eJournals Internationales Verkehrswesen 75/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2023-0061
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ÖPNV-Offensive in Freyung-Grafenau (Bayrischer Wald)

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Robert Werner
Stephanie Lelanz
Das ÖPNV-Modellprojekt Digitale Mobilitätsinnovationen in Freyung-Grafenau (DiMoFRG) konzentriert sich auf die Einführung neuer (digitaler) Services zur ganzheitlichen Verbesserung des ÖPNV im Kreisgebiet. Zur Sicherstellung eines bürgernahen Umsetzungsansatzes wurde zu Beginn des Projekts eine umfassende Querschnittsbefragung der Bürgerinnen und Bürger zum Verkehrsverhalten und zur Zufriedenheit mit dem ÖPNV im Landkreis durchgeführt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen des Projekts DiMoFRG und beinhaltet eine kurze deskriptive Beschreibung der Befragungsergebnisse.
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Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 66 MOBILITÄT Wissenschaft ÖPNV-Offensive in Freyung-Grafenau (Bayerischer Wald) Wissenschaftliche Befragung zur Unterstützung der-praktischen Umsetzung des ÖPNV-Modellprojekts DiMoFRG Quantitative Erhebung, Bürgerbefragung, ÖPNV-Modellprojekt DiMoFRG, ländlicher Raum Das ÖPNV-Modellprojekt Digitale Mobilitätsinnovationen in Freyung-Grafenau (DiMoFRG) konzentriert sich auf die Einführung neuer (digitaler) Services zur ganzheitlichen Verbesserung des ÖPNV im Kreisgebiet. Zur Sicherstellung eines bürgernahen Umsetzungsansatzes wurde zu Beginn des Projekts eine umfassende Querschnittsbefragung der Bürgerinnen und Bürger zum Verkehrsverhalten und zur Zufriedenheit mit dem ÖPNV im Landkreis durchgeführt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen des Projekts DiMoFRG und beinhaltet eine kurze deskriptive Beschreibung der Befragungsergebnisse. Robert Werner, Stephanie Lelanz D as Modellprojekt DiMoFRG steht für digitale Mobilitätsinnovationen in Freyung-Grafenau und plant ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV im Landkreis. Freyung-Grafenau steht vor immensen Herausforderungen, in der stark ländlich geprägten Region einen wirtschaftlich sinnhaften ÖPNV anzubieten und die Grundversorgung der ansässigen Bevölkerung sicherzustellen. Mit einer großangelegten Mobilitätsoffensive wird über verschiedene Teilbausteine, wie Fahrradmitnahmemöglichkeiten, die Neueinrichtung zweier touristischer Igelbuslinien sowie die Taktverdichtung und -ausweitung einer zentralen Hauptlinie, der ÖPNV für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht. Herz dieser Offensive ist jedoch die angedachte Mobilitätsgarantie, die eine stündliche Bedienung mit dem ÖPNV durch die Integration von On-Demand-Diensten ermöglicht. Digitalisierungsprozesse sollen die genannten Maßnahmen flankieren und auf ein zeitgemäßes Serviceniveau heben. Dabei gehören kontaktloses Ticketing, eine Online-Buchungsplattform für Rufbusse und On-Demand-Dienste, eine Mobilitäts-App sowie Echtzeitauskünfte zum Maßnahmenbündel in diesem Bereich. Abgerundet wird das ÖPNV-Modellprojekt von einer hochwertigen Marketingkampagne, einem agilen Qualitätsmanagement, einem Monitoringkonzept sowie Usability Tests und einer umfassenden Bürgerbefragung zum Verkehrsverhalten und zur ÖPNV-Zufriedenheit. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das ÖPNV-Modellprojekt die erhoffte Wirkung erzielt. Initiale Bürgerbefragung Die initiale Querschnittsbefragung fand von Anfang April bis Ende Juni 2022 statt und wurde hauptsächlich online durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage fließen unmittelbar in die praktische Umsetzung der geplanten ÖPNV-Verbesserungen ein. Die Gestaltung des Fragebogens und insbesondere die Auswahl der zu erhebenden Attribute erfolgten durch die die Professur für Kommunikationswirtschaft der TU Dresden in enger Abstimmung mit dem Landratsamt Freyung- Grafenau und den projektbeteiligten Verkehrsunternehmen. Beschreibung des Datensatzes Im Ergebnis erhielten wir bis zu 230 Datenpunkte pro Befragten. Die Antwortmöglichkeit „keine Angabe“ war stets möglich und das Auslassen einer Antwort war erlaubt. Von den ursprünglich 1.094 Rückläufern wurden nach der Bereinigung 855 Fragebögen bei der Auswertung berücksichtigt. Für die Analyse des Verkehrsverhaltens sind die Merkmale einer Person notwendige Voraussetzung. Neben Schlüsselindikatoren der ÖPNV- Qualität (Haltestellendichte, Erreichbarkeit, Reisezeit etc.) wurden standardmäßig soziodemografische Merkmale, wie Alter, Geschlecht, PKW-Verfügbarkeit, aktuelle Tätigkeit sowie Angaben zum Nutzerprofil (ÖPNV- Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 67 Wissenschaft MOBILITÄT Nutzungshäufigkeit, MIV-Nutzung, Fahrtzweck, genutztes Ticket etc.) erhoben. Die Probanden sollten verschiedene Aussagen auf einer fünfstufigen Skala bewerten. Bei vorformulierten Aussagen reichten die auswählbaren Merkmalsausprägungen von „Ich stimme gar nicht zu” bis „Ich stimme voll und ganz zu”. Bei Fragen bezüglich der Zufriedenheit einzelner Themen sollte zwischen „unzufrieden“, „eher zufrieden“, „teils teils“, „eher zufrieden“ und „zufrieden“ ausgewählt werden. Wurde nach der Wichtigkeit bestimmter Merkmale gefragt, reichte die Skala entsprechend von „unwichtig“ bis „sehr wichtig“. Erhoben wurden diese Likert-Items bezüglich •• Zufriedenheit und Wichtigkeit der ÖPNV-Erreichbarkeit dreizehn verschiedener Ziele, •• Wichtigkeit der Flexibilität, des Komforts, der Benzinpreise, der Parkplatzkosten und des Ticketpreises bei der Verkehrsmittelwahl, •• Fahrplanverständlichkeit und Fahrplanverfügbarkeit, •• Barrierefreiheit, •• Qualität der Rad- und Fußwege, •• ÖPNV-Angebotsumfang an verschiedenen Tageszeiten differenziert nach Wochenende und Woche sowie nach Ferien und Schulzeit, •• Informationsmöglichkeiten bezüglich Verbindungen und Ticketangebot, •• Pünktlichkeit von Bussen und Rufbussen und der •• Geeignetheit von Tickets. Die Frage nach der Verfügbarkeit motorisierter Verkehrsmittel wurde an den gesamten Haushalt gerichtet. Bei der Anzahl verfügbarer Kraftfahrzeuge in einem Haushalt wurde keine Unterscheidung in Unterkategorien wie z. B. privater PKW oder Firmenwagen gemacht und es sollten auch Motoräder und Roller genannt werden. Lediglich 3 % der Befragten verfügen nicht über mindestens ein motorisiertes Fahrzeug in ihrem Haushalt. Dies entspricht dem bundesweiten Durchschnitt im ländlichen Raum. [1] Im Gegensatz zu städtischen Regionen besitzen auf dem Land auch viele Haushalte mit sehr niedrigem ökonomischem Status einen PKW und nehmen die hohen Mobilitätskosten dafür zwangsweise in Kauf. Ergebnisse Es wurde abgefragt, zu welchem Fahrtzweck bestimmte Verkehrsmittel genutzt werden. Hierbei waren Mehrfachantworten zugelassen. In Bild 1 sind die relativen Anteile der angegebenen Verkehrsmittel zur Erreichung der Ziele über alle Befragten dargestellt. Das Verkehrsmittel „Auto“ dominiert insgesamt deutlich bei allen Fahrtzwecken. Insbesondere wenn „Auto als Mitfahrer“ mitberücksichtigt wird. Nur bei den Fahrtzwecken Freizeit/ Hobbys und Naherholung/ Ausflüge ist der MIV-Anteil deutlich geringer. Die Verschiebung findet hier zugunsten des Verkehrsmittels Fahrrad, Zug und zu Fuß statt. In der Befragung konnte festgestellt werden, dass sowohl die Zufriedenheit als auch die Wichtigkeit der Erreichbarkeit des Fahrtziels Schule/ Ausbildung über alle Befragten am stärksten ausgeprägt ist. Der Bus wurde auch dementsprechend bei dem Fahrtzweck Schule/ Ausbildung mit 23 % relativ häufig genannt. Die ÖPNV-Nutzung wird erheblich davon beeinflusst, welchen Anteil bestimmte Personengruppen wie Schüler, Studierende, Erwerbstätige oder Rentner an der Bevölkerung ausmachen und welche Verkehrsmittelwahl diese Gruppen typischerweise treffen [2]. Den Befragten standen bei der Frage nach ihrer derzeitigen Tätigkeit folgende Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung: „Schüler: in/ Auszubildende: r/ Studierende: r“, „Berufstätig“, „Rentner: in“, „Familienmann/ Familienfrau“, „Arbeitssuchend“ und „Sonstiges“. Im Folgenden wird die Gruppe „Schüler: in/ Auszubildende: r / Studierende: r“ aus Gründen der Lesbarkeit mit Schüler bezeichnet und die dazugehörige dichotome Variable wurde schüler genannt. 292 Befragte gaben an, dass sie zumindest gelegentlich den Bus nutzen. Die drei größten Gruppen mit diesem Merkmal sind Berufstätige, Rentner und Schüler. Die vertiefenden Fragen nach der Busnutzungshäufigkeit erlauben eine Kategorisierung nach Nutzungsintensität und dem Fahrtzweck. Die Probanden wurden gefragt „Wie häufig nutzen Sie den Bus für folgende Fahrtzwecke? “. Die abgefragten Fahrtzwecke sind Arbeit, Schule, Einkauf, Freizeit/ Hobby, Ausflug, Kindertagesstätte und Sonstige. Anhand der genannten Häufigkeiten für jeden Reisezweck konnten wir zwischen Nichtnutzern, Wenignutzern und Vielnutzern unterscheiden. Von Interesse war nun, inwiefern das Merkmal Tätigkeit einen Einfluss auf die Nutzung oder Nichtnutzung des Busses hat. Bei einer ersten Betrachtung fällt auf, dass 61 % der Rentner, 70 % der Berufstätigen, aber lediglich 34 % der Schüler Nichtnutzer sind. Mit dem Pearson-Chi-Quadrat Unabhängigkeitstest wurde nun die Hypothese überprüft, dass keine Abhängigkeit zwischen der Merkmalsausprägung Tätigkeit und Nichtnutzung besteht. Zur Beurteilung der Effektstärke wird Cramers V angegeben. Es gab einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Nichtnutzung ( χ 2   =   28,6, p-=-0,000, φ c -= 0,19). In einer anschließenden Korrelationsanalyse konnte bestätigt werden, dass Schüler eine höhere Busnutzung aufweisen ( φ c c = -0,172). Ebenfalls konnte bestätigt werden, dass Berufstätige den Bus weniger häufig nutzen ( φ c = 0,11). 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Arbeit Schule/ Ausbildung Einkauf Freizeit/ Hobbys Naherholung/ Ausflüge Kindertageseinrichtung Behörden Arzt/ Gesundheitseinrichtung Bus Zug Fahrrad zu Fuß Motorrad Auto Mitfahrer Auto Bild 1: Relativer Anteil der angegebenen Verkehrsmittel zur Erreichung der Ziele über alle Befragten Alle Abbildungen: Autoren Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 68 MOBILITÄT Wissenschaft Maßnahmen des ÖPNV-Modellprojekts Die Befragungsteilnehmer wurden zum Abschluss des Fragebogens gebeten hypothetische Fragen zu beantworten. Zur Auswahl standen sämtliche beabsichtigte oder bereits in Durchführung befindliche Maßnahmen des ÖPNV-Modellprojekts DiMoFRG. Die Teilnehmer wurden gefragt: „Unter welchen Bedingungen würden Sie das Busangebot in Freyung-Grafenau (regelmäßiger) nutzen? “. Es waren Mehrfachantworten zugelassen. 665-Probanden haben die Frage beantwortet. Eine kurze Beschreibung der Maßnahmen und die relativen Häufigkeiten der Nennungen sind in Tabelle 1 dargestellt. Eine Beschreibung der Maßnahmen war nicht Bestandteil des Fragebogens. Den Probanden stand lediglich die angegebene Antwortmöglichkeit zur Verfügung. Die Smartphone-App zur Verbindungsauskunft und zum Kauf von Fahrscheinen ist die Maßnahme, die von den Befragten mit Abstand am häufigsten genannt wurde. Am zweithäufigsten wurde das flächendeckende On- Demand Angebot ausgewählt. Die wenigsten Nennungen konnten wir bei der Anbindung der Skiregion Mitterfirmiansreut feststellen. Lediglich 13 % der Befragten gaben an, das Busangebot unter keinen Bedingungen häufiger zu nutzen. Digitale Mobilitätsplattform, Smartphone-App und Jobticket wurde öfter genannt je jünger die Befragten sind. Wir konnten feststellen, dass Männer häufiger der Maßnahme Elektronisches Ticket mit nachträglicher Bestpreis-Ermittlung zustimmen ( φ c -=-0,075). Es wurde überprüft, inwiefern sich die gegebenen Antworten zwischen Nutzern und Nichtnutzern unterscheiden. Lediglich 6 % der Busnutzer aber 17,8 % der Nichtnutzer gaben an, das Busangebot unter keinen Umständen häufiger zu nutzen. Darüber hinaus konnten vier Maßnahmen identifiziert werden, denen Nutzer tendenziell eher zustimmen. In Tabelle 2 sind diese Maßnahmen mit dem dazugehörigen niedrig ausgeprägten Zusammenhangsmaß dargestellt. Tabelle 1: ÖPNV-Maßnahmen und relative Häufigkeiten der Nennungen, Quelle: eigene Darstellung Antwortmöglichkeit Kurzbeschreibung der Maßnahme Relative Häufigkeit Anbindung der Ausflugsregion Dreisessel Um das touristische Linienangebot der Igelbusse zu erweitern und zu verbessern, sollen der östliche Bereich des Landkreises Freyung-Grafenau sowie die Gemeinde Freyung mit dem Nationalparkzentrum Lusen und weiteren Destinationen verbunden werden. Als Igelbusse werden zwei Bussysteme im Nationalpark Bayerischer Wald bezeichnet, die das Nationalparkzentrum und das Gebiet Rachel-Lusen in der Sommersaison von Mai bis November sowie in den beiden bayerischen Faschingsferien verbinden. Sie sind in das Nationalparkverkehrskonzept Bayerischer Wald integriert. 24 % Anbindung der Skiregion Mitterfirmiansreut 12 % Digitale Mobilitätsplattform zur Verbindungsauskunft und zum Kauf von Fahrscheinen Die Digitale Mobilitätsplattform soll Information, Beauskunftung und Ticketbuchung aller Mobilitätsdienste erleichtern. Sie ist insbesondere Buchungsplattform für Rufbusse und On-Demand-Services und Kundenportal für das ID basierte Ticketing. 27 % Smartphone-App zur Verbindungsauskunft und zum Kauf von Fahrscheinen 40 % Flächendeckendes On-Demand- Angebot im ganzen Landkreis Das bestehende Busangebot wird um ÖPNV-Taxis erweitert. Buch- und bezahlbar über die Mobilitätsplattform, können Fahrgäste zukünftig den ÖPNV fast rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche nutzen. Dabei kommen neben den Bussen und Rufbussen auch Taxis und Mietwagen zum Einsatz. 30 % Bargeldloser Ticketkauf per Bankkarte Das Ticket kann beim Fahrer ähnlich wie an der Supermarktkasse via NFC per Bankkarte bezahlt werden. 20% Elektronisches Ticket mit nachträglicher Bestpreis-Ermittlung Im Bus kann mit Bankkarte eingecheckt werden. Anhand der Buchungen wird ein digitales Ticket erstellt, das die gefahrenen Strecken von allein erkennt und automatisch immer den günstigsten Preis für alle Fahrten abrechnet. Damit sollen u.a. tarifliche Nutzungsbarrieren für Gelegenheitskunden möglichst weit gesenkt werden. 19 % Anbindung von Grafenau an Passau mit der Linie 200 Um das Linienangebot zu erweitern und zu verbessern, soll das Fahrangebot auf der Schnellbuslinie 200 von Riedlhütte nach Passau und zurück weiter ausgebaut werden. 21 % Taktverdichtung der Linie 200 21 % Fahrradmitnahme in den Bussen Dabei geht es in erster Linie vor allem darum, die Igelbusse mit Heckträgern und Fahrradanhängern auszustatten. 25 % (Jobticket) Die Förderung der Maßnahme Jobticket wurde 2022 beendet. Sie ist nicht mehr Teil des ÖPNV-Modellprojekts. Fahrkarte für die tägliche Fahrt zur Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die ein kommunales Verkehrsunternehmen einem Arbeitgeber zu einem günstigen Tarif überlässt und für deren Erwerb die Angestellten einen ermäßigten Preis zahlen. 21 % Digitale Haltestellen-, Ankunfts- und Anschlussinformationen in Bussen Es werden Ankunftszeiten, nächste Haltestellen und Anschlussverbindungen in Echtzeit angezeigt. Viele Busse im Landkreis werden erstmalig mit Fahrgastmonitoren ausgestattet. 21 % Digitale Fahrplaninformationen an Haltestellen Die Haltestellen an wichtigen Umstiegen, Busbahnhöfen und touristischen Knotenpunkten im Landkreis werden mit digitalen DFI-Anlagen inkl. Echtzeitanzeige ausgestattet. 18 % Ich werde das Busangebot unter keinen Bedingungen häufiger nutzen 13 % Tabelle 2: Ergebnisübersicht der Korrelationsanalyse zwischen Nutzern und den befürworteten Maßnahmen Maßnahmen, die Nutzer häufiger bejahen als Nichtnutzer Effektstärke φ c Anbindung der Skiregion Mitterfirmiansreut 0,13 Anbindung der Ausflugsregion Dreisessel 0,12 Fahrradmitnahme 0,11 Digitale Informationen in Bussen 0,095 Internationales Verkehrswesen (75) 3 | 2023 69 Wissenschaft MOBILITÄT Von Interesse war nun, inwiefern zwischen den Tätigkeitsgruppen und den befürworteten Maßnahmen ein Zusammenhang besteht. Es wurde bezüglich jeder vorgeschlagenen Maßnahme und der Tätigkeit der χ 2 - Unabhängigkeitstest durchgeführt. Anschließend wurde überprüft, zwischen welchen Gruppen der Unterschied signifikant ist. Die Testergebnisse, bei denen ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen gefunden werden konnte, sind in Tabelle 3 kurz zusammengefasst. Wir untersuchten ebenfalls, inwiefern Wenignutzer und Vielnutzer in den gegebenen Antworten Unterschiede aufweisen. Die größten Differenzen bestehen bei der digitalen Mobilitätsplattform und der Smartphone-App. Lediglich 24 % der Vielnutzer, aber 37 % der Wenignutzer gaben an, das Busangebot bei Vorhandensein einer digitalen Mobilitätsplattform öfter nutzen zu wollen. Eine größere Zustimmung fand die Smartphone- App. Die Maßnahme wird von 37 % der Vielnutzer und 49 % der Wenignutzer begrüßt. Bei einer ähnlichen Differenz in den Zustimmungswerten ist allerdings nur der Zusammenhang bezüglich der digitalen Mobilitätsplattform signifikant ( φ c = 0,14). Bedeutung der Projektmaßnahmen für die ÖPNV-Qualität Durch Mann-Whitney-U Tests wurde überprüft, ob ein Zusammenhang zwischen den Merkmalsausprägungen der Likert-Items und den dichotomen Variablen bezüglich der ÖPNV-Verbesserungsmaßnahmen besteht [3]. In Bild 2 sind Ergebnisse kurz zusammengefasst. Das Vorzeichen des z-Werts gibt die Richtung des Unterschieds an, der zwischen den zwei untersuchten Gruppen besteht. Ein negatives Vorzeichen bedeutet hierbei, dass die zweite Gruppe signifikant höhere Werte aufweist, wohingegen ein positives Vorzeichen bedeutet, dass die erste Gruppe höhere Werte aufweist. Die Merkmalsausprägung ist bei der ersten Gruppe 0. Die Zustimmenden stellen die zweite Gruppe dar. Hier hat das Merkmal den Wert 1. Die Gruppe derjenigen, die angegeben haben bei Vorhandensein von digitalen Haltestellen sowie Ankunfts- und Anschlussinformationen in Bussen, den Bus häufiger zu nutzen, weist bei einem Signifikanzniveau von 0,05 bezüglich der Fahrplanverständlichkeit niedrigere Werte auf. Analog ist der Zusammenhang bei den anderen dargestellten Variablen zu interpretieren. Fazit Erklärtes Ziel des Projekts ist es, dass moderne digitale Informationssysteme dabei helfen, Nutzungshemmnisse abzubauen. Unverständliche Fahrpläne, vielfältige Tarife, Wege- und Umsteigeplanungen führen eher zur Nutzung des eigenen PKW. Wir konnten zeigen, dass die Maßnahmen im Rahmen des Projekts DiMoFRG tendenziell geeignet, sind Anreize zur Nutzung des ÖPNV zu setzen. Entscheidend ist es aber, die wahrgenommene Qualität zu verbessern. Dies betrifft insbesondere die derzeitigen Nichtnutzer. Ein gut ausgebautes Liniennetz und komfortable zeitnahe Umstiege sind nicht viel wert, wenn sie nicht als das wahrgenommen werden oder gar nicht bekannt sind. Die Ergebnisse der Bürgerbefragung können dabei helfen Zielgruppen der ÖPNV-Nutzung zu identifizieren, um eine darauf zugeschnittene ÖPNV- Marketingkampagne zu veranlassen. ■ LITERATUR [1] Infas Institut für Angewandte Sozialwissenschaft GmbH. (2017): Mobilität in Deutschland 2017—Ergebnisbericht. [2] Bertocchi, T. (2009): Einsatzbereiche von ÖPNV-Bedienungsformen im ländlichen Raum. In: Schriftenreihe Verkehr, Universität Kassel, H. 19. [3] Norman, G. (2010): Likert scales, levels of measurement and the “laws” of statistics. In: Advances in health sciences education, Vol. 15, pp. 625-632. Tabelle 3: Ergebnisübersicht des χ2-Unabhängigkeitstests zwischen den Tätigkeitsgruppen und den befürworteten Maßnahmen Maßnahme Zustimmung höher Zustimmung geringer Teststatistik Anbindung der Skiregion Mitterfirmiansreut Schüler χ 2 = 14,75, p = ,022, φ c = 0,15 Digitale Mobilitätsplattform Schüler Rentner χ 2 = 14,8, p = ,021, φ c = 0,15 Smartphone-App Rentner χ 2 = 20,7, p = ,002, φ c = 0,17 Jobticket Berufstätige Rentner χ 2 = 57,5, p = ,000, φ c = 0,29 Zufriedenheit mit den Informationsmöglichkeiten bzgl. verfügbarer Verbindungen sowie deren Abfahrts - und Ankunftszeiten Digitale Mobilitätsplattform zur Verbindungsauskunft und zum Kauf von Fahrscheinen Smartphone-App zur Verbindungsauskunft und zum Kauf von Fahrscheinen Fahrplanverständlichkeit Digitale Haltestellen -, Ankunfts - und Anschlussinformationen in Bussen Zufriedenheit mit der Buspünktlichkeit Bargeldloser Ticketkauf per Bankkarte Elektronisches Ticket mit nachträglicher Bestpreis-Ermittlung Taktverdichtung der Linie 200 Wichtigkeit der Fahrzeit Zufriedenheit mit der ÖPNV -Erreichbarkeit des Ziels Arbeit Jobticket Zufriedenheit mit den Informationsmöglichkeiten bzgl. des Ticketangebots Wichtigkeit des Ticketpreises z=2,219 z=2,925 z=2,699 z=2,055 z=2,575 z=-4,838 z=-2,045 z=1,977 z=2,538 z=3,99 z=-2,197 z=3,250 Bild 2: Mann-Whitney-U Test Ergebnisübersicht Robert Werner, Dipl.-Vw., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Professur für Kommunikationswirtschaft, Institut für Wirtschaft und Verkehr, TU Dresden robert.werner@tu-dresden.de Stephanie Lelanz, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Projektleitung, Professur für Kommunikationswirtschaft, Institut für Wirtschaft und Verkehr, TU Dresden stephanie.lelanz@tu-dresden.de