Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2024-0015
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2024
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Ein Jahr Deutschland-Ticket - sieben Thesen für den langfristigen Erfolg
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2024
Knut Ringat
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DOI: 10.24053/ IV-2024-0015 Internationales Verkehrswesen (76) 2 ǀ 2024 3 Knut Ringat Prof., Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes Ein Jahr Deutschland-Ticket - sieben Thesen für den langfristigen Erfolg Liebe Leserinnen und Leser, ein Jahr Deutschland-Ticket liegt hinter uns. Inzwischen haben wir Fahrgastzahlen wie annähernd vor Corona trotz Home-Office - ein überschaubares Ergebnis für einen Einsatz von 3 bis 4 Mrd. Euro pro Jahr. Für einen echten Branchenerfolg ist noch Luft nach oben, neben der Tatsache, dass für die Fahrgäste nun endlich klassische Grenzen im ÖPNV gefallen sind. Die Verkehrsbranche sollte Mobilitätsangebot und Ticketing auf das Deutschland-Ticket anpassen. Folgende Thesen sind dazu Voraussetzung: 1. Das Erfolgspotenzial ausschöpfen - Branche muss klare Ziele stecken Derzeit wird nur ein knappes Prozent Neukunden erreicht. Von einem finanziellen Erfolg kann erst ab 20 Prozent Steigerung an Neukunden die Rede sein; Klimaziele erreicht man erst ab einer Steigerung von 30 Prozent. 2. Das D-Ticket kann Potenzial nur mit verbindlich-langfristigen Maßnahmen ausschöpfen Bund, Länder und Branche sind noch uneins über die zukünftige Finanzierung des Deutschland-Tickets. Langfristige Finanzierungszusagen, etwa für zehn Jahre analog der Regionalisierungsmittel, sind essenziell, um planbar das volle Potenzial der Verkehrsbranche auszuschöpfen und sowohl Angebote als auch Resttarife zwingend danach auszurichten. 3. Das D-Ticket darf nicht als singuläre Maßnahme umgesetzt bleiben Neben der Branchenfinanzierung muss auch das Leistungskostengutachten fortgeschrieben und das neue Mobilitätsverhalten Berücksichtigung finden. Dem Tarifdschungel muss ein Ende gesetzt werden - ein Deutschland- Angebot muss her. Die Bedienungsstandards müssen harmonisiert, die Infrastruktur weiterentwickelt und Maßnahmen gegen den Personalmangel ergriffen werden. 4. Das D-Ticket braucht eine bundesweit einheitliche Struktur Tarif- und Beförderungsbedingungen sowie der digitale Vertrieb müssen vereinheitlicht, flächendeckende Kontrollen und ein einheitliches und ernsthaftes deutschlandweites Marketing eingeführt werden. 5. Das D-Ticket bedarf einer funktionsfähigen und rechtssicheren bundesweiten Einnahmeaufteilung Die Einnahmeaufteilung muss verbindlich und vertraglich geregelt sein, rechtsfreie Räume müssen beseitigt werden. Hierfür bedarf es eines abgestimmten, tragfähigen Verfahrens und einer einheitlichen technischen Infrastruktur sowie einer Definition der Datengrundlage. 6. Das D-Ticket als bundesweites Produkt benötigt bundesweite Governance Das Deutschland-Ticket muss durch eine feste Instanz gesteuert und fortgeschrieben werden. Bisher fehlt hierzu die Tarifgeber-Kompetenz. 7. Branche erschließt Einspareffekte über Verlagerung auf digitalen Vertrieb Ein einheitliches mandantenfähiges Hintergrundsystem muss künftig die Vertriebskanäle übergreifend versorgen. Ticketautomaten verlieren dann an Bedeutung. Mit dem Deutschland-Ticket haben wir in kürzester Zeit schon viel erreicht, es bleibt aber noch einiges zu tun - packen wir es an! Ihr Knut Ringat EDITORIAL
