Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2023-0052
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2023
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Expressgutversand im Schienenpersonenfernverkehr
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Marcel Weber
Bernhard Rüger
Helmut Lemmerer
Aktuell werden in der EU keine Kurier-Express-Paket-Dienstleistungen (KEP-Dienstleistung) im Schienenpersonenfernverkehr angeboten. In Notfällen muss auf Einzelfahrten-Botendienste zurückgegriffen werden, die einen Mehrverkehr mit entsprechender Umweltbelastung induzieren. Hinzu kommt, dass die erforderliche Infrastruktur in Bahnhöfen und in den Zügen nicht vorhanden ist. Damit ein künftig umsetzbares und effizientes System konzipiert werden kann, wurden im Rahmen des Forschungsprojektes CargoPV+ alle Anforderungen aus Sicht der Privatkund/-innen unter den Einsatz von wissenschaftlich anerkannten Methoden empirisch evaluiert.
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Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 38 LOGISTIK KEP-Dienstleistung Expressgutversand im Schienenpersonenfernverkehr Systemanforderungen für multimodale Güterströme aus-Sicht der Privatkund/ -innen Expressgutversand, Schienenpersonenfernverkehr, ÖPNV, Bahnhofinfrastruktur, Systemanforderung Aktuell werden in der EU keine Kurier-Express-Paket-Dienstleistungen (KEP-Dienstleistung) im Schienenpersonenfernverkehr angeboten. In Notfällen muss auf Einzelfahrten-Botendienste zurückgegriffen werden, die einen Mehrverkehr mit entsprechender Umweltbelastung induzieren. Hinzu kommt, dass die erforderliche Infrastruktur in Bahnhöfen und in den Zügen nicht vorhanden ist. Damit ein künftig umsetzbares und effizientes System konzipiert werden kann, wurden im Rahmen des Forschungsprojektes CargoPV+ alle Anforderungen aus Sicht der Privatkund/ -innen unter den Einsatz von wissenschaftlich anerkannten Methoden empirisch evaluiert. Marcel Weber, Bernhard Rüger, Helmut Lemmerer V oruntersuchungen im 2016 in Österreich durchgeführten Sondierungsprojekt CargoPV (Kleinguttransport im Personenverkehr) verdeutlichen eine große Nachfrage nach einem Expressversand über größere Entfernungen im Rahmen von Same-Day- Delivery - auch zu Tagesrandzeiten und an Wochenenden. Diese teilen sich in etwa zur Hälfte in Business-to-Business- (z. B. dringender Versand von Ersatzteilen, Proben, Vertragsdokumente) und Consumer-to- Consumer-Transporte (z. B. vergessene Ausweisdokumente oder Medikamente) auf. Eine neue Erfindung ist der Expressgutversand im Schienenpersonenfernverkehr allerdings nicht. Bis ungefähr zur Jahrtausendwende gab es sogenannte Bahn-Express-Kurier-Services. In Österreich sowie in weiten Teilen Europas gibt es bis heute ein dichtes Netz öffentlichen Schienenpersonenverkehrs. Insbesondere das System Bahn bietet einen regelmäßigen Verkehr sowie hohe Geschwindigkeiten über längere Distanzen, welches synergetisch für den Transport (zeitsensibler) Sendungen genutzt werden könnte. Durch aus heutiger Sicht falsche Grundsatzentscheidungen bei vielen europäischen Bahnunternehmen wurden vorhandene erforderliche Infrastrukturen in Bahnhöfen und Zügen rückgebaut bzw. bei Neubauten nicht mehr berücksichtigt und somit solche Services eingestellt. Es fehlen z. B. in nahezu allen modernen Personenzügen verschließbare Bereiche für einen gesicherten Kleinguttransport. Das Nachfolgeprojekt CargoPV+ zielt darauf ab, am Beispiel des ÖBB-Railjet-Netzes in Österreich ein Gesamtsystem zu konzipieren, welches den Versand von Expressgütern in Personenzügen ermöglicht. Wesentliche Herausforderung dabei ist die nachträgliche Implementierung von Transflächen/ Lagerflächen im Zug, die einen gesicherten und zuverlässigen Transport ermöglichen, ohne den Bahnbetrieb nachteilig zu beeinflussen, etwa durch lange Be- und Entladezeiten. Da diese Art von Service ohnehin vorhandene Verkehre nutzt, kommt es zu keinen zusätzlichen Umweltbelastungen, und er kann zudem noch ohne Einschränkungen der Verfügbarkeit und Bereitschaft angeboten werden. Das System kann allerdings in solch einer Skizzierung nur dann effizient funktionieren, wenn es in ausreichendem Maße nachgefragt wird. Demnach ist es ubiquitär, dass alle Anforderungen sowie Bedürfnisse der Privatkund/ innen an das System sowie für einen effizienten Betrieb gekannt und dadurch bereits in der Entwicklungsphase Hemmnisse oder Bedenken an das System auf ein Minimum reduziert werden. CargoPV-System als sozial- und umweltpolitischer Zielbeitrag Das CargoPV-System würde nicht nur einen wirtschaftlich interessanten Marktmechanismus mit sich bringen, sondern hat auch erhebliche Vorteile hinsichtlich der Gesellschafts- und Umweltziele sowie weiterer Forschungstätigkeiten. Da das Cargo-PV- System nicht nur einen Expressgutversand von Bahnhof zu Bahnhof vorsieht, sondern auch einen Tür-zu-Tür-Service berücksichtigt, werden vor allem durch Fahrradkurierdienste die Vor- und Nachläufe nachhaltig gestärkt (Bild 1). Fahrradkurierdienste haben zudem den Vorteil, dass diese bei besonders dringenden Sendungen, welche einen höheren logistischen Aufwand beanspruchen, im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr viel flexibler sind und niederschwellig zur Verfügung stehen. Dadurch wird kein zusätzlicher Energiebedarf benötigt, zusätzlicher Schadstoffausstoß wird minimiert bis vermieden, wodurch die Nachhaltigkeitsziele „Reduzierung von Emissionen und Immissionen“ sowie „Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs“ der Agenda 2030 erreicht werden. Zusätzlich wird durch die Mitwirkung von swissconnect im Projekt CargoPV, die bereits ein vergleichbares System in der Schweiz betreiben, spezielles Knowhow transferiert, welches den Aufbau und die Forcierung weiterführender internationaler Kooperationen und dadurch ein Internationales Marktmodell stärkt. Evaluierungsdesign für ein fiktives Fallszenario Für das Erreichen des Projektzieles, ist ein wesentlicher Bestandteil die empirische Datenerhebung. Im Projekt CargoPV+ wurde der Rahmen auf eine deskriptive Analyse begrenzt, welche die Häufigkeiten, die An- Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 39 KEP-Dienstleistung LOGISTIK teile, die Durchschnittswerte und sonstige Merkmale der Verteilung sozialer Aktivitäten, Erfahrungen sowie Interaktionen der Privatkund/ -innen erforscht. Damit eine vergleichende Analyse möglich ist, wurden die Erhebungsparameter durch Variablen konkretisiert, welche analog in die Befragung umgesetzt worden sind. Die Befragungen wurden sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache durchgeführt. Dabei sollte die englischsprachige Version aufgrund der in allen Lebensbereichen stattfindenden Globalisierung möglichst eine Teilnahmechance von Personen, welche das Gesamtsystem potentiell nutzen sollen, sicherstellen und die Stichprobenanalyse qualitativ erhöhen. Die Befragung wurde online in schriftlicher Form durchgeführt und umfasste 17 Fragen, bei denen innerhalb der Fragenarchitektur keine Verzweigungen und Filterbedingungen berücksichtigt wurden und sich die Fragenarchitektur somit auch im Laufe der Umfrageteilnahme nicht dynamisch verändert hat. Hierbei wurden vier wesentliche Themenblöcke berücksichtigt: •• Fragen zum Same-Day-Delivery-Versand und/ oder -Empfang •• Fragen zum IT-System und zu Schnittstellen •• Fragen zur Person •• Sonstige Anmerkungen zum Projekt oder zur Befragung Für eine Gewährleistung einer statistischen Analyse wurden zwölf der 17 Fragen in geschlossener Form konzipiert. Die restlichen aufgestellten Fragen wurden, zusätzlich zu den geschlossenen Fragestellungen, mit der Möglichkeit einer offenen Beantwortung versehen. Von den zwölf geschlossenen Fragen fanden fünf Fragen in der Form einer Einfachantwort und sechs Fragen in Form einer Mehrfachantwort Anwendung (Bild 2). Die Befragungen wurden im Zeitraum vom 10. Juni 2022 bis einschließlich 10. August 2022 zum einen im Schienenpersonenfernverkehr (Railjet- Netz) der ÖBB und zum anderen am Wien Hauptbahnhof sowie Wien Westbahnhof durchgeführt. Die folgenden Erkenntnisse aus der quantitativen Evaluierung sollen eine differenzierte Aussage zur Einschätzung des Versandverhaltens, des Versandbedarfs, der Versanderfahrung sowie der Versandzufriedenheit an insgesamt 1.060 teilgenommenen Privatkund/ -innen. Genereller Bedarf an Express- Sendungen im Bereich von handlichen Gütern Wie sich durch die Befragung ableiten lässt, hat ein Großteil der befragten Personen einen hohen möglichen Bedarf Dokumente (wie Pässe, Urkunden, Zeugnisse, Verträge, Kreditkarten etc.) zu senden oder zu empfangen (49 %, Mehrfachantworten). Hier zeichnet sich vor allem ein Bedarf bei Frauen (55 %, Mehrfachantwort, Kontingenzanalyse) gegenüber den Männern (43 %, Mehrfachantwort, Kontingenzanalyse) ab. Einen mittleren möglichen Bedarf an Express-Sendungen sehen die befragten Personen eher bei Paketen mit einem Gewicht bis 2 kg (29 %, Mehrfachantworten), Sport- und Freizeitausrüstungen (wie Ski, Wanderschuhe, Tennisschläger etc.), elektronische oder mechanische Ersatzteile (23 %, Mehrfachantworten), Briefe (22 %, Mehrfachantworten), Medikamente wie Tabletten oder Insulin (22 %, Mehrfachantworten), aber auch Pakete mit einem Gewicht bis 5 kg (21 %, Mehrfachantworten). Bei der Geschlechtsverteilung zeigt sich auch hier ein größerer Bedarf beim weiblichen Geschlecht (Bild 3). Die Männer hingegen gaben mit großer Mehrheit an, generell keinen Bedarf an Express-Sendungen zu haben (51 %, Mehrfachantwort, Kontingenzanalyse). Durchschnittlicher Jahresbedarf liegt bei bis zu drei Express- Sendungen Ein großer Teil der befragten Personen gab an, einen Express-Versand-Bedarf von einer bis drei Sendungen pro Jahr zu haben - wohingegen ein kontinuierlich wöchentlicher Express-Versand eher weniger bis gar nicht genutzt werden würde. Dabei haben vor allem die Männer einen erhöhten Bedarf an jährlichen Express-Sendungen (62 %, Einfachantwort, Kontingenzanalyse), während Frauen eher einen geringen Bedarf zeigen (35 %, Einfachantwort, Kontingenzanalyse). Im Rahmen einer Kontingenztabelle wurden in einer zweidimensionalen Gegenüberstellung die absoluten Häufigkeiten der Merkmale aus den Fragen nach dem gene- Bild 1: Multimodaler Güterstrom des CargoPV-Systems Alle Abbildungen: Autoren Organisatorisch Bild 2: Übersicht der Erhebungsparameter Bild 3: Alters- und Geschlechtsverteilung Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 40 LOGISTIK KEP-Dienstleistung rellen Bedarf sowie dem durchschnittlichen Jahresbedarf deskriptiv analysiert. Die Erhebungen zeigen, dass im Durchschnitt ein jährlicher Bedarf für den Expressversand von Kleingütern aus dem Bereich Dokumente, Sport- und Freizeitausrüstungen, Medikamente, Ersatzteile sowie Pakete besteht. Wenige Erfahrungen mit Express- Sendungen Da das Projekt vielmehr einen Same-Day- Delivery-Gedanken verfolgt, war es von Interesse, die Erfahrungen mit anderen KEP- Dienstleistungsunternehmen in Erfahrung zu bringen. Hieraus sollten für eine Systemimplementierung Verbesserungspotentiale abgeleitet werden. Allerdings dominieren unter den befragten Personen drei wesentliche Punkte: Zum einen sind die bestehenden Zustellzeiten der KEP-Dienstleistenden Unternehmen vollkommen ausreichend (35 %, Mehrfachantworten), wobei die Gebühren für eine Express-Dienstleistung derzeit dem potentiellen Nutzer/ -innenkreis zu hoch sind (27 %, Mehrfachantworten) und zum anderen wurden aufgrund dessen bisher keine Express-Sendungen in Anspruch genommen (16 %, Mehrfachantworten). Im Sinne einer Systemimplementierung sind vor allem die eben genannten Punkte von wesentlicher Bedeutung. Dabei ist festzuhalten, dass hierbei der Geschlechterunterschied nicht wesentlich ist. Die Frauen (40 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse) sowie die Männer (60 %, Mehrfachantworten) sind mit den derzeitigen Zustellangeboten zufrieden, wobei die Frauen (45 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse) gegenüber den Männern (51 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse) bisher solch einen Service nicht in Anspruch genommen haben. Lösungsvorschläge für eine Implementierung am Markt orientieren sich am Preis Aus einer freien Antwortmöglichkeit geht hervor, dass der relativ hohe Preis einer Express-Sendung unter den befragten Personen eher gegen eine Nutzung des angedachten Systems spricht. Demnach besteht keine Bereitschaft, einen gesonderten höheren Betrag für einen Express-Versand auszugeben. Hier wurde vor allem auf das Modell von Amazon Prime verwiesen. Außerdem wünschen sich die potentielle Kund/ -innen für die Gebühr mehr Präferenzen, wie eine zugesicherte pünktliche Lieferung oder eine Lieferung zu einer Wunschzeit. Denn vor allem die Versandund/ oder Zustellzeit wurde als kritisch betrachtet. Abhilfe könnte hierbei eine Sendungsverfolgung darstellen, wie bei den meisten KEP-Dienstleistenden bereits schon existieren. In ländlichen Strukturen (oder in abgelegenen Wohnorten) ist zwar eine Express-Sendung möglich, aber Bedenken gibt es hinsichtlich der Kombination des Schienenpersonenfernverkehr sowie den Fahrradkurierdiensten - was dann eher gegen einen solchen Service sprechen würde. Als möglicher Lösungsvorschlag wurden Paket-Boxen (24h-Zugang) genannt, welche nicht nur an Bahnhöfen vorzufinden sein sollten ( je nach Gemeinde mit einem eher zentralen Standort). Bei Systemnutzung: Zustellung noch am selben Tag Zusätzlich zum Versandverhalten sowie aus den Lösungsvorschlägen für eine Zustellung von Express-Sendungen war es von Interesse zu eruieren, welchen Zustellbedarf die befragten Personen an diesem Service haben. Ziel dieser Frage war es deskriptiv zu eruieren, welcher Zustellbedarf von Express-Sendungen für eine Nutzung des Systemgedankens gewünscht und grundsätzlich auch akzeptiert wird. Demnach kann festgehalten werden, dass unter allen befragten Personen vor allem eine Abholung/ Zustellung am selben Tag ausschlaggebend wäre, um einen Express-Versand in Anspruch zu nehmen (41 %, Mehrfachantwort). Wobei eine zuverlässige Zustellung zu einem Wunschtermin für die Privatkund/ -innen unerlässlich ist (34 %, Mehrfachantwort). Kumulativ dominierend zeigt sich vor allem auch eine Zustellung am Wochenende inklusive der Feiertage. Das liegt vor allem daran, dass die befragten Personen an den Wochentagen nur bedingt zu Hause anzutreffen sind. Das spiegelt sich auch im Kontingenz-Vergleich mit der Altersstruktur wider, wo die Antworten vor allem von jenen Personen getätigt worden sind, welche sich in einem erwerbsfähigen Alter befinden. Dabei zeigt sich leicht dominierend, dass Männer (57 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse) eine Internationale Zustellung in Anspruch nehmen würden. Paketboxen dominieren beim Auf- und Abgabebedarf von Express-Sendungen Unter den befragten Personen besteht ein grundsätzliches Bedürfnis, die Güter ohne Zeiteinschränkungen und im Rahmen der Tagesabläufe eher flexibel aufbzw. abzugeben. Kumulativ betrachtet lässt sich schlussfolgern, dass die Privatkund/ -innen die Güter eher personell (also durch mitarbeitende Personen in Geschäften) als maschinell (durch automatisierte Paketboxen, welche nicht personell besetzt sind) aufbzw. abgeben möchten (34 %, Mehrfachantworten). Allein bei einem 24h-Angebot geht die Tendenz in die Richtung automatisierter Paketboxen (57 %, Mehrfachantworten), was unter Berücksichtigung der Befragung damit zu begründen wäre, dass zum einen vermehrt erwerbsfähige Personen und zum anderen Personen aus eher ländlich peripheren Wohnstrukturen, die auf unterschiedlichen Distanzen zwischen Wohn- und Arbeitsort pendeln, an der Befragung teilgenommen haben. Die Kostenvorstellungen von Express- Versand liegen bei unter 10 EUR. Wie festgestellt werden kann, liegt die Zahlungsbereitschaft unter den befragten Personen generell bei bis zu 10 EUR, wobei ein geringer Teil der befragten Personen noch eine Zahlungsbereitschaft bis 20 EUR zeigt. Demnach ist eine Nutzungstendenz zu erkennen, die sich bei Express-Sendungen auf kleine und handliche Gütern konzentriert, was zudem auch weniger mit hohen mone- Bild 4: Zahlungsbereitschaft für einen Express-Versand (N = 1039) Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 41 KEP-Dienstleistung LOGISTIK tären Mitteln belastet werden würde. Je größer und schwerer eine Sendung ist, umso eher würden die befragten Personen auf eine Express-Sendung aufgrund der Preispolitik verzichten (Bild 4). Online-Zahlungsmethoden gewinnen an Bedeutung beim Bezahlen von Express-Sendungen Ein entscheidender Faktor für die Systemimplementierung stellt auch der Bezahlvorgang dar, woran sich das Angebot orientieren sollte und aus dem sich auch der Entwicklungs- und Wartungsaufwand im Rahmen der Wirtschaftlichkeit ableitet. Hierbei ist unter den befragten Personen eine Tendenz zu erkennen, die eher in die Richtung einer Online-Zahlungsmöglichkeit geht - und zwar direkt nach der Bestellung dieser Dienstleistung. Hierfür wurden vor allem die derzeit gängigsten Online-Zahlmöglichkeiten wie Google Pay, Apple Pay, Amazon Payments (40 %, Mehrfachantwort) oder die Eingabe von Kreditkartendaten (60 %, Mehrfachantwort) angegeben. Aber auch PayPal ist unter Privatkund/ -innen eine nach wie vor beliebte und gewünschte Zahlungsmöglichkeit (48 %, Mehrfachantworten). Was gar nicht gewünscht wird, ist die Zahlungsmöglichkeit per Nachnahme (7 %, Mehrfachantworten) sowie per Lastschrift (18 %, Mehrfachantworten). Frauen zeigen bei der Online-Zahlungsmöglichkeit eine eher geringere Bereitschaft (40 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse), wohingegen Männer eine Online-Zahlungsmöglichkeit öfter in Anspruch nehmen würden (60 %, Mehrfachantworten, Kontingenzanalyse). Dominierender Wunsch einer Online-Beauftragung von Express- Sendungen Ergänzend zum gewünschten Bezahlvorgang, wurde im Rahmen der empirischen Untersuchung eruiert, in welchem Format die Beauftragung der Express-Sendung gewünscht wird. Im Ergebnis zeigt sich zum zuvor beschriebenen Kapitel eine Parallelität. Demnach wird nicht nur eine Online- Zahlungsmöglichkeit gewünscht, sondern auch die Abwicklung auf digitalem Wege. Hierfür wird gewünscht, über eine Webseite die Dienstleistung zu buchen (78 %, Mehrfachantworten). Idealerweise wird das Angebot durch eine Smartphone-Applikation unterstützt (66 %, Mehrfachantworten). Wenig Aufmerksamkeit erlangt dabei eine Jour-Fixe-Regelung, was damit begründet werden kann, dass Privatkund/ -innen eher unregelmäßig und spontan Güter als Express-Sendung versenden und daher keinen kontinuierlich geregelten Ablauf benötigen (3 %, Mehrfachantworten). Evaluierungsergebnisse als wesentliche Grundlage einer wirtschaftlichen Systemimplementierung Im Projektverlauf hat sich gezeigt, dass ein Großteil der befragten Privatkund/ -innen sich grundsätzlich die Nutzung eines Expressgutversandes durch den Schienenpersonenfernverkehr vorstellen kann. Diese Nutzung würde zwar Kleingüter wie Dokumente oder Pakete bis 5 kg (siehe vorheriges Kapitel zum generellen Bedarf ) enthalten. Allerdings ist die bestehende Preispolitik bei KEP-Dienstleistenden eher ein Hindernis für häufigere Nutzung, ebenso infrastrukturelle Ausrichtung sowie deren Rahmenbedingungen. Hier wäre ein wirtschaftlicher Betrieb demnach nur dann möglich, wenn es gelingt, dauerhaft Kund/ -innen an den Service zu binden. Diese Möglichkeit besteht vor allem bei Geschäftskund/ -innen, die einen regelmäßigeren Austausch von Kleingütern national und international durchführen. Dass das mit Geschäftskund/ -innen möglich ist, zeigt das Best-Practice-Beispiel aus der Schweiz. Auf der anderen Seite wäre es zu diskutieren, ob aus sozial- und umweltpolitischen Gründen hier nicht ein politischer Einfluss als sinnvoll erscheint - etwa durch Subventionierung. Gute Beispiele gibt es durch das Klimaticket in Österreich oder das Deutschlandticket für den Personenverkehr. Es ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Bericht nur den Privatkund/ -innensektor berücksichtigt. Parallel dazu gab es auch eine empirische Evaluierung des Geschäftskund/ -innensektors, die aufgrund der Menge an Informationen hier nicht näher betrachtet wurde. Dennoch lässt sich festhalten, dass die Erkenntnisse daraus die hier aufgestellte Vermutung bestätigen. ■ HINTERGRUND Zu diesem Projekt Im Rahmen der Forschungstätigkeiten tragen folgende Institutionen maßgeblich an den Planungen und Durchführungen der empirischen Datenerhebung bei: •• netwiss OG •• Technische Universität Wien, Institut für Verkehrswissenschaften, Forschungsbereich spurgebundener Verkehrssysteme und Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik •• ÖBB-Personenverkehr AG •• N+P Experience Design GmbH •• swissconnect ag •• VELOBLITZ - Fuhrwerk Logistik GmbH Das Forschungsprojekt wird durch eine Förderung im Förderprogramm „Mobilität der Zukunft“ vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) sowie der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) durchgeführt. Bernhard Rüger, Dipl.-Ing., Dr. techn. Universitätsassistent, Institut für Verkehrswissenschaften Forschungsbereich spurgebundene Verkehrssysteme, Technische Universität Wien bernhard.rueger@ tuwien.ac.at Helmut Lemmerer, Dipl.-Ing. Senior Scientist, Institut für Verkehrswissenschaften Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik, helmut.lemmerer@tuwien.ac.at Marcel Weber, Dipl.-Ing., B.Sc. Projektassistent, Institut für Verkehrswissenschaften Forschungsbereich spurgebundene Verkehrssysteme, Technische Universität Wien marcel.weber@tuwien.ac.at Call for Papers 2023 Themen und Termine auf: www.internationales-verkehrswesen.de Ihre neuen Ergebnisse aus Forschung, Wissenschaft und Praxis in
