Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2025-0011
0331
2025
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On-Demand-Verkehre und soziale Teilhabe
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2025
Mona Nikolić
Anke Schmidt
Tom Weber
On-Demand-Verkehre gewinnen in ländlichen Regionen zunehmend an Bedeutung. Sie gelten als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV und als vielversprechende Lösung zur Bekämpfung von Mobilitätsarmut. Im August 2024 wurde eine quantitativ-qualitative Analyse zum On-Demand-Verkehr DALLI im Landkreis Oder-Spree durchgeführt. Anhand der Analyse von Nutzungsdaten, Befragungen von Nutzenden und Nicht-Nutzenden sowie Stakeholderinterviews konnten sozio-ökonomische Effekte und insbesondere der Beitrag zur sozialen Teilhabe herausgestellt werden. Diese Ergebnisse sollen hier diskutiert werden.
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unzureichend ausgebaut und kann die Bedürfnisse der Menschen wegen der geringen Bedienhäufigkeit von Haltepunkten und dem an sich schlecht ausgebauten Netz nicht erfüllen. Um flexibel mobil zu sein, sind Menschen hier in der Regel auf den Pkw angewiesen. Wer keinen Zugang zum I n urbanen Gebieten ist der Linienverkehr von Bus wie auch Bahn durch hohe Taktzeiten und starkes Nutzeraufkommen gekennzeichnet und wichtiger Bestandteil der alltäglichen Mobilität. In ländlichen Regionen ist häufig das Gegenteil der Fall. Das ÖPNV-Angebot ist Pkw hat, ist in ländlichen Regionen nicht nur in der Mobilität eingeschränkt, sondern auch in der sozialen Teilhabe. Dies betrifft meist ältere Frauen, ohne Führerschein, mit niedrigem ökonomischen Status. [1] On-Demand-Verkehre (ODV), als linienunabhängige und bedarfsabhängig buch- On-Demand-Verkehre und soziale Teilhabe Eine Evaluation der sozio-ökonomischen Effekte des Rufbus DALLI On-Demand-Verkehr, soziale Teilhabe, Mobilitätsarmut, ländlich, quantitativ-qualitative Evaluation, Nutzungsdatenanalyse, Stakeholderinterviews On-Demand-Verkehre gewinnen in ländlichen Regionen zunehmend an Bedeutung. Sie gelten als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV und als vielversprechende Lösung zur Bekämpfung von Mobilitätsarmut. Im August 2024 wurde eine quantitativ-qualitative Analyse zum On-Demand-Verkehr DALLI im Landkreis Oder-Spree durchgeführt. Anhand der Analyse von Nutzungsdaten, Befragungen von Nutzenden und Nicht-Nutzenden sowie Stakeholderinterviews konnten sozio-ökonomische Effekte und insbesondere der Beitrag zur sozialen Teilhabe herausgestellt werden. Diese Ergebnisse sollen hier diskutiert werden. Mona Nikolić, Anke Schmidt, Tom Weber Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 42 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 bare Angebote, ändern jedoch gerade die Landschaft der Bedarfsverkehre insbesondere im ländlichen Raum. Seit der geänderten PBefG-Novelle 2021 steigt die Anzahl der angemeldeten Verkehre stetig an. [2, 3] On-Demand-Verkehre gelten als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV und als vielversprechende Lösung zur Bekämpfung von Mobilitätsarmut. [4] Doch gerade in Bezug auf die sozialen Effekte von On-Demand- Verkehren besteht noch Forschungsbedarf. Oft werden diese in Evaluationen zur Bewertung des Erfolgs von On-Demand-Verkehren nur wenig berücksichtigt. Dadurch fehlt Wissen zu den Effekten sowie zum sozio-ökonomischen Potenzial von On-Demand-Angeboten. In unserer Evaluation des flexiblen Rufbus DALLI, der seit April 2022 im Raum Storkow (Mark) und seit November 2022 im Amt Scharmützelsee im Landkreis Oder-Spree verkehrt, sind wir der Frage nach den sozioökonomischen Effekten nachgegangen. Die Ergebnisse unterstützen die Bedeutung von On-Demand-Verkehren für eine verlässliche Daseinsvorsorge und Bekämpfung der Mobilitätsarmut. Die Ausgangssituation: Der DALLI im Landkreis Oder-Spree Die Verkehrsanbindung der Stadt Storkow (Mark) und des Amt Scharmützelsee entsprach vor der Einführung des DALLI der Situation zahlreicher ländlicher Regionen. Die Stadt Storkow (Mark) war 2022 über vier Regionalbuslinien und eine Regionalbahnlinie an das ÖPNV-Netz angebunden, zusätzlich besteht seit Dezember 2022 nach Fürstenwalde/ Spree eine Plusbus-Verbindung während des Berufs- und Schülerverkehrs. Insgesamt war die ÖPNV-Versorgung der Stadt Storkow (Mark) mit den dispersen Ortsteilen jedoch lückenhaft und teilweise nicht vorhanden. Einige Ortsteile wurden durch den bestehenden ÖPNV selbst an Schultagen nicht direkt angefahren. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) war hier die zuverlässigste bzw. oft die einzige Alternative. Im Nahverkehrsplan für den kÖPNV des Landkreises Oder-Spree mit dem Planungszeitraum 2021 bis 2025 u. a. für die Stadt Storkow (Mark) wurde eine flächenhaft wirkende Angebotsform herausgearbeitet: flexible Angebote, später DALLI genannt. Durch die sukzessive Erweiterung von Bediengebiet und Fahrzeugflotte werden heute über 500 virtuelle und physische Haltepunkte angefahren und mehr als 1.000 Fahrgäste wöchentlich befördert. Die Buchung erfolgt wahlweise telefonisch, per App oder in der Zentrale. Sie kann flexibel oder bis sieben Tage im Voraus erfolgen. Bei alternativer Busverbindung 30 Minuten vor bzw. nach der gewünschten Fahrt, ist keine DALLI-Fahrt möglich und die entsprechende Busverbindung wird angezeigt. Der Preis richtet sich nach dem Tarif des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), mit einem Euro Komfortzuschlag. Initiator des Angebotes ist das Amt für Kreisentwicklung und Infrastruktur des Landkreis Oder-Spree, der Betrieb wird durch die Firma MWM-Solutions GmbH gewährleistet. Methodisches Vorgehen Im Sommer 2024 führte die Nuts One GmbH eine methodisch breite Evaluationsstudie zum Angebot des DALLI durch. Zur Erfassung verschiedener Faktoren des Angebotes wurde zunächst eine quantitative Auswertung der Nutzungsdaten des DALLI durch die Bereitstellungssoftware durchgeführt. Ziel war es, über die Nutzungsdatenanalyse einen Überblick über die Auslastung des Angebotes, einzelner Strecken und Haltepunkte zu erhalten und diese zielgruppenspezifisch aufzuschlüsseln. Die Nutzungsdatenanalyse wurde durch eine quantitative Befragung der Nutzenden (n = 458) und Nicht-Nutzenden (n = 327) ergänzt. Die Befragung deckte Themen wie die Gründe für bzw. gegen die Wahl des DALLI (anstelle anderer Verkehrsmittel) sowie die allgemeine Zufriedenheit und Wünsche an das Angebot ab. Für die Evaluation wurden darüber hinaus qualitative Telefoninterviews mit ausgewählten Stakeholdern (n = 21) der Region geführt. Zu den Interviewpartnern zählten Beschäftigte in bzw. Betreiber von Pflegeeinrichtungen und Krankenhaus, Senioreneinrichtungen, Kinder- und Jugendbetreuung, Nachhilfe, (Jugend)Freizeitangebote, Tourismus, Gastronomie und Hotellerie sowie Verwaltung. Der Fokus lag hier auf ihrer Bewertung des DALLI als Angebot, insbesondere auch in Hinblick auf sozioökonomische Faktoren. Der DALLI erleichtert die Organisation des Alltags und verringert Mobilitätsarmut Der DALLI erfreut sich in der untersuchten Region großer und wachsender Beliebtheit. Die Nutzungsdatenanalyse zeigte eine stetig steigende Zahl an Fahrgästen sowie der gefahrenen Kilometer. Gleichzeitig sank der Anteil der gefahrenen Kilometer ohne Passagiere. Seitens der Nutzenden bestehen eine hohe Zufriedenheit und Akzeptanz des Angebotes. Der DALLI wird als Erleichterung bei der Organisation des Alltags geschätzt. Besonders hervorgehoben wurde in den Befragungen die Unabhängigkeit vom Pkw dank DALLI. Sie ist insbesondere, aber nicht nur, für Personen ohne eigenen Pkw oder ohne Fahrerlaubnis relevant. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie bei der letzten Fahrt alternativ den Pkw ge- Bild 1: Bediengebiet Storkow (Mark) und Amt Scharmützelsee sowie die virtuellen Haltestellen des DALLI @MWM-Solutions GmbH On-Demand-Verkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 43 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 schränkungen verbessert." Dabei ist die Barrierefreiheit durch die gegenüber dem ÖPNV einfache Nutzung gewährleistet. Ältere Personen, Personen mit kognitiven Einschränkungen oder mobilitätseingeschränkte Personen, die bei der Nutzung des ÖPNV auf Hilfe angewiesen sind (beim Einstieg mit Rollatoren, beim Verständnis des Fahrplans etc.), können den DALLI so selbständig nutzen. Ein großer Vorteil, wie in den Interviews deutlich wurde: „Kleinere Busse, die nicht überfüllt sind mit Menschen und übersichtlicher beim Ein- und Aussteigen, aber auch während der Fahrt. Das ist für einige ein großer Vorteil.“ „DALLI bedeutet Teilhabe“, beschrieb eine Interviewpartnerin die Relevanz des DALLI für Ältere. Indem der DALLI die Mobilität fördert, hilft er, dem Problem der Einsamkeit zu begegnen, das auch in der untersuchten Region relevant ist, wie eine Interviewpartnerin beschrieb: „Das Thema Einsamkeit ist groß und DALLI ermöglicht die Mobilität, um dem Thema vorzubeugen.“ Dabei geht es nicht nur um die Möglichkeit, dank DALLI eigene soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Auch die Fahrt mit dem DALLI selbst hilft gegen Vereinsamung und dabei, auf dem Laufenden zu bleiben, wie 9 von 21 Interviewpartnern aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich sowie Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen bestätigten. Ältere schätzen den DALLI, da sie dadurch länger selbständig bleiben und nicht auf ihre Angehörigen angewiesen sind: „Durch DALLI bin ich flexibler und muss niemanden anbetteln, dass er mich fährt.“, beschrieb ein Nutzender die Vorteile des DALLI. Angehörige und Familien von Älteren und Pflegebedürftigen sowie Pflegeeinrichtungen schätzen den DALLI aus diesem Grund als Entlastung. Eine Mitarbeitende in einer Pflegeeinrichtung fasste die Bedeutung des DALLI wie folgt zusammen: „Der DALLI ist ein Teil von uns geworden. Und in den Alltag der Bewohner integriert und nimmt eine wichtige Teilhabefunktion ein. DALLI lässt die Menschen länger unabhängig bleiben.“ Eine zweite wichtige Zielgruppe für den DALLI sind Familien. Sie profitieren, da Betreuungseinrichtungen durch das Angebot besser erreicht werden können. Die Daten der Buchungssoftware sowie Angaben der Nutzenden zeigen klar, dass Orte mit Betreuungsfunktion, z. B. auch die Schule, besonders häufig als Start- und Zielpunkte gewählt werden. Der DALLI erleichtert die Bewältigung des familiären Alltags, insbesondere für Berufstätige: „Als berufstätige Eltern haben wir nicht immer die Möglichkeit unsere drei Kinder zu den jeweiligen Freizeitaktivitäten zu fahren, daher ist der DALLI eine tolle Möglichkeit diese Aktivifragten regionalen Stakeholder hervor. In den Interviews zeigte sich, wie einzelne Nutzendengruppen vom DALLI profitierten: Ältere und mobilitätseingeschränkte Personen sind, wie einleitend erwähnt, in besonderem Maße auf Alternativen zum Pkw angewiesen, um ihre Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen. Der DALLI unterstützt ältere und mobilitätseingeschränkte Personen erheblich bei der Gesundheitsvorsorge, ermöglicht ihnen mehr Unabhängigkeit und soziale Teilhabe. Einen Vorteil für die älteren (wie auch mobilitätseingeschränkte) Nutzenden bieten dabei auch die digitalen Haltestellen des DALLI, die im Gegensatz zu den physischen Haltestellen des ÖPNV zahlreicher und damit leichter erreichbar sind, den Nutzenden also Wege ersparen. Die Nutzungsdaten bestätigen die kurzen nötigen Wege zur/ von Start-/ End-Haltestelle vom/ zum Wunsch-Start/ Endstandort. In den Nutzungsmustern älterer Personen zeigt sich, dass insbesondere Orte der medizinischen Versorgung sowie Orte des öffentlichen Lebens, wie das Rathaus oder der Marktplatz, die ihrerseits nah an Ärztehäusern oder alltäglichen Versorgungsmöglichkeiten liegen, Start- und Zielpunkte darstellen. In Interviews wiesen Beschäftigte in Senioren- und Pflegeeinrichtungen auf den zentralen Beitrag des DALLI bei der Gewährleistung der Gesundheitsversorgung hin: „Die Bewohner würden sonst nicht zu den Fachärzten fahren. DALLI ermöglicht somit eine bessere Gesundheitsvorsorge und Pflege.“, erklärte eine Befragte. Gleichzeitig hilft er, das Recht auf Barrierefreiheit umzusetzen, wie eine weitere Interviewpartnerin hervorhob: „Barrierefreiheit und Teilhabe ist Gesetz und mit DALLI wird das für Menschen mit Einnutzt hätten. Ein Fünftel gab an, sie hätten die Fahrt ohne DALLI nicht unternommen. Nur 8 % gaben an, sie hätten anstelle des DALLI den ÖPNV genutzt. Daraus lässt sich die Bedeutung des DALLI als Mobilitätserweiterung ableiten, die einen Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität ermöglicht und gleichzeitig dabei hilft, die Mobilitätsarmut zu bekämpfen. Wie wichtig der DALLI für die Organisation des Alltags ist, zeigt sich auch darin, wie der DALLI gebucht wird: Zwar kann der DALLI flexibel gebucht werden, der Großteil der Buchungen erfolgt jedoch geplant im Voraus. Dies kann darauf hindeuten, dass das Angebot von den Nutzenden bereits in ihren Alltag integriert wird und planbare, wiederkehrende alltägliche Mobilitätsbedürfnisse abdeckt. Aufschluss über die dank DALLI erfüllten Mobilitätsbedürfnisse geben die Nutzungsdaten. Dabei lassen sich in der quantitativen Befragung bereits zielgruppenspezifische Nutzungsmuster erkennen. So variierten die Zwecke der abgefragten letzten Fahrt mit dem DALLI zum Beispiel je nach Altersgruppe. Personen ab 60 Jahre nannten hier den Arztbesuch als häufigstes Ziel, Jugendliche v. a. die Schule und Freizeiteinrichtungen. Freizeiteinrichtungen und Hotels sind als Ziele von Touristen wie Arbeitnehmenden altersunabhängig relevante Haltestellen, wie Bild 2 zeigt. Diese Nutzungsmuster deckten sich auch mit den Aussagen von Personen, die den DALLI bisher noch nicht nutzen. Der DALLI als wichtige Stütze für die Erfüllung verschiedener Mobilitätsbedürfnisse Die sozio-ökonomische Bedeutung des DALLI für die Region und ihre Bewohnerinnen und Bewohner hoben auch die be- Bild 2: Nutzungszwecke der letzten DALLI-Fahrt MOBILITÄT On-Demand-Verkehr Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 44 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 z. B. im Gesundheitswesen durch wahrgenommene Vorsorge, in der Pflege durch längere Selbständigkeit von Älteren, oder die Benefits für den Arbeitsmarkt. Dafür müssen auch diese langfristigen ökonomischen Effekte durch On-Demand-Verkehre noch weiter erforscht werden. ■ LITERATUR [1] Nobis, C. und Herget, M. (2020): Mobilität in ländlichen Räumen. Betrachtungen aus Sicht der Verkehrswende und der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen. Internationales Verkehrswesen (72) 4: 40-43. [2] Agora Verkehrswende (2023): Mobilitätsoffensive für das Land. Wie Kommunen mit flexiblen Kleinbussen den ÖPNV von morgen gestalten können. Agora Verkehrswende. [3] VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) (2022): VDV-Branchenumfrage On-Demand-Verkehre 2022. Abrufbar unter: https: / / www.vdv.de/ ondemandumfrage22.aspx [4] Schneider, P.R., Koska, T., & Schäfer-Sparenberg, C. (2024): On-Demand-Ride pooling als Beitrag zu Mobilitätswende und Daseinsvorsorge: Erkenntnisse zum Status quo in Deutschland und Entwurf einer Systemtypologie. Wuppertal Paper Nr. 202. Wuppertal Institut. Eingangsabbildung: © MWM Solutions GmbH hieß es seitens eines Interviewpartners aus der Tourismusbranche. Der DALLI stärkt die Freizeitinfrastruktur vor Ort. Der DALLI ist aus unterschiedlichen Gründen ein wichtiger Bestandteil der Mobilität in der Region für eine heterogene Nutzerschaft geworden. Das Angebot ergänzt den ÖPNV und ermöglicht Teilhabe wie auch Unabhängigkeit für die Menschen aller Altersklassen in der Region. Zusätzlich stärkt es für touristische und wirtschaftliche Leistungsträger den Standort durch die verbesserte Erreichbarkeit von Wohn-, Arbeits- und Freizeitorten. Dadurch stellt sich der DALLI als ein wichtiger Teil eines nachhaltigen und zukunftsfesten Angebotes der Region heraus. On-Demand-Angebote als gesellschaftlicher Beitrag des ÖPNV-Systems Die Einführung eines On-Demand-Angebotes, seine Rahmenbedingungen und auch die Wahrnehmung durch und Effekte für die Bewohnerinnen und Bewohner können kommunalspezifisch unterschiedlich ausfallen und sind immer sehr individuell an den jeweiligen Standort gebunden. Vom Beispiel des DALLI im Landkreis Oder-Spree können sich jedoch einige Aspekte ableiten lassen, welche eine hohe Relevanz für periphere und ländliche Räume haben. Insbesondere mit Blick auf die anfänglich beschriebene Situation des ÖPNV-Angebotes auf dem Land, zeigt sich, dass On-Demand- Verkehre hier einen wichtigen Beitrag zu einer verlässlichen Daseinsvorsorge für alle Gruppen der Bevölkerung jenseits des Pkw leisten können sowie die Möglichkeit der sozialen Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen verbessern und Mobilitätsarmut verringern können. Dadurch stärken On- Demand-Verkehre den Standort signifikant und dies sowohl für heutige und zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner, für Arbeitgebende sowie für touristische Leistungsträger. Im Sinne der Entwicklung von zukunftsfesten und nachhaltigen Städten und Regionen bilden On-Demand-Verkehre als Ergänzung und Zubringer zum ÖPNV einen wichtigen Baustein nachhaltiger und sozialer Mobilität. Insgesamt können dadurch insbesondere strukturschwache Regionen anschlussfähiger und attraktiver gemacht werden. Auch vor dem Hintergrund der Frage nach der Finanzierung, die in diesem Artikel nicht diskutiert wurde, ist diese sozioökonomische Bedeutung von On-Demand- Verkehren relevant. Für einen dauerhaften, zuverlässigen Betrieb braucht es in Zukunft ökonomisch nachhaltige Konzepte. Dabei sollten in die Berechnung allerdings auch die langfristigen Einsparungen durch die sozio-ökonomischen Effekte mit einfließen, täten wahrzunehmen und erleichtert uns den Alltag enorm.“ Dabei spielt auch eine Rolle, dass Eltern den DALLI als sicheres Mobilitätsangebot wahrnehmen: „Auch meine Teenager-Tochter lasse ich lieber mit dem DALLI fahren als sie alleine in den Bus zu stecken. Das ist auch ein Sicherheitsaspekt, dass ich weiß, sie kommt sicher vom Start zum Zielort.“ Damit entlastet der DALLI nicht nur die Eltern, sondern erlaubt auch Kindern und Jugendlichen eine erweiterte, unabhängige Mobilität: Dank des DALLI sind junge Menschen beim Thema Mobilität weniger auf ihre Eltern angewiesen, sondern können sichere sowie flexible Fahrangebote nutzen. Hier wird auch die zeitliche Flexibilität bzw. die Tatsache, dass der DALLI Mobilität auch zu ÖPNV-Randzeiten, am Wochenende und in den Schulferien ermöglicht als Vorteil wahrgenommen. Der DALLI ermöglicht älteren Menschen sowie Kindern und Jugendlichen eine selbständige, flexible Mobilität und leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Aber auch im Arbeitskontext spielt der DALLI eine wichtige Rolle. Insbesondere zu Randzeiten am Morgen oder Abend bietet der DALLI eine komfortable Verbindung zur Arbeitsstätte in der Region oder den Anschluss an den Schienenverkehr. Besonders jungen Berufstätigen und Auszubildenden, die keinen Führerschein oder keinen eigenen Pkw besitzen, wird so eine verbesserte Mobilität ermöglicht. Wie zentral der DALLI für die Beschäftigten wie auch für die Einrichtungen, an denen sie arbeiten, ist, zeigten Interviews mit den Stakeholdern aus den Senioren-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie der Gastronomie und Hotellerie. Sie gaben an, dass Mitarbeitende regelmäßig den DALLI für Heimfahrten nach Nachtschichten nutzen, um nicht müde weite Wege zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. Vor allem bei vom ÖPNV schlecht angebundenen Standorten wird der DALLI laut Aussagen von Hotelmitarbeitenden von Mitarbeitenden ohne Führerschein und Azubis genutzt. Dies betrifft auch am Wochenende bzw. abends mit dem ÖPNV schlecht erreichbare Standorte von Freizeiteinrichtungen. Der DALLI verbessert die Anbindung und erhöht damit auch die Attraktivität von Arbeitsstätten in der Region und ermöglicht den Arbeitgebern Zugriff auf qualifizierte Arbeitskräfte. Angesichts des Fachkräftemangels in den Bereichen Pflege und Hotel- und Gastgewerbe hat der DALLI daher auch wirtschaftliche Relevanz. Einen Mehrwert bietet DALLI auch den Mitarbeitenden wie den Gästen von Freizeit- und Tourismuseinrichtungen. „Die Erreichbarkeit durch DALLI der touristischen Ziele oder Leistungsträger ist ein Zusatznutzen.“, Mona Nikolić, Dr. phil. Projektleiterin, Nuts One GmbH mona.nikolic@nuts.one Anke Schmidt, M. A. Geschäftsführerin und Projektleiterin, Nuts One GmbH anke.schmidt@nuts.one Tom Weber, M. A. Projektleiter, Nuts One GmbH tom.weber@nuts.one On-Demand-Verkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 45 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011
