Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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Das digitale ÖPNV-Taxi
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Hubertus Baumeister
Horst Benz
Stephan Diekmann
Samir El-Zahab
Mobilitätswende, Klimaschutz im Verkehr und Teilhabe an Mobilität erfordern eine erheblich höhere Nutzung des ÖPNV als bisher. Deshalb sind neben einer Angebotsausweitung alle Formen der differenzierten Bedienung im ÖPNV auszuschöpfen. Dieser erste Teil des zweiteiligen Beitrags weist auf die strategische Bedeutung des Gelegenheitsverkehrs für den ÖPNV hin, erläutert das juristische Konzept und beschreibt die Konzeption eines Modellprojektes des Landkreises Vechta. Der zweite Teil untersucht die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV-Taxi und die Chancen von On-Demand-Mischverkehren. Zum Abschluss wird über erste Erfahrungen im Landkreis Vechta und die dort weiter geplanten Schritte berichtet.
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Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 46 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 MOBILITÄT ÖPNV ist dieser linien-, haltestellen- und fahrplangebunden, um durch Bündelung große Fahrgastmengen zu befördern. Außerhalb des vorhandenen Liniennetzes fehlt es insbesondere im ländlichen Raum an einer Flächenbedienung durch den ÖPNV, was die Nutzung von privaten Pkw vielfach S ammeltaxis sind weltweit dort sehr verbreitet, wo der ÖPNV nur wenig ausgeprägt ist, insbesondere in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. In Westeuropa ist grundsätzlich ein gut nutzbarer straßen- und schienengebundener ÖPNV vorhanden. Allerdings alternativlos macht. Die Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes weisen aus diesem Grund in jedem Landkreis einen hohen Motorisierungsgrad mit privaten Pkw auf. Um diesen entscheidenden Systemnachteil des ÖPNV gegenüber dem Pkw zu verringern, liegt es nahe, auch die Flotte des ei- Das digitale ÖPNV-Taxi Plattformgesteuerte Taxi- und Mietwagenverkehre als Bestandteil einer differenzierten Bedienung im ÖPNV - Teil 1 Plattformgesteuerter ÖPNV, differenzierte Bedienformen, Integration des Gelegenheitsverkehrs in den ÖPNV Mobilitätswende, Klimaschutz im Verkehr und Teilhabe an Mobilität erfordern eine erheblich höhere Nutzung des ÖPNV als bisher. Deshalb sind neben einer Angebotsausweitung alle Formen der differenzierten Bedienung im ÖPNV auszuschöpfen. Dieser erste Teil des zweiteiligen Beitrags weist auf die strategische Bedeutung des Gelegenheitsverkehrs für den ÖPNV hin, erläutert das juristische Konzept und beschreibt die Konzeption eines Modellprojektes des Landkreises Vechta. Der zweite Teil untersucht die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV-Taxi und die Chancen von On-Demand-Mischverkehren. Zum Abschluss wird über erste Erfahrungen im Landkreis Vechta und die dort weiter geplanten Schritte berichtet. Hubertus Baumeister, Horst Benz, Stephan Diekmann, Samir El-Zahab ÖPNV MOBILITÄT genwirtschaftlichen Gelegenheitsverkehrs von bundesweit etwa 100 Tsd. Taxen und Mietwagen mit ihren freien Kapazitäten für den gemeinwirtschaftlichen Linien- ÖPNV zu nutzen, wie es bereits Fiedler 1982 in seinem differenzierten Bedienmodell vorgeschlagen hat. 1 Mit den neuen digitalen Technologien kann sein wegweisendes Modell nunmehr verkehrlich und wirtschaftlich effizient im ÖPNV umgesetzt werden. Die hierdurch bewirkte Verbesserung der Angebotsqualität für die Fahrgäste, einschließlich der grundsätzlichen Möglichkeit auch einer Haustürbedienung mit einem in den ÖPNV integrierten Taxi („ÖPNV-Taxi“) als Teilkomponente, stärkt daneben den Linienverkehr strukturell entscheidend. Darüber hinaus kann dann der Linienverkehr vom Zwang der Feinerschließung befreit werden, weil diese vom Gelegenheitsverkehr übernommen wird. Damit werden die Fahrzeiten der Busse beschleunigt, sodass auch der Fahrplantakt verbessert werden kann. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Attraktivität der Linienverkehre und bietet deshalb auch im ländlichen Raum die Möglichkeit, durch die Nutzung eines dann besser gebündelten ÖPNV schädliche Treibhaus-Emissionen durch Verbrenner-km mit privaten Pkw zu reduzieren. Eine Kf W-Studie ergab, dass sich 71 % der Haushalte in Landgemeinden eine stärkere Nutzung des ÖPNV vorstellen können. Die wichtigste Voraussetzung hierfür wäre aber eine gute verkehrliche Anbindung, wobei der Fahrpreis nicht die entscheidende Rolle spielen würde. 2 Die Befassung mit diesem Thema ist deshalb in dem geplanten Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV zwischen Bund, Ländern und Kommunen 3 von hoher Bedeutung. Auch die EU-Kommission hat die hohe Bedeutung der Taxen und Mietwagen für eine gut funktionierende Personenbeförderung im lokalen Bedarfsverkehr unterstrichen. Hintergrund seien die weitreichenden Veränderungen auf dem europäischen Markt des Bedarfsverkehrs für die Personenbeförderung, insbesondere aufgrund neuer technologischer Entwicklungen und Geschäftsmodelle. Die Mitgliedstaaten stünden laut Kommission vor der Herausforderung, neue Betriebsformen in den bestehenden nationalen Verkehrsmarkt sinnvoll zu integrieren. Die Kommission verfolge mit ihrer Veröffentlichung drei grundlegende Ziele. Sie strebe zum einen danach, bestehenden und neuen Marktteilnehmern einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Zum anderen sollen nachhaltige und intelligente Mobilitätsdienste für die Fahrgäste geschaffen werden, um nicht zuletzt die Umweltauswirkungen des Verkehrssektors insgesamt zu verringern. 4 „Es ist äußerst wichtig, dass der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung (wie Taxis oder private Mietfahrzeuge) öffentliche Verkehrsmittel (wie U-Bahnen, Busse, Straßenbahnen) sowie Formen der aktiven Mobilität (wie Gehen und Radfahren) ergänzt und sie nicht bloß ersetzt. Für eine optimale Integration sollte der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung Teil des lokalen Plans für eine nachhaltige städtische Mobilität sein, der in Übereinstimmung mit europäischen Leitlinien ausgearbeitet wurde. Der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erleichtern und steigern, indem er die erste Meile zu oder die letzte Meile von den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs bedient, wodurch öffentliche Verkehrsmittel zu einer attraktiven und bequemen Option werden und der Bedarf an der Nutzung privater Fahrzeuge verringert wird. Dies ist besonders wichtig in Gebieten, in denen das öffentliche Verkehrsnetz weniger dicht ausgebaut ist, z. B. in städtischen Randgebieten oder Vororten.“ Im Landkreis Vechta wurde vor diesem Hintergrund in organisatorischer, technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht das Modell eines digital gesteuerten ÖPNV- Taxi als weitere Komponente für eine differenzierte ÖPNV-Bedienung auf Kreisgebiet entwickelt. Damit gewährleistet nunmehr das ÖPNV-Gesamtkonzept „moobil+“ des Landkreises Vechta (www.moobilplus.de) mithilfe einer digitalen Buchungs- und Dispositionszentrale eine differenzierte Bedienung im ÖPNV mit einer grundsätzlichen Mobilitätsgarantie, die noch weiter ausgebaut werden soll. Das den ÖPNV des Landkreises Vechta ergänzende Modell des ÖPNV-Taxi hat angesichts der Vorteile für die Verkehrsbedienung des Gesamtsystems ÖPNV und seiner Wirtschaftlichkeit in kurzer Zeit weitere Befürworter bei mehreren Kommunen im ländlichen Raum gefunden. 5 Auch in einigen Großstädten wird mittlerweile diskutiert, ob das ÖPNV-Taxi zur Ergänzung des städtischen ÖPNV eingesetzt werden soll. Die Notwendigkeit zur Integration von Taxi- und Mietwagenverkehren in den ÖPNV des Landkreises Vechta Der Landkreis Vechta wird im Bahnverkehr durch die Linie RB58 Osnabrück-Bremen in Nord-Süd-Richtung erschlossen. Die Strecke bindet den Landkreis an den Schienenfernverkehr und die Oberzentren Bremen und Osnabrück an und hat darüber hinaus aufgrund der zahlreichen Haltepunkte im Landkreis eine große Bedeutung für die regionalen Verflechtungen innerhalb des Landkreises. Die Linie wird durch die Nord- WestBahn betrieben und verkehrt sowohl werktags als auch an Wochenenden und Feiertagen in der Zeit zwischen ca. 4: 30 Uhr und 24: 00 Uhr in einem Grundtakt von 60 Minuten. Das Angebot des konventionellen Busverkehrs im Landkreis Vechta ist in Bezug auf Fahrplan und Linienführung im Wesentlichen auf die Belange des Schulverkehrs ausgerichtet. Die meisten Linien haben unregelmäßige Abfahrtszeiten sowie unterschiedliche Start- und Endhaltestellen bzw. variierende Routen je nach Fahrt oder auch Fahrtrichtung. Außerhalb der Schultage besteht auf den meisten Linien kein oder nur ein reduziertes Angebot. Die seit 2013 eingeführten Ruf busse des bedarfsorientierten Linienverkehrs „moobil+“ verkehren montags bis freitags zwischen ca. 5: 50 Uhr und 20: 30 Uhr im Taktfahrplan. Es bestehen kreisweit 15 Linien im Richtungsbandbetrieb mit sowohl festen Haltestellen als auch Bedarfshaltestellen. Der Ein- und Ausstieg ist nur an den Haltestellen möglich. Für Auskunft, Buchung und bargeldlose Zahlung der Ruf bus-Fahrten steht ein internetbasiertes Buchungsportal einschließlich App zur Verfügung. In einer vom Landkreis betriebenen Mobilitätszentrale können sich Fahrgäste informieren und beraten lassen und erhalten Hilfestellung bei der Buchung oder Stornierung von Fahrten mit dem Rufbus. Damit ist im Landkreis Vechta tagsüber an Werktagen ein strukturiertes ÖPNV- Mindestangebot vorhanden, an den Abenden und an Wochenenden wird allerdings kein ÖPNV angeboten. Dies führt dazu, dass der Mobilitätsbedarf von Personen, die über keinen Pkw verfügen, an Abenden und an Wochenenden nicht befriedigt werden kann. Hiervon sind vor allem Familien mit Kindern und Jugendlichen (Stichwort „Elterntaxi“) sowie Senioren und Menschen mit Behinderung betroffen. Aufgrund des Mangels an öffentlichen Verkehrsangeboten kann der ÖPNV auch noch keine echte Alternative zum Individualverkehr darstellen. Ein weiteres Problem ist bei Personen erkennbar, für die aufgrund von Mobilitätseinschränkungen anstatt einer Beförderung von Haltestelle zu Haltestelle nur eine Fahrt von Adresse zu Adresse in Frage kommen kann. Eine solche Möglichkeit war im bisherigen ÖPNV-Angebot des Landkreises nicht enthalten. Das Projekt zur Entwicklung des ÖPNV-Taxi 2019 wurde das Projekt ÖPNV-Taxi vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Bundesprogramms „Ländliche Entwicklung und Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 47 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 48 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 unternehmerische Strukturen der Taxiunternehmen auf. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die beihilfenrechtskonforme Finanzierung des ÖPNV-Taxi ist eine gemeinwirtschaftliche Tarifverpflichtung der Taxiunternehmen durch den Aufgabenträger. Über eine allgemeine Vorschrift gemäß Art. 3 Abs. 2 VO 1370/ 2007 werden die Taxiunternehmen verpflichtet, statt des eigenwirtschaftlichen Taxitarifs nach § 51 Abs. 1 PBefG den vorgegebenen gemeinwirtschaftlichen ÖPNV-Tarif anzuwenden. Die allgemeine Vorschrift wird entweder ergänzend in die Rechtsverordnung nach § 51 Abs. 1 PBefG aufgenommen (und ggf. flankiert durch Regelungen nach § 47 Abs. 3 PBefG) oder als Sondervereinbarung diskriminierungsfrei mit jedem Taxiunternehmen mit Betriebssitz im Gebiet der zuständigen Behörde, das am Modell partizipieren möchte, nach § 51 Abs. 2 PBefG gefasst. Die Fahrten werden nach den Regeln der VO 1370/ 2007 und seines Anhanges beihilfenrechtskonform abgerechnet. Das entwickelte beihilfenrechtskonforme Abrechnungsmodell berücksichtigt alle betriebswirtschaftlichen Faktoren des Taxigewerbes (u. a. Fixkostendeckungsbeiträge als Grundpreis und Betriebskosten der einzelnen Fahrt als Arbeitspreis). Hierbei werden bei der digitalen Abrechnung zur Ausschaltung beihilfenrechtswidriger sog. positiver Effekte auch Korrekturfaktoren zugrunde gelegt, die einen überschießenden Fixkostendeckungsbeitrag und eine Überdeckung der Gesamtkosten verhindern. In der Praxis erhalten die Taxiunternehmen eine Vergütung, die je nach zeitlicher Fahrtenlage in einer Tagesschicht in etwa zwischen der Vergütung der gesetzlichen Krankenkassen und dem behördlich festgesetzten Taxitarif nach § 51 Abs. 1 PBefG liegt (siehe dazu Grafik 1). Über eine digitale Abrechnung kann mit geringem administrativem Aufwand wöchentlich und bei Bedarf sogar täglich abgerechnet werden. Fahrten des ÖPNV-Taxi mit klimafreundlichen E-Fahrzeugen und barrierefreien Fahrzeugen könnten über das Abrechnungssystem höher vergütet werden (beihilfenrechtlich zulässiges Anreizsystem gemäß dem Anhang der VO 1370/ 2007). Die Taxiunternehmer erbringen weiterhin ihre eigenwirtschaftlichen Taxiverkehre gemäß § 47 Abs. 1 PBefG und stellen daneben im Modell des ÖPNV-Taxi ihre Hilfsfunktion für den Linienverkehr nach § 8 Abs. 2 PBefG sicher. Im Ergebnis wird durch die Konzeption des Modells eine wirtschaftliche Aushöhlung des bestehenden Linienverkehrs verhindert. Die Fahrten für das ÖPNV-Taxi können mit den bestehenden Taxigenehmigungen erbracht werden, sodass keine neuen Genehmigungsverfahren erforderlich sind. Die Einbindung von Mietwagen in dieses System ist bei Bedarf nellen Grundlagen und der digitalen Möglichkeiten der neuen Mobilitätsplattform eine Vorlage für die Vereinbarung mit den Taxi- und Mietwagenunternehmen erarbeitet und mit diesen im Vorfeld abgestimmt. Nach rund drei Jahren Entwicklungszeit konnte nun im Juni 2023 ein erster Pilotbetrieb für das ÖPNV-Taxi in den Städten Dinklage und Lohne im Landkreis Vechta unter Beteiligung von drei ortsansässigen Taxiunternehmen, nämlich Taxi Brinkmann (Dinklage), Taxi Kolbeck und City Taxi (beide Lohne) mit folgenden Bedienzeiten gestartet werden: montags bis donnerstags von 7: 00 Uhr bis 23: 00 Uhr, freitags und samstags von 7: 00 Uhr bis 2: 00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 8: 00 Uhr bis 23: 00 Uhr. Hierbei war es dem Landkreis wichtig, dass zu den von den Taxiunternehmen eingesetzten Fahrzeugen bereits von Anfang an mindestens ein Fahrzeug zur Beförderung von im Rollstuhl sitzenden Personen gehört. Das ÖPNV-Taxi soll im ersten Halbjahr 2024 auf alle Städte und Gemeinden des Landkreises Vechta ausgedehnt werden. Aus Marketinggründen wurde entschieden, das ÖPNV-Taxi im Landkreis Vechta weiter als „moobil+Taxi“ (siehe dazu Aufmacherbild) zu bezeichnen, um den Aspekt der Erweiterung des bereits bestehenden Mobilitätssystems moobil+ bei gleichzeitiger Anwendung bzw. Nutzung bereits eingeführter Komponenten wie moobil+-Grundtarif, Mobilitätszentrale und Buchungssystem in den Vordergrund zu stellen. Das juristische Konzept des ÖPNV- Taxi Die Fahrgäste des ÖPNV-Taxi zahlen gemäß den Tarif bedingungen des Aufgabenträgers Landkreis Vechta nur den ÖPNV-Tarif (Einzelfahrschein oder Monatskarte) und einen Zuschlag. Die Zuschläge können gemäß der Rechtsprechung des EuGH 6 angemessen sozial gestaffelt werden, um das System des ÖPNV-Taxi finanziell nicht zu überfordern. Ein zuschlagfreies „Taxi für alle“ als vollwertige Alternative für die private Pkw-Nutzung, dessen Kosten von der öffentlichen Hand getragen werden, kann angesichts der Größe der Pkw-Fahrzeugflotten in den Kommunen kein realistischer Ansatz des ÖPNV-Taxi sein. 7 Der ÖPNV-Aufgabenträger gleicht den Taxiunternehmen die finanzielle Unterdeckung auf der Grundlage des Markttarifs für Taxifahrten gemäß der Rechtsverordnung des Landkreises Vechta nach § 51 Abs. 1 PBefG aus, aber nur für die konkret erbrachten Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi. Damit fallen keine Vorhaltekosten wie in den gemeinwirtschaftlichen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen des Aufgabenträgers an, denn das ÖPNV-Taxi setzt auf bereits vorhandene eigenwirtschaftliche regionale Wertschöpfung“ (BULE) als ein zukunftsweisendes Mobilitätsprojekt ausgewählt, das als geeignet dafür angesehen wurde, die Mobilität der Menschen in den ländlichen Räumen zu verbessern, und wird seitdem vom Bundesministerium finanziell gefördert. Die Idee für das Projekt wurde aus der Fachabteilung des Landkreises heraus mitentwickelt und von Beginn an vom Landrat und von nahezu allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Landkreis unterstützt. Der offizielle Projektstart des Projektes war für Anfang 2020 vorgesehen; aufgrund der Corona-Pandemie musste dieser aber auf Mitte 2020 verschoben werden. Die Ziele des Projektes lagen darin, die bestehenden Mobilitätslücken im Landkreis Vechta, insbesondere an den Abenden und an Wochenenden, durch die Einbindung von Taxi- und Mietwagenverkehren als Teil eines integrierten ÖPNV zu schließen. Wo nötig, sollte in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen auch eine Adressbedienung angeboten werden. Bereits gebuchte ÖPNV- Taxi-Fahrten sollten weiteren Fahrgästen für Zubuchungen offenstehen, wodurch eine insgesamt effiziente und umweltfreundliche Beförderung angestrebt wurde. Gleichzeitig sollte das neue Angebot den ÖPNV insgesamt attraktiver machen und zu einer Steigerung der ÖPNV-Nutzerzahlen führen. Auch die gesamte Branche der Taxi- und Mietwagenunternehmen im Landkreis Vechta sollte gestärkt werden, wodurch wiederum ein bedeutender Beitrag zur Erhaltung dieser wichtigen Säule der Mobilitätsinfrastruktur für die Bevölkerung im Landkreis Vechta geleistet werden sollte. Ein solches Vorgehen ist auch generell geeignet, dem Taxisterben im ländlichen Raum zu begegnen. Die wesentlichen Arbeitsschritte des Projektes waren: 1. Entwicklung eines juristischen Konzepts auf der Grundlage eines umfassenden Rechtsgutachtens 2. Entwicklung organisatorischer Grundlagen und Beschreibung der Prozesse 3. Vereinbarung mit den Taxiunternehmen 4. Erweiterung moobil+-Buchungssystem und Weiterentwicklung zur Mobilitätsplattform Auf Basis des neu entwickelten ÖPNV- Taxi-Konzeptes wurde nach den Vorgaben des Landkreises das aktuell vorhandene Buchungssystem für die moobil+Ruf busse (Basis: T.DiMo-System der Trapeze Group Deutschland GmbH) hinsichtlich Organisation, Buchung und Abrechnung von ÖPNV- Taxi-Fahrten erweitert und als Mobilitätsplattform für alle im Landkreis vorhandenen ÖPNV-Angebote ausgebaut. Weiter wurde auf Basis der rechtlichen und konzeptio- MOBILITÄT ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 49 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 forderung des ÖPNV nach Effizienz gerecht zu werden, keine rein privaten Relationen als „Taxi für alle“ zu unterstützen und somit die Kosten der öffentlichen Hand überschaubar zu halten, werden ÖPNV-Taxi-Fahrten dann ermöglicht, wenn mindestens der Start- oder der Ziel-Haltepunkt während des Beförderungszeitraums als „verkehrlich wichtiger Haltepunkt“ definiert ist. Um welche Haltepunkte es sich dabei konkret handelt (z. B. Bahnhöfe, Ortszentren, stark frequentierte Einrichtungen), wird vom Landkreis und den Städten und Gemeinden bestimmt und soll längerfristig im Nahverkehrsplan verankert werden. Während des Pilotprojektes sind zunächst alle möglichen Haltepunkte des ÖP- NV-Taxi als verkehrlich wichtig eingestuft. Der anzuwendende Tarif für das ÖPNV- Taxi Der Tarif für ÖPNV-Taxi-Fahrten setzt sich aus dem moobil+-Grundtarif und einem entfernungsabhängigen Zuschlagtarif für ÖPNV-Taxi-Fahrten zusammen. Die Höhe des Zuschlagtarifs orientiert sich an den fiktiven Taxi-Kosten, die für eine Fahrt mit dem normalen Taxi anfallen würden, abzüglich eines vom Landkreis übernommenen Anteils (derzeit 80 %; später sind 50 % geplant). Der Zuschlagtarif wird auf die zu befördernden Fahrgäste automatisch aufgeteilt und verringert sich bei einer Bündelung mehrerer Fahrtwünsche zu einer Tour entsprechend. Weiter kann das System des ÖP- NV-Taxi von Dritten (kreisangehörige Städte und Gemeinden, Krankenhäuser, Seniorenüber territoriale Grenzen zu ermöglichen. In diesen Fällen sind unterschiedliche Taxitarife nach § 51 Abs. 1 PBefG von Kommunen im digitalen Abrechnungsprogramm zu berücksichtigen. Das juristische Konzept des ÖPNV-Taxi wurde auf der Sitzung des BLFA (Bund/ Länder Fachausschuss) Straßenpersonenverkehr am 09./ 10.05.2023 gemäß Niederschrift vorgestellt und grundsätzlich positiv aufgenommen. Organisatorische Grundlagen und Prozessgestaltungen Bediengebiete und Haltepunkte des ÖPNV-Taxi Grundsätzlich stellt das gesamte Gebiet des Landkreises Vechta das Bediengebiet des ÖPNV-Taxi dar; es gibt keinerlei räumliche Segmentierung des Angebots innerhalb des Landkreises. Somit ist ein Fahrtwunsch grundsätzlich von jedem beliebigen Punkt zu jedem anderen Punkt innerhalb des Landkreises erfüllbar, wenn die damit verbundene Wegstrecke nicht unterhalb eines bestimmten Mindestmaßes (derzeit 1.000 Meter) liegt. Mögliche Haltepunkte sind alle ÖPNV- Haltestellen einschließlich der Bedarfshaltestellen des moobil+Rufbusangebots und für das ÖPNV-Taxi zusätzlich eingerichtete virtuelle Haltepunkte. Daneben findet auch eine Adressbedienung für in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen und für Fahrgäste statt, deren Fußweg bis zum nächsten Haltepunkt einen zumutbaren Maximalwert überschreitet. Um der grundsätzlichen Anüber eine Mischkonzession nach § 47Abs. 3 PBefG gestaltbar. Vergaberechtliche Verfahren sind damit im Modell des ÖPNV-Taxi nicht notwendig, weil die Taxiunternehmen über eine ergänzende Finanzierung des Aufgabenträgers im ÖPNV über eine allgemeine Vorschrift gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG weiterhin eigenwirtschaftlich fahren. Mangels vertraglicher Beschaffung von Nahverkehrsleistungen gelten die Tariftreuevorschriften des Landesvergabegesetzes nicht; es ist aber der Mindestlohn anzuwenden. Allen Taxiunternehmen auf dem Gebiet eines Landkreises wird die Teilnahme an diesem System durch transparente Veröffentlichungen des Aufgabenträgers auf dessen Homepage und in amtlicher Bekanntmachung diskriminierungsfrei ermöglicht. Da die allgemeine Vorschrift (Sondervereinbarung) gemäß Art. 2 lit. m) VO 1370/ 2007 nur auf dem Gebiet des zuständigen Aufgabenträgers gilt und aufgrund der Regelung des § 47 Abs. 4 PBefG zur Beförderungspflicht im Pflichtfahrbereich der nach § 51 Abs. 1 PBefG festgesetzten Taxitarife (Tarifpflicht), können nur die Taxiunternehmen am Modell des ÖPNV-Taxi teilnehmen, die ihren Betriebssitz innerhalb des Gebietes der zuständigen Behörde für den Gelegenheitsverkehr haben (Landkreise und Städte). Damit sind Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi grundsätzlich nur als Binnenverkehr auf dem Gebiet eines Aufgabenträgers möglich. Denkbar sind aber - wie im Busverkehr - Kooperationen von Aufgabenträgern über Zweckvereinbarungen, um Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi AAbbrreecchhnnuunnggsspprriinnzziipp eennttsspprreecchheenndd aallllggeemmeeiinneerr VVoorrsscchhrriifftt Aufgabenträger rabattiert Taxitarif für Fahrgäste durch gemeinwirtschaftliche Tarifverpflichtung im Rahmen einer allgemeinen Vorschrift* • Taxiunternehmen erbringen eigenwirtschaftlich ÖPNV- Leistungen* • mit Unternehmen vor Ort können ÖPNV-Leistungen wettbewerbsfrei erbracht werden • Fahrgäste zahlen ÖPNV-Tarif plus entfernungsabhängigen Zuschlagtarif • ein Teil des Zuschlagtarifs kann auch von Dritten übernommen werden (z.B. Betriebe) • Aufgabenträger zahlt Differenz zum genehmigten Taxitarif an die Taxiunternehmen (allerdings mit Abschlägen gemäß den Vorgaben des Anhangs der VO (EG) 1370/ 2007) Fahrpreis Taxi Ausgleich Aufgabenträger Zuschlagtarif *gem. VO (EG) 1370/ 2007 ÖPNV-Tarif Freier Taximarkt ÖPNV-Taxi Erlös Taxiunternehmen Zuschuss von Dritten Grafik 1: Abrechnung mit Taxi-Unternehmen entsprechend allgemeiner Vorschrift. Quelle: nbsw nahverkehrsberatung Partnerschaftsgesellschaft ÖPNV MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 50 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 System, über den die für sie wichtigen Daten ausgetauscht werden. Gleichzeitig erhalten sie die Berechtigung zum Herunterladen einer moobil+TAXI-App, über die sie auch ihre Aufträge zur Durchführung von moobil+Taxi-Fahrten direkt in den Fahrzeugen behandeln können. Zur Unterstützung der Fahrgäste und Verkehrsunternehmen und zur Überwachung des Betriebsablaufs stehen die Beschäftigten in der Mobilitätszentrale des Landkreises auch für das ÖPNV-Taxi zur Verfügung. Zur Durchführung einer moobil+Taxi- Fahrt berechnet das moobil+-Buchungssystem die optimale Route, bestimmt auf Basis der Anfahrtswege, der Verfügbarkeit und der Häufigkeit, mit der ein Unternehmen bisher beauftragt wurde, das nächste frei gemeldete Fahrzeug und sendet den Fahrauftrag mit allen nötigen Informationen einer allgemeinen Vorschrift dar. Auch nach Abschluss der Vereinbarung können die Verkehrsunternehmen frei darüber entscheiden, ob sie ihre Fahrzeuge für den Einsatz als ÖPNV-Taxi frei- oder abmelden (siehe dazu Bild 1 und Bild 2). Hat ein Unternehmen freie Fahrzeugkontingente gemeldet, erhält es bei entsprechender Nachfrage automatisch Aufträge zur Durchführung von ÖPNV-Taxi-Fahrten. Dabei kann es noch zum Durchführungszeitpunkt bestimmen, welches konkrete Fahrzeug zum Einsatz kommen soll. Die komplette Organisation, Steuerung und Abrechnung von ÖPNV-Taxi-Fahrten wird über die Mobilitätsplattform des Landkreises abgewickelt. Die Unternehmen, mit denen die Sondervereinbarung abgeschlossen wurde, werden im System registriert und erhalten einen direkten Zugang zum heime, Firmen, Einkaufszentren, Hotel- und Gastronomiebetriebe etc.) über Kostendeckungsverträge mit dem Aufgabenträger zeit-, personen- oder haltepunktspezifisch bezuschusst werden, um mit Fahrten des ÖPNV-Taxi sicher bedient zu werden. Zusammenspiel mit Taxiunternehmen Jedem Unternehmen mit Taxigenehmigungen im Landkreis Vechta steht es frei, die Sondervereinbarung gemäß § 51 Abs. 1 PBefG mit dem Landkreis zur Durchführung von ÖPNV-Taxi-Fahrten abzuschließen. Die Vereinbarung dient einerseits dazu, die Regeln zur Durchführung und Abrechnung der ÖPNV-Taxi-Fahrten festzulegen. Andererseits stellt sie die zur Gewährung von beihilferechtskonformen Ausgleichszahlungen an die Verkehrsunternehmen nötige gesetzliche Basis in Form Bild 1: Übersicht für Taxi-Unternehmen: langfristige Verfügbarkeit der Fahrzeuge als moobil+Taxi. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH MOBILITÄT ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 51 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 form wurde das Ziel verfolgt, dass alle zu einem Fahrtwunsch passenden ÖPNV- Angebote im Landkreis einschließlich des ÖPNV-Taxi-Angebots über die gleiche App erreicht werden können. Dabei sollen nicht nur einzelne Angebote behandelt werden, sondern je nach Fahrtwunsch auch multimodale Beförderungsketten automatisch zusammengestellt und angeboten werden, die ebenso wie einzelne Angebote in einem Vorgang gebucht und bargeldlos bezahlbar sind. Hierbei sollen auch die durch den Fahrtwunsch vorgegebenen Rahmenbedingungen (z. B. Anzahl benötigter Plätze) und die im Beförderungszeitraum vorhandene Kapazitätsauslastung der in Frage kommenden Fahrzeuge bereits bei der Buchung berücksichtigt werden. Damit kann ausgeschlossen werden, dass über die Plattform Fahrtmöglichkeiten angeboten werden, die vom Fahrgast dann doch nicht buchbar wären. Um diese Anforderungen zu erfüllen, holt sich die neue Plattform über eine digitale Schnittstelle (Hafas-Rest-API) zum VBN-Auskunftsserver die nötigen Informationen hinsichtlich aller zu einem Fahrtwunsch passende, linienbasierte ÖPNV-Angebote (konventionelle Bus-Angebote, SPNV-Angebote). Die so erhaltenen Informationen werden mit den von der Plattform gehaltenen Informationen zu den ÖPNV-Taxi- und Ruf busangeboten ergänzt. So können die über die Schnittstelle erhaltenen ÖPNV-Angebote mit ÖPNV-Taxi- und Ruf busangeboten zusammengespielt werden, sodass alle möglichen und im Beförderungszeitraum tatsächlich nutzbaren Angebote wie auch Beförderungsketten, bestehend aus verschiedenen Angeboten, dem Fahrgast zur Auswahl in einer Übersicht dargestellt werden. Es erfolgt nicht nur eine Ausweisung einzelner ÖPNV- Taxi-Angebote, sondern wo möglich und zumutbar, werden ÖPNV-Taxi-Angebote in den Fällen auch dynamisch erzeugt, in denen damit Zu- und Abbringerverkehre zu anderen ÖPNV-Angeboten geschaffen und dem Fahrgast dann als Beförderungskomplettpaket angeboten werden können (siehe dazu Bild 3). Keine ÖPNV-Taxi-Fahrt wird angeboten, wenn ein Fahrtwunsch mit einem anderen ÖPNV-Angebot auf zumutbare Weise (nicht zu viele Umstiege, keine zu große Reisezeitverlängerung, kein nur auf den Schülerverkehr ausgerichtetes Angebot) erfüllt ist. Bei ggf. parallel verkehrenden Ruf busangeboten wird auch noch überprüft, ob entsprechend dem Fahrtwunsch des Fahrgastes im Beförderungszeitraum genügend Plätze im relevanten Fahrzeug vorhanden sind. Nur dann würde eine Ruf bus-Fahrt als Parallelangebot gelten und keine ÖPNV-Taxi-Fahrt angeboten. In allen Fällen, in denen ÖPNV-Taxi-Angenehmen dafür entscheiden, eine kurze Dauer am Zielort einer Tour auf eine eventuelle Rückfahrt zu warten. Wenn es dann innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Beendigung einer Tour eine Rückfahrt für das Unternehmen gibt, wird ihm diese von der Plattform mit hoher Priorität vermittelt. Die Abrechnung mit den Taxiunternehmen Aus beihilferechtlichen Gründen darf - wie oben ausgeführt - der Landkreis den Verkehrsunternehmen für die Durchführung der moobil+Taxi-Fahrten nicht mehr bezahlen, als sie im normalen Geschäft verdienen würden. Dementsprechend werden vom moobil+-Buchungssystem die Taxi-Tarife während eines Tages entsprechend der Taxi- Verordnung des Landkreises automatisch berechnet, die ein Unternehmen sonst für die Durchführung der Touren erhalten hätte. Die Taxiunternehmen erhalten für jede durchgeführte Fahrt den Taxitarif, allerdings mit Abschlägen gemäß den Vorgaben des Anhangs der VO 1370/ 2007. Die Abrechnung mit den Taxiunternehmen wird am Ende eines jeden Tages über die Plattform automatisch angestoßen. Damit wird ein zeitnaher Zahlungsfluss an die Taxiunternehmen ermöglicht und aufwendige nachträgliche Abrechnungen sind hinfällig. Die Nutzung des moobil+-Buchungssystems einschließlich der digitalen Zugänge und die Unterstützung durch die Mobilitätszentrale sind ebenfalls aus Rechtsgründen mit keinen Kosten für die Verkehrsunternehmen verbunden. Die neue Mobilitätsplattform mit integriertem ÖPNV-Taxi-Angebot Mit der Erweiterung des bereits vorhandenen Buchungssystems zur Mobilitätsplattüber die digitalen Zugänge an das Unternehmen. Das Unternehmen befördert dann zum vorgesehenen Zeitpunkt die angemeldeten Fahrgäste von und zu den gewünschten Haltepunkten, wobei den Verkehrsunternehmen keinerlei Aufgaben bezüglich Kontrolle oder Verkauf von Fahrscheinen zufallen, da das Fahrgeld bereits bei der Buchung bargeldlos beglichen wurde. Sie kontrollieren lediglich, ob es sich bei der am Abfahrtsort erscheinenden Person um den buchenden Fahrgast handelt und ob die ggf. mitfahrenden Personen den angegebenen Personenarten (z. B. Erwachsene oder Kinder) entsprechen. Gewünschte Änderungen am Abfahrtsort (z. B. mehr mitfahrende Personen) können vom Fahrer über moobil+TAXI-App angemeldet und ggf. automatisch nachgebucht werden. Bei der Durchführung einer Fahrt, bei der sich das Taxipersonal über die moobil+TAXI-App automatisch navigieren lassen kann, helfen spezielle Informationen im Fahrauftrag dabei, die von Fahrgästen ggf. gewünschten Anschlüsse von und zu anderen ÖPNV- Angeboten halten zu können. So weiß das ÖPNV-Taxi-Personal z. B. darüber Bescheid, ob es noch auf einen mit dem Zug ankommenden Fahrgast warten soll oder ob ein Fahrgast einen bestimmten Bus erreichen möchte. Die GPS-Positionen des zum Einsatz kommenden Fahrzeugs werden dazu genutzt, automatisch Qualitätsaufzeichnungen über die ordnungsgemäße Durchführung einer Fahrt zu erstellen. Damit kann z. B. bei Fahrgastbeschwerden im Nachhinein kontrolliert werden, ob Fahrten tatsächlich auftragsgemäß durchgeführt wurden und ein Fahrzeug rechtzeitig an einer bestimmten Haltestelle war. Um Leerfahrten zu reduzieren, können sich Verkehrsunter- Bild 2: Einfache Möglichkeit zur spontanen Abmeldung eines Fahrzeugs als moobil+Taxi über moobil-Taxi-App. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH ÖPNV MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 52 Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister (BBG und Partner): Entwicklung des juristischen Konzeptes gemäß Europa- und Personenbeförderungsrecht Dipl.-Ing. Horst Benz (kreamobil GmbH): Entwicklung konzeptueller Grundlagen, Definition Prozesse und Spezifikation Software, Projektsteuerung Stephan Diekmann (Landkreis Vechta): Projektleitung, Kommunikation mit Taxi-Unternehmen Samir El-Zahab (NBSW Nahverkehrsberatung): Entwicklung des betriebswirtschaftlichen Modells auf digitaler Basis zur beihilfenrechtskonformen Abrechnung mit Taxi-Unternehmen Thomas Krause (Linne & Krause): Definition wesentlicher Parameter zur Abrechnung mit Taxi-Unternehmen Dipl.-Ing. Martin Einhoff (Trapeze Group Deutschland GmbH): Projektleitung bei der Realisierung der Mobilitätsplattform Rechtsanwalt Dennis Steinke (BBG und Partner): Entwicklung der Sondervereinbarung als allgemeine Vorschrift der VO 1370/ 2007 mit den Taxiunternehmen Florian Wegmann (ehemals Landkreis Vechta): Entwicklung konzeptueller Grundlagen, zu Beginn des Projektes Projektleitung DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 bote möglich sind, wird von der Plattform immer überprüft, inwiefern die damit verbundenen Fahrtwünsche mit bereits vorher gebuchten Fahrten bündelbar sind. Dies kann der Fall sein, wenn ein ggf. damit verbundener Umweg nicht zu groß und die Fahrzeiten der Fahrgäste nicht zu lang werden. Kann eine Bündelung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Wunschabfahrtszeit mit einer bereits gebuchten Fahrt erfolgen, wird einem Fahrgast nur diese Möglichkeit zur Auswahl dargestellt. Falls keine Bündelung möglich ist oder der Fahrgast zu lange warten müsste, wird ihm auch ein neues ÖPNV-Taxi zu seiner Wunschabfahrtszeit angeboten. Falls von einem Fahrgast eine Beförderungskette gewählt wird, die aus Fahrten mit einem normalen ÖPNV-Bus 8 , einem Ruf bus und dem ÖPNV-Taxi bestehen können, werden von der Plattform Anschlusssicherungsinformationen generiert und an die beteiligten Fahrzeuge einschließlich des ÖPNV-Taxis weitergegeben (siehe dazu Bild 4). Projektbeteiligte: An dem Projekt zur Konzeption und Realisierung des ÖPNV-Taxis im Landkreis Vechta waren folgende Personen und Stellen beteiligt: Bild 3: Angebotene Mobilitätskette bestehend aus moobil+Taxi und Rufbus. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH Bild 4: Übergang von moobil+-Rufbus zu moobil+Taxi. Quelle: © Max Arens 1 Fiedler, Mehr Phantasie bei der Verkehrsbedienung ländlicher Gebiete tut not! - Das differenzierte Bedienungsmodell, nahverkehrs-praxis Nr. 8/ 1982, S. 343, siehe auch grundlegend zur heutigen Rolle der Taxis für den öffentlichen Verkehr Kummer/ Stefanov, Öffentlicher Verkehr und Taxi, Internationales Verkehrswesen 4/ 2019, S. 14 (Teil 1) und Internationales Verkehrswesen 1/ 2020, S. 10 (Teil 2). 2 Römer/ Salzgeber: Verkehrswende in Deutschland braucht differenzierte Ansätze in Stadt und Land, KfW Research Nr. 363 v. 11.01.2022, 1 (3). 3 Koalitionsvertrag 2021 - 2025 zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP, S. 39 f. 4 EU-Kommission, Bekanntmachung v. 02.02.2022, 2022/ C 62/ 01, S. 10 f, C. 5 Landkreis Freudenstadt (vgl. den Taxiflyer unter www.vgf-info.de mit Hinweis auf die App-Buchungsmöglichkeit); ein ÖPNV-Taxi wird demnächst u.- a. in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Garmisch-Partenkirchen, Lüchow-Dannenberg, Harz, Gütersloh sowie Bad Salzuflen starten; der Landkreis Cloppenburg prüft gerade die Einführung des ÖPNV- Taxis nach dem Vorbild des Nachbarlandkreises Vechta. 6 EuGH, Urt. v. 05.06.2008 C-164/ 07, Rn. 13 m.w.N. 7 Der Landkreis Vechta hat aktuell etwa 147 Tsd. Einwohner und laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes am 01.01.2023 etwa 91 Tsd. zugelassene Pkw. Damit bringen die Bürger dieses Landkreises geschätzt 365 Mio. € p.- a. für die Nutzung ihrer Pkw auf. 8 Seit 1. Dezember 2023 sind auch Fahrten mit der neuen landesbedeutsamen Buslinie zwischen Vechta und Cloppenburg als Teil von über die Mobilitätsplattform angebotenen Beförderungsketten möglich. Damit kann das ÖPNV-Taxi auch als MOBILITÄT ÖPNV Eingangsabbildung: © Landkreis Vechta, Steinkamp Hubertus Baumeister, Dr. Rechtsanwalt, BBG und Partner baumeister@bbgundpartner.de Horst Benz, Dipl.-Ing. Geschäftsführer kreamobil GmbH horst.benz@kreamobil.de Stephan Diekmann Landkreis Vechta, Zuständig für moobil+ 2632@landkreis-vechta.de Samir El-Zahab nbsw nahverkehrsberatung, Partner el-zahab@nbsw.de Christoph Zahrnt Projektverträge Ein Leitfaden für Projektmitarbeiter: innen 1. Au age 2023, 302 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-7398-3240-1 eISBN 978-3-7398-8240-6 Bei der Arbeit in Projekten hat man auf verschiedene Weise mit dem Vertragsrecht zu tun. Das Buch unterstützt unter anderem dabei, was bei der Erstellung einer Leistungsbeschreibung aus rechtlicher Sicht beachtet werden sollte. Die Leistungsbeschreibung kann den größten Teil eines Vertragsdokuments ausmachen. Der Autor erklärt zudem, was bei der sachgerechten Projektdurchführung in rechtlicher Hinsicht zu beachten ist. Hier spielt insbesondere die Abnahmeprüfung eine zentrale Rolle. Anzeige Zu- und Abbringer zu dieser wichtigen Linie innerhalb einer aufeinander abgestimmten Mobilitätskette genutzt und zusammen mit Fahrten auf der landesbedeutsamen Linie beauskunftet, gebucht und bezahlt werden. ÖPNV MOBILITÄT