Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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Recycling von Betonbruch
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Sabrina Puslat
Bert Leerkamp
Das Recycling von Betonbruch gewinnt als Beitrag zur Ressourcenschonung und Reduzierung mineralischer Bauabfälle stark an Bedeutung. Zurzeit wird Betonbruch downgecycelt oder entsorgt. Ein technisch
anspruchsvolleres Recycling von Betonbruch zur Verwendung in der Betonproduktion verändert die Stoff- und Transportströme. Der Beitrag befasst sich mit der Optimierung von Anlagenstandorten für das
Recycling von Betonbruch und mit den Auswirkungen auf Energie, Emissionen und Verkehrsleistungen. Damit kann ein wichtiger Beitrag zur Schonung natürlicher Rohstoffe und zum Klimaschutz geleistet
werden.
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Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 90 TECHNOLOGIE Straßenbau Recycling von Betonbruch Verkehrliche, umweltbezogene und wirtschaftliche Optimierung Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung, Recycling, Güterverkehr, Emissionen Das Recycling von Betonbruch gewinnt als Beitrag zur Ressourcenschonung und Reduzierung mineralischer Bauabfälle stark an Bedeutung. Zurzeit wird Betonbruch downgecycelt oder entsorgt. Ein technisch anspruchsvolleres Recycling von Betonbruch zur Verwendung in der Betonproduktion verändert die Stoff- und Transportströme. Der Beitrag befasst sich mit der Optimierung von Anlagenstandorten für das Recycling von Betonbruch und mit den Auswirkungen auf Energie, Emissionen und Verkehrsleistungen. Damit kann ein wichtiger Beitrag zur Schonung natürlicher Rohstoffe und zum Klimaschutz geleistet werden. Sabrina Puslat, Bert Leerkamp M ineralische Bauabfälle machen jährlich mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Abfallaufkommens aus [1]. Durch das Recycling von Betonbruch zu rezyklierter Gesteinskörnung (RC-GK) für die Verwendung in der Betonproduktion können mineralische Bauabfälle wiederverwendet und der Abbau von natürlichen Rohstoffen reduziert werden. Im Rahmen einer Masterarbeit wurde ein Modell zur Optimierung der Anzahl und Lage von Aufbereitungsanlagen entwickelt und beispielhaft für die Stadt Köln angewendet [2]. Die Aufbereitung von Bauschutt, worin überwiegend Betonbruch enthalten ist, besteht aus den drei Schritten Zerkleinerung, Klassierung und Sortierung. Voraussetzung der Aufbereitung ist ein selektiver Rückbau. Ziel der Zerkleinerung ist es, die obere Korngröße des Aufgabematerials herabzusetzen und Einzelkomponenten aus Verbundstoffen aufzuschließen. Bei der Klassierung wird eine bestimmte Korngrößenverteilung erzeugt. Zuletzt werden durch die Sortierung Schad- und Störstoffe entfernt. Aktuell wird RC-GK überwiegend im Tief-, Straßen- oder Wegebau eingesetzt. Die Anforderungen zur Verwendung von RC-GK in der Betonproduktion sowie der erforderliche technologische Aufbereitungsaufwand sind demgegenüber höher und daher ausschließlich in stationären Aufbereitungsanlagen realisierbar. [3] Bei der Aufbereitung von Bauschutt zu RC-GK entsteht bis zu 50 % Brechsand, dies ist RC-GK mit einem Größtkorn ≤ 4 mm [4]. Gemäß der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) darf RC- GK ≤ 2 mm in Deutschland nicht verwendet werden [5]. Aufgrund dessen wird der Brechsand zurzeit im Tief-, Straßen- und Wegebau weiterverwertet oder auf Deponien entsorgt [4]. In mehreren Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass Betonbrechsand als Zementhauptbestandteil geeignet ist [4, 6, 7]. Aktuell ist die Verwendung von Betonbrechsand als Zementhauptbestandteil in Deutschland allerdings nur mit einem bauordnungsrechtlichen Verwendbarkeitsnachweis möglich [7]. Methodik Ermittlung der Stoff- und Verkehrsströme Betrachtet wurden die folgenden Akteure der Betonindustrie: •• Steinbrüche •• Zement- und Mahlwerke •• Transportbetonwerke •• Abnehmer von Beton •• Verursacher von Betonbruch •• Recyclinghöfe •• Deponien Die Standorte der Akteure wurden in Quantum-GIS (Version 3.16.1) georeferenziert und erhielten zur Anbindung an das Straßennetz jeweils einen Zugangspunkt. Für die Modellbildung wurde angenommen, dass die Abnehmer sowie die Verursacher homogen in der Stadt Köln verteilt sind. Damit wurde eine Verflechtungsmatrix zwischen allen Standorten der Akteure berechnet, welche die Verkehrsströme im unbelasteten Straßennetz abbildet. Diese diente als Grundlage für die Ermittlung von Fahrleistungen schwerer Nutzfahrzeuge. Zum Aufbau der Verkehrsströme wurden jeweils die nächstgelegenen Akteure miteinander verbunden. Potenzielle Standorte für Bauschuttaufbereitungsanlagen Der Standort einer stationären Aufbereitungsanlage sollte sich nah an Siedlungsgebieten, wo der Bauschutt anfällt, befinden. Des Weiteren muss eine gute Anbindung an das öffentliche Straßennetz sowie ggf. an das Schienen- und Wasserstraßennetz vorhanden sein. Der spezifische Gesamtflächenbedarf einer Aufbereitungsanlage ist abhängig von der angestrebten Kapazität und beträgt durchschnittlich 0,17 m 2 * a * t −1 . Aufgrund der Lärm- und Schadstoffemissionen, welche bei der Aufbereitung entstehen, sind ausschließlich Industriegebiete als Standorte für Aufbereitungsanlagen geeignet. [3] Anhand der genannten Kriterien wurden die im aktuellen Flächennutzungsplan der Stadt Köln ausgewiesenen Industriegebiete gefiltert [8], woraufhin sich 52 Industriegebiete theoretisch als geeignete Anlagenstandorte erwiesen. Benachbarte Industrie- AT A GLANCE The recycling of concrete waste is becoming increasingly important as a contribution to conserving resources and reducing mineral construction waste. Currently, concrete waste is downcycled or disposed of. A technically more sophisticated recycling of concrete waste for use in concrete production changes the material and transport flows. The article deals with the optimization of plant locations for the recycling of concrete waste and the effects on energy, emissions and traffic. This makes an important contribution to conserving natural raw materials and protecting the climate. Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 91 Straßenbau TECHNOLOGIE gebiete wurden zu einem Flächen-Cluster zusammengefügt, wodurch 13 Cluster sowie elf Einzelstandorte entstanden (vgl. Bild 1). Aufbau der verkehrlichen und standortbezogenen Optimierung Zur Optimierung der Anzahl und Lage von Aufbereitungsanlagen wurde zweistufig vorgegangen. Im ersten Schritt wurde mittels eines mathematischen Optimierungsmodells die optimale Lage für eine Anzahl von einer bis acht Aufbereitungsanlagen im Untersuchungsraum ermittelt. Die potenziellen Anlagenstandorte wurden in Abhängigkeit von dem erforderlichen Gesamtflächenbedarf pro Anlage anhand ihrer Fläche gefiltert. Als optimal wurde ein Standort angesehen, wenn die Summe der Transportentfernungen minimal war. Betrachtet wurden die Transportverbindungen von den Stadtteilen zu den Aufbereitungsanlagen sowie von den Aufbereitungsanlagen zu den Transportbetonwerken. Die Verbindungen wurden immer zum nächstgelegenen Akteur hergestellt. Es wurde vereinfachend angenommen, dass bei allen Verursachern die gleiche Menge an Bauschutt anfällt. Im zweiten Optimierungsschritt wurde anhand eines weiteren mathematischen Optimierungsmodells die optimale Anzahl an Aufbereitungsanlagen bestimmt. Die Anzahl an Aufbereitungsanlagen galt als optimal, wenn die jährlichen Gesamtkosten minimal waren. Die Gesamtkosten setzen sich im Modell aus den Transportkosten sowie den Kosten der Aufbereitungsanlagen zusammen. Berücksichtigt wurden Personalkosten, variable Kosten und Fixkosten. Der Transportkostenberechnung wurden LKW- Pendelverkehre mit auf der Hinfahrt voll ausgelasteten und auf der Rückfahrt unbeladenen LKW zugrunde gelegt. Anhand der zu transportierenden Mengen wurde die jährliche Kilometerleistung in Abhängigkeit von der Anzahl an Aufbereitungsanlagen berechnet. Zur Ermittlung der Anlagekosten wurden diese in Abhängigkeit von dem jeweiligen Jahresdurchsatz und dem Flächenbedarf der Anlagen bestimmt und mit der Anzahl an Aufbereitungsanlagen multipliziert. Status Quo Stoffströme im Untersuchungsraum Für die Stadt Köln wurde anhand der Einwohnerzahlen sowie der Transportbetonproduktion von Nordrhein-Westfalen ein Bedarf an Transportbeton von ~ 536.800 m 3 im Jahr 2019 ermittelt [9]. Hierfür mussten ~ 1.019,92 Mio. kg Gesteinskörnung (GK) abgebaut und ~ 177,14 Mio. kg Zement hergestellt werden [10]. Hinzu kam die Verwendung von Zugabewasser, Zusatzstoffen und -mitteln. Anhand der Einwohnerzahlen von Köln wurde ein Bauschuttaufkommen von jährlich ~ 800.000 t berechnet. Die Recycling- Quote von Bauschutt lag im Jahr 2016 in Deutschland bei 77,7 %. Von den ~ 800.000 t Bauschutt konnten somit ~ 621.600 t zu RC- GK für die Verwendung im Straßen- oder Erdbau aufbereitet werden. Die übrigen 22,3 % des Bauschutts (~ 178.400 t) wurden auf Deponien zur Verfüllung verwertet oder entsorgt. [1] Verkehrsströme im Untersuchungsraum Zur Abbildung der Verkehrsströme der Transportbetonproduktion wurden sechs Transportbetonwerke, sechs Steinbrüche, ein Zementwerk sowie sechs Mahlwerke im Untersuchungsraum betrachtet (vgl. Bild 2). Tabelle 1 sind die durchschnittlichen Transportentfernungen zwischen den Akteuren zu entnehmen. Die Versorgung aller Kölner Transportbetonwerke mit Zement erfolgt unter den getroffenen Annahmen durch das nördlich von Köln gelegene Mahlwerk Neuss. Die benötigte GK erhalten die Transportbetonwerke im Untersuchungsraum Bild 1: 13 Cluster sowie elf Einzelstandorte als potenzielle Standorte für Aufbereitungsanlagen im Untersuchungsraum Eigene Darstellung Bild 2: Für die Transportbetonproduktion relevante Standorte sowie die daraus resultierenden Verkehrsströme des Status Quo im Untersuchungsraum Eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 92 TECHNOLOGIE Straßenbau von dem Steinbruch am südwestlichen Stadtrand von Köln. Im Untersuchungsraum gibt es insgesamt fünf Recyclinghöfe, bei denen Bauschutt zur Verwendung im Straßen- und Erdbau aufbereitet wird (vgl. Bild 3). Nach einer Analyse von Müller beträgt die statistische Entfernung von der Bauschuttquelle zur Recyclinganlage in Deutschland 17 km [3]. Grundsätzlich gelten Transportentfernungen bis zu 25 km als wirtschaftlich [3]. Die durchschnittliche Transportentfernung von den Bauschuttquellen zum nächstgelegenen Recyclinghof ist Tabelle 1 zu entnehmen. Wird der Bauschutt nicht weiterverwertet, kann dieser im Untersuchungsraum bei sieben Deponien entsorgt werden. Verkehrliche und standortbezogene Optimierung Optimierung der Lage von Aufbereitungsanlagen Anhand des mathematischen Optimierungsmodells, welches in Python (Version 3.6.3) implementiert wurde, konnten unter Berücksichtigung der festgelegten Rahmenbedingungen die optimalen Standorte für den Bau von einer bis acht Aufbereitungsanlagen im Untersuchungsraum bestimmt werden. Je mehr Aufbereitungsanlagen errichtet werden, desto geringer ist die Transportentfernung (vgl. Bild 4). Die optimalen Anlagenstandorte sind homogen in der Stadt Köln verteilt (vgl. Bild- 5). Bei dem Bau von einer Aufbereitungsanlage liegt das Optimum unter Berücksichtigung der potenziellen Anlagenstandorte zentral im Untersuchungsraum. Bei Betrachtung der Transportverbindungen in Bild 5 wird deutlich, dass diese bei acht Aufbereitungsanlagen kürzer sind als bei einer Anlage. Dies deckt sich mit der zuvor erläuterten Abnahme der Transportentfernung bei steigender Anlagenanzahl. Optimierung der Anzahl an Aufbereitungsanlagen Die Transportkostenberechnung wurde differenziert für die Kosten pro LKW-Kilometer bei Leer- und Lastfahrt durchgeführt und ergab Werte von 200,05 ct/ km (Leerfahrt) bzw. 217,02 ct/ km (Lastfahrt). Die jährliche Kilometerleistung ergibt sich in Abhängigkeit von der Anzahl an Aufbereitungsanlagen aus den Verbindungen der Stadtteile mit den Aufbereitungsanlagen und der Anlagen mit den Transportbetonwerken sowie mit den Deponien. Anhand des Bauschuttaufkommens im Untersuchungsraum von 800.000 t/ a wurde bestimmt, wie oft welche Verbindung jährlich zurückgelegt werden muss. Bild 6 veranschaulicht, dass die jährlichen Transportkosten im Gegensatz zu den Anlagekosten mit zunehmender Anzahl an Aufbereitungsanlagen sinken. Der Anteil der Transportkosten an den Gesamtkosten nimmt mit steigender Anzahl an Aufbereitungsanlagen ab, wohingegen der Anteil der Anlagekosten zunimmt. Durch den hohen Anteil der Anlagekosten an den Gesamtkosten erweist sich unter den getroffenen Annahmen der Bau von einer Aufbereitungsanlage mit jährlichen Gesamtkosten von ~ 7,31 Mio. EUR als kostenoptimal (vgl. Bild 5 links, Bild 6). Sensitivitätsanalyse Zur Untersuchung, wie stabil das Optimierungsergebnis gegenüber Schätzungenauigkeiten der Kostenparameter ist, wurde eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt. Ab einer Erhöhung der Transportkosten um mehr als 65,79 % sind zwei Aufbereitungsanlagen anstatt einer Anlage kostenoptimal (vgl. Bild 7). Bleiben hingegen die Transportkosten konstant, führt eine Reduzierung der Anlagekosten um mehr als 39,68 % Bild 3: Für den Bauschutt relevante Standorte sowie die daraus resultierenden Verkehrsströme des Status Quo im Untersuchungsraum Eigene Darstellung Quelle Ziel Durchschnittliche Transportentfernung im Untersuchungsraum [km] Steinbruch Zement- und Mahlwerk Transportbetonwerk 32,67 Zement- und Mahlwerk Transportbetonwerk 44,77 Transportbetonwerk Abnehmer 5,87 Verursacher Recyclinghof 6,40 Recyclinghof Deponie 6,04 Tabelle 1: Durchschnittliche Transportentfernung zwischen den Quellen und Zielen (Akteuren) des Status Quo im Untersuchungsraum Bild 4: Transportentfernung in Abhängigkeit von der Anzahl an Aufbereitungsanlagen Eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 93 Straßenbau TECHNOLOGIE dazu, dass zwei Aufbereitungsanlagen kostenoptimal sind (vgl. Bild 8). Damit zwei Aufbereitungsanlagen und somit eine Verringerung der LKW-Fahrleistungen im Stadtgebiet bereits bei einer 20-%-igen Erhöhung der Transportkosten wirtschaftlich sind, müssten die Anlagekosten um mehr als 27,62 % sinken. Andersherum müssten für eine dezentralere Aufbereitung mit entsprechend geringeren Fahrtdistanzen zu den Abbruchssowie zu den Verwertungsorten die Transportkosten um mehr als 32,62 % steigen, wenn die Anlagenkosten lediglich um 20 % reduziert werden könnten. Dies zeigt, dass die Optimierung gegenüber Unsicherheiten der Kostenschätzungen relativ unempfindlich ist. Des Weiteren wird deutlich, dass ein Beitrag zur Reduzierung von Fahrten des Schwerverkehrs in der Stadt nur dann erreicht werden kann, wenn auf beiden Seiten - Anlagen- und Transportkosten - Rahmenbedingungen zielgerichtet beeinflusst werden. Während dies fahrzeugseitig z. B. durch eine City- Maut denkbar wäre, käme anlagenseitig eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Ressourcenschonung in Betracht. Bilanzierung der Optimierungsergebnisse Nutzung natürlicher Ressourcen Unter der Annahme, dass aus der Aufbereitung des Bauschutts 60 % RC-GK und 40 % Brechsand resultieren, entstehen durch das Recycling des Bauschuttaufkommens von Köln insgesamt 480.000 t/ a RC-GK. Bei der Herstellung von Beton darf der Anteil RC- GK der Kategorie Betonsplitt in Abhängigkeit von dem Anwendungsbereich zwischen 25 Vol.-% und 45 Vol.-% bezogen auf die gesamte GK betragen [5]. Basierend auf der Annahme, dass im Mittel 35 % der GK durch RC-GK ersetzt werden, können hinsichtlich der Transportbetonproduktion für Köln im Bild 5: Optimale Lage von einer (links) und acht (rechts) Aufbereitungsanlage/ n sowie die zugehörigen Verbindungen mit den Stadtteilen und den Transportbetonwerken Eigene Darstellung Bild 6: Transport-, Anlage- und Gesamtkosten pro Jahr in Abhängigkeit von der Anzahl an Aufbereitungsanlagen Eigene Darstellung Bild 7: Änderung der Gesamtkosten bei prozentualer Abweichung der Transportkosten und konstanten Anlagekosten für eine bis acht Aufbereitungsanlagen Eigene Darstellung Bild 8: Änderung der Gesamtkosten bei prozentualer Abweichung der Anlagekosten und konstanten Transportkosten für eine bis acht Aufbereitungsanlagen Eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 94 TECHNOLOGIE Straßenbau Jahr 2019 ~ 357.000 t natürliche GK eingespart werden. Circa 123.000 t/ a RC-GK bleiben übrig und können für die Produktion von mehr Transportbeton verwendet werden. Grundsätzlich ist das Einsparungspotenzial der GK abhängig von den geltenden Vorschriften sowie der Nachfrage nach Transportbeton der verschiedenen Anwendungsbereiche. Energieaufwand der Bauschuttaufbereitung Die Aufbereitung von Bauschutt zur Verwendung im Straßen- oder Erdbau erfordert ~ 17,9 MJ/ t Energie [11]. Bei 800.000 t/ a Bauschutt ergibt dies einen Energieaufwand von 14,32 Mio. MJ/ a für den Untersuchungsraum. Nach Heyn und Mettke beträgt der Energieaufwand der Nassaufbereitung von Bauschutt zu RC-GK für die Verwendung in der Betonherstellung ~ 21,1-MJ/ t [12]. Für den Untersuchungsraum ergibt sich daraus ein Energieaufwand von 16,88- Mio. MJ/ a. Damit steigt der Energieaufwand der Aufbereitung des Bauschutts durch die Optimierung um ~ 17,88 %. CO 2 -Emissionen des Gütertransports •• Vergleich mit dem Status Quo Der Steinbruch, von dem die natürliche GK unter den getroffenen Annahmen zu den Transportbetonwerken geliefert wird, liegt am Stadtrand von Köln (vgl. Bild 2). Da aufgrund des Bauschuttrecyclings ~ 357.000 t GK nicht mehr von dem Steinbruch, sondern von der optimal gelegenen Aufbereitungsanlage zu den Transportbetonwerken transportiert werden, reduziert sich die jährliche Kilometerleistung zur Versorgung der Transportbetonwerke mit GK (durch den Steinbruch und die Aufbereitungsanlage) und damit ebenso die CO 2 -Emissionen des Gütertransports im Untersuchungsraum um jährlich ~ 8,1 %. Demgegenüber ist die jährliche Kilometerleistung für den Transport des Bauschutts von den Baustellen zur zentral gelegenen Aufbereitungsanlage bei der Optimierung ~ 1,6-mal so hoch wie im Status Quo 1 . Grund dafür ist, dass im Status Quo fünf Recyclinghöfe angefahren werden können, wohingegen infolge der Optimierung nur eine zentrale Aufbereitungsanlage im Untersuchungsraum gewählt wird, wodurch längere Transportwege für den Bauschutt entstehen. Eine Gesamtbilanzierung der CO 2 -Emissionen wurde nicht durchgeführt, da sich aufgrund der veränderten Stoff- und Verkehrsströme die Systemgrenze der Bilanzierung verschiebt (vgl. Bild 9). Im Status Quo existieren die zwei Modelle: Bauschuttentsorgung und Betonproduktion. Bei der Bauschuttentsorgung wurde die Systemgrenze am Recyclinghof gezogen. Die Weiterverwertung der RC-GK im Straßenbau wurde nicht berücksichtigt. Durch das Recycling von Betonbruch werden die beiden Modelle miteinander verbunden, wobei der Transport von RC-GK zu Straßenbaustellen durch den Transport von RC-GK zu Transportbetonwerken ersetzt wird. Entsprechend verschiebt sich die Systemgrenze im Optimierungsmodell, was zu einer Berücksichtigung des Transports von RC-GK zu Transportbetonwerken führt. Aufgrund dessen wurden beim Vergleich mit dem Status Quo ausschließlich der Abtransport des Bauschutts sowie die Versorgung der Transportbetonwerke mit GK betrachtet. Darüber hinaus entstehen CO 2 -Emissionen u. a. durch die nicht optimierten Verkehrsströme, wie den Transport von Abfällen zu Deponien oder den Transport von Beton zu Abnehmern, sowie durch das Recycling. Die verursachten CO 2 -Emissionen sind naturgemäß von den Gegebenheiten des Untersuchungsraumes abhängig, weshalb die Bilanzierungsergebnisse nicht pauschal auf anders strukturierte Räume übertragbar sind. •• Bilanz der Optimierung der Lage von Aufbereitungsanlagen Um zu untersuchen, welchen Einfluss die Optimierung der Lage von Aufbereitungsanlagen hat, wurden die jährlichen CO 2 - Emissionen des Gütertransports beim Bau Bild 9: Prinzipskizze der betrachteten Verkehrsströme im Status Quo sowie im Optimierungsmodell Eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (73) 4 | 2021 95 Straßenbau TECHNOLOGIE LITERATUR [1] Kreislaufwirtschaft Bau (2018): Mineralische Bauabfälle Monitoring 2016. Berlin: Bundesverband Baustoff - Steine und Erden e.V. (BBS). [2] Puslat, S. (2021): Verkehrliche und standortbezogene Optimierung des Recyclings von Betonbruch. Unveröffentlicht. Wuppertal: Bergische Universität Wuppertal, Lehr- und Forschungsgebiet für Güterverkehrsplanung und Transportlogistik. [3] Müller, A. (2018): Baustoffrecycling: Entstehung - Aufbereitung - Verwertung. Weimar: Springer Vieweg. ISBN: 978-3-658-22987-0. [4] Hauer, B.; Pierkes, R.; Schäfer, S.; Seidel, M.; Herbst, T.; Rübner, K.; Meng, B.; Brameshuber, W.; Vollpracht, A.; Hannawald, J.; Nebel, H. (2011): Verbundforschungsvorhaben „Nachhaltig Bauen mit Beton“: Potenziale des Sekundärstoffeinsatzes im Betonbau - Teilprojekt B. Berlin: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e.V. (DAfStb). ISBN: 978- 3-410-65094-2. [5] DAfStb, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (2010): Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620. Berlin. [6] Ruppert, J.; Wagener, C.; Palm, S.; Scheuer, W.; Hoenig, V. (2020): Prozesskettenorientierte Ermittlung der Material- und Energieeffizienzpotentiale in der Zementindustrie. Düsseldorf: Umweltbundesamt. [7] Müller, C.; Severins, K.; Spanka, G. (2020): Beton: Die Fachzeitschrift für Bau+Technik - Leitlinien künftiger Anwendung im Zement und Beton: Brechsand als Zementhauptbestandteil. Düsseldorf: Verlag Bau+Technik GmbH. [8] Stadt Köln (2018): Flächennutzungsplan (FNP). www.offenedatenkoeln.de/ search/ type/ dataset (Abruf: 04.06.2021). [9] BTB, Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie e.V. (2020): Gutes Klima Jahresbericht 2020. Berlin. [10] Bundeskartellamt (Juli 2017): Sektoruntersuchung Zement und Transportbeton. Bonn. [11] VDZ, Verein Deutscher Zementwerke e.V. (2018): Betontechnik: Schlussbericht zum Forschungsvorhaben R-Beton. Düsseldorf. [12] Heyn, S.; Mettke, A. (2010): Ökologische Prozessbetrachtung - RC- Beton (Stofffluss, Energieaufwand, Emissionen). Cottbus: Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik, Lehrstuhl Altlasten. [13] DEHSt, Deutsche Emissionshandelsstelle (2020): Nationales Emissionshandelssystem: Hintergrundpapier. Berlin. [14] Müller, A.; Kurkowski, H. (2017): Potenzialstudie zur Umsetzung eines Re-/ Upcyclingkonzeptes im Gebiet der IRR GmbH - Schwerpunkt mineralische Baustoffe. Innovationsregion Rheinisches Revier GmbH. [15] Volk, R.; Müller, R.; Schultmann, F.; Rimbon, J.; Lützkendorf, T.; Reinhardt, J.; Knappe, F. (2018): Stofffluss- und Akteursmodell als Grundlage für ein aktives Ressourcenmanagement im Bauwesen von Baden-Württemberg (StAR-Bau). Karlsruher Institut für Technologie (KIT). ISBN: 978-3-7315-0858-8. von einer Aufbereitungsanlage am optimalen Standort und am suboptimalen Standort miteinander verglichen. Als suboptimaler Anlagenstandort wurde das Industriegebiet gewählt, bei dem die längsten Transportentfernungen entstehen. Die jährliche Transportentfernung ist beim suboptimalen Anlagenstandort ~ 2,6-mal so hoch wie beim optimalen Anlagenstandort. Daher kann die Optimierung der Lage von Aufbereitungsanlagen im beispielhaft gewählten Untersuchungsraum eine Reduzierung der jährlichen CO 2 -Emissionen des Gütertransports um bis zu ~ 61,89 % bewirken. Dies weist darauf hin, dass Recycling von Betonbruch als Beitrag zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz räumlich nah zu den Abbruchs- und Verwertungsorten organisiert werden muss, welche schwerpunktmäßig in den höher verdichteten Bereichen der Kernstadt liegen. Die Entsorgung von Bauabfällen und ihre Rückführung in den Stoffkreislauf ist daher ebenfalls ein Thema für städtische Güterverkehrskonzepte. •• Einfluss von CO 2 -Preisen Die Berechnung der Transportkosten erfolgte unter Berücksichtigung der Kosten für CO 2 -Emissionen, welche ab dem 1. Januar 2021 aufgrund des Brennstoffemissionshandelsgesetzes anfallen [13]. Da diese Kosten in den nächsten Jahren ansteigen und über den Dieselpreis an die Endkund*innen weitergegeben werden, wurde der Kostenberechnung ein Dieselpreis von 141,20 ct/ l zugrunde gelegt. Gemäß der Sensitivitätsanalyse sind bei konstanten Anlagekosten ab einer Abweichung der Transportkosten von mehr als 65,79 % zwei Aufbereitungsanlagen optimal. Damit es ausschließlich durch eine Erhöhung des CO 2 -Preises dazu kommt, müsste der Dieselpreis auf 580,06-ct/ l ansteigen. Die Aufbereitungsanlagen benötigen ebenfalls Diesel. Durch eine Erhöhung des Dieselpreises aufgrund steigender CO 2 - Preise nehmen daher neben den Transportkosten ebenfalls die Anlagekosten zu. Bei einer Erhöhung des Dieselpreises steigen die Gesamtkosten von zwei Aufbereitungsanlagen stärker als von einer Anlage. Somit bleiben die Gesamtkosten von einer Aufbereitungsanlage geringer als von zwei Anlagen und damit eine Anlage kostenoptimal. Durch eine alleinige Erhöhung der CO 2 - Preise, welche über eine Steigerung des Dieselpreises an die Endkund*innen weitergegeben wird, kann somit das Optimierungsergebnis nicht beeinflusst werden. Wenn zusätzlich zur Erhöhung des Dieselpreises weitere Kostenparameter variieren, kann dies Auswirkungen auf das Optimierungsergebnis haben. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Recycling von Betonbruch einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen leistet. Mittels der Optimierung können die wirtschaftlich und verkehrlich optimale Lage und Anzahl von Aufbereitungsanlagen für einen ausgewählten Untersuchungsraum bestimmt werden. Durch die Aufbereitung von Bauschutt können, verbunden mit einem erhöhten Energieaufwand, natürliche Ressourcen eingespart werden. Die CO 2 -Emissionen des Gütertransports können durch die Optimierung der Lage von Aufbereitungsanlagen reduziert werden. Das Verfahren zum Recycling von Betonbruch ist seit Jahrzehnten bekannt, dennoch hat in Deutschland bisher keine Marktdurchdringung stattgefunden. Gründe dafür sind die fehlende Akzeptanz von Recycling-Baustoffen, fehlende bundesweite Regelungen sowie die Konkurrenzsituation, in der sich die Recyclingunternehmen befinden. Zur Förderung des Bauschuttrecyclings sollten daher die Informationsverfügbarkeit gesteigert, die finanziellen Rahmenbedingungen optimiert sowie durch Gesetzgebungen Anreize geschaffen werden. [14, 15] Zukünftig können über eine Verknüpfung des Optimierungsmodells mit der Methode BIM (Building Information Modeling) die benötigten Informationen über die Standorte von Bauschuttquellen sowie zu Menge und Zusammensetzung des Bauschutts bereitgestellt werden. Darüber hinaus gilt es zu untersuchen, ob die ermittelten Effekte ebenso in anders strukturieren Räumen auftreten und welchen Einfluss die Nutzung der Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße hat. Durch die Bilanzierung wird der Zielkonflikt zwischen der Ressourcenschonung und der Reduzierung von CO 2 -Emissionen sichtbar. Dieser sollte anhand einer Gesamtbilanzierung von Transport, Recycling und Wiederverwendung analysiert werden. Des Weiteren ist im Interesse der Kreislaufwirtschaft die Einbeziehung weiterer Recyclingprozesse, wie z. B. das Recycling von Mauerwerksabbruch oder die Verwendung von Brechsand in der Zementproduktion, anzustreben. ■ 1 Dabei handelt es sich um einen groben Anhaltswert für den Untersuchungsraum, da für Aspekte wie die LKW- Auslastung und die Fahrzeugart vereinfachende Annahmen getroffen wurden. Beispielsweise wäre ein zweistufiger Abtransport des Bauschutts über die bereits vorhandenen Recyclinghöfe zu der Aufbereitungsanlage denkbar, wodurch sich die Länge der Transportwege deutlich reduzieren würde. Sabrina Puslat, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehr- und Forschungsgebiete für Baubetrieb und Bauwirtschaft/ BIM-Institut sowie Güterverkehrsplanung und Transportlogistik, Bergische Universität Wuppertal puslat@uni-wuppertal.de Bert Leerkamp, Prof. Dr.-Ing. Inhaber des Lehrstuhls für Güterverkehrsplanung und Transportlogistik, Fachzentrum Verkehr, Bergische Universität Wuppertal leerkamp@uni-wuppertal.de
