stattfanden, stieg sowohl die Zahl der Vorkommnisse als auch die Zahl der Personenschäden in den sonst erwartbaren Bereich. Das Herunterfahren der Gesellschaft mit der zweiten Welle, im Herbst 2020, zeigt keine signifikanten Auswirkungen auf gemeldete Vorkommnisse und verunfallte Personen. Erst im Januar 2021 wurden in Deutschland keine Vorkommnisse registriert und damit auch keine Personenschäden. Damit liegt dieser Monat unterhalb des erwarteten Minimums und indiziert die Wirkung des Shutdowns. Im Februar übersteigen die Ereignisse die erwartbare Anzahl auf niedrigem Niveau geringfügig. In den Monaten März und April 2021 ist die Wirkung des Shutdowns auf Basis der sehr niedrigen Fallzahlen deutlich erkennbar. Bereits im Mai, in dem bundesweit zahlreiche Coronabedingte Einschränkungen zurückgenommen wurden, ist ein deutliches Ansteigen der Fallzahlen zu beobachten. Die vorliegenden Daten geben Hinweise darauf, dass während des Shutdowns sowohl eine Reduktion der Flugunfälle als auch verletzter Personen zu beobachten ist. Mit dem Ende des Shutdowns nahm die Anzahl von Störungen und Verletzten zu. Dabei sind die Ereignisse nicht auf den gewerblichen Sektor zurückzuführen. Vielmehr werden diese durch den privaten Bereich verursacht. Mögliche Ursachen könnten auf die verlängerte flug- und damit praxisfreie Zeit zurückzuführen sein. Wenn diese im Einzelfall auf ein reduziertes Risikobewusstsein trifft, Bild 3: Darstellung der in Deutschland registrierten monatsscharfen Vorkommnisse im Zeitraum 2016 bis März 2021 (oben links) sowie Darstellung der in Deutschland registrierten monatsscharfen Personenschäden (insgesamt) im Zeitraum 2016 bis März 2021 (oben rechts). Die Spiegelung der Zahl Verletzter an der Zahl der Vorkommnisse erfolgt in der Darstellung unten links. Bild 4: Darstellung der mittleren Zahl von Vorkommnissen in Deutschland basierend auf Daten der Jahre 2016 bis 2020 sowie die sich aus den Werten ergebende Standardabweichung, die in Addition bzw. Subtraktion auf bzw. vom Mittelwert die obere und untere Grenze ergibt. Dazu sind verfügbare Daten aus 2020 sowie Januar bis März 2021 abgebildet (links) sowie die Darstellung der mittleren Zahl von Personenschäden in Deutschland, basierend auf Daten der Jahre 2016 bis 2020, sowie die sich aus den Werten ergebende Standardabweichung, die in Addition bzw. Subtraktion auf bzw. vom Mittelwert die obere und untere Grenze ergibt. Dazu sind verfügbare Daten aus 2020 sowie Januar bis März 2021 abgebildet (rechts). Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 77 Luftfahrt MOBILITÄT stellt dies eine besondere Gefahr für den Flugzeugführer, deren Insassen und das Fluggerät dar. Ein denkbares Mittel zur Minimierung eines Unfallrisikos könnte in diesem Kontext darin liegen, nach langen flugfreien Zeiten, abgestimmt mit den Zulassungsbehörden z. B. gezielte Auffrischungen für Privatpiloten anzubieten. Dass in Deutschland während den Einschränkungen und den Erholungsphasen keine Unfälle im gewerblichen Luftverkehr zu beobachten waren zeigt, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen für Verkehrspiloten zur Aufrechterhaltung bzw. Wiedergewinnung der entsprechenden Fluglizenzen geeignet sind, um auch längere flugfreie Phasen zu überstehen ohne das Unfallrisiko zu erhöhen. Wartung und Neubau von Flughafeninfrastrukturen in Pandemiezeiten Die großen Verkehrsflughäfen in Deutschland operierten in der Vor-Covid-Ära, vor allem in nachfragereichen Zeiten, an ihren Kapazitätsgrenzen. Nachfragearme Intervalle waren i. d. R. so kurz, dass umfassende Wartungsarbeiten an den Flughafeninfrastrukturen nicht möglich oder mit Kapazitätseinschränkungen bzw. mit Flugstreichungen verbunden waren. Der in Bild 1 dargestellte Nachfrageeinbruch bietet aufgrund seines anhaltenden Charakters die Option, benötigte Wartungsarbeiten, Sanierungen und ggf. infrastrukturelle Neu-/ Umbauvorhaben voranzutreiben, um bei einer Erholung des Luftverkehrsmarktes alle medizinischen, verkehrlichen und komfortorientierten Herausforderungen erfüllen zu können. In diesem Kontext wurde von uns untersucht, welche Sanierungs- und Baumaßnahmen an Flughäfen während der Covid- 19-Pandemie durchgeführt wurden. Dazu wurden Geschäftsberichte von Flughäfen, Airlines sowie Logistikunternehmen gesichtet und dokumentierte Maßnahmen katalogisiert und kategorisiert. Die Analysen zeigen, dass aus den Dokumentationen fünf Maßnahmenkategorien ableitbar sind. Hierbei handelt es sich, mit (R) bezeichnet, um Arbeiten am Start-/ Landebahnsystem sowie am Apron. Bauarbeiten, die entweder mit der Erweiterung oder mit der Fortsetzung von Bauarbeiten eines Terminals verbunden sind, wurden durch ein (T) gekennzeichnet. Die Kategorie (L) beschreibt den Bau von neuen Frachtgebäuden an Flughäfen. Modernisierungen in Terminals (M) fassen alle Sanierungs- und Verbesserungen innerhalb des Terminals zusammen. Die Kategorie Business-Parks und Parkplätze (P) dokumentiert die Errichtung zusätzlicher Infrastrukturen im Flughafenbereich, die dem Komfort der Passagiere dienen. Die nachfolgende Tabelle 1 ordnet exemplarisch Flughäfen entsprechende Infrastrukturmaßnahmen zu. Die hier vorgestellte Auflistung von Infrastrukturmaßnahmen zeigt, dass Flughäfen, trotz der finanziellen Mindereinnahmen, die Pandemie als Chance auffassten und sich durch Infrastrukturinvestitionen auf die Erholung des Luftverkehrs vorbereiteten. Die oben exemplarisch dargestellten Maßnahmen zeigen den Bedarf an Sanierungsarbeiten, der sich, wie in den Geschäftsberichten einiger Flughäfen deutlich wird, seit Jahren aufstaute. Da ein infrastruktureller Sanierungsbedarf i. d. R. einen weiteren nach sich zieht, ist zu überlegen, wie künftig Sanierungsstaus vermeidbar sind. Denkbare Lösungsansätze zielen auf die Nutzung wartungsarmer Technologien und Materialien, die zunächst in der Anschaffung und Verbauung teuer sind als herkömmliche Materialien. Die Digitalisierung könnte ebenfalls einen Beitrag leisten. Die frühzeitige (z. B. sensorbasierte) Erfassung von Veränderungen in der technischen und der baulichen Substanz kann bewirken, dass kleine, frühzeitig erkannte Sanierungsbedarfe substanzielle Schäden vermeiden, wenn diese rechtzeitig ausgebessert werden. Entsprechend bieten durch Digitalisierung ermöglichte Verfahren der präventiven und prädiktiven Instandhaltung Optionen, größere Sanierungsbedarfe und -staus zu reduzieren. Nachhaltige klimawirksame Effekte und Maßnahmen in der Pandemie Das weltweite Herunterfahren des Luftverkehrs hatte zur Folge, dass weltweit weniger CO 2 durch Flugzeuge und Flughafenverkehre ausgestoßen wurde. Tabelle 2 illustriert beispielhaft die luftfahrtbasierte CO 2 - Reduktion für einige europäische Staaten. In diesem Kontext ist zu beachten, dass zahlreiche Mitarbeiter der Flughäfen, der Airlines und Dienstleister sich aufgrund der nicht durchgeführten Flüge in Heimund/ oder Kurzarbeit befanden. Dementsprechend fanden individuelle Anreiseverkehre mit dem PKW von Reisenden und Mitarbeitern zum/ vom Flughafen nur in geringem Maße statt und trugen darüber hinaus zu einer Reduktion weiterer Stickoxide und von Feinstaub bei. Diese verkehrlichen Aspekte sind in den Statistiken der Luftfahrt i. d. R. nicht einbezogen, wären allerdings im Rahmen einer Gesamtluftverkehrsbilanz zu berücksichtigen. Um langfristig klimawirksam den Ausstoß von CO 2 im Luftverkehr zu senken, wird intensiv darüber nachgedacht, Flüge auf inländischen Destinationen zu reduzieren und durch Bahnverkehre zu substituieren [17, 18]. Ein zu diesem Zweck eingesetztes politisches Mittel war die Verknüpfung staatlicher Stützungszahlungen in der Pandemie, wenn Kurzstreckenverbindungen zu Gunsten der Bahn aufgegeben wurden [19]. In Deutschland wird insbesondere darüber nachgedacht, zusätzliche Sprinterverbindungen in Nord-Süd-Richtung zu etablieren, um auf der Schiene kurze Reisezei- Maßnahmen Flughafen R T L P M BRE X CGN X DUS X FRA X X X HAJ X HAM X X MUC X X X AMS X X LHR X MXP X ZRH X Tabelle 1: Infrastrukturmaßnahmen an deutschen und europäischen Flughäfen Land CO₂-Reduktion [%] in 2020 Deutschland -53 Türkei -54 Großbritannien -60 Spanien -64 Finnland -64 Italien -65 Island -70 Tabelle2: Beispiele für CO₂-Reduktion im Luftverkehr in Europa [15] Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 78 MOBILITÄT Luftfahrt ten anbieten zu können und Flugverkehre zu substituieren. Darüber hinaus wurden bereits neue ICE-Züge in Dienst gestellt, die es einerseits den Reisenden ermöglichen, weiterhin Abstandsregeln zu befolgen, und andererseits ein erhöhtes Fahrgastaufkommen bewältigen [20]. Im Kontext der intermodalen An-/ Abreise zum/ vom Flughafen ist zu erwarten, dass im Rahmen der zunehmenden Elektromobilität die Zahl der E-PKW signifikant zunehmen wird. Diese bewirken lokal eine Reduktion klimawirksamer Gase und ggf. Feinstaub, bedürfen allerdings zahlreicher Baumaßnahmen, um Parkplätze am Flughafen den Anforderungen der E-Mobilität anzupassen. Gleiches gilt für eine Erhöhung des Anteils elektrisch angetriebener Fahrzeuge, die im Kontext der Abfertigungsprozesse im Flughafen genutzt werden. Um Flughäfen in CO 2 - und klimaneutrale Infrastrukturen umzugestalten, bedarf es jetzt - im Rahmen der Digitalisierung - innovativer Konzepte und technologischer Lösungen sowie Investitionsplanungen, um Passagier-, Gepäck-, Fracht- und Flugzugprozesse nicht ausschließlich nach Umwelterwägungen, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig, sicher und komfortabel zu gestalten, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern und zu entwickeln. Fazit Die Covid-19-Pandemie führte zu massiven Einschränkungen aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Infolge weltweit steigender Infektions- und Sterbezahlen wurde auch der Luftverkehr, als eine Hauptverbreitungsquelle des Virus, global heruntergefahren. Dieser Shutdown ermöglichte es Flughafenbetreibern, zahlreiche Wartungs- und Modernisierungsarbeiten an Flughafeninfrastrukturen wie den Start-/ Landebahnsystemen sowie Flughafenterminals durchzuführen, ohne dass es zu signifikanten betrieblichen Einschränkungen kam. Eine weitere positive Folge des Shutdowns und der damit verbundenen deutlichen Reduktion des Luftverkehrs ist eine Reduktion klimawirksamer Gase, insbesondere CO 2 . Um die Emission klimawirksamer Gase dauerhaft zu reduzieren, dient die Corona-Pandemie als Anlass, um über nachhaltige Verkehrskonzepte - insbesondere auf inländischen Relationen - nachzudenken, diese zu testen und schrittweise zu etablieren. Das Herunterfahren des Luftverkehrs wirkte sich auf nationaler Ebene, im Gegensatz zum motorisierten Individualverkehr, nachweisbar, aber nicht nachhaltig auf die Anzahl der Unfälle und Verletzten im Bereich des nicht gewerblichen Luftverkehrs aus. Die Digitalisierung eröffnet die Möglichkeit der Neugestaltung zahlreicher Elemente des Luftverkehrs, hier insbesondere von Flughäfen, in pandemisch unbedenkliche, ökologisch nachhaltige und ökonomisch effizient operierende Systeme. ■ LITERATUR [1] Schlack, R.; Neuperdt, L.; Hölling, H.; De Bock, F; Ravens-Sieberer, U; Mauz, E.; Wachtler, B; Beyer, A-K. (2020): Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der Eindämmungsmaßnahmen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. In: Journal of Health Monitoring, 2020 5(4), DOI 10.25646/ 7173 [2] Gschnaller, S.; Lippelt, J.; Pittel, K. (2020): Kurz zum Klima: Die Coronakrise und ihre Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Energiepreise. In: ifo Schnelldienst, ISSN 0018-974X, ifo Institut - Leibniz- Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, München, Vol. 73, Iss. 05, pp. 71-75 [3] Kalwitzki, K.-P. 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(DLR), Braunschweig andrei.popa@dlr.de John Michael Studierender, Mobilität und Personenverkehrsmanagement, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Salzgitter j.michael@ostfalia.de