eJournals Internationales Verkehrswesen 75/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2023-0002
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2023
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Im Fokus

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Alexander Eisenkopf
Seilbahn oder Mini-Shuttle? | AI-Matters – EU-Netzwerk für Künstliche Intelligenz | ELCH – der lokal emissionsfreie Reisebus | Induktives Laden während der Fahrt | Tabellen und Dashboards wider das Baustellenchaos | Digitalisierung und Elektromobilität als Jobkiller? | Sichere Drohnenflüge über deutschen Metropolen | Infrastruktur für Vertiports – Siemens und Skyway kooperieren
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Internationales Verkehrswesen (75) 1 | 2023 6 IM FOKUS Seilbahn oder Mini-Shuttle? D ie Weiterentwicklung von ConnX, der neuen „Hybrid-Lösung“ aus Seilbahn und selbstfahrenden Fahrzeugen, macht gute Fortschritte, sagt Seilbahnhersteller Leitner. Gemeinsam mit den slowenischen Fahrzeugentwicklern von Elaphe testet Leitner die innovative Mobilitätslösung derzeit im Test-Lab Sterzing. Das patentierte System soll als Zukunftsmodell für den urbanen Verkehr in den kommenden zwei Jahren marktreif sein. Durch die Kombination aus Seilbahn- Transport und dem Wechsel der Fahrzeuge auf bodengeführte Trassen soll es gelingen, die unterschiedlichsten städteplanerischen Bedürfnisse zu erfüllen, bestehende infrastrukturelle Barrieren wie etwa Gebäude oder Denkmäler zu umfahren und zugleich topographische Unterschiede zu überwinden. Dabei erlaubt ConnX eine komfortable Fortbewegung zu Lande und in der Luft ohne Umstieg. Als duale Lösung bietet sich das System auch als „Missing Link“ zwischen verschiedenen Transportsystemen sowie als „Last Mile Connection“ für Personen und Güter an. Der slowenische Entwickler Elaphe als Experte für In-wheel-Motoren soll die Fahrzeuge für den terrestrischen Transport fit machen. Im Test-Lab in der Südtiroler Gemeinde Sterzing sind derzeit zwei Kabinen und zwei Fahrzeuge im Einsatz, die aufeinander abgestimmt ihre Runden ziehen, wobei die unterschiedlichen Prozesse getestet und optimiert werden. Dazu zählt zum Beispiel auch das Ein- und Aussteigen in der Station, wobei zwei Szenarien im Fokus stehen: Der komplette Stopp des Fahrzeuges in der Station sowie das Durchfahren der Haltestelle mit einer Geschwindigkeit von 0,3 Metern pro Sekunde. Beide Prozesse wie auch die Optimierung der Synchronisation der Fahrzeuge brachten bisher laut Hersteller positive Testergebnisse. Mit dem Plan, in zwei Jahren dieses neue multimodale Konzept fürs urbane Umfeld in Betrieb nehmen zu können, liege man gut in der Zeit. www.leitner.com Bild: Leitner AI-Matters - EU-Netzwerk für Künstliche Intelligenz D rei Einrichtungen aus Baden-Württemberg werden Teil des Netzwerks für Künstliche Intelligenz in der Produktion „AI-Matters“ und erhalten eine Fördersumme von rund 7,9 Millionen Euro. Das Konsortium aus Baden-Württemberg, bestehend aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, der Universität Stuttgart und der ARENA 2036, hat sich erfolgreich in einem von der Europäischen Kommission durchgeführten Wettbewerb durchgesetzt und bildet nun mit 22 weiteren Einrichtungen der angewandten Forschung aus acht europäischen Ländern das Netzwerk „AI-Matters“. Das Fraunhofer IPA wird das baden-württembergische Konsortium am Standort Stuttgart koordinieren. Das Netzwerk wird ab 2024 Unternehmen aus ganz Europa an voraussichtlich sieben Standorten Test- und Experimentieranlagen zur Verfügung stellen. So können Anbieter von KI-basierten Komponenten für das produzierende Gewerbe ihre Leistungen an den AI-Matters-Standorten in realistischer Umgebung testen, bewerten und gegebenenfalls zertifizieren lassen. Gerade auch kleine und mittlere Unternehmen mit Produktionsprozessen sollen ihre konkreten Einsatzszenarien für KI experimentell erproben können. Die Förderphase dauert bis Ende 2027, im Anschluss soll sich der dauerhafte Betrieb vollständig aus Kundeneinnahmen finanzieren. https: / / digital-strategy.ec.europa.eu/ de/ activities/ digital-programme Foto: Pete Linforth / pixabay Internationales Verkehrswesen (75) 1 | 2023 7 IM FOKUS Call for Papers 2023 Themen und Termine auf: www.internationales-verkehrswesen.de Ihre neuen Ergebnisse aus Forschung, Wissenschaft und Praxis in ELCH - der lokal emissionsfreie Reisebus S tadtbusse mit vollelektrischem Antrieb gehören inzwischen zum Straßenbild in vielen deutschen und europäischen Städten. Anders elektrisch angetriebene Reisebusse. Ihre Entwicklung ist ungleich schwieriger, sind doch für den Einsatz in der Praxis zahlreiche hohe Hürden zu überwinden. Unabdingbar und teils gegensätzlich sind Anforderungen an große Reichweite im Fernverkehr, Flexibilität im Einsatz, Zwischenladungen für Batterien, hohe Zuladung und der Raumbedarf für Fahrgäste und Gepäck. Hersteller Daimler Buses hat deshalb zusammen mit renommierten Partnern das Vorhaben „ELCH“ (Electrified Coach) gestartet. Ziel ist es, praxisgerechte und wirtschaftliche vollelektrisch angetriebene Reisebusse zu entwickeln und ab dem Ende dieses Jahrzehnts mit den Marken Mercedes-Benz und Setra vollelektrisch angetriebene Reisebusse anzubieten. Der ganzheitliche Ansatz bezieht alle Aspekte vom Energieverbrauch bis zur Fertigung ein. Zur Beschleunigung der Entwicklung hat sich das Unternehmen deshalb mit renommierten Forschungsinstituten und Praktikern aus der Branche zum Projekt ELCH zusammengeschlossen. Ziel ist die Entwicklung eines modular aufgebauten Antriebsstrangs einschließlich zweier emissionsfreier und praxisgerechter Demonstrations-Fahrzeuge in den kommenden vier Jahren. Sie werden im Anschluss unter realen Einsatzbedingungen erprobt. Die Eignung der einzelnen Komponenten in der Praxis wird systematisch erfasst und dient als Referenzmaß für die Auslegung der Antriebsstränge. Der Bauraum der Fahrzeuge etwa soll so weit wie möglich den heutigen Dieselbussen entsprechen. Außer deren Reichweite sind der Erhalt von Fahrgastkapazität inklusive der Zuladung für das Reisegepäck wichtige Voraussetzungen für den Erfolg von E-Reisebussen. Neben dem Antriebsstrang und der Batterietechnologie messen die Projektpartner den Themen Aerodynamik und Leichtbau eine wesentliche Rolle bei. So befasst sich die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern- Landau (RPTU) mit zwei Projektbausteinen, die für den Energieverbrauch und damit auch die Reichweite des Fahrzeugs entscheidend sind: der aerodynamischen Optimierung der Außenhülle und der Gewichtsoptimierung durch neue Leichtbaukonzepte. Die Forschenden am Lehrstuhl für Strömungsmechanik und Strömungsmaschinen untersuchen mittels moderner Simulationsmethoden und Experimenten im Windkanal, wie sich der Luftwiderstand der Außenhülle des Busses reduzieren lässt. Parallel beschäftigt sich das Institute for Mechanical and Automotive Design mit Leichtbaukonzepten, um das zusätzliche Gewicht der Batterien und anderer elektrischer Komponenten auszugleichen. Dabei nutzen die Forschenden innovative Methoden, wie etwa die computergestützte Topologie-Optimierung, zur Ermittlung leichtbauoptimierter Strukturen in den verschiedenen Fahrzeugbaugruppen. Weitere Forschungsaufgaben betreffen beispielsweise die Wirtschaftlichkeit der resultierenden Fahrzeugkonzepte aus Sicht der Betreiber. Ziel ist es zunächst, kosteneffiziente Konzepte für einzelne Fahrzeuge und ganze Flotten elektrisch angetriebener Reisebusse für die verschiedenen Einsatzprofile zu identifizieren. In die Ergebnisse fließen im zweiten Schritt Faktoren, wie die Gesamtkosten, Umweltwirkung und die mögliche Integration in bestehende Betriebskonzepte von Busunternehmen, ein. Auf Basis der Konzeptbewertung werden sodann zwei Prototyp-Antriebsstränge entwickelt und in Demonstrator-Fahrzeuge integriert. Damit erfolgt eine Erprobung unter realen Einsatzbedingungen. Koordinator des öffentlich geförderten Projekts ist Daimler Buses. Neben der RPTU zählen zu den Projektpartnern das Karlsruher Institut für Technologie (ITIV - Institut für Technik der Informationsverarbeitung), die Universität Mannheim (MISES - Mannheim Institute for Sustainable Energy Studies) und der Betreiber Flix SE. Der enge Schulterschluss der beteiligten hochkompetenten Projektpartner sichert - unterstützt durch die öffentliche Hand - eine ebenso rasche wie praxisgerechte Entwicklung auf dem Weg zum vollelektrisch angetriebenen Reisebus. www.daimlertruck.com www.rptu.de Illustration: Daimler Truck AG Internationales Verkehrswesen (75) 1 | 2023 8 IM FOKUS Tabellen und Dashboards wider das Baustellenchaos W ill man Zugleistungen im Güterverkehr schneller und flexibler planen, muss es vor allem einfach(er) sein. Diesem Gestaltungsprinzip folgend, hat das Dortmunder Softwareunternehmen Catkin GmbH ein neues Tool entwickelt: Das Bahn Baustellen Management (BBM). Mit dem BBM-Tool erhalten Anwender die Möglichkeit, Baustellenmeldungen (FPLO und ZvF) für Eisenbahngüterverkehrsunternehmen konstant im Blick zu behalten. Sie können damit schnell und unkompliziert ihre Fahrplanung entsprechend anpassen und Zugleistungen umplanen - zeitsparend und sicher. Hilfreich sei die Weblösung vor allem vor dem Hintergrund des anhaltend hohen Baustellenaufkommens im deutschen Schienenverkehrsnetz, so das Unternehmen. Es sei dabei nicht ausschließlich um das technisch Mögliche gegangen, sagt Catkin-CEO Christian Krüger, sondern um Features, die den Geschäftsalltag erleichtern und gleichzeitig helfen, Kosten zu sparen. Daher legte man auch großen Stellenwert auf eine übersichtliche Tabellenansicht und Dashboards der Fahrplananordnungen, die den Planungsprozess vereinfachen und beschleunigen. Der Status der Fahrplananordnungen wird farblich kenntlich gemacht, ist somit eindeutig erkennbar und jederzeit transparent. Detailansichten sind über eine Schnellfilterfunktion abrufbar. Integriert ist auch ein Adressbuch, in dem relevante Ansprechpartner mit Kontaktdaten aus eingegangenen Meldungen automatisch hinterlegt werden. Das BBM-Tool steht Eisenbahnern ab sofort zur Verfügung. Es lässt sich als moderne Weblösung ohne Installation unmittelbar nutzen, kann aber auch in vorhandene Systeme integriert werden. www.catkin.eu Foto: Catkin GmbH Induktives Laden während der Fahrt N ur 20 Meter lang ist eine neue Teststrecke auf dem Campus der Universität Stuttgart - allerdings können E-Fahrzeuge dort während der Fahrt induktiv aufgeladen werden - und das mit einer Effizienz, die so bisher noch nicht erreicht wurde. Entwickelt hat die Teststrecke ein Forschungsteam des Instituts für Elektrische Energiewandlung (IEW)der Universität Stuttgart im Rahmen des MobiLab-Teilprojekts „Forschungsstraße: Dynamisches Laden und sichere Energieversorgung“. Durch dynamisches Ladens lässt sich die Reichweite batterieelektrischer Fahrzeuge vergrößern, die notwendige Batteriekapazität verringern und die Ladezeit drastisch reduzieren. Das Besondere an der Teststrecke der Universität Stuttgart sind mögliche Wirkungsgrade von mehr als 90 Prozent. Damit ist die Effizienz des induktiven, berührungsklosen Ladens konkurrenzfähig mit dem herkömmlichen konduktiven Laden per Kabel. Die Teststrecke auf dem Campus Vaihingen besteht aus 40 einzelnen Spulenelementen mit einer Grundfläche von 50 mal 48 Zentimeter. Der Abstand zwischen dem Fahrzeug und den Spulen beträgt 20 Zentimeter. Die Strecke erkennt die Position des Fahrzeugs über dem Spulensystem automatisch und versorgt nur die relevanten Primärspulen im Boden. Durch die magnetische Kopplung zur sekundärseitigen Spule im Fahrzeug wird Energie übertragen. Die übertragene Leistung ist proportional zur sekundärseitigen Spulenfläche. Bei gleicher Grundfläche von 0,24 Quadratmetern wird unabhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit kontinuierlich eine Leistung von 10 Kilowatt (kW) übertragen - eine herkömmliche Steckdose liefert 2,3 kW Dauerleistung zum Laden eines E-Autos. Insgesamt bietet die Teststrecke eine konstante und unterbrechungsfreie Leistungsübertragung während der Fahrt. Vorteile bringt kontinuierliches Laden für allem für autonome Fahrzeuge im Shuttle-Betrieb, die rund um die Uhr und ohne Standzeiten während des Ladevorgangs im Einsatz sein könnten. In einem nächsten Schritt will das Forschungsteam deshalb die die kurze Teststrecke zu einer Forschungsstraße auf dem Campus Vaihingen verlängern und mit dem autonom fahrenden CampusShuttle der Universität Stuttgart erproben. Im Rahmen eines Projekts der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) entsteht eine erste Teststrecke für induktives Laden von Elektrofahrzeugen auch in Bayern. Hier ist das Ziel: Im Rahmen des Projekts E|MPOWER entwickelt ein Team der FAU Technologien sowie Fertigungs- und Bauprozesse, die eine Serienproduktion induktiv ladender Straßen mit der Leistung von 70 kW und mehr möglich machen sollen. Auf dem Weg dorthin soll die kabellose Electric Road System (ERS)- Technologie auf einem einen Kilometer langen Autobahnabschnitt in Nordbayern integriert werden. www.iew.uni-stuttgart.de www.fau.de Foto: Universität Stuttgart Internationales Verkehrswesen (75) 1 | 2023 9 IM FOKUS Digitalisierung und Elektromobilität als Jobkiller? D igitalisierung und Elektromobilität sorgen für einen grundlegenden Wandel im Automobilbereich. Während die gängigen Erzählungen den Arbeitnehmern oft Defizite und Ängstlichkeit angesichts der anstehenden Umbrüche unterstellen, kommt eine Studie, die auf Initiative des Volkswagen Nachhaltigkeitsbeirates entstanden ist, unter Leitung der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zu einem bemerkenswert anderen Ergebnis. Sie beleuchtet anhand der Volkswagen AG, wie sich die Transformationsprozesse für die Beschäftigten darstellen und schließt damit eine Forschungslücke. In der breit angelegten empirischen Studie mit dem Titel „Arbeit und Qualifizierung 2030“ kommt das Forschungsteam zu dem Ergebnis, dass bei den Beschäftigten eine hohe Bereitschaft zu Weiterbildung und persönlicher Veränderung besteht und sie im Transformationsprozess ein grundsätzliches Vertrauen in sich und das Unternehmen haben. Ein zweiter zentraler Fokus der Studie liegt auf den Ressourcen der Beschäftigten, die ihnen zur Verfügung stehen, um für den Umbruch gewappnet zu sein. Auch hier setzt die Untersuchung mit einem anderen Blick an. Statt ein Defizit von vornherein zu unterstellen, konzentriert sich das Forschungsteam auf übersehene, unterschätzte und im Transformationsprozess erst entstehende Ressourcen, die in diesem auch gezielt fruchtbar gemacht werden können. Die Studie eröffnet damit einen Einblick in die - möglicherweise unterschätzten - Potenziale, die im Unternehmen vorhanden sind und für einen erfolgreichen Wandel systematischer entfaltet werden können. So wird die Digitalisierung von den Beschäftigten nicht per se als „Jobkiller“ gesehen, vielmehr finden sich sogar erhoffte und willkommene Entlastungserwartungen, die sich an die Digitalisierung richten. Zugleich wird der Wechsel in eine technisch veränderte Welt nicht grundsätzlich als die große Zäsur empfunden, sondern als gewissermaßen bekannte Normalität. Die Studie klammert aber auch nicht aus, an welchen Stellen die Transformation schmerzliche Einschnitte bedeuten kann - wenn bisherige Expertise beispielsweise plötzlich entwertet, da nicht mehr gebraucht wird. Das für diese Studie erhobene empirische Material gibt einen einmaligen Einblick in den Maschinenraum der Transformation bei Volkswagen. Fast 200 Beschäftigte, Führungskräfte, Expert/ -innen und Interessenvertreter/ -innen kamen in über 100 qualitativen Interviews und zahlreichen Workshops zu Wort. Mehr als 3.520 Beschäftigte gaben über eine quantitative Befragung Auskunft. Ergänzt wurde der einmalige quantitative und qualitative Datensatz um eine Online-Erhebung mit über 600 Beschäftigten der Automobilbranche außerhalb von Volkswagen sowie einer Branchenanalyse. Die Automobilindustrie - als Schlüsselsektor der deutschen Volkswirtschaft - ist deshalb von besonderem Interesse, weil die digitale und die ökologische Transformation diese gleichzeitig und massiver als andere Bereiche trifft. Während die quantitativen Auswirkungen von Digitalisierung und Elektromobilität auf Beschäftigung und Qualifikation in der Automobilindustrie mittlerweile recht gut erforscht sind, ist bislang weniger gut beleuchtet, wie sich die Transformationsprozesse qualitativ in den Beschäftigungsverhältnissen aktuell darstellen. w w w. l a b o ura tory.d e/ fil e s/ d ownlo a d s/ AQ2030-Studie-Essentials.pdf Foto: Chuttersnap / Unsplash 3 Jetzt anmelden Fußverkehr - ohne geht nichts! 4. Deutscher Fußverkehrskongress am 18. und 19. April 2023 in Bremen fussverkehrskongress.de Internationales Verkehrswesen (75) 1 | 2023 10 IM FOKUS Infrastruktur für Vertiports -Siemens und Skyway kooperieren D urch Innovationen in den Bereichen Flugbetrieb und Flugsicherung entwickelt sich die Luftfahrtindustrie ständig weiter. Mit elektrischen, senkrecht startenden Fluggeräten (electrical Vertical Take- Off and Landing, kurz: eVTOL) erschließt sich ein neuer Mobilitätsmarkt, der sich durch die Entlastung des Verkehrs und die Anbindung von Gebieten, die vom derzeitigen Luftverkehrssystem nur unzureichend bedient werden, positiv auf Kommunen auswirken kann. Nun haben Siemens und Skyway als Provider of Services vereinbart, gemeinsam die für den Betrieb von Vertiports, also Start- und Landeplätze für VTOLs, erforderliche elektrische und digitale Infrastruktur zu bestimmen. Skyway verfügt über umfassende Kenntnisse in den Bereichen Luftraumeinsatzplanung und -management sowie Flugsicherung und Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge, während Siemens umfangreiche Infrastrukturkompetenzen in den Bereichen Elektrifizierung, Laden von Elektrofahrzeugen und Anlagenbetrieb besitzt. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit untersuchen Siemens und Skyway den Energiebedarf von Vertiports und entwickeln nachhaltige Stromversorgungs-Lösungen, einheitliche Ladeverfahren und ein übergeordnetes System zur Unterstützung des Flugbetriebs. Innovationen bei der Vertiport-Infrastruktur werden für die künftige Skalierbarkeit des Betriebs elektrischer Senkrechtstarter von entscheidender Bedeutung sein. Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen einen durchgängigen eV- TOL-Ladeprozess entwerfen und entwickeln, indem sie die Lade-, Energie- und Softwareanforderungen bewerten, um einen zuverlässigen und effizienten Betrieb zu gewährleisten. Darüber hinaus wollen Siemens und Skyway an innovativen Ideen arbeiten, um die gesamte Planung und Gestaltung von Vertiports zu standardisieren und den Energieverbrauch zu senken. Ein wesentliches Ziel der gemeinsamen Bemühungen ist die Entwicklung praxisgerechter Vertiports. www.siemens.com www.goskyway.com Sichere Drohnenflüge über deutschen Metropolen I m Projekt AKIRA entwickeln Fraunhofer-Forschende zusammen mit Industriepartnern eine bodengestützte Radarplattform für die Überwachung des unbemannten Flugverkehrs der Zukunft. So soll ein sicherer Personen- und Lieferverkehr mit automatisierten Drohnen über deutschen Großstädten Realität werden. Flugreisende im europäischen, asiatischen und amerikanischen Luftraum wissen, dass die Flugsicherung an Flughäfen jederzeit die genaue Position ihrer Maschine lokalisieren kann. Diese radargestützte Technologie gewährleistet den heutigen Personen- und Frachtflugverkehr und verhindert erfolgreich Kollisionen von bemannten Flugobjekten. Das soll bald auch im unbemannten Luftraum über deutschen Städten möglich sein. Forschende der Fraunhofer-Institute IZM und FHR erproben zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit den IT-Sicherheitsexperten ESC Aerospace und ESG die Eignung von kostengünstigen FMCW-Radarkomponenten für ein bodengebundenes Radarsystem zur Detektion von Drohnen und anderen unbemannten Flugobjekten im urbanen Raum. Ziel ist die zuverlässige und permanente Ortung aller kooperativen und nicht-kooperativen Flugobjekte bis zu einer Flughöhe von 100 Metern. Für die Entwicklung eines an die Höhenverhältnisse einer Großstadt angepassten und flächendeckenden Radarnetzes sollen einzelne Detektionskreise mit einer lateralen Ausdehnung von jeweils 500 Metern in einem Netzwerk zusammengeschlossen installiert werden. Diese geschlossenen Sensornetzwerke können dann miteinander kommunizieren. So lassen sich Informationen über die Position von Flugobjekten über einen theoretisch unbegrenzten Raum zuverlässig austauschen und über eine Serverarchitektur effizient überwachen. Die Forschenden am Fraunhofer IZM entwickeln eine geeignete Hardware für die integrierten Radarmodule innerhalb einer Zelle. Da konventionelle planare Antennenstrukturen hierfür nicht geeignet sind, sollen geometriepräzise Antennen auf Grundlage dreidimensional strukturierter Substrate eingesetzt werden - Formenbau und Ausrichtung der Antennen sind allerdings eine technologische Herausforderung. Gestützt von einer innovativen MIMO-Radararchitektur, bilden die 3D-Antennen das Kernstück der Boden-Radar-Stationen mit einer Reichweite von bis zu 500 Metern. Um den unbemannten Luftraum in einer Höhe von 100 Metern vollständig abzudecken, ist die Installation an öffentlichen Gebäuden oder Funkmasten vorgesehen. Als produktneutraler Systemintegrator und Produktentwickler wird ESC Aerospace in dem Projekt sämtliche Daten, die von der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH im Drohnendetektionssystem fusioniert werden, gegen Cyberangriffe absichern. Das von ESC Aerospace entwickelte Security Operation Center (SOC) basiert dabei auf den Grundprinzipien der Cybersicherheit: Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität (C-I-A). Dieses SOC wird das Gesamtsystem permanent überwachen, Alarme auslösen und Angriffe von außen effektiv abwehren. Das Projekt läuft bis Ende 2024. www.fkie.fraunhofer.de Illustration: Thanongsak Illustration: Siemens