eJournals Internationales Verkehrswesen 74/1

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2022-0007
21
2022
741

Vor 100 Jahren: War die Avus die erste Autobahn?

21
2022
Wolfgang F. Jäger
Motiviert durch Misserfolge bei Automobil-Rennsportveranstaltungen forcierte die deutsche Monarchie unter Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1909 die Gründung der Automobil-, Verkehrs- und Übungsstraße (Avus) GmbH. Die kombinierte Automobil-Rennstrecke bzw. Schnellverkehrsstraße, die heute den nördlichen Teil der Autobahn A 115 bildet, wurde aufgrund des Ersten Weltkriegs erst am 24. und 25.09.1921 eingeweiht und gilt als zentraler Vorläufer der Autobahnen. Bis 1998 stand die Strecke für international beachtete Rennsporterfolge. Zeitgleich mit dem Bau ihres Anschlusses an den Berliner (Außen-)Ring erhielt die Avus die Klassifizierung einer Reichsautobahn. War also die Avus die weltweit erste Autobahn? – Teil 2 des zweiteiligen Artikels: Reichsautobahn – und wieder Rennstrecke.
iv7410023
Internationales Verkehrswesen (74) 2 | 2022 23 Straßenbau INFRASTRUKTUR Vor 100 Jahren: War die Avus die erste Autobahn? Autostraße, Schnellfahrstrecke, Rennstrecke Motiviert durch Misserfolge bei Automobil-Rennsportveranstaltungen forcierte die deutsche Monarchie unter Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1909 die Gründung der Automobil-, Verkehrs- und Übungsstraße (Avus) GmbH. Die kombinierte Automobil-Rennstrecke bzw. Schnellverkehrsstraße, die heute den nördlichen Teil der Autobahn A 115 bildet, wurde aufgrund des Ersten Weltkriegs erst am 24. und 25.09.1921 eingeweiht und gilt als zentraler Vorläufer der Autobahnen. Bis 1998 stand die Strecke für international beachtete Rennsporterfolge. Zeitgleich mit dem Bau ihres Anschlusses an den Berliner (Außen-)Ring erhielt die Avus die Klassifizierung einer Reichsautobahn. War also die Avus die weltweit erste Autobahn? - Teil-2-des zweiteiligen Artikels: Reichsautobahn - und wieder Rennstrecke. Wolfgang F. Jäger B ereits im Dezember 1934 schlug der Regierungspräsident in Potsdam vor, dass „eine Zubringerautobahn bis zur Südschleife Avus über Jagdschloss Stern gebaut wird [...] Im übrigen wäre die Avus für den allgemeinen Verkehr freizugeben, um auf diese Weise den auf der Charlottenburger-Chaussee - Kaiserdamm gehenden Ausfallverkehr frühzeitig abzuleiten“ [R- 2/ 21394, Bl. 22]. Im Dezember 1936 gab die Behörde „Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ (GI) im Fall der Südverlängerung der Avus ihre bis dahin geübte Zurückhaltung auf, Autobahnen auch innerhalb des Berliner Rings zuzulassen. Grund hierfür waren Forderungen des Regierungspräsidiums und der Stadt Potsdam, die nach Eröffnung der Autobahnen aus Richtung München und Frankfurt a. M. mit einer erheblich gesteigerten innerstädtischen Verkehrsbelastung rechneten. Der GI ging anfangs davon aus, dass „die Stadt Berlin von sich aus die rechtlichen Voraussetzungen schaffen wird, dass die Avus bei Fertigstellung dieses Zubringers für den öffentlichen Verkehr wie die Reichsautobahn unentgeltlich benützbar wird [...], allerdings unter Belassung der Südschleife, damit eine Verwendung der Avus zu besonderen Veranstaltungen und Rennen offengehalten wird“ [R 4601/ 986, Bl. 73]. Mithin die Oberste Nationale Sportbehörde (ONS) setzte sich ab 1938 jedoch dafür ein, die Avus zur Attraktivitätssteigerung zu verkürzen, weshalb die Oberste Bauleitung der Reichsautobahnen (OBR) Berlin beauftragt wurde, eine Verlegung der bisherigen Südschleife (Bild 9) zu planen und mit der Avus AG Übernahmeverhandlungen für alle Anlagen (einschließlich der Nordkurve) zu führen. Die 1939 bis 1941 gebaute, nie vollendete Süd-Steilkurve im Grunewald Bis Ende Januar 1939 ging man von einer Lage der neuen Südkurve nördlich des Großen Sterns (Anschlussstelle Hüttenweg) aus, verlegte diese aufgrund anderweitiger Planungen des Generalbauinspektors (GBI) jedoch äußerst kurzfristig in das Forstareal nördlich der Havelchaussee (Bild 10). Die Dammschüttungen an der neuen Süd-Steilkurve begannen im Februar 1939, wobei der Gesamtbodenbedarf genau der Menge entsprach, die beim Bau des nördlichen Teils des Avus-Zubringers frei wurde und ohnehin hätte abgelagert werden müssen. In seinen Berechnungen von April 1939 formulierte GI-Mitarbeiter Fritz Heller das Ziel: „Durch die Anlage einer neuen südlichen Bild 9: Ehemaliges Avus-Südtor (1921-1939) mit Zahlstelle in der Nähe der Spanischen Allee, zugleich Ein- und Ausfahrt für Fahrzeuge aus und in Richtung Wannsee Quelle: Kubisch/ Rietner 1987, S. 16 Bild 10: Lageplan der heute lediglich in der Dammschüttung hergestellten Avus-Südkurve nördlich der Havelchaussee vom Februar 1941 Quelle: Bundesarchiv Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 24 INFRASTRUKTUR Straßenbau Wendekurve für die Avus-Rennstrecke sollen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um den Rennen auf der Avus ihre rennsportliche Bedeutung und damit ihren repräsentativen Charakter zu erhalten“ [R 4601/ 968, Bl. 150-158]. Heller gewährleistete dies durch Trassierungselemente von A ~ 191 m / R = 108 m / A ~ 191 m in der rund 680 m langen Wende-Steilkurve mit partiell parabelförmiger Querneigung (Bilder 11 und 12). Für die Detailvisualisierung der Süd- Steilkurve wurde im Grunewald ab April 1939 ein Modell 1: 100 (Bild 13) angefertigt, wobei in Verbindung mit diesem Modell bis Januar 1940 die vorläufige Entwurfsplanung aufgestellt wurde. Nach weiterer Optimierung der Planung hätten im Scheitelbereich schließlich Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 380 km/ h erreicht werden können. Während die Erdarbeiten weiterliefen, stellte der GI im April 1940 die Herstellung der Fahrbahndecke kriegsbedingt bis auf weiteres zurück. Vorgesehen war zu diesem Zeitpunkt entweder eine Fahrbahndecke aus Kleinpflaster in Beton (wie in der Wendekurve am Leipziger Dreieck) oder alternativ eine Fahrbahn aus Klinker auf Beton (wie bei der Avus-Nordkurve). Im Oktober 1940 waren der Tribünensowie der bis zu 10 m hohe Südkurven-Wall fertig geschüttet, wobei die Humusandeckung noch bis Frühjahr 1941 durchgeführt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bauarbeiten nicht wieder aufgenommen. Die seinerzeit erbrachten Erdbauleistungen sind heute noch im Grunewald erkennbar. ▲ Bild 12: Querschnitt der ehemals geplanten Avus-Südkurve mit folgenden Werten im Scheitelkreis: δ ~ 1,15° (qδ = 2,0 %) sowie γ = 45° (qγ = 100,0 %) und vorläufiger max. v = 234 km/ h (Stand: April 1939) Quelle: R 4601/ 986, Bl. 156 ◀ Bild 11: Lageskizze mit Trassierungselementen der ehem. geplanten Avus-Südkurve, Stand: April 1939 Quelle: R 4601/ 986, Bl. 151 Bild 13: Modell 1: 100 der ehemals geplanten Avus-Südkurve im Grunewald im August 1939 (vorne rechts eine geplante Zuschauer-Tribüne) Quelle: R 4601/ 986, Bl. 163 Internationales Verkehrswesen (74) 2 | 2022 25 Straßenbau INFRASTRUKTUR Mit dem Anschluss an den Berliner Ring wird die Avus zur Autobahn Die Bauarbeiten für die neue Autobahnverbindung von der ursprünglichen Avus-Südschleife (am Bahnhof Nikolassee) bis zum Berliner (Autobahn-)Ring (Bild 14) wurden zwar vergleichsweise spät, dann aber sehr zügig in Bau genommen: Im April 1938 begannen die Erdarbeiten im heutigen Land Brandenburg südlich der Berliner Stadtgrenze bis zum Dreieck Nuthetal. Im Juni 1938 war erstmals Baubeginn auf Berliner Stadtgebiet vom Kleeblatt Zehlendorf in Richtung Königsweg (Stadtgrenze). Ab August 1938 war auch das hinsichtlich des Brückenbaus sehr aufwändige Teilstück vom Bahnhof Nikolassee bis zum Zehlendorfer Kleeblatt in Bau; und ab November 1938 begannen schließlich die Bauarbeiten auf Grund und Boden der Avus mit dem Abbruch der Südschleife und der Tieferlegung der späteren Autobahngradiente in diesem Bereich. Die drei letzteren Teilstücke sind deshalb von besonderem Interesse, da hier erstmals in einer deutschen Stadt eine Autobahn mit reduzierten Entwurfsparametern in der Linienführung - wie für eine Stadtautobahn üblich - gebaut worden ist. Der GI schrieb im Dezember 1936 u. a. zur Linienführung: „Ich lasse hierfür der Einzelbearbeitung freie Hand, bitte jedoch, bedacht zu sein, den Charakter einer Autobahn (etwa nach Klasse III) möglichst auf der ganzen Linie zu erhalten. Als Querschnitt bitte ich, sowohl den Regelquerschnitt, wie auch einen verringerten Querschnitt mit 12 m zusammenhängender Fahrbahnbreite und insgesamt 16 m Planumsbreite wahlweise bei der Untersuchung zu prüfen. Der [Avus-]Zubringer ist jedoch auf alle Fälle kreuzungsfrei zu führen“ [R 4601/ 968, Bl. 58]. Die Entwurfsklasse III war ursprünglich ausschließlich für Autobahnen im Bergland mit Mindestradien von R = 300 m konzipiert [Jäger 2013, S. 80]. Tatsächlich konnte beim Avus-Zubringer ein Verzicht auf den begrünten Mittelstreifen abgewendet werden. Der kleinste verwendete Radius nördlich der Potsdamer Chaussee ist mit R = 260 m aber kleiner, als die damaligen Richtlinien es zuließen. Am 01.12.1939 erfolgte der Besitzübergang der Avus an das Unternehmen „Reichsautobahnen“, mit dem zeitgleich alle Benutzungsgebühren auf der Avus entfielen und die Avus formal die Klassifizierung einer Reichsautobahn erhielt. Ohnehin war infolge des am 01.09.1939 begonnenen Zweiten Weltkriegs (1939 bis 1945) der zivile Autoverkehr auf der Avus auf einen bis dato nicht gekannten Niedrigststand zurückgegangen. Der Anschluss der Avus an den Außenring, also an die heutige BAB A 10, erfolgte in zwei Etappen: Nachdem mit der Verkehrsfreigabe am 23.09.1940 die Hauptstadt südlich des Kleeblatts Zehlendorf (Bilder 15 und 16) eine neue Autobahnverbindung an den Berliner Ring erhalten hatte, erfolgte im Juni 1941 die Eröffnung des baulich sehr aufwändigen Lückenschlusses zwischen der Anschlussstelle Nikolassee (heute: Spanische Allee) und dem Kleeblatt Zehlendorf. Die seit 1938 geführten Verhandlungen der OBR Berlin mit der Avus AG wurden auch nach dem 01.12.1939, dem Tag des Besitzübergangs der Avus auf das Unternehmen „Reichsautobahnen“, fortgeführt. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung der Avus AG im Januar 1941 wurde der Vertrag genehmigt, die Avus mit allen ihren Anlagen und Gebäuden für 2,8 Mio. RM in das Eigentum des Deutschen Reichs übergehen zu lassen. Bild 14: Lageskizze des Anschlusses der Avus an den Berliner Ring, Stand vom Februar 1939 Quelle: Gabriel 2010, S. 330 Bild 15: Gesamtansicht des Original-Kreuzungsbauwerks im Kleeblatt Zehlendorf (Bauwerk 271, Baujahr 1938-40) vor dessen Ersatzneubau 2017/ 18, Aufnahme vom September 2016 Foto: Wolfgang F. Jäger Bild 16: Massivität auf sehr schlanken Pfeilern: Blick unter das Kreuzungsbauwerk im Kleeblatt Zehlendorf (Baujahr 1938-40, Prellschlagbearbeitung) vor dessen Ersatzneubau 2017/ 18, Aufnahme vom September 2016 Foto: Wolfgang F. Jäger Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 26 INFRASTRUKTUR Straßenbau Nach dem Zweiten Weltkrieg steigt die Avus-Rennstrecke zu neuem Glanz auf Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war an Motorsport in den alliierten Besatzungszonen Deutschlands zunächst nicht zu denken. Das Avus-Verwaltungsgebäude, die Tribünen und das Nordtor waren ausgebrannt. Allein die Avus-Nordkurve, in deren Zentrum während des Kriegs zahlreiche Not- Baracken errichtet worden waren, hatte den Zusammenbruch fast unbeschädigt überstanden. Die Avus selbst lag teilweise im britischen, teilweise im amerikanischen Sektor Berlins, war zwar für den Zivilverkehr geöffnet, jedoch aufgrund des schlechten Zustands der Fahrbahndecke für Rennsportveranstaltungen unbrauchbar. Auf Druck der Berliner Öffentlichkeit berief der Magistrat am 19.12.1950 einen Ausschuss ein mit dem Ziel, die Avus zwischen Nordkurve und Motorradschleife wieder für Autorennen nutzbar zu machen. Nach zweimonatiger Sanierung fand am 01.07.1951 mit dem Internationalen Avus-Rennen das erste Autorennen der Nachkriegszeit statt. Mit 330.000 Zuschauern war es zugleich das meistbesuchte Autorennen, das es auf der Avus jemals gegeben hatte. Zugleich stand die Avus im Zenit ihres Beliebtheits- und Bekanntheitsgrads. Bild 17 zeigt die Avus-Nordkurve im Jahr 1953. Mangels Fertigstellung der Südkurve an der Havelchaussee wurde bei den Rennveranstaltungen ab 1951 in der Regel an der sogenannten Motorradkurve nördlich des Großen Sterns (Anschlussstelle Hüttenweg) gewendet. Bis 1967 genehmigte die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe die Rennen auf diesem verkürzten Teil unter Nutzung der legendären Nordkurve. Mit wachsender Zahl von Unfällen, von denen einige sogar tödlich ausgingen, hatte die Motorsportbehörde, Fédération Internationale de l’Automobile (FIA), Steilkurven als sehr gefährlich und nicht mehr zeitgemäß eingestuft. Überhaupt entsprachen geradlinige Hochgeschwindigkeitskurse nicht mehr den Anforderungen des Rennsports. Am 10.09.1967 fand dann auf der Nordkurve das letzte Autorennen statt, worauf diese dem letzten Bauabschnitt des heutigen Autobahndreiecks Funkturm zu weichen hatte. Der Anschluss der Avus an den Stadtring Berlin (heutige BAB A 100) wurde am 11.08.1971 für den Verkehr freigegeben. Im gleichen Zusammenhang ist auch die neue Nord-Flachkurve gebaut worden, die fortan bei den Rennveranstaltungen genutzt wurde. Zwischen 1951 und 1998 (außer 1957, 1960/ 61, 1968-1970, 1972, 1979 und 1981) fand mindestens einmal im Jahr ein Autorennen statt, organisiert vor allem durch den ADAC, den AvD oder den DMV. Bild 18 zeigt die Impressionen am Nordende der Avus etwa im Jahre 1960. Das letzte Autorennen auf der Avus fand am 02./ 03.05.1998 statt (Internationales ADAC-Avus-Rennen um den Großen Preis der B.-Z.). Temporäre Sperrungen der Avus für Rennveranstaltungen waren nach der Wiedervereinigung Deutschlands zunehmend problematischer geworden. Als Ersatz für die Avus gilt seit 2000 der Euro- Speedway Lausitz. War die Avus die erste Autobahn der Welt? Paul Hafen führt 1956 in seinem Werk „Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen“ die Avus konsequenterweise als „Vorläufer der Autobahnen“ auf [Hafen 1956, S. 1-35]. Als Autobahnvorläufer wird der exklusive Schnellverkehrsweg für das Automobil bezeichnet, der - im Gegensatz zur Eisenbahn - erst in einem jahrzehntelangen Entwicklungsprozess in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist und der zur Weiterentwicklung diente, bis allgemeine Entwurfsstandards auf dem Weg zur Straßenklassifizierung Autobahn sich immer mehr festigten. Dabei können Begriffe wie Nur-Autostraßen, Autobahnvorläufer oder Kraftfahrzeugstraßen in der Regel gleichgesetzt werden, da diesen Verkehrswegen - ihre Anbaufreiheit vorausgesetzt - häufig Bild 17: Impressionen am Nordende der Avus im Jahre 1953 mit Funkturm, Avus-Verwaltungsgebäude und mit Fahrradfahrern auf der Avus-Nordkurve Quelle: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Bild 18: Nochmals Impressionen am Nordende der Avus mit Funkturm, Avus-Tribüne und Avus-Verwaltungsgebäude etwa 1960 Quelle: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz noch ein Kriterium oder mehrere Kriterien fehlen, die nach allgemeinen Erwartungen im 20. Jahrhundert für eine Autobahn benötigt werden. Auch sind bei der Vielzahl der sogenannten Autobahnvorläufer tatsächlich nur die wenigsten in ihrer ursprünglich geplanten Weise baulich verwirklicht worden, was an sich schon zeigt, welche Breite von Ideen diesen langjährigen Entwicklungsprozess begleitet hat. In den verschiedenen Teilen der Literatur und in den Medien wird anlässlich von Jubiläen oder sonstigen Anlässen immer hervorgehoben, dass der eine oder der andere Verkehrsweg „die erste Autobahn der Welt“ gewesen sei. Naturgemäß geht es der Berliner Avus ebenso. Und selbstverständlich sind damit vielerorts Emotionen verbunden, offenkundig mit der Befürchtung, dass allein schon der Hinweis, dass der eine oder andere Verkehrsweg partiell ein honoriger Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der späteren Autobahnen war, einen noch so geringen „Imageverlust“ bedeuten könnte. Das ist aber eben gerade bei der Avus, die bekanntermaßen in ihrer zweibahnigen Eisenbahn-Parallellage im Grunde genommen unverändert in das spätere Netz der Autobahn integriert wurde, selbstverständlich nicht der Fall! Grundsätzlich sollen an dieser Stelle aber noch keine Wertungen vorgenommen werden, da hierzu in den kommenden Jahren weitere wissenschaftliche Beiträge geplant sind. Gleichwohl fällt auf, dass in unserer globalisierten Welt eine wirklich umfassende ingenieurwissenschaftliche Dokumentation der jeweiligen Entwicklungen hinsichtlich der nationalen Automobil-Schnellverkehrswege noch nicht stattgefunden hat. Bei der FGSV hat deren Querschnittsausschuss QA- 5 „Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens“ mit seiner langjährigen Veröffentlichungsreihe vor allem unter der Redaktion von Wolfgang Wirth dazu beigetragen, einen wesentlichen und sehr umfangreichen Teil dieses historischen Prozesses zu analysieren. Außerdem ist am 22.01.2020 in München der FGSV-Querschnittskreis QK 5.1 Autobahngeschichte gegründet worden, der mithin zur Erforschung von historischen Verbindungslinien zu übergreifenden nationalen und internationalen Entwicklungstendenzen eingerichtet wurde. Im Jahr 2020 hat sich der neu eingerichtete QK 5.1 zunächst vor allem mit grundsätzlichen Fragen beschäftigt. Ausblick Auf der Avus und in deren Umfeld stehen im laufenden Jahrzehnt erneut umfangreiche Sanierungs-, Um- und Ausbaumaßnahmen an. Als bedeutendstes Projekt ist vor allem der geplante Umbau des Autobahndreiecks Funkturm zu nennen, dessen Kreuzungsbauwerke nach mehr als 50-jähriger Nutzung des Neubaus entsprechender Ersatzbauten bedürfen. Zudem ist im Bereich der derzeit noch bestehenden Nord-Flachkurve eine Linienverlegung der BAB A 115 erforderlich, so dass den berühmten und unter Denkmalschutz stehenden Avus-Gebäuden (Avus-Tribüne und Avus-Rundbau) in naher Zukunft eine merkliche und sichtbare Wandlung bevorstehen wird. Nach dem Stand der Planungen sollen sowohl der Avus-Rundbau als auch die Avus-Tribüne erhalten bleiben. Vorgesehene Konzepte, die die Namen „Tor zu Berlin“ bzw. „Stadteingang West“ tragen und auch ein Avus- Museum vorsehen, sind sehr verheißungsvoll. Es bleibt zu hoffen, dass dieses infrastrukturell erforderliche Zukunftsprojekt derart behutsam erfolgen wird, dass die Entwickler sich städtebaulich der historischen Bedeutung dieses Orts bewusst sind und dass zusätzlich die bis zu 100 Jahre alten städtebaulichen Grundriss-Elemente der legendären Nordkurve oder des ehemaligen Nordtors in moderner Form wieder aufgegriffen werden können. ■ Besonderer Dank gilt Herrn Peter Gombar aus Grafing b. München für die Bearbeitung und Restaurierung von Bildern und Zeichnungen. LITERATUR Bundesarchiv-Bestände R 4601 „Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ (GI) sowie R 4602 „Reichsautobahnen-Direktion“ (RAB-Dir.) (und weitere) Gabriel, Roland (2010): Dem Auto eine Bahn - Deutsche ‚Nurautostraßen’ vor 1933. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 23, Köln: FGSV-Verlag Hafen, Paul (1956): Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen. Forschungsarbeiten aus dem Straßenwesen, Neue Folge Band 19, für die FGSV e. V., Goerner, Ernst (Hrsg.), Bonn: Ferdinand-Dümmlers- Verlag Jäger; Wolfgang F. (2013): Der Streckenentwurf der Reichsautobahnen - Eine ingenieurtechnische Analyse auf der Grundlage ausgewählter Archivbestände. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 26, Köln: FGSV-Verlag Kalender, Ural (2012): Die Geschichte der Verkehrsplanung Berlins. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 24, Köln: FGSV-Verlag Kirchner, Axel (2008): Die Avus - Deutschlands legendäre Rennstrecke - Acht Jahrzehnte Motorsport. Bielefeld: Delius-Klasing-Verlag Kubisch, Ulrich; Rietner, Gert (1987): Die Avus im Rückspiegel. Berlin: Elefanten-Press Wirth, Wolfgang (2019): Gesamtkunstwerk Straße - Die Geschichte des Autobahnpioniers Hans Lorenz. München: Franz-Schiermeier-Verlag Wolfgang F. Jäger, Dr.-Ing. Leiter FGSV-Querschnittskreis QK 5.1 Autobahngeschichte, Bruchköbel buero.dr.jaeger@gmx.de IDEEN FÜR DIE STADT VON MORGEN www.transforming-cities.de/ einzelheft-bestellen www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren Digitalisierung versus Lebensqualität Big Data | Green Digital Charter | Kritische Infrastrukturen | Privatheit | Sharing-Systeme 1 · 2016 Was macht Städte smart? URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Mit veränderten Bedingungen leben Hochwasserschutz und Hitzevorsorge | Gewässer in der Stadt | Gründach als urbane Klimaanlage |Baubotanik 1 · 2017 Stadtklima URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Lebensmittel und Naturelement Daseinsvorsorge | Hochwasserschutz | Smarte Infrastrukturen | Regenwassermanagement 2 · 2016 Wasser in der Stadt URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Verbrauchen · Sparen · Erzeugen · Verteilen Energiewende = Wärmewende | Speicher | Geothermie | Tarifmodelle | Flexible Netze | Elektromobilität 2 · 2017 2 · 2017 Stadt und Energie URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Erlebnisraum - oder Ort zum Anbau von Obst und Gemüse Urban Farming | Dach- und Fassadenbegrünung | Grüne Gleise | Parkgewässer im Klimawandel 3 · 2016 Urbanes Grün URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Die Lebensadern der Stadt - t für die Zukunft? Rohrnetze: von Bestandserhaltung bis Digitalisierung | Funktionen von Bahnhöfen | Kritische Infrastrukturen 4 · 2016 Städtische Infrastrukturen URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Die Vielschichtigkeit von Informationsströmen Smart Cities | Automatisierung | Mobilfunk | Urbane Mobilität | Datenmanagement | Krisenkommunikation 3 · 2017 Urbane Kommunikation URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Angri ssicherheit · Betriebssicherheit · gefühlte Sicherheit IT-Security | Kritische Infrastrukturen | Notfallkommunikation | Kaskadene ekte | Vulnerabilität | Resilienz 4 · 2017 4 · 2017 Sicherheit im Stadtraum URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Was macht Städte smart? Soft Data | IT-Security | Klimaresilienz | Energieplanung | Emotionen | Human Smart City | Megatrends 1 · 2018 Die intelligente Stadt URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Energie, Wasser und Mobilität für urbane Regionen Mieterstrom | Solarkataster | Wärmewende | Regenwassermanagement | Abwasserbehandlung | Mobility as a Service 2 · 2018 Versorgung von Städten URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Zunehmende Verdichtung und konkurrierende Nutzungen Straßenraumgestaltung | Spielraum in Städten | Grüne Infrastruktur | Dach- und Fassadenbegrünung | Stadtnatur 3 · 2018 Urbane Räume und Flächen URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Daseinsvorsorge für ein funktionierendes Stadtleben Urbane Sicherheit | Mobilität im Stadtraum | Zuverlässige Wasser- und Energieversorgung | Städtische Infrastruktur 4 · 2018 URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Gesund und sicher leben in der Stadt Gesund und sicher leben in der Stadt TranCit drittel hoch.indd 1 TranCit drittel hoch.indd 1 31.01.2019 08: 52: 27 31.01.2019 08: 52: 27