Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2024-0055
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Die Europäer sind im Verteidigungsmodus
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Frank Hütten
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Die Europäer sind im Verteidigungsmodus D ie Frage, wie sich die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft schützen lässt, dominiert in Brüssel weiterhin die meisten Debatten. Auch solche, bei denen man das auf den ersten Blick nicht vermutet. Ein Beispiel mit Relevanz für die Logistikwirtschaft ist der von Deutschland initiierte Aufruf von sechs Mitgliedstaaten an die EU-Kommission, konsequenter dagegen vorzugehen, dass über große E-Commerce-Plattformen wie Temu und Shein täglich hunderttausende Pakete mit Waren in die EU verkauft werden, die nicht den EU-Normen entsprechen. Dass EU-Produktstandards für alle Waren im Binnenmarkt verbindlich sind, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Europäische Verbraucher sollten davon ausgehen können, dass schon allein zu ihrem Schutz kontrolliert wird, ob diese Standards eingehalten werden. Die sechs EU-Staaten begründen ihre Initiative aber nicht nur mit Verbraucherschutz, sondern explizit auch damit, dass sich die ausländischen Hersteller durch niedrigere Standards unfaire Vorteile gegenüber der EU-Konkurrenz verschaffen. Dazu kommt der Vorwurf, dass die Versender Lieferungen bewusst auf mehrere Pakete aufteilen, um unter der EU-Zollfreigrenze zu bleiben und damit weitere Kostenvorteile zu erlangen. Die Diskussion zeigt aber auch, wie schwer es im freien Welthandel ist, gegen solche Praktiken vorzugehen. Die Kommission soll zunächst Beweise für systematischen Missbrauch sammeln und dann mit dem Hebel des EU-Gesetzes für digitale Dienstleistungen (Digital Services Act - DSA) Temu und Co in die Pflicht nehmen, den Verkauf mangelhafter Produkte in die EU zu unterbinden, fordern die Mitgliedstaaten. Ob dieser Weg Erfolg hat, ist nicht garantiert. Sollten sich die Online-Plattformen weigern, Auflagen des DSA so umzusetzen wie die EU-Kommission das möchte, muss sich zeigen, welche Instrumente die Europäer haben, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Eine Diplomatin in Brüssel sagte, die EU wolle ihre Standards durchsetzen, aber keinen neuen großen Handelskonflikt vom Zaun brechen. Jahrzehntelang haben die Europäer und auch die anderen großen Industriestaaten sich zu der Überzeugung bekannt, dass möglichst freier Handel die Produktivität weltweit steigert und am Ende allen Volkswirtschaften Nutzen bringt. An dieser bisher ziemlich unumstößlich scheinenden Gewissheit zweifeln inzwischen aber offenbar einige Politiker. Es läuft nicht mehr so gut für die Europäer auf den Weltmärkten. Hohe Energiepreise und schwächelnde Innovationskraft werden als große Probleme genannt. Die EU-Staaten müssten diese aktiv angehen, kurzfristige Abhilfe ist hier aber nicht in Sicht. Lange eher verpönt, stehen stattdessen Industrie- und Subventionspolitik zur Stützung wichtiger Branchen wieder höher im Kurs. Dabei spielt allerdings auch eine Rolle, dass die globalen Konkurrenten nicht nur besser geworden sind, sondern auch zunehmend aggressiv auftreten und ihrerseits Instrumente wie Subventionen und Zölle nutzen. Beispiele sind hier etwa der Inflation Reduction Act der USA, die Drohungen des Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mit höheren Zöllen für die EU-Automobilhersteller oder die Methoden, mit denen China zum Weltmarktführer bei Solarpaneelen geworden ist und dasselbe nun auch bei Elektrofahrzeugen versucht. Die EU tut sich schwer, darauf zu reagieren, wie die aktuelle Diskussion über Antisubventionszölle auf E-Autos aus China zeigt. Die Mitgliedstaaten sind sich nicht einig, in welchem Ausmaß sie sich von einem weitgehend ungehinderten Welthandel verabschieden und zu einer stärker an europäischen und nationalen Interessen orientierten Wirtschaftspolitik übergehen sollen. Viele neue Zölle im Welthandel würden sicher auch die Transportwirtschaft treffen. Mehr Industriepolitik und Subventionen innerhalb der EU können der Branche aber auch gefährlich werden. Denn dabei geht es immer auch um Standortpolitik und darum, welcher EU-Mitgliedstaat sich welche Subventionen leisten kann. Das hat das Potenzial, das Klima in der EU zu vergiften, wie sich bereits in der Zeit der extrem stark steigenden Energiepreise nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gezeigt hat. Im schlimmsten Fall könnte industriepolitischer Streit einige Regierungen dazu bringen, zum Schutz der nationalen Wirtschaft sogar Freiheiten des EU-Binnenmarktes in Frage zu stellen. An Grenzkontrollen an EU- Binnengrenzen gewöhnen sich Bürger und Transportunternehmen ja derzeit gerade wieder. ■ Internationales Verkehrswesen (76) 4 ǀ 2024 12 B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON FRANK HÜTTEN Frank Hütten EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung DOI: 10.24053/ IV-2024-0055 schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft
