Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2024-0038
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Eisenbahninfrastruktur zielgerichtet ausbauen
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Bastian Kogel
Fabian Stoll
Maren Maus
Die Kapazität der Eisenbahninfrastruktur steht im Rahmen verkehrspolitischer Fragestellungen oftmals im Fokus. So sind bereits heute viele Strecken und Knoten des Eisenbahnnetzes stark ausgelastet. Zur Bewältigung des prognostizierten Verkehrswachstums auf der Schiene ist der Neu- und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zwingend erforderlich, jedoch sehr kostenintensiv und nur langfristig umsetzbar. Einer nachfragegerechten Priorisierung der umzusetzenden Infrastrukturmaßnahmen kommt daher im Rahmen einer netzweiten Steigerung von Kapazität und Betriebsqualität eine entscheidende Rolle zu.
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klar zur Einführung des Deutschlandtaktes bekannt [2]. Wesentliche Voraussetzung für eine solche Verkehrsverlagerung und den Erfolg des Deutschlandtaktes ist das Vorhalten ausreichender Kapazitäten - sowohl infrastrukturals auch fahrzeugseitig. Insbesondere die Kapazität der Eisenbahninfrastruktur steht verkehrspolitisch oftmals im Fokus [3]. So sind bereits heute viele Eisenbahnstrecken und -knoten stark ausgelastet oder sogar überlastet [4]. Hinzu kommen temporäre Kapazitätseinschränkungen aufgrund von Einleitung Die Verlagerung von Verkehren auf die Schiene stellt einen wesentlichen Baustein einer nachhaltigen Mobilität und Reduzierung der CO 2 -Emissionen dar. Das verkehrspolitische Ziel der Bundesregierung im Schienenverkehr lautet, die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2019 zu verdoppeln und den Marktanteil im Güterverkehr auf 25 % zu erhöhen [1]. Trotz größerer Finanzierungslücken aufgrund einer zunehmend restriktiven Fiskalpolitik des Bundes hat sich die Politik Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen über weite Teile des Schienennetzes. Ein größerer Anteil der Schieneninfrastruktur kann die nachgefragte Menge an Zugfahrten daher kaum noch aufnehmen. Zugfahrten auf hochausgelasteten Strecken erleiden vielfach Verspätungen mit negativen Auswirkungen auf die netzweite Betriebsqualität [5]. Das prognostizierte Verkehrsmengenwachstum auf der Schiene erfordert daher zwingend kapazitätserweiternde Neu- und Ausbauten der Eisenbahninfrastruktur. Eisenbahninfrastruktur zielgerichtet ausbauen Nachfragegerechte Priorisierung von Infrastrukturmaßnahmen zur Steigerung der Kapazität Kapazität, Eisenbahninfrastruktur, Infrastrukturausbau, Verkehrsnachfrage, Dimensionierung, Wirtschaftlichkeit Die Kapazität der Eisenbahninfrastruktur steht im Rahmen verkehrspolitischer Fragestellungen oftmals im Fokus. So sind bereits heute viele Strecken und Knoten des Eisenbahnnetzes stark ausgelastet. Zur Bewältigung des prognostizierten Verkehrswachstums auf der Schiene ist der Neu- und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zwingend erforderlich, jedoch sehr kostenintensiv und nur langfristig umsetzbar. Einer nachfragegerechten Priorisierung der umzusetzenden Infrastrukturmaßnahmen kommt daher im Rahmen einer netzweiten Steigerung von Kapazität und Betriebsqualität eine entscheidende Rolle zu. Bastian Kogel, Fabian Stoll, Maren Maus INFRASTRUKTUR Eisenbahninfrastruktur Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 16 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038 Neu- und Ausbaumaßnahmen von Eisenbahninfrastruktur weisen üblicherweise jahrzehntelange Planungs- und Umsetzungszeiträume auf und erfordern jährlich Milliardeninvestitionen [6]. Die sorgfältige Priorisierung erforderlicher Infrastrukturmaßnahmen ist angesichts des Zeit- und Mittelbedarfs von entscheidender Bedeutung. Hierzu ist eine Identifikation zukünftiger und vorhandener Engpässe des Schienennetzes elementar. Die langfristige Infrastrukturdimensionierung erfolgt gegenwärtig insbesondere mittels analytischer Verfahren, die erforderliche Kapazitäten anhand grober Annahmen des zu erwartenden Fahrplanangebots ermitteln [7]. Die Detektion derjenigen Infrastrukturbereiche, die bereits heute zu Überlastungserscheinungen neigen, wird vor allem durch die Auswertung realer Betriebsdaten vorgenommen. Sowohl analytische als auch anhand realer Betriebsdaten abgeleitete Ergebnisse beziehen sich auf Zugzahlen je Infrastrukturabschnitt. Das strecken- und knotenspezifische Fahrgast- oder Transportvolumen sowie aktuelle und zukünftige Zugauslastungen sind für die Verfahren unerheblich. Konkret bedeutet dies, dass Verfahren Kapazitätsengpässe und Ausbauerfordernisse gegebenenfalls auch dann ermitteln, wenn die betrachteten Schienenwege im netzweiten Vergleich eine vergleichsweise geringe Nachfrage bündeln und die Zugfahrten nur in Teilen mit Fahrgästen bzw. Gütern ausgelastet sind. Die Bestimmung der Nachfragewirkung identifizierter Kapazitätsengpässe ist daher von eminenter Bedeutung, wenn Investitionen möglichst zielgerichtet und wohlfahrtsoptimierend erfolgen sollen. Kapazitätsbestimmung im Rahmen der langfristigen Infrastrukturdimensionierung Kapazität ist im Eisenbahnwesen als diejenige Zuganzahl definiert, welche auf einer Infrastruktur innerhalb eines betrachteten Zeitraums abgewickelt werden kann, ohne ein akzeptiertes Qualitätsniveau zu unterschreiten. Zur Kapazitätsermittlung stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, darunter konstruktive, simulative und analytische Verfahren. Die Auswahl eines Verfahrens erfolgt u. a. in Abhängigkeit vom gewünschten Detailgrad der Abbildung von Infrastruktur und Betriebsprogramm sowie der Komplexität der Fragestellung. Zur langfristigen Infrastrukturdimensionierung werden derzeit insbesondere analytische Verfahren angewendet, welche auf der sogenannten Warteschlangentheorie basieren. Diese Verfahren erfordern nicht zwingend die Kenntnis eines detaillierten Fahrplans; allgemeine Angaben zum Betriebsprogramm (Anzahl Zugfahrten, Anteil Personenzüge und Zuordnung zu Zeitscheiben) sind hier ausreichend. Dies war im Rahmen der langfristigen Infrastrukturdimensionierung lange Zeit eine zweckmäßige Eigenschaft, da die Planung und Umsetzung von Neu- und Ausbaumaßnahmen viele Jahre in Anspruch nehmen und der exakte Fahrplan für die Zukunft oftmals noch nicht bekannt war. Mit der Einführung des Deutschlandtaktes liegen auch für langfristige Infrastrukturmaßnahmen detailliertere Informationen bezüglich der geplanten Zugfahrten vor, sodass sich die analytischen Verfahren hin zu einer mehr auf den Fahrplan ausgerichteten Sicht weiterentwickeln lassen [8, 9]. Die mithilfe analytischer Verfahren ermittelte Auslastung einer Infrastruktur wird einer auslastungsabhängigen Qualitätskenngröße gegenübergestellt. Dies sind i. d. R. Wartezeiten, die Züge in einer Bedienstelle (z. B. Strecke oder Bahnhof) erleiden, bis eine Abfertigung möglich ist. Grundsätzlich steigt die resultierende Wartezeit mit zunehmender Auslastung der Infrastruktur an (Bild 1). Bei einer geringen Auslastung der Infrastruktur weist diese noch ausreichende Kapazitätsreserven auf. Ist die Infrastrukturauslastung hingegen hoch, so ist von einer risikobehafteten bis mangelhaften Betriebsqualität auszugehen. Eine optimale Auslastung der Infrastruktur liegt vor, wenn die resultierenden Wartezeiten mit einem akzeptierten Qualitätsniveau übereinstimmen. Die Dimensionierung von Eisenbahninfrastruktur erfolgt auf Basis der entsprechenden Zuganzahl, welche als Nennleistung bezeichnet wird. Die Kapazitäten werden derzeit jeweils getrennt für Strecken, Fahrstraßenknoten und Gleisgruppen ermittelt. Eine netzweite Kapazitätsbetrachtung, die Wechselwirkungen mit anderen Elementen des Netzes berücksichtigt, ist folglich noch nicht gegeben. Diese wäre jedoch zur Dimensionierung langfristig geplanter Neu- und Ausbauvorhaben des Schienennetzes erforderlich. Ein Verfahren, das nutzbare Streckenkapazitäten unter Berücksichtigung netzweiter Abhängigkeiten ermittelt, befindet sich derzeit in der Entwicklung [10, 11]. Somit kann beispielsweise abgeschätzt werden, welche Netzabschnitte noch über Kapazitätsreserven verfügen oder wie sich unterschiedliche Infrastrukturauslastungen auf das gesamte betrachtete Netz auswirken. Identifikation aktueller Kapazitätsengpässe im Schienennetz Neben der beschriebenen Methodik zur langfristigen Infrastrukturplanung ist es sinnvoll, bei der Priorisierung von Maßnahmen auch das aktuelle Betriebsgeschehen zu berücksichtigen. Die Auswertung realer Betriebsdaten eignet sich dazu, bestehende Kapazitätsengpässe zu identifizieren. Eine zentrale Kenngröße zur Beurteilung des Engpassgeschehens ist die sogenannte Verspätungsschwere. Diese berücksichtigt den Verspätungszuwachs der Zugfahrten, die auf einem betrachteten Infrastrukturelement verkehren. Verspätete Zugfahrten werden zudem in Verspätungskategorien eingeteilt in Abhängigkeit davon, ob diese zuvor planmäßig verkehrten oder bereits Verspätungen aufgewiesen haben [12, 13]. Zur Visualisierung der Verspätungsentwicklung innerhalb einer Betriebsstelle oder eines Streckenabschnittes eignen sich Sunburst-Diagramme (Bild 2). Dargestellt ist die Verteilung auf die jeweiligen Verspätungskategorien (mittlerer Ring) sowie die Veränderung der Verspätungskategorie gegenüber dem zuvor gelegenen Infrastrukturbereich (äußerer Ring). Weist der betrachtete Infrastrukturabschnitt einen hohen Anteil an rot Bild 1: Entwicklung der Wartezeiten in Abhängigkeit der Zuganzahl und zugehörige Qualitätsstufen Eisenbahninfrastruktur INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 17 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038 Herausforderungen einer nachfragegerechten Angebotsausweitung In straßengestützten Verkehrssystemen gelingt die Anpassung des Verkehrsangebotes an eine veränderte Verkehrsnachfrage im Vergleich zu schienengeführten Systemen in der Regel schneller und kostengünstiger. Aufgabenträger des städtischen Öffentlichen Straßenpersonenverkehrs (ÖSPV) sind etwa in der Lage, Betriebszeiten, Linienverläufe, Takte oder Gefäßgrößen binnen einer Fahrplanperiode an eine neue Nachfragesituation anzupassen. So lässt sich die Straßeninfrastruktur durch Vorrangregelungen, Bussonderspuren und weitere Maßnahmen vergleichsweise gut für den Mehrverkehr im ÖSPV ertüchtigen. Hinzu kommen Busflotten, die sich aus unterschiedlichen Gefäßgrößen einschließlich Reservefahrzeugen zusammensetzen. Aktuelle Herausforderungen stellen hier vor allem fehlendes Fahrpersonal, begrenzte Wartungs- und Abstellkapazitäten in den Betriebshöfen oder Baustellen im städtischen Straßenverkehrsnetz dar [14, 15]. Auch für das Lkw- Speditionsgewerbe zeigen sich zunehmend Engpässe beim Fahrpersonal und teilweise Überlastungs- und Ausfallerscheinungen des Straßennetzes [16]. Eine nachfragegerechte Planung von Eisenbahnverkehren steht indessen vor ungleich größeren Herausforderungen. Ein wesentliches Hemmnis für Angebotsausweitungen oder eine nachfragegerechte Justierung von Fahrzeiten und Anschlussbeziehungen sind die vorhandenen Infrastrukturkapazitäten. Der im Deutschlandtakt verankerte Leitgedanke, Bahninfrastrukturen entsprechend eines Zielfahrplans auszubauen [17], spiegelt sich in der gegenwärtigen eingefärbten Elementen auf, erfolgt dort ein häufiger Verspätungsauf bau, während grüne Elemente einen Abbau von Verspätungen und blaue Elemente ein konstantes Verspätungsgeschehen kennzeichnen. Der Abgleich der beiden Kenngrößen Verspätungsschwere und Nennleistung erlaubt eine erste Einordnung der Ursachen detektierter Kapazitätseinschränkungen: Liegen für den betrachteten Infrastrukturbereich sowohl eine hohe Verspätungsschwere als auch eine deutliche Überschreitung der Nennleistung vor, kann von einem infrastrukturbedingten Kapazitätsengpass ausgegangen werden. Weist hingegen die Verspätungsschwere einen hohen Wert auf, während die Nennleistung eingehalten oder unterschritten wird, kann dies durch wenig kapazitätsschonende Fahrplankonzepte begründet sein. In diesem Fall ist zu prüfen, ob sich der Kapazitätsengpass durch eine Optimierung des konstruierten Fahrplans beseitigen lässt. Da die Ursachen kritischer Verspätungszuwächse für die einzelnen Infrastrukturbereiche i. d. R. bekannt sind, lassen sich dauerhafte Infrastrukturengpässe zumeist gut von temporären Kapazitätseinschränkungen (z. B. Baumaßnahmen) unterscheiden. Die Verknüpfung der anhand analytischer Verfahren sowie Analysen des aktuellen Betriebsgeschehens gewonnenen Erkenntnisse ist elementar, um diejenigen Infrastrukturmaßnahmen zu priorisieren, die möglichst hohe Kapazitätssteigerungen versprechen und zudem die Betriebsqualität signifikant erhöhen. Darüber hinaus sollte eine solche Priorisierung stärker als bislang an der aktuellen und prognostizierten Fahrgast- und Transportnachfrage ausgerichtet werden. Planungspraxis noch unzureichend wider. Die Angebotsplanung der SPNV-Aufgabenträger wird durch vorhandene Infrastrukturengpässe eingeschränkt, die eine Reduktion der anvisierten Anzahl an Zugfahrten und der Fahrzeugkapazitäten, den Verzicht auf planmäßige Anschlüsse sowie weitere Einschränkungen zur Folge haben [18]. So ergeben sich vermehrt Situationen, in denen ähnlich gelagerten Trassenwünschen konkurrierender EVU innerhalb bestimmter Verkehrszeiträume nicht durch adäquate Trassenangebote entsprochen werden kann [19-21]. Das auf Hauptverkehrsrelationen konzentrierte Verkehrsmengenwachstum kann mitunter nicht durch eine entsprechende Ausweitung des Zugangebotes ausgeglichen werden [22, 23]. Budgetrestriktionen und zu lange Umsetzungszeiträume bei Schienenverkehrsprojekten Einem flächendeckenden Ausbau des Schienenverkehrsnetzes stehen indessen finanzielle und zeitliche Restriktionen entgegen. Die finanzielle Beschränkung ist durch die in Deutschland praktizierte Finanzierung des Neu- und Ausbaus der Bundesschienenwege vorwiegend aus Mitteln des Bundeshaushaltes begründet. Da auf schuldenfinanzierte Investitionen weitgehend verzichtet wird, hängt der verfügbare Investitionsumfang vom Steueraufkommen und den anteilig für Verkehrswegeinvestitionen eingeplanten Haushaltsmitteln ab. Die verausgabten Haushaltsmittel betrugen bis 2020 etwa 1,0 bis 1,5 Mrd. Euro jährlich und stiegen zuletzt auf etwa 2,0 Mrd. Euro an (Bild 3). Zeitliche Restriktionen beim Ausbau der Schienenwege resultieren im Wesentlichen aus langen Planungs- und Umsetzungszeiträumen sowie begrenzten Baukapazitäten. Die gängigen Priorisierungs- und Planungspraktiken bei Infrastrukturgroßprojekten haben zur Folge, dass der Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken oder die Umgestaltung von Großknoten Jahrzehnte in Anspruch nimmt oder zwischenzeitlich zurückgestellt wird [6]. Vorhaben, die Milliardeninvestitionen erfordern, wurden typischerweise vor 20 bis 30 Jahren projektiert, ohne dass eine vollständige Realisierung stattgefunden hat. Für einige Vorhaben verzögerte sich der Baubeginn um viele Jahre oder Jahrzehnte, wie anhand von Auswertungen historischer Bundesverkehrswegepläne (BVWP) ersichtlich wird (Tabelle 1). Eine unzureichende Planungssicherheit hinsichtlich zukünftiger Projektvolumina behindert jedoch einen schnelleren Hochlauf der Baukapazitäten [25]. Infolgedessen ist zu befürchten, dass sich der Baubeginn und die Fertigstellung planfestgestellter Projekte weiter verzögern und die Baukostenentwicklung die allgemeine Inflationsrate übersteigen könnte. Bild 2: Beispielhafte Verspätungsauswertung eines Infrastrukturabschnitts INFRASTRUKTUR Eisenbahninfrastruktur Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 18 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038 Gegenwärtig enthält der Bedarfsplan für die Bundesschienenwege, welcher nach der Methodik des BVWP aufgestellt wird, in der Kategorie „vordringlicher Bedarf “ mehr als 20 umfangreiche Vorhaben mit Investitionsvolumina von jeweils mindestens 2 Mrd. Euro (Tabelle 1). Die zukünftigen Investitionen für laufende und fest disponierte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs wurden Ende 2021 auf etwa 38 Mrd. Euro beziffert. Hinzu kommen neue vordringliche Vorhaben ohne feste Finanzierungszusage mit einem Volumen von insgesamt etwa 45 Mrd. Euro [26]. Eine Abarbeitung der laufenden und fest disponierten Vorhaben des geltenden Bedarfsplans Schiene wäre daher unter der Annahme, dass die jährlichen verausgabten Haushaltsmittel zukünftig in einer ähnlichen Größenordnung liegen wie bisher, selbst unter Vernachlässigung von Kostensteigerungen frühestens Mitte der 2040er Jahre realistisch. Im selben Zeitraum bestünde kein Budget für neue bzw. zusätzliche Vorhaben. Angesichts der beschriebenen Restriktionen erscheint eine zeitnahe bzw. vollständige Umsetzung von Neu- und Ausbaumaßnahmen der Eisenbahninfrastruktur gefährdet. Umso mehr sollte der Fokus darauf liegen, den limitierten Handlungsspielraum bestmöglich auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang ist die bisherige Praxis der Bundesverkehrswegeplanung zu hinterfragen, da sie viel Budget für einige wenige Großprojekte bindet, ohne deren rasche Umsetzung zu garantieren [6]. Die Kapazität der Eisenbahninfrastruktur wächst in der Folge nicht kontinuierlich entsprechend der tatsächlichen Verkehrsnachfrage, sondern sprunghaft in langjährigen Intervallen. Einige der besonders kostenintensiven Neu- und Ausbauvorhaben wirkten sich in der Vergangenheit zudem nur auf einen kleinen Teil des gesamtdeutschen Schienenverkehrs kapazitätssteigernd aus [30]. Stärkere Einbindung der Nachfrage bei der Priorisierung kapazitätserweiternder Maßnahmen Erforderlich ist es daher, die Priorisierung von kapazitätserweiternden Infrastrukturmaßnahmen stärker als bislang üblich an der aktuellen sowie kurzbis mittelfristig zu erwartenden Verkehrsnachfrage auszurichten. Investitionsentscheidungen sollten auf Bild 3: Investitionen des Bundes für den Neu- und Ausbau der Bundesschienenwege 2012- 2024 (VIA nach [24]) Vorhaben des vordringlichen Bedarfs (darunter laufende und neue Vorhaben) BVWP 1992 [27] BVWP 2003 [28] BVWP 2016 [29] Gesamtkosten (Stand 2021) [26] ABS / NBS Erfurt - Leipzig / Halle n. V. l. V. l. V. 3,0 Mrd. € ABS / NBS Frankfurt - Mannheim (- Karlsruhe) n. V. n. V. n. V. 4,4 Mrd. € ABS Hamburg - Büchen - Berlin (2. Ausbaustufe) l. V. l. V. l. V. 2,8 Mrd. € ABS / NBS Hamburg - Hannover n. V. n. V. n. V. 3,9 Mrd. € ABS / NBS Hamburg - Lübeck - Puttgarden n. V. n. V. 3,5 Mrd. € ABS / NBS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt n. V. n. V. n. V. 3,7 Mrd. € ABS / NBS Hannover - Bielefeld n. V. n. V. 6,7 Mrd. € ABS Hof - Marktredwitz - Regensburg - Obertraubling n. V. n. V. 2,2 Mrd. € ABS / NBS Karlsruhe - Offenburg - Freiburg - Basel l. V. l. V. l. V. 16,1 Mrd. € ABS Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg - Leipzig / Dresden n. V. l. V. l. V. 2,7 Mrd. € ABS Leipzig - Dresden n. V. l. V l. V. 2,4 Mrd. € ABS Niederlande - Emmerich - Oberhausen n. V. n. V. l. V. 2,6 Mrd. € ABS / NBS Nürnberg - Erfurt n. V. l. V. l. V. 8,0 Mrd. € ABS München - Mühldorf - Freilassing l. V. l. V. l. V. 3,6 Mrd. € ABS München - Rosenheim - Kiefersfelden - Österreich n. V. n. V. 7,0 Mrd. € ABS / NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg n. V. l. V. l. V. 5,0 Mrd. € ABS Stuttgart - Singen - Schweiz n. V. n. V. 2,1 Mrd. € RRX Köln - Düsseldorf - Dortmund / Münster - l. V. 4,0 Mrd. € Knoten Berlin inklusive Flughafenanbindung n. V. l. V. l. V. 6,9 Mrd. € Knoten Frankfurt, Hamburg, Mannheim, München n. V. n. V. 10,0 Mrd. € Knoten Dresden, Erfurt, Halle, Leipzig, Magdeburg n. V. l. V. l. V. 2,9 Mrd. € Blau: Laufendes / fest disponiertes Vorhaben (l. V.) des vordringlichen Bedarfs Grau: Neues Vorhaben (n. V.) des vordringlichen Bedarfs ABS = Ausbaustrecke NBS = Neubaustrecke Tabelle 1: Vordringlich eingestufte Neu- / Ausbauvorhaben der Schienenwege mit Gesamtkosten ab 2 Mrd. Euro Eisenbahninfrastruktur INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 19 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038 sind diejenigen Infrastrukturelemente zu identifizieren, die im Betrieb regelmäßig von besonders hohen Verspätungszuwächsen betroffen sind [12, 13]. Durch eine kombinierte Betrachtung von Kapazitäts- und Verspätungskennzahlen ist anschließend zu bewerten, ob auf Strecken und in Knoten Restkapazitäten zur Verfügung stehen, die eine Angebotsverdichtung ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zusätzlich geplante Zugfahrten auf ihrem gesamten Laufweg freie Netzkapazitäten benötigen [10, 11]. Stehen keine entsprechenden Kapazitätsreserven zur Verfügung, sind Alternativrouten für die gewünschte Quell-Ziel-Relation zu prüfen, welche überlastete Netzabschnitte möglichst umgehen, ohne die Beförderungs- und Transportzeiten zu sehr zu erhöhen. Können keine zusätzlichen Verkehre mehr eingeplant werden, ist ein Angebotsdefizit aufgrund zu geringer Infrastrukturkapazitäten festzustellen. Aus den vorhergehenden Analyseschritten ergeben sich zudem diejenigen Netzelemente, die sich maßgeblich kapazitätslimitierend auf Verkehrsrelationen auswirken [12, 13]. Darauf auf bauend sind geeignete Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Beseitigung des Engpassgeschehens abzuleiten und deren Potenzial zur Steigerung der Kapazität zu ermitteln. Für jedes Maßnahmenpaket sind der prognostizierte Investitionsaufwand, Planungs- und Realisierungszeiten, die Anzahl zusätzlich möglicher Zugfahrten, die zu erwartende Betriebsqualität und die anzunehmende Verkehrsnachfragesteigerung darzulegen. Der gesamte Prozess ist Bild 4 zu entnehmen. Basierend auf den beschriebenen Kennzahlen können kapazitätssteigernde Infrastrukturmaßnahmen möglichst optimal auf das vorhandene Investitions- und Zeitbudget abgestimmt werden. Während das Investitionsbudget weitgehend den verfügbaren staatlichen Mitteln entspricht, stellt die Restzeit bis zur Erreichung der klimapolitisch motivierten Verkehrsverlagerungsziele eine sinnvolle Annahme für das Zeitbudget dar [32]. Ziel ist es, möglichst kostengünstige Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung zu priorisieren, die zugleich eine große Nachfragewirkung erzielen. Wichtig ist es dabei, das limitierte Zeitbudget einzuhalten. Kostenintensive, aber möglicherweise weniger nachfragewirksame Investitionen, oder Investitionen, die sich aufgrund sehr langer Umsetzungszeiträume erst binnen etlicher Jahre oder Jahrzehnte kapazitiv auswirken, würden entsprechend niedriger priorisiert. Die Bewertung der Maßnahmen sollte dabei in kurzen Zeitabständen aktualisiert werden. Schlussfolgerungen und Fazit Mit dem aufgezeigten Vorgehen würde sich die Bundesverkehrswegeplanung im Schie- Gesamtnetzes eine Ausweitung des Zugangebots besonders dringlich erscheint. Hierzu sind Schwellenwerte hinsichtlich tolerierbarer Zugauslastungen (Fahrgäste/ Sitzplätze; Ladeeinheiten/ Ladekapazitäten) zu definieren. Auslastungsgrenzen sollten explizit für nachfragestarke Zeiträume gelten, um das Verkehrsnachfrageverhalten realistisch abbilden zu können. Werden Schwellenwerte für eine kritische Anzahl an Verkehrstagen überschritten, sind nachgelagerte Prüfschritte einzuleiten. In einem ersten Schritt ist für die betroffenen Strecken und Knoten zu evaluieren, ob das bestehende Zugangebot die vorhandenen Infrastrukturkapazitäten bereits vollständig auslastet. Hierbei sind Ist-Zugzahlen mit den Nennleistungen, welche mit dem in [31] dargestellten analytischen Verfahren netzweit und automatisiert ermittelt werden können, abzugleichen. Darüber hinaus ist die Betriebsqualität des bestehenden Fahrplankonzepts anhand von Verspätungskennzahlen zu beurteilen. Es einer möglichst jahresscharfen Kenntnis der Verkehrsnachfrageströme basieren. Hierzu ist ein Erfassungssystem betrieblicher und vertrieblicher Kennzahlen erforderlich. Neben der Anzahl und zeitlichen Verteilung von Zügen je Betriebstag und Netzabschnitt sind Auslastungsdaten für Personen- und Güterzüge notwendig. Quell-Ziel-Beziehungen von Fahrgästen und Gütern sowie deren Umstiegsbzw. Umschlagsorte sind auf möglichst niedriger Aggregationsebene zu erheben und auszuwerten. Eine solche Erfassung ist dabei bundesweit und unternehmensübergreifend durchzuführen. Ausgehend von der erfassten Ist-Situation sind Prognosen für die zukünftige Entwicklung auszuarbeiten und bei erkennbaren Trendabweichungen - wie etwa im Fall der Covid- 19-Pandemie oder nach der Einführung des Deutschlandtickets - laufend anzupassen. Auf bauend auf dem zuvor skizzierten nationalen Erfassungs- und Prognosesystem ist zu beurteilen, in welchen Bereichen des Analyse Zugauslastungen A B a b Analyse der Infrastrukturauslastungen Analyse der Betriebsqualität Nachfrage im Personen- und Güterverkehr Infrastruktur- und Fahrplandaten Beurteilung der Restkapazitäten Ableitung kapazitiv wirksamer Infrastrukturmaßnahmen A B a b Berechnung Nachfragewirkung, Zeitaufwand, Kosten Haushaltsmittel Zeitbudget Klimaziele Nachfragewirkung Zeitaufwand Kosten Kapazitätsgewinn Detektion stark ausgelasteter Infrastrukturbereiche Maßnahmenpriorisierung Nachfrageermittlung Kapazitive Bewertung Priorisierung Definition von Schwellenwerten tolerierbarer Zugauslastungen Beurteilung der Fahrplankonzepte A b Bild 4: Vorschlag für eine stärkere Nachfrageorientierung kapazitätserweiternder Schieneninfrastrukturprojekte INFRASTRUKTUR Eisenbahninfrastruktur Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 20 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038 [22] J. 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Das gesamte Investitionsvolumen würde sich auf eine deutlich höhere Anzahl an Einzelprojekten aufteilen und einen erhöhten Koordinationsaufwand nach sich ziehen. Eine gesteigerte Anzahl an Bedarfsplanprojekten im Bestandsnetz stünde zudem vor der bereits heute omnipräsenten Herausforderung, den Eisenbahnbetrieb trotz Baumaßnahmen aufrechtzuerhalten bzw. baubedingte Sperrzeiten der Infrastruktur möglichst zu minimieren. Trotz dieser Herausforderungen erscheint der beschriebene Reformansatz zielführend, um die ambitionierten Verkehrsverlagerungs- und Klimaziele trotz vorhandener Budget- und Zeitrestriktionen zu erreichen. ■ LITERATUR [1] SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, and FDP, Eds., “Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP: Mehr Fortschritt wagen,” Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, Berlin, 2021. [2] BMDV, Ed., „Vorhabenskonferenz: Bund, Länder und DB wollen die Umsetzung des Deutschlandtakts gemeinsam beschleunigen: Pressemitteilung vom 08. November 2023,“ Berlin. Accessed: Jun. 17 2024. [Online]. Available: https: / / assets. ctfassets.net/ scbs508bajse/ 4zIbtbNhQzdwmvv zidxJCR/ 2e025bd0f21035bdc1e23e4d8dccab1e/ Pressemitteilung _Bund-La_nder-DB-Vorhabenkonferenz.pdf [3] S. Henckel, „Kapazität wird reguliert: Interview mit Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur,” Eisenbahntechnische Rundschau (ETR), 1+2, pp. 10-13, 2023. [4] DB InfraGO AG, Die DB InfraGO AG hat bisher 23 Schienenwege als überlastet erklärt. [Online]. Available: https: / / www.dbinfr a g o . c o m / r e s o u r c e / b l o b / 1 2 2 2 0 6 8 6 / b 1 b d35913645937527c21536e498412f/ Sachstand- UeLS-Strecken-data.pdf (accessed: Jun. 18 2024). [5] Deutsche Bahn and Statista, Anteil pünktlicher Züge und Reisender im Fernverkehr der Deutschen Bahn in den Monaten Januar 2023 bis April 2024. [Online]. Available: https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1404488/ umfrage/ puenktlichkeit-der-fernzuege-der-deutschen-bahn/ (accessed: Jun. 18 2024). [6] F. Stoll and B. Kogel, „Erfolgreiche Zukunft des Schienenverkehrs in Deutschland? : Bewältigung aktueller Herausforderungen ohne beschleunigten Infrastrukturausbau nicht möglich,” Internationales Verkehrswesen, vol. 75, no. 2, pp. 24-31, 2023. Bastian Kogel, Dr.-Ing., Oberingenieur, Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen, Mies-van-der-Rohe- Straße 1, 52074 Aachen kogel@via.rwth-aachen.de Fabian Stoll, M. Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen, Mies-vander-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen stoll@via.rwth-aachen.de Maren Maus, M. Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen, Miesvan-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen maus@via.rwth-aachen.de Eisenbahninfrastruktur INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 21 DOI: 10.24053/ IV-2024-0038
