eJournals Internationales Verkehrswesen 76/2

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2024-0019
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EU-Verkehrspolitik muss sich um private Investoren kümmern

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Frank Hütten
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Internationales Verkehrswesen (76) 2 ǀ 2024 19 DOI: 10.24053/ IV-2024-0019 erstatter des Europäischen Parlaments für die Verordnung über transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V). Er meint, wenn der Kern des TEN-V bis 2030 wie vorgesehen ertüchtigt werden soll, müsste allein im Gemeinschaftshaushalt das siebenjährige CEF-Budget von rund 27 auf 52 Milliarden Euro verdoppelt werden. Die EU-Kommission hat aber die Erfahrung gemacht, dass die Mitgliedstaaten trotz aller guten Argumente die Vorschläge für das EU-Verkehrsbudget am Ende gerne zusammenstreichen. Auch in anderen Politikbereichen ist der Finanzbedarf groß. Die Konsequenzen der geopolitischen Spannungen oder die Unterstützung der Ukraine binden zum Beispiel riesige Summen. Zumindest das EU-Budget für militärische Mobilität dürfte unter diesen Umständen größer werden. Davon würde auch die zivile Transportwirtschaft profitieren. Neben den Haushalten der EU und der Mitgliedstaaten müssen aber weitere Finanzquellen gefunden werden. Der kreditfinanzierte Corona-Wiederauf baufonds der EU steht nur noch bis 2026 zur Verfügung. Mit einer Finanzierung von Verkehrsprojekten durch weitere EU-Schuldverschreibungen brauche man den Mitgliedstaaten derzeit gar nicht erst zu kommen, heißt es im Umfeld von EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn. Auch die Europäische Investitionsbank, die mit Kapital der Mitgliedstaaten Unternehmen günstige Kredite besorgt, hat ihren derzeitigen Finanzspielraum nahezu ausgeschöpft. Stärker angezapft werden müsste der private Kapitalmarkt. Bei Verkehrsinfrastrukturprojekten ist das oft schwierig. Einige Versuche, Investoren mit Hilfe von EU-Garantien auch in diese Bereiche zu locken, wurden mit dem Programm InvestEU bereits unternommen. Bei der Herstellung nachhaltiger Treibstoffe, dem Bau von Ladeinfrastruktur, sicheren Lkw-Parkplätzen und wo es sonst noch möglich erscheint, muss die EU die Rahmenbedingungen so setzen, dass sich Investoren realistische Geschäftschancen eröffnen. Häufig beklagt wird, dass sich der Auf bau einer EU-Kapitalmarktunion seit Jahren dahinschleppt. Europäische Großanleger investieren offenbar lieber weiterhin Hunderte Milliarden Euro im liquideren US-Markt als in Europa. Hier ist ein dickes Brett, was es mit Blick auf den künftigen Finanzbedarf auch für Verkehrspolitiker zu bohren lohnt. ■ E s wird noch bis nächstes Jahr dauern, bevor die EU-Kommission einen Vorschlag macht, wie der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) der EU für die Jahre nach 2027 aussehen soll. Die Diskussionen, wer künftig wie viele Milliarden aus dem Gemeinschaftshaushalt für welche Zwecke bekommt, laufen aber jetzt schon an. Bei den Connecting Europe Days, dem großen Treffen der europäischen Transportwirtschaft und -politik mit über 3.700 Teilnehmern war das Thema Finanzen allgegenwärtig. Direkt im Anschluss suchte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Gespräch mit der Branche bei einem Diskussionsforum über die Finanzierung eines umweltverträglicheren Verkehrssystems. Geladen war neben der Verkehrsbranche auch die Finanzwelt, und das absolut zu Recht. Denn der Finanzbedarf ist quasi unendlich. Aus öffentlichen Kassen, das war bei den Connecting Europe Days immer wieder zu hören, wird er auf keinen Fall zu decken sein. Allein für die Ausrüstung der europäischen Güterwaggonflotte mit dem Hoffnungsträger Digitale Automatische Kupplung meldet die Branche einen Förderbedarf von 13 Milliarden Euro an. Wollte die EU das aus der Connecting Europe Facility (CEF), dem wichtigsten EU-Finanzinstrument für die Verkehrsinfrastruktur, bezahlen, wäre bereits fast die Hälfte des verfügbaren Budgets für die Jahre 2020 bis 2027 ausgegeben. Und dabei gibt es zahllose wichtige Projekte, die noch viel teurer sind. Etwa der Ausbau von Bahnstrecken und Umschlagterminals, die Vorbereitung der Häfen auf das Handling neuer Energieträger, der Auf bau eines Ladenetzes für E-Lkw, die Digitalisierung des Verkehrssystems und seine Anpassung an den Klimawandel, um nur einige zu nennen. Jede Ausschreibung von CEF-Fördermitteln ist dreibis vierfach überzeichnet. Viele Projekte, die die Kommission gerne fördern würde, bleiben auf der Strecke. Über 40 europäische Verbände aller Verkehrsträger und der Verladerschaft haben der Kommission jetzt einen gemeinsamen Aufruf überreicht, im nächsten MFR für mehr Geld für die Transportwirtschaft zu sorgen. Schließlich sei Transport für das Gedeihen der meisten Wirtschaftsbranchen unverzichtbar. Wie groß der künftige EU-Verkehrshaushalt mindestens sein muss, traut sich in diesem frühen Stadium der Debatte kaum jemand zu sagen. Eine Ausnahme ist Dominique Riquet, Ko-Bericht- EU-Verkehrspolitik muss sich um private Investoren kümmern B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON FRANK HÜTTEN Frank Hütten EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung