eJournals Internationales Verkehrswesen 76/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2024-0048
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MaaS L.A.B.S. – ÖPNV in Cottbus

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Philip Michalk
Juliana Habor
Martin Jung
Rico Metschke
Anne-Katrin Osdoba
Eine zunehmende Anzahl von Haushalten verzichtet auf den eigenen Pkw. Gleichzeitig drängen solitäre Mobilitätsanbieter auf den Markt, die dazu tendieren, dem ÖPNV in öffentlicher Trägerschaft Fahrgäste zu entziehen, und dabei mehr Fahrzeugbewegungen bewirken. Parallel sehen sich Städte zunehmend mit höheren Kosten der Daseinsvorsorge bei der Bereitstellung von Mobilitätsangeboten konfrontiert. Das BMBF-geförderte Projekt MaaS L.A.B.S. ertüchtigt ÖPNV-Unternehmen, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten, indem flexible Bedarfsverkehre direkt in das Bestandsangebot integriert werden.
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die Dynamisierung und bedarfsgerechte Anpassung des öffentlichen Verkehrssystems ab, um eine flexiblere Nutzung vorhandener Kapazitäten zu ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Verbesserung der Mobilitätsangebote in schrumpfenden Regionen, indem beispielsweise statische Linienverkehre durch On-Demand-Verkehrslösungen ersetzt werden, ohne dabei die Kosten zu erhöhen. Die Innovation liegt dabei in der Einbindung von On-Demand-Verkehren in den regulären ÖPNV-Betrieb, mit ÖPNV- Ressourcen und der Anschlusssicherung an vorhandene Linienverkehre. Kern des Ansatzes ist eine IT-Lösung der IVU, aufbauend auf der IVU.suite, die bereits heute integraler Bestandteil des Betriebsleitsystems vieler ÖPNV-Betriebe ist. Das Projekt verfolgte zudem das Ziel, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen dieser neuen Mobilitätsansätze zu untersuchen, um eine nachhaltige und stadtverträgliche Transformation des Mobilitätssystems zu fördern. Ein prakti- Das Projekt Im Angesicht gegenwärtiger Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Überschreitung von Schadstoff-Grenzwerten, markantem Bevölkerungswachstum sowie einer zunehmenden Verkehrsbelastung stehen Städte in Deutschland und Europa vor komplexen Aufgaben. Diese Situation wird durch das Auftreten neuer Mobilitätsdienstleister verschärft, die mit traditionellen öffentlichen Verkehrsnetzen konkurrieren und dabei oft zu einer Erhöhung der Anzahl der Fahrzeugbewegungen beitragen. Gleichzeitig müssen sich insbesondere schrumpfende Städte und ländliche Regionen mit steigenden Kosten für die Mobilitätsinfrastruktur auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund hat das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt MaaS L.A.B.S. ein innovatives Mobilitätskonzept entwickelt, das öffentliche Verkehrsbetriebe in die Lage versetzen soll, effektiv auf diese Entwicklungen zu reagieren. MaaS L.A.B.S. zielt auf sches Beispiel für die Anwendung dieser innovativen Ansätze bietet das Testgebiet in der Stadt Cottbus, wo Teile des bestehenden Linienverkehrs der Cottbusverkehr GmbH zu einem bedarfsgesteuerten Betrieb umgestaltet werden sollen. Die Ausgangslage Die Stadt Cottbus hat gegenwärtig etwa 100.000 Einwohner. Das Testgebiet für das dynamische Bedarfsverkehrssystem beschränkt sich zunächst auf die Anruf-Buslinie 18 im westlichen Cottbuser Stadtteil Ströbitz sowie die angrenzenden Bereiche. Neben der Linie 18 befinden sich in diesem Bereich Haltestellen der Tram-Linien 2 und 3 sowie der städtischen Buslinien 12 und 16 sowie einiger überregionaler Buslinien. Im betrachteten Testgebiet wohnen 15.800 Einwohner. Die gegenwärtige Abdeckung des ÖPNV im Testgebiet kann folgender Grafik entnommen werden (Bild 1). Etwa ein Viertel der Einwohner im Testgebiet findet heute eine ÖPNV-Haltestelle MaaS L.A.B.S. - ÖPNV in Cottbus Von statischen zu bedarfsgesteuerten Verkehrssystemen ÖPNV, Bedarfsverkehr, RBL, Mobilitätsdienstleister, Mobilitätsansätze Eine zunehmende Anzahl von Haushalten verzichtet auf den eigenen Pkw. Gleichzeitig drängen solitäre Mobilitätsanbieter auf den Markt, die dazu tendieren, dem ÖPNV in öffentlicher Trägerschaft Fahrgäste zu entziehen, und dabei mehr Fahrzeugbewegungen bewirken. Parallel sehen sich Städte zunehmend mit höheren Kosten der Daseinsvorsorge bei der Bereitstellung von Mobilitätsangeboten konfrontiert. Das BMBF-geförderte Projekt MaaS L.A.B.S. ertüchtigt ÖPNV-Unternehmen, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten, indem flexible Bedarfsverkehre direkt in das Bestandsangebot integriert werden. Philip Michalk, Juliana Habor, Martin Jung, Rico Metschke, Anne-Katrin Osdoba TECHNOLOGIE  ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 58 DOI: 10.24053/ IV-2024-0048 innerhalb von 200 Metern Laufdistanz vor. Rund 13 % der Einwohner müssen mehr als 400 Meter zu Fuß bis zur nächsten Haltestelle zurücklegen. Um den Zugang zum ÖPNV für Menschen zu erleichtern, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, ist im Projekt MaaS L.A.B.S. neben der Flexibilisierung der Routenführung der Rufbuslinie 18 auch eine Erweiterung der Zugänglichkeit implementiert worden. Dies wurde durch die Einrichtung von sogenannten virtuellen Haltestellen umgesetzt, die bedarfsgesteuert auf der neuen Linie bedient werden (Bild 2). Virtuelle Haltestellen sind durch die Genehmigungsbehörde zuzulassen. Sie sind aber in aller Regel nur durch eine Markierung (etwa an einem Lichtmast) gekennzeichnet, verfügen nicht über die übliche Ausstattung mit Überdachung oder Sitzgelegenheit und können dadurch schnell und in deutlich größerer Anzahl (und Dichte) im Bediengebiet angelegt werden. Die Erweiterung des Haltestellennetzwerks bewirkt eine signifikante Verbesserung der Zugänglichkeit zum ÖPNV im Testgebiet. Über die Hälfte der Einwohner und somit mehr als doppelt so viele Menschen wie zuvor erreichen die nächste Haltestelle nun in maximal 200 Metern Laufdistanz. Weitere 42 % müssen höchstens 400 Meter und weniger als 1 % der Einwohner müssen mehr als 600 Meter bis zum nächsten Haltepunkt zurücklegen. Die Erschließung schwach versorgter Gebiete führt damit aus Kundensicht zu einer Steigerung der Angebotsqualität und aus Betreibersicht grundsätzlich zu einer Erhöhung des Fahrgastpotenzials insgesamt. Die Innovation Die Flexibilität von ÖPNV-Angeboten besteht häufig darin, dass Fahrten erst nach Bedarfsanmeldung durchgeführt werden. Die Fahrten beruhen jedoch meistens auf vorgeplanten Fahrwegen und Abfahrtszeiten. Das MaaS L.A.B.S.-Projekt verfolgte den Ansatz, sowohl die zeitliche als auch die räumliche Flexibilität zu steigern. Das entwickelte Betriebskonzept sieht vor, dass Fahrten erst nach Bedarfsanmeldung geroutet werden, sodass die Fahrwege dynamisch entstehen. Somit lassen sich mehr potenzielle Haltestellen integrieren und damit auch die Fußwege zur nächsten Haltestelle für die Fahrgäste verkürzen. Eine Bindung an vorgeplante Abfahrtszeiten entfällt. Dadurch kann die Fahrt besser an die zeitlichen Bedürfnisse der Fahrgäste und die Ankunfts- und Abfahrtszeiten anderer Verkehre angepasst werden. Das Konzept sieht auch eine Anschlusssicherung vor. Weiterhin wird die Buchung verbessert: Die telefonische Buchungsmöglichkeit (aus dem klassischen Ruf busverkehr) soll bestehen bleiben. Zusätzlich können Fahrten direkt in der Auskunfts-App der jeweiligen Verkehrsbetriebe oder des übergeordneten Verkehrsverbunds gebucht werden. Bisherige App- oder Web-basierte Lösungen sind losgelöst von anderen ÖPNV-Angeboten und ermöglichen nur die Betrachtung der Bedarfsverkehre. Die neue Lösung sieht vor, dass die gesamte Reisekette beauskunftet und ohne Weiterleitung an eine externe Plattform direkt gebucht werden kann. Durch die Digitalisierung des Prozesses können kürzere Voranmeldezeiten realisiert werden. Für Verkehrsbetriebe stehen Digitalisierung und somit Automatisierung von Bild 1: Laufdistanz zur nächsten ÖPNV-Haltestelle im Testgebiet, Status quo Bild 2: Laufdistanz zur nächsten ÖPNV-Haltestelle im Testgebiet, MaaS L.A.B.S. ÖPNV  TECHNOLOGIE Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 59 DOI: 10.24053/ IV-2024-0048 Das oben beschriebene Konzept wurde für das Verkehrsgebiet in Cottbus konkretisiert. Die schwach ausgelastete Linie 18 (heute eine Anruflinie) soll in einen On-Demand- Verkehr im Sektorbetrieb überführt werden. Das Konzept des Sektorbetriebs ist in Bild 3 dargestellt. Das Bedarfsangebot fungiert als Zu- oder Abbringer. Daher muss bei der Buchung die Anschlusshaltestelle zu anderen ÖPNV-Verkehren als Einstiegs- oder Ausstiegshaltestelle gewählt werden. Bei einer Voranmeldung bzw. mehreren Voranmeldungen wird ein optionaler Fahrweg geroutet, der die Fahrgastanfragen gebündelt berücksichtigt. Bleiben Voranmeldungen aus, findet keine Fahrt statt. Eine Vielzahl von Bedarfshaltestellen (sogenannte virtuelle Haltestellen) kann angeboten werden. In Bild 4 ist die IVU.suite dargestellt, eine Standardlösung der IVU. Teile davon sind auch bei Cottbusverkehr im Einsatz. Die IVU. suite wurde im Rahmen des MaaS L.A.B.S.- Projektes erweitert, um die oben beschriebene Betriebskonzepte zu unterstützen. Bei der Erweiterung musste sichergestellt werden, dass alle bisherigen Funktionalitäten nicht beeinträchtigt werden, da diese Standardlö- Betriebsabläufen im Fokus. Bisher wird mit vorgeplanten Fahrten gearbeitet, die je nach Bedarf gefahren werden oder ausfallen. Die Leitstellensoftware unterstützt diese Art von Verkehren bisher nur bedingt. Viele Verkehrsunternehmen greifen daher noch zu Stift und Papier, um Buchungen vorzumerken. Fahrer werden nicht automatisch über anstehende Fahrten benachrichtigt, sondern müssen häufig telefonisch kontaktiert werden. Die Fahrt selbst wird oft nicht wie klassische Linienfahrten in der Leitstelle erfasst, da diese häufig von Subunternehmern mit kleinen Fahrzeugen ohne Bordrechner durchgeführt werden. Das entwickelte System ermöglicht, dass dynamisch erzeugte Fahrten automatisiert von der Auskunfts-App über standardisierte Schnittstellen in das Leitstellensystem übertragen werden und wie herkömmliche vorgeplante Fahrten erscheinen. Bei der Fahrterzeugung wird eine optimale Route durch das Verkehrsnetz ermittelt und werden verschiedene Fahrgastanfragen gebündelt. Somit lassen sich Fahrgastwünsche effizient erfüllen. Dieses Verfahren läuft im Hintergrund ab und verlangt kein Eingreifen von Leitstellenmitarbeitern. (Eine Ausnahme stellt die telefonische Buchung dar. Dafür müssen Telefonanfragen entgegengenommen und Fahrten vom Disponenten über eine Benutzeroberfläche ins Leitstellensystem eingepflegt werden.) Die Übertragung der Fahrten von der Leitstelle zum Bordrechner im Fahrzeug erfolgt automatisch. Sollte kein festinstallierter Bordrechner vorhanden sein, können mobile Endgeräte eingesetzt werden. Wird die Fahrt durchgeführt, erscheint diese wie herkömmliche Fahrten in der Leitstelle inklusive der Möglichkeit der Ortung für Echtzeitinformationen für Disponenten und Fahrgäste. Der Disponent kann analog zu vorgeplanten Fahrten dispositive Maßnahmen durchführen. Anschlusssicherungen können automatisiert werden. sung auch von vielen anderen Verkehrsunternehmen produktiv genutzt wird. Die IVU. suite wurde dahingehend modifiziert, um dynamisch erzeugte Fahrtverläufe, die nicht in den Plandaten vorhanden sind, entgegennehmen und verarbeiten zu können. Dazu wurde das Datenmodell grundlegend überarbeitet. Bisher wurden Verweise auf Fahrwege in den Plandaten genutzt, um Fahrten abzubilden. Da dynamisch erzeugte Fahrtverläufe nicht in den Plandaten vorkommen, wurden nun sogenannte ausgerollte Fahrten modelliert, die den kompletten Fahrtverlauf beschreiben. Die IVU.suite wurde angepasst, um das neue Datenmodell nutzen zu können. Bild 5 zeigt den Prozess der Fahrterzeugung und -übermittlung. Der Fahrgast erhält in der Fahrplanauskunft eine Reiseroute vorgeschlagen. Ist darin eine Bedarfsfahrt enthalten, die vorab angemeldet werden muss, kann diese dort direkt gebucht werden, ohne auf eine andere Plattform weitergeleitet zu werden. In diesem Prozess sind sowohl die Fahrplanauskunftsplattform als auch das Routing und Fahrtbündelungssystem beteiligt. Die dynamisch erzeugten Fahrten werden an das Leitstellensystem und weiter an das Fahrzeug übermittelt. Die Schnittstelle 1 (vgl. Bild 5) dient dazu, Buchungen von Bedarfsfahrten aus einem Auskunftssystem zu ermöglichen. Sie baut auf der Standardschnittstelle Travellers‘ Realtime Information and Advisory Standard (TRIAS) bzw. die VDV-Schrift 431-2 „Echtzeit Kommunikations- und Auskunftsplattform EKAP“ auf. Im MaaS L.A.B.S.-Projekt wurden Erweiterungen für diese Schnittstelle erarbeitet, welche in die VDV-Schrift Version 1.4 eingeschlossen sind. Die TRIAS-Schnittstelle wurde um die Dienste Verfügbarkeitsanfrage, Buchenanfrage und Stornoanfrage ergänzt. Die Schnittstelle 2 (vgl. Bild 5) dient dazu, gebündelte Fahrten aus dem Routingsystem, die durch (mehrere) Fahrgastanfragen dynamisch geroutet wurden, ins Leitstellensystem zu übertragen. Sie baut auf der Standardschnittstelle, spezifiziert in der VDV-Schrift Bild 3: Konzept Sektorbetrieb; links: Haltestellennetz, rechts: Fahrweg nach Voranmeldung (beispielhaft) Bild 4: Die IVU.suite für Busse und Bahnen TECHNOLOGIE  ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 60 DOI: 10.24053/ IV-2024-0048 459 Ist-Daten-Schnittstelle „Nachfragegesteuerte Verkehre (AST)“, auf und wurde im Rahmen des Projektes modifiziert. Die Schnittstelle 3 (vgl. Bild 5) ist eine IVU-interne Schnittstelle, um Fahrten von der Leitstelle zum Bordrechner zu senden. Das bestehende Verfahren wurde erweitert, um Fahrten, die nicht in den Solldaten enthalten sind, übertragen zu können. Die Nutzersicht Zu Anfang des Jahres 2021 wurde eine Online- Umfrage bei Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt Cottbus durchgeführt. Ziel war zu eruieren, ob ein flexibilisiertes Mobilitätsangebot bei den Nutzenden in Cottbus Akzeptanz finden würde und welche Ansprüche an ein solches Angebot bestehen. Für die Auswertung der Umfrage konnten 171 vollständige Fragebögen herangezogen werden. Die Umfrage erfolgte auf Basis einer möglichen Umstellung von drei Linien (Rufbuslinie 18 und nächtliche Tram-Ersatzlinien 2N und 3N) in einen bedarfsorientierten Korridorverkehr mit virtuellen Haltestellen. Das untersuchte Angebot umfasste die Bestellung des Busses über die VBB-App des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB) oder telefonisch bei der Cottbusverkehr GmbH bis zu 30 Minuten vor Abfahrt mit der Angabe von Start- und Zielort, der Abfahrts- oder Ankunftszeit sowie der Anzahl der mitfahrenden Personen. Der Fahrgast erhält bei der Buchung die Information über die genaue (ggf. virtuelle) Abfahrtshaltestelle und kann ein reguläres Ticket für die Fahrt nutzen. Als Änderungen durch den neuen Bedarfsverkehr wurden den Umfrageteilnehmenden die Erweiterung des Haltestellennetzes durch virtuelle Haltestellen sowie eine Verkürzung des Weges zur nächsten Haltestelle genannt. Die Busse fahren flexibel im Bediengebiet, unabhängig von einem festen Fahrplan, sodass Fahrgäste dann auch an Haltestellen ein- oder aussteigen können, die normalerweise nicht auf der Strecke des üblichen Linienbusses liegen, wodurch kleine Umwege von wenigen Minuten entstehen können. Die Auswertung der Umfrageergebnisse ergab, dass das Angebot von der Mehrheit der Befragten als positiv angesehen wird. Für die Mehrheit der Nicht- ÖPNV-Nutzenden stellt es eine interessante Alternative zu ihrem aktuellen Verkehrsmittel dar. Die Mehrheit der bereits ÖPNV-Nutzenden sieht den Bedarfsverkehr als Verbesserung gegenüber dem jetzigen Angebot bzw. als Nutzungserleichterung an. Die beiden am häufigsten genannten Gründe, warum Pkw- und Rad-Fahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger nicht den ÖPNV nutzen, waren ein unpassendes Angebot (Fahrplan, Verbindung etc.) und mangelnde Flexibilität. Von den am Angebot interessierten Teilnehmenden wird daher der größte Vorteil des Bedarfsverkehrs in der Buchung des Busses zu passenden Zeiten gesehen. Das Zeitfenster für die Buchung (zwischen Bestellung und Abfahrt) sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Für 44 % der Befragten ist ein Zeitfenster von 30 Minuten akzeptabel, für 30 % maximal 20 Minuten, und 26 % der Befragten sehen sogar nur ein Zeitfenster von maximal 10 Minuten als akzeptabel an. Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich also eine kürzere Vorbuchungszeit als die bislang geplanten 30 Minuten. Die Sicht von Cottbusverkehr Der Fachkräftemangel einerseits sowie gestiegene Mobilitätsansprüche andererseits stellen Verkehrsunternehmen heute vor große Voraussetzungen. Gerade in den dünn besiedelten Gegenden ist es schwierig, mit dem konventionellen Linienbus eine bedarfsgerechte ÖPNV-Erschließung anzubieten. Ein flexibler Bedarfsverkehr, der zwischen starken Busachsen existiert, kann hier helfen, eine wichtige Lücke in der Angebotsgestaltung zu schließen. Im Schülerverkehr mit homogener Nutzerklientel, aber sehr heterogenen Bedienzeiten aufgrund unterschiedlicher Stundenplankonstellationen sind kleine Gefäßgrößen, die flexibel eingesetzt werden, der richtige Weg. Die Disposition dieser Verkehre auf Basis einer Plattformlösung mit der Möglichkeit der Onlinebuchung unter voller Integration in die Leitstellensystemlandschaft wird bei Cottbusverkehr weiterhin verfolgt. Fazit und Ausblick Mit der Entwicklung der Betriebskonzepte und der Weiterentwicklung der Softwarekomponenten und der Schnittstellen zu anderen Systemen wurden wichtige Grundlagen geschaffen, um räumlich und zeitlich flexible Bedarfsverkehrsformen in die bestehenden IT-Systeme von Verkehrsunternehmen zu integrieren. Dynamisch geroutete, nicht vorgeplante Fahrten können wie herkömmliche Linienverkehre in der Leitstelle und auf dem Bordrechner behandelt werden. Im Forschungsprojekt MaaS L.A.B.S. wurde das System entwickelt und auf Machbarkeit geprüft. Die nächsten Schritte sehen vor, das System im Feld weiter zu erproben und die Bedienelemente und Abläufe durch eine nutzerzentrierte Gestaltung weiter zu verbessern. Verkehrsunternehmen, die Gebiete mit schwachen Auslastungen bedienen oder bereits Bedarfsverkehrslösungen haben, die aber isolierte Einzellösungen sind, können von dieser integrierten Lösung profitieren. ■ Eingangsabbildung: © iStock.com/ Milos-Muller Bild 5: Systemübersicht (vereinfacht) Philip Michalk, Dipl.-Ing. Koordinator der Forschungsgruppe Verkehrslogistik Technische Hochschule Wildau michalk@th-wildau.de Juliana Habor, Dr.-Ing. Forschung und Lehre IVU Traffic Technologies AG, Aachen HAB@ivu.de Martin Jung, M. Eng., Wissenschaftlicher Mitarbeiter Technische Hochschule Wildau, Forschungsgruppe Verkehrslogistik martin.jung@th-wildau.de Rico Metschke, Dipl.-Ing. Verkehrsangebotsplanung Cottbusverkehr GmbH Rico.Metschke@cottbusverkehr.de Anne-Katrin Osdoba, Dipl.-Wirtsch.- Ing. (FH) Wissenschaftliche Mitarbeiterin Technische Hochschule Wildau, Forschungsgruppe Verkehrslogistik osdoba@th-wildau.de ÖPNV  TECHNOLOGIE Internationales Verkehrswesen (76) 3 ǀ 2024 61 DOI: 10.24053/ IV-2024-0048