Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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Mobilitätsbezogene Maßnahmen zur Erreichung einer nachhaltigen Fußball-Europameisterschaft
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Dominic Hofmann
Philipp Altinsoy
Die UEFA EURO 2024 findet vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 in zehn Stadien in Deutschland statt. Erwartet werden rund 2,7 Millionen Stadiongäste und über 10 Millionen Personen in den Fan Festival Locations der Host Cities. Die Vision des Veranstalters sieht vor, dass das Turnier ein Vorbild für nachhaltige Veranstaltungen im Sport sowie eine Triebfeder für nachhaltige Entwicklung in Deutschland und in Europa wird. Neben speziellen Angeboten im öffentlichen Nah- und Fernverkehr werden folgend auch die Bereiche der Kommunikation sowie die Gestaltung des Spielplans zur Reduzierung von Reisewegen erläutert.
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DOI: 10.24053/ IV-2024-0016 Internationales Verkehrswesen (76) 2 ǀ 2024 6 Mobilitätssicht eine optimale geografische Voraussetzung für eine kontinentale Meisterschaft. Wegestrecken für Fans und Mannschaften können somit möglichst kurzgehalten werden. Zudem existieren alle notwendigen Infrastrukturen auf Schiene, Straße und für den Luftverkehr. Dies betrifft nicht nur die internationale und nationale An- und Abreise im Fernverkehr, sondern primär auch vorhandene Wegeverbindungen im städtischen Bereich. B ei internationalen Sportgroßveranstaltungen wird ein Großteil der Gesamtemissionen durch den Verkehrssektor erzeugt. Dies ist auch für die UEFA EURO 2024 zu erwarten [1]. Trotzdem hat die diesjährige Fußball-Europameisterschaft aufgrund diverser Faktoren und spezifischer Maßnahmen des Veranstalters das Ziel, die grünste EURO aller Zeiten zu werden. Der Standort Deutschland bietet durch seine zentrale Lage in Mitteleuropa aus Die 51 Spiele der UEFA EURO 2024 verteilen sich über die Host Cities Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Für keines der Spiele war ein Stadionneubau notwendig. Die EURO-Spielstätten verfügen vor allem im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs bereits heute über leistungsfähige Anbindungen. Entsprechende Verbindungen werden während des Turniers im Takt verdichtet, bestehende Bedienungszeiträume erweitert so- Mobilitätsbezogene Maßnahmen zur Erreichung einer nachhaltigen Fußball-Europameisterschaft UEFA EURO 2024, Mobilität, Fußball, Nachhaltigkeit, Sportgroßveranstaltung, Eventverkehr Die UEFA EURO 2024 findet vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 in zehn Stadien in Deutschland statt. Erwartet werden rund 2,7 Millionen Stadiongäste und über 10 Millionen Personen in den Fan Festival Locations der Host Cities. Die Vision des Veranstalters sieht vor, dass das Turnier ein Vorbild für nachhaltige Veranstaltungen im Sport sowie eine Triebfeder für nachhaltige Entwicklung in Deutschland und in Europa wird. Neben speziellen Angeboten im öffentlichen Nah- und Fernverkehr werden folgend auch die Bereiche der Kommunikation sowie die Gestaltung des Spielplans zur Reduzierung von Reisewegen erläutert. Dominic Hofmann, Philipp Altinsoy FORUM Großveranstaltungen Veranstalter 14. - 16. Mai 2024 Messe Karlsruhe N E X T S TO P I T - T R A N S ! Jetzt Ticket sichern: it-trans.org Fachmesse | Konferenz | Netzwerken Unter der Schirmherrschaft von Dr. Volker Wissing Bundesminister für Digitales und Verkehr Partner DOI: 10.24053/ IV-2024-0016 Internationales Verkehrswesen (76) 2 ǀ 2024 8 FORUM Großveranstaltungen Camps“ auszuwählen. Die meisten Teams sind dieser Empfehlung gefolgt. Zur An- und Abreise in die Host Cities steht den Mannschaften die Wahl des Verkehrsmittels frei zur Verfügung. Die EURO 2024 GmbH bietet den Teams auf sinnvollen Verbindungen die Reise mit dem Schienenfernverkehr an. Hierzu wurden in Zusammenarbeit mit diversen Akteuren umfangreiche Maßnahmen entwickelt. Speziell auf Verbindungen, bei denen die Schiene über zeitliche Vorteile verfügt, wird diese Möglichkeit seitens der Mannschaften zahlreich in Anspruch genommen werden. Die vollständige Vermeidung von Emissionen im Verkehrssektor ist bei Großveranstaltungen nicht möglich. Aufgrund dessen übernimmt der Veranstalter unter dem Motto „United by Football - Together for Nature“ durch einen Klimafonds Verantwortung für die unvermeidbaren Emissionen. Insgesamt wird auf Basis von Ex-Ante Prognosen eine Summe von rund sieben Millionen Euro den deutschen Fußball-Amateurvereinen zur Umsetzung von nachhaltigen Projekten in den Bereichen Smart Mobility, Energie, Wasser sowie Abfallmanagement zur Verfügung gestellt. Die Realisierung der zahlreichen Maßnahmen im Mobilitätsbereich erfordern eine jahrelange Vorbereitung und Zusammenarbeit verantwortlicher Akteure auf diversen Ebenen. Neben dem Veranstalter betrifft dies die Host Cities, Verkehrsakteure, Behörden wie auch zahlreiche privatwirtschaftliche Unternehmen der Verkehrs-, Sicherheits- und Eventbranche. Zielstellung ist dabei stets eine emissionsarme, störungsfreie und sichere An- und Abreise von Fans und Mannschaften zu allen 51 Spielen der UEFA EURO 2024 in Deutschland. ■ Eingangsabbildung © Henri-Delaunay-Pokal. Quelle: EURO 2024 GmbH Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel hingewiesen. Dieser Ansatz wird auch auf der Informationsplattform des Turniers (Event Guide) fortgeführt. Neben zahlreichen Zusatzangeboten im ÖPNV werden auch Fuß- und Radverbindungen in den Vordergrund gestellt. Entsprechende Routen werden in den Host Cities durch spezielle Beschilderungskonzepte ausgewiesen. Das Design dieser Beschilderungselemente ist aufgrund der Wiedererkennbarkeit deutschlandweit einheitlich. Darüber hinaus werden über die UEFA-App diverse Karten digital zur Verfügung gestellt. Diese geben Auskunft über An- und Abreisewege in der Region, in den Host Cities sowie rund um die Stadien. Außerdem wird auf allen Kommunikationskanälen des Veranstalters auf relevante Auskunftsplattformen der Verkehrsakteure hingewiesen. Zusätzlich bietet die App die Möglichkeit, mobilitäts- und sicherheitsrelevante Aspekte direkt an die Stadiongäste zu kommunizieren. Speziell bei potenziellen Störungsfällen ist dies eine sehr effektive Methode schnell und direkt in Kontakt mit einer umfangreichen Zahl der Stadiongäste zu kommen. Eine weitere Maßnahme, um die Wegestrecken von Fans und Mannschaften möglichst gering zu halten, ist die Bildung von regionalen Clustern innerhalb Deutschlands. Die Austragungsorte wurden bereits im Vorfeld der Gruppenauslosung in drei Regionen eingeteilt. Die Mannschaften spielen in der Vorrunde in der Regel lediglich in einer, maximal jedoch in zwei Regionen. Zudem wurde den Mannschaften seitens des Veranstalters empfohlen, auch in diesen Regionen sogenannte „Team Base wie - falls notwendig - durch Sonder- und Shuttleverkehre ergänzt. Der Veranstalter der UEFA EURO 2024 ist die EURO 2024 GmbH. Als Joint Venture der UEFA und des Deutschen Fußball Bund e. V. hat sie die Verantwortung für den Stadionbereich. Über die Wahl des Verkehrsmittels zur An- und Abreise entscheiden die Stadiongäste selbst. Der Anspruch des Veranstalters ist es jedoch, dass möglichst viele Personen ein nachhaltiges Verkehrsmittel wählen. Zusammen mit diversen Akteuren wurden zahlreiche Maßnahmen entwickelt, um die Nutzung entsprechender Verkehrsmodi attraktiv zu gestalten. Dies gilt sowohl für die Fahrten von Fans als auch für Fahrten der Mannschaften. Speziell bei der An- und Abreise im Fernverkehr liegt bei internationalen Sportgroßevents ein Schwerpunkt auf dem Flugverkehr. Um diesen Umfang zu reduzieren, wurden im Rahmen der Partnerschaft mit der Deutschen Bahn AG international sowie national umfangreiche Angebote für Stadiongäste ermöglicht. Der Interrail Pass EURO 2024 ermöglicht eine vergünstigte Nutzung des Zugverkehrs aus zahlreichen europäischen Ländern. Zudem besteht innerhalb Deutschlands für Stadiongäste die Option, das DB Ticket EURO 2024 zu erwerben. Ermöglicht wird hier ein attraktiver Festpreis im nationalen Schienenfernverkehr (29,90€ 2. Klasse; 39,90€ 1. Klasse). In vier von zehn Host Cities wird im direkten Stadionumfeld kein Erwerb von Parktickets möglich sein. In den übrigen Venues ist der Umfang stark begrenzt. Aufgrund dessen wird bereits ein Großteil der Stadiongäste mit dem ÖPNV anreisen. Um diese Option noch attraktiver zu gestalten, beinhaltet das Stadionticket die sogenannte „36-Stunden-Fahrkarte“. Nutzbar ist diese ohne Zusatzkosten am Spieltag von 6 Uhr morgens bis zum Folgetag 18 Uhr. Es bietet den Stadiongästen neben der An- und Abreise zum Spiel auch die Möglichkeit auf weiteren Wegeverbindungen im gesamten Verkehrsverbund der jeweiligen Host City mobil zu sein. In Nordrhein-Westfalen können Stadiongäste sogar in beiden Verkehrsverbünden (VRR und VRS) übergreifend reisen. Die Ticketdaten zeigen, dass im Schnitt der überwiegende Teil der Stadiongäste aus dem Ausland anreisen wird. Auch die Verteilung innerhalb Deutschlands ist erwartungsgemäß national verteilter als bei regulären Spielen in den Stadien. Daraus folgt, dass ein Großteil der Personen zum ersten Mal im jeweiligen Stadion sein wird. Die damit einhergehende geringe Ortskenntnis birgt die Möglichkeit, die Stadiongäste bei der Wahl des Verkehrsmittels und entsprechender Routen hin zu möglichst nachhaltigen Optionen zu beeinflussen. So wurde bereits bei der Vergabe der Tickets auf eine Bild 1: v. l. n. r.: Philipp Lahm (Turnierdirektor), Dr. Richard Lutz (Vorstandsvorsitzender Deutsche Bahn AG), Dr. Volker Wissing (Bundesminister für Digitales und Verkehr). Quelle: EURO 2024 GmbH LITERATUR [1] Öko-Institut e.V. (2022): Konzept- und Machbarkeitsstudie „klimaneutrale“ UEFA EURO 2024, S. 22, online: https: / / www.oeko.de/ fileadmin/ oekodoc/ Klimaneutrale_EURO2024.pdf (Abruf: 12.02.2024). Dominic Hofmann, Dr.-Ing., Urban Mobility Expert, EURO 2024 GmbH, Frankfurt am Main Philipp Altinsoy, M.A., Mobility Coordinator, EURO 2024 GmbH, Frankfurt am Main
