eJournals Internationales Verkehrswesen 75/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2023-0045
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Betriebsstrategien für automatisierte ÖPV-Angebote im ländlichen Raum

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Tim Alscher
Mit der Einführung automatisiert agierender Transportgefäße im öffentlichen Personentransport können attraktive Angebote besonders auch in ländlich geprägten Einsatzgebieten dargestellt werden. Mit wirtschaftlichen Gefäßgrößen und intelligenten Einsatzstrategien wird ein Mehrwert für Betreiber und Nutzer geschaffen. Auf diese Weise gewinnt der öffentliche Verkehr an Bedeutung gegenüber dem Individualverkehr und leistet einen wesentlichen Beitrag zur angestrebten Mobilitätswende. Der Artikel gibt einen Überblick zu den möglichen Betriebskonzepten mit automatisierten Transportfahrzeugen.
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Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 12 Betriebsstrategien für automatisierte ÖPV-Angebote im ländlichen Raum Neue Möglichkeiten für den ÖPV mit dem Einsatz automatisierter Gefäße Automatisierte Shuttleverkehre, Intelligente Transportsysteme, Mobilitätswende, Öffentlicher Personenverkehr 2030 Mit der Einführung automatisiert agierender Transportgefäße im öffentlichen Personentransport können attraktive Angebote besonders auch in ländlich geprägten Einsatzgebieten dargestellt werden. Mit wirtschaftlichen Gefäßgrößen und intelligenten Einsatzstrategien wird ein Mehrwert für Betreiber und Nutzer geschaffen. Auf diese Weise gewinnt der öffentliche Verkehr an Bedeutung gegenüber dem Individualverkehr und leistet einen wesentlichen Beitrag zur angestrebten Mobilitätswende. Der Artikel gibt einen Überblick zu den möglichen Betriebskonzepten mit automatisierten Transportfahrzeugen. Tim Alscher E ine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der aktuellen Zeit ist der Kampf gegen den Klimawandel bei gleichzeitiger Erhaltung von Wirtschaft und Mobilität. Zur Verbesserung unseres ökologischen Fußabdrucks sind nachhaltige Verkehrskonzepte zu etablieren [1]. Die Vernetzung und Automatisierung der Fahrzeuge spielen eine wichtige Rolle für die Transformation der Mobilität. Automatisierte, vernetzte und elektrifizierte Fahrzeuge werden für den Individualverkehr jedoch keine vollständige Lösung im Sinne nachhaltiger, umweltfreundlicher Mobilität sein. Durch die Erhöhung des Anteils des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV) am Modal Split sollten individuelle Fahrzeugeinsätze eingespart werden. Daher muss es neben dem technischen Fortschritt zu einer Anpassung im- Nutzungsverhalten kommen. Dazu Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de POLITIK Öffentlicher Personenverkehr Öffentlicher Personenverkehr POLITIK Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 13 sind- neue, attraktive Angebote im ÖPV zu schaffen. Potential des ländlichen Raums Bei der Analyse des Modal Split nach Raumtyp [2] wird klar, dass das größte Aufholpotenzial für den ÖPV insbesondere in den ländlich geprägten Gebieten besteht. Während in den städtischen Regionen leistungsfähige ÖPV-Angebote über Straße und Schiene hinweg existieren, sind die Buslinien auf dem Land vorwiegend auf den Schülerverkehr ausgerichtet [3]. Eine Übertragung urbaner ÖPV-Konzepte auf die ländlichen Regionen ist nicht ohne weiteres möglich. Der Anteil des ÖPV im dörflichen Raum ländlicher Regionen fällt mit 5 % wesentlich geringer aus als in Metropolen der Stadtregion (20 %) [2]. Um eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr (MIV) auf dem Land zu bilden, müssen dennoch mindestens ein enges Haltestellennetz sowie eine dichte Taktung des öffentlichen Verkehrs gewährleistet werden [3]. Eine Verbesserung des Angebots scheitert heute jedoch häufig an den hohen Betriebskosten. Perspektive automatisiertes Fahren Mit dem technischen Fortschritt in der Entwicklung des automatisierten Fahrens ergeben sich für den Betrieb des straßengebundenen ÖPV perspektivisch neue Möglichkeiten. Durch den Entfall des Fahrpersonals im Fahrzeug können die Total Cost of Ownership (Gesamtkosten für den Betreiber) halbiert werden [4]. Die aktuellen Entwicklungstrends zeigen, dass der Einsatz automatisierter Fahrzeuge zunächst auf definierten Korridoren realistisch ist. Diese Einschränkung wird durch das Straßenverkehrsgesetz (StVG) bestätigt, da festgelegte Betriebsbereiche für den Einsatz automatisierter Fahrzeuge gefordert werden ( §1d Abs. 2 StVG i. V.m. §7 AFGBV) [5]. Unter diesen Umständen erscheint der ÖPV geradezu prädestiniert für die Etablierung des automatisierten Fahrens. Die festgelegten Betriebsbereiche werden durch die Linienverläufe des ÖPV definiert. Diese Betriebsbereiche müssen mit den technisch möglichen Einsatzbedingungen der automatisierten Fahrfunktion (Operational Design Domain - ODD) in Kongruenz gebracht werden. Die ODD wird beispielsweise gekennzeichnet durch: •• Beschaffenheit der Straßenverläufe: Spurbreite, Kurvenradien, Anzahl der Fahrspuren, zulässige Geschwindigkeiten, Kreuzungen, Kreisverkehre, etc. •• Infrastruktur-Ausstattung: Lichtsignalanlagen, Schrankenanlagen, etc. Der automatisierte Betrieb innerhalb der festgelegten ODD entspricht der Definition des SAE-Levels 4 [6]. Zur Überwachung des fahrerlosen Betriebes ist eine technische Aufsicht gesetzlich vorgeschrieben (§ 1f StVG). Diese zusätzliche Überwachungsinstanz kann beispielsweise in einer vorhandenen Leitstelle des Verkehrsbetriebes installiert werden. Die Überwachung wird durch eine natürliche Person realisiert, der die Daten aus dem automatisierten Fahrzeug zur Verfügung gestellt werden. Aus heutiger Sicht ist der Betreuungsschlüssel (Anzahl der automatisierten Fahrzeuge, die eine natürliche Person beaufsichtigen kann) in der technischen Aufsicht noch unklar. Erste Prognosen gehen von ca. fünf bis sechs Fahrzeugen pro Aufsichtsperson aus. Die bekannten Gesetze und Verordnungen geben dazu bisher jedenfalls noch keine Regelung vor. Unter den dargestellten technischen und zulassungsrelevanten Gesichtspunkten kann der öffentliche Verkehr im Rahmen der Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) optimiert werden. Hierzu zählen beispielsweise der Linienverkehr und dessen Sonderformen (§ 42f PBefG), der Linienbedarfsverkehr (§ 44 PBefG) sowie der Gelegenheitsverkehr (§ 46 PBefG). Darüber hinaus wird im Gesetz der Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG) sowie der gebündelte Bedarfsverkehr (§ 50 PBefG) festgelegt. Die Automatisierung ist dabei grundsätzlich unabhängig von der Verkehrsart. Eine neue Verkehrsleistung (z. B. Buslinie) wird nach § 42 PBefG und parallel die Erprobungsgenehmigung für automatisiertes Fahren nach StVG beantragt. FLASH im Landkreis Nordsachsen Ein tatsächlich fahrerloser Einsatz von Fahrzeugen (auch ohne Begleitpersonal) im öffentlichen Verkehr ist aus heutiger Sicht frühestens Ende der 2020er Jahre zu erwarten. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) betont die Bereitschaft der Branche, fahrerlose Personentransportsysteme einsetzen zu wollen [7]. Nicht zuletzt ist der akute Fahrermangel auch ein Grund für die Förderung des automatisierten Fahrens im ÖPV. Für einen sinnvollen Einsatz im Produktivbetrieb sind neben dem tatsächlichen fahrerlosen Betrieb nach SAE-Level 4 außerdem zwei wesentliche Anforderungen zu erfüllen: eine ortsübliche Fahrgeschwindigkeit sowie wirtschaftliche Gefäßgrößen. Dass eine angemessene Fahrgeschwindigkeit technisch darstellbar ist, zeigt das Projekt FLASH im Landkreis Nordsachsen (www. flash-bus.de). Zwischen dem Bahnhof Rackwitz und dem Schladitzer See ist ein Midi- Bus mit einer Kapazität für 20 Fahrgäste auf Basis eines VW Crafter seit dem Sommer 2022 automatisiert unterwegs. Innerorts beträgt die Höchstgeschwindigkeit 30 km/ h und außerorts 50-km/ h. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten können diese Geschwindigkeitsniveaus als ortsüblich angesehen werden. Das Sicherheitskonzept verlangt noch einen Sicherheitsfahrer im Fahrzeug, der jederzeit die Steuerung übernehmen kann. Die Frage nach der optimalen Gefäßgröße Es stellt sich die Forschungsfrage nach der optimalen Gefäßgröße für automatisierte Fahrzeuge. Forschungsprojekte zum Einsatz automatisierter Shuttle-Fahrzeuge setzten Ende der 2010er Jahre Fahrzeuge mit Kapazitäten von sechs bis 15 Fahrgästen hauptsächlich in urbanen Verkehren ein. Für den effektiven Einsatz im ländlichen Raum sollten die Fahrzeuggrößen je nach tatsächlichem Fahrgastaufkommen abgestimmt werden. Die Auslegung konventionell gesteuerter Fahrzeuge erfolgt aktuell nach den üblicherweise auftretenden Lastspitzen. In aller Regel stellt der Schülerverkehr am Morgen die größte Lastspitze im Betriebsablauf dar. Das gewählte Fahrzeug verursacht im weiteren Tagesverlauf, wenn das Fahrzeug nicht mehr voll ausgelastet wird, jedoch weiterhin die für seine Größe anfallenden Betriebskosten. Drohen Kolonnen automatisierter Taxis auf dem Land? Die Perspektive zur Bewältigung von Spitzenlasten mit automatisierten Fahrzeugen ist der Einsatz beliebig vieler Fahrzeuge gleichzeitig in einer Kolonne (engl. Platoon), da die Fahrzeuge nicht mehr von der knappen Ressource menschlicher Fahrer abhängig sind. Für die Auslegung der Transportkapazität automatisierter Gefäße ist der optimale Schnittpunkt hinsichtlich Transportkapazität und Betriebskosten unter durchschnittlichen Einsatzbedingungen zu suchen. Die kleinste vorstellbare Gefäßgröße ist das sogenannte Robo-Taxi mit einer Transportkapazität von drei bis fünf Personen auf Basis eines PKW. Diese Kapazität könnte für gewisse Zeiträume im Tagesverlauf die Transportbedarfe in stark ländlich geprägten Räumen abdecken. Sobald jedoch eine höhere Last aufkommt, müssten lange Ketten automatisierter Taxis gebildet werden. Diese Perspektive erscheint zur Bewältigung des morgendlichen Schülerverkehrs nicht nachhaltig. Darüber hinaus stellt die direkte Fahrt von einem Startpunkt A zu einem vom Fahrgast bestimmten Zielpunkt B im Sinne einer Taxifahrt (§ 47 Abs. 1 PBefG) eine ungleich höhere technische Herausforderung für die automatisierte POLITIK Öffentlicher Personenverkehr Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 14 Fahrfunktion dar. Weiterhin bleiben Fragen hinsichtlich der Abrechnung offen, da sich die Dienstleistung mit Taxen preislich deutlich vom Linienverkehr unterscheidet. Um auch für die staatliche Subventionierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Frage zu kommen, sind die Anforderungen an den Linienverkehr nach PBefG und BO- Kraft einzuhalten. So sind im Linienverkehr nach §42 PBefG Kraftomnibusse (Fahrzeugklassen M2 oder M3) einzusetzen. Wird sich der fahrerlose Midibus durchsetzen? Die Gefäßgröße wird auch durch die Kosten (Beschaffungs- und Betriebskosten) bestimmt. Die Industrie bietet aktuell noch keine Produkte an. Angekündigte Shuttle- Konzepte mit automatisierter Fahrfunktion zeigen die Tendenz zu Gefäßgrößen von 15 bis 30 Personen Transportkapazität. Dies würde ca. einem Drittel der für den Regionalverkehr gängigen Linienbusse entsprechen. Bild 1 verdeutlicht die Perspektive des Einsatzes kleinerer automatisierter Gefäße, die die großen Einzelfahrzeuge ersetzen. Konzentration auf den ländlichen Raum Zur Schaffung attraktiver ÖPV-Dienstleistungen sollte sich der Einsatz automatisierter Gefäße zunächst auf die Bereiche im ländlichen Raum konzentrieren, wo heute aufgrund zu hoher Kosten kein oder nur ein spärliches Angebot vorhanden ist. Hierbei geht es insbesondere um das Schließen von Lücken, sodass Anschlüsse an die bestehenden, leistungsfähigen ÖPV-Systeme entwickelt werden. Durch eine intelligente Verkehrsplanung und Übertragung von Echtzeit-Anschlussinformationen können auch Umsteige-Verbindungen attraktiv gemacht werden. Attraktives Angebot für Nutzer des-automatisierten ÖPV An einer optimierten Betriebsstrategie automatisierter ÖPV-Gefäße partizipieren alle Stakeholder. Für die Nutzer kann eine Betriebsbereitschaft rund um die Uhr (24-Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche) geboten werden. Neben dem untertägigen Verkehr nach festgelegtem Fahrplan sind Rufbusverkehre(i.S.vonLinienbedarfsverkehren nach § 44 PBefG) in den schwach nachgefragten Zeiträumen zu Tagesrand- und Nachtzeiten denkbar. Zwar ist das automatisierte Fahrzeug an eine festgelegte Strecke gebunden, jedoch kann das Fahrzeug zeitlich je nach Bedarf in Umlauf gebracht werden. Als Schnittstelle zur Disposition können Mobilitäts-Apps auf den Smartphones der Nutzer etabliert werden. Darüber hinaus ist die altbewährte Telefon-Hotline in die Zentrale des Verkehrsbetriebs denkbar. Erleichterung für die Betreiber Für den Betreiber ist die Disposition der fahrerlosen Fahrzeuge unabhängig von den Lenkzeiten nach dem Arbeitszeitgesetz möglich. Lediglich die Besetzung der technischen Aufsicht in der Leitstelle muss nach diesen Regelungen geplant werden. Darüber hinaus wird die Bereitschaft von Fahrzeugen durch regelmäßiges Laden des Energiespeichers und Wartungstätigkeiten wie beispielsweise die Reinigung beeinträchtigt. Der ÖPV 2.0 Durch die Verknüpfung aller Entitäten moderner ÖPV-Systeme können intelligente Betriebskonzepte etabliert werden. Mit der Anmeldung der Nutzer über die Mobilitäts- Apps zu geplanten Fahrten (zu einem bestimmten Zeitpunkt mit konkretem Ein- und Ausstiegsort) lassen sich Bedarfe und Auslastungen vorhersehen. Dementsprechend erfolgt die Entsendung der automatisierten Gefäße durch die technische Aufsicht. Auch durch die Verknüpfung von Fahrgastzählanlagen mit der Steuerung der automatisierten Fahrfunktion können Über- und Unterlasten automatisch detektiert und Maßnahmen ergriffen werden. Um Hochlasten zu bewältigen, werden mehrere Fahrzeuge zu einem Platoon zusammengesetzt. Werden andererseits einzelne Fahrzeuge nicht mehr benötigt, stellen sie sich an definierten Haltepunkten ab, ohne dass für Fahrer Zeiten ohne Beschäftigung entstehen. Diese Gefäße befinden sich dann in Rufbereitschaft und setzen zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Linienverkehr ein. Auf diese Weise erfolgt eine bedarfsgesteuerte Linienbedienung. Dem Nutzer steht ein flexibles Mobilitätsangebot zur Verfügung, während der Betreiber die Kosten senken und Leerfahrten reduzieren kann. Die Entsendung von Fahraufträgen erfolgt dabei durch die Leitstelle. Die Steuerung der Fahrt obliegt der Technik im Fahrzeug. Eine Herausforderung könnte der erhöhte Platzbedarf der Fahrzeugketten im Bereich der Haltestellen darstellen. An kritischen Stellen müsste das Platoon für eine fahrzeugweise Abfertigung des Fahrgast- Linie A Linie A Fahren im Platoon zur Bewältigung eines hohen Fahrgastaufkommens zu einem Zeitpunkt t 1 Linie A Linie A1 Linie A2 Linie A Spitzenlast bei T = t 1 Linie A3 Linie A T = t 3 T = t 2 T = t 1 Individuelles Transportangebot zu flexiblen Zeiten t 1 , t 2 , und t 3 Bild 2: Betriebsstrategien intelligenter Personentransportsysteme Disposition 90 Fahrgäste und Fahrpersonal Linie A 30 Fahrgäste Linie A1 30 Fahrgäste Linie A2 30 Fahrgäste Linie A3 Technische Aufsicht Bild 1: Optimierung der Gefäßgrößen beim Wegfall von Fahrpersonal Alle Darstellungen: Autor www.hsu-hh.de Die Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU/ UniBw H) hat im Jahr 2018 einen Bachelor- und Master-Studiengang Bauingenieurwesen eingerichtet. Das Studienangebot richtet sich insbesondere an Personen, die eine Bauingenieurtätigkeit im Bereich der DB Netz AG, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, der Autobahn GmbH des Bundes, der Landesämter und -behörden oder der Bundeswehr anstreben. Für diese konsekutiven Studiengänge ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt die folgende Professur zu besetzen: Stiftungsprofessur W 3 Bahnanlagen (Kennziffer BIW - 0423) Die Stiftungsprofessur wird für sechs Jahre von der DB Netz AG über den Stifterverband gefördert. Nach Ende des Förderzeitraums wird die Professur an der HSU/ UniBw H verstetigt. Gesucht wird eine auf dem Gebiet der Planung, des Entwurfs und des Baus von Bahnanlagen wissenschaftlich hervorragend ausgewiesene Persönlichkeit (m/ w/ d), die den Studierenden in der Lehre die Grundlagen und weiterführende Kenntnisse des Schienenverkehrswegebaus sowie des Bahnbetriebs vermittelt. Sie soll mehrjährige Erfahrungen, z. B. nachgewiesen durch herausragende Projekte oder wissenschaftliche Publikationen in anerkannten Fachzeitschriften, auf mindestens zwei der folgenden Gebiete aufweisen: l Entwurf und Bau von Anlagen des Schienenverkehrs, l Fahrzeug-Schiene-Interaktion, l Modellbildung und Simulation im Bahnbereich. Die Bereitschaft zum Aufbau eines eigenen Forschungsschwerpunktes sowie zur Mitgestaltung gemeinsamer Forschung in der Fächergruppe Bauingenieurwesen und in der Universität wird vorausgesetzt. Neben einer hervorragenden Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit, nachgewiesen durch eine in der Regel mindestens sehr gute Promotion im Bauingenieurwesen oder einem vergleichbaren Fachgebiet sowie darauffolgende wissenschaftliche Publikationen in anerkannten Fachzeitschriften, wird auf die didaktische Eignung der Bewerberinnen bzw. Bewerber besonderer Wert gelegt. Bereitschaft zur Lehre in deutscher und englischer Sprache wird vorausgesetzt. In der Lehre vermittelt die Stelleninhaberin bzw. der Stelleninhaber (m/ w/ d) den Studierenden des Bachelor- und Master-Studienganges Bauingenieurwesen unter anderem die Grundlagen und weiterführende Themen des Schienenverkehrswegebaus sowie des Bahnbetriebes. Darüber hinaus beteiligt sich die Professur an der Vermittlung allgemeiner ingenieurwissenschaftlicher Studienkompetenzen. Erwartet wird darüber hinaus der Nachweis einer ausgeprägten Gender-, Gleichstellungs- und Diversitykompetenz. Die strategische und inhaltliche Weiterentwicklung der HSU/ UniBw H zur Steigerung der (inter-) nationalen Sichtbarkeit und Vernetzung, der Wettbewerbsfähigkeit in der Drittmittelakquise, in öffentlichen Förderprogrammen und Exzellenzinitiativen sowie in der Nachwuchsgewinnung ist mitzugestalten. Es wird zudem erwartet, dass Verbindungen zu Forschungspartnern in der Metropolregion Hamburg aufgebaut werden. Dafür wird eine gut vernetzte Persönlichkeit mit ausgeprägter Führungs- und Teamfähigkeit gesucht. Die Fakultät für Maschinenbau und Bauingenieurwesen bietet eine hervorragende Ausstattung und Infrastruktur, ein hohes Maß an kollegialer Kooperationsbereitschaft und die Möglichkeit zur Mitgestaltung von zukünftigen Strukturen sowie ihrer Ausrichtung und Weiterentwicklung in Forschung und innovativer Lehre. Die HSU/ UniBw H wurde gegründet, um für Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter (m/ w/ d) sowie Offizierinnen und Offiziere (m/ w/ d) ein wissenschaftliches Studium mit Bachelor- und Masterabschlüssen anzubieten, das mit verkürzten Regelstudienzeiten nach dem Trimestersystem durchgeführt und durch interdisziplinäre Studienanteile (ISA) ergänzt wird. Die HSU/ UniBw H steht auch zivilen Studierenden offen. Es wird erwartet, dass die Stelleninhaberin bzw. der Stelleninhaber (m/ w/ d) die Studierenden auf berufliche Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der Bundeswehr, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern, vorbereitet und darüber hinaus Aufgaben auf dem Gebiet der Weiterbildung sowie Lehrangebote im Bereich ISA und im Rahmen von englischsprachigen Studiengängen übernimmt. Die Einstellungsvoraussetzungen und die dienstrechtliche Stellung von Professorinnen und Professoren richten sich nach dem Bundesbeamtengesetz. In das Beamtenverhältnis kann berufen werden, wer am Tag der Ernennung das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Dienstposten steht Personen jeglichen Geschlechtes gleichermaßen offen. Die Universität strebt eine Erhöhung des Anteils von Professorinnen an und begrüßt deshalb ausdrücklich die Bewerbung von Frauen. Sie werden bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, bevorzugt berücksichtigt. Die Bewerbung behinderter Menschen ist ausdrücklich erwünscht. Schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Der Bewerbung sind die fünf wichtigsten Publikationen, eine Darstellung der Lehrerfahrungen und ein Konzept zur Ausgestaltung zukünftiger Forschung beizufügen. Hierbei sind etwaige Anknüpfungspunkte zu bestehenden Forschungslinien der Professuren im Studiengang Bauingenieurwesen darzustellen. Ihre Bewerbung richten Sie bitte ausschließlich in elektronischer Form unter Angabe der Kennziffer bis zum 08.10.2023 an: personalabteilung@hsu-hh.de POLITIK Öffentlicher Personenverkehr Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 16 wechsels an den Haltestellen kurzzeitig getrennt werden, um sich dann an geeigneter Stelle wieder zu vereinen. Da die Fahrzeuge für einen flexiblen Einsatz technisch gleichwertig ausgestattet sind, können derartige Manöver flexibel nach Bedarf von der Leitstelle aus koordiniert werden. Das grundlegende Prinzip der intelligenten Betriebskonzepte wird in Bild 2 dargestellt. Sicherheit in fahrerlosen Fahrzeugen Ein weiteres Ziel der bedarfsgesteuerten Einsatzplanung ist die Steigerung von Komfort und Sicherheit. Mit einer genauen Planung kann auf Stehplätze in den Fahrzeugen verzichtet werden. Für den Nutzer ergibt sich eine Steigerung des Komforts. Gleichzeitig erhöht sich die Sicherheit im Fahrzeug, da sitzende Fahrgäste kritische Fahrmanöver (z. B. Gefahrenbremsungen bei plötzlich auftretenden Hindernissen) sicherer bewältigen können. Eine Einflussnahme der Fahrgäste auf den Fahrtverlauf könnte durch eine Service-Kaskade wie folgt ermöglicht werden: 1. Kundenservice 2. Disposition 3. Notfall Mit der Ruftaste für den Kundenservice ist eine Beratung der Fahrgäste zu Rückfragen über den Fahrtverlauf möglich. Durch einen Dispositionsruf innen und außen könnte insbesondere auf mobilitätseingeschränkte Fahrgäste eingegangen werden. So kann die Leitstelle beispielsweise die Abfahrt des Fahrzeuges so lange verzögern, bis sich der Rollstuhlfahrer nach dem Zustieg im Fahrzeug gesichert hat. Darüber hinaus sollten die Fahrgäste die Möglichkeit zur Auslösung eines Nothalts (im Sinne einer sicheren Bremsung an einer geeigneten Stelle) erhalten. Bei Betätigung schaltet sich die Leitstelle zur Klärung der Situation ein und kann weitere Schritte (ggf. Alarmierung von Rettungsdiensten oder Abbruch bei Missbrauch) vornehmen. Fahrschein der Zukunft Für das Ticketing in fahrerlosen Personentransportsystemen werden Selbstbedienungsterminals realisiert, bei denen sich der Fahrgast das Ticket selbst kaufen kann. Neben bargeldlosen Bezahlmethoden werden digitale Tickets zukunftsbestimmend sein. Lediglich die Umsetzung von Zugangskontrollen ist aktuell noch unklar. Zusammenfassung und Ausblick Die Vorteile der Strategie sind: •• Beitrag zur Mobilitätswende •• Anbindung des ländlichen Raums •• Lösung des Fahrermangels in Aussicht •• Optimierung des Fahrzeugeinsatzes und Steigerung der Energieeffizienz durch intelligente Steuerungskonzepte, Reduzierung von Leerfahrten •• Platoonbildung zur Abdeckung von Spitzenlasten •• Fahrzeugeinsatz unabhängig von Arbeitszeitgesetz •• Steigerung von Komfort und Sicherheit Die Nachteile und offenen Fragen dazu: •• Betreuungsschlüssel in der technischen Aufsicht noch unklar •• optimale Gefäßgröße muss ermittelt werden •• automatisierter Einsatz nur auf festgelegten Korridoren; tatsächlich fahrerloser Betrieb noch nicht konkret absehbar •• Mobilfunkabdeckung im ländlichen Raum noch nicht flächendeckend •• Abrechnung/ Ticketing •• Sicherheit/ Wohlbefinden im fahrerlosen Betrieb unklar Abschließend bleibt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der skizzierten künftigen Betriebskonzepte intelligenter Personentransportsysteme. Es bleibt abzuwarten, ob mit Einführung der automatisierten Fahrfunktionen im ÖPV tatsächlich eine Steigerung der Attraktivität derart realisiert werden kann, dass eine signifikante Steigerung der Nutzer erfolgt. Hinsichtlich der Betriebskosten automatisierter Personentransportsysteme besteht weiterer Forschungsbedarf, inwiefern sich Mehrkosten durch die innovative Technik niederschlagen und sich Personalkosten tatsächlich einsparen lassen. ■ Der Autor verfolgt diese Thematik im Rahmen eines Promotionsverfahrens an der Professur für Verkehrsbetriebslehre und Logistik der Verkehrswissenschaftlichen Fakultät „Friedrich List“ der TU Dresden. LITERATUR [1] BMDV (2022): BMDV Herausforderungen der Zukunft. https: / / bmdv. bund.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ G/ ressortforschungsrahmen-herausforderungen-zukunft.html (abgerufen: 19.02.2023). [2] Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (infas); Deutsches Zentrum für Raum- und Luftfahrt (DLR); IVT Research GmbH, und infas 360 GmbH (2018): Mobilität in Deutschland 2017, www.mobilitaet-in-deutschland.de/ publikationen2017.html (abgerufen: 28.03.2023). [3] Gipp, C.; Brenck, A.; Schiffhorst, G. (2020): Zukunftsfähige öffentliche Mobilität außerhalb von Ballungsräumen. Berlin, München: IGES Institut GmbH im Auftrag des ADAC e.V. https: / / assets.adac.de/ image/ upload/ v1581494746/ ADAC-eV/ KOR/ Text/ PDF/ zukunftsfaehige-oeffentliche-mobilitaet-ausserhalb-von-ballungsraeumen_ ADAC_Studie_kkr955.pdf (abgerufen: 01.03.2023). [4] Roth, M. (2023): MANs Fahrplan zu einem autonomen Stadtbus. s. Vortrag beim 7. VDV Zukunftskongress Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr, Berlin, 28.03.2023. [5] O. V. Straßenverkehrsgesetz (StVG). www.gesetze-im-internet.de/ stvg/ (abgerufen: 27.11.2022). [6] SAE International (2021): SAE J3016. https: / / my.sae.org/ library/ (abgerufen: 27.11.2022). [7] Leonetti, E. (2023): Aktivitäten des VDV und Next Steps für die Branche. Vortrag beim 7. VDV Zukunftskongress Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr, Berlin, 28.03.2023. Tim Alscher Projektleiter für automatisiertes Fahren, IAV GmbH, Chemnitz tim.alscher@iav.de