eJournals Internationales Verkehrswesen 77/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2025-0048
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Förderung für vernetzte und nachhaltige Mobilität vor Ort

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Andrea Dittrich-Wesbuer
Julia Hansel
Jan Jendruck
Die Förderrichtlinie zur Vernetzten Mobilität und zum Mobilitätsmanagement (FöRi-MM) ist ein wichtiger Baustein zur finanziellen Förderung von Maßnahmen der lokalen Mobilitätswende und findet über die Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens hinaus Beachtung. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer aktuellen Evaluationsstudie präsentiert und die zentralen Charakteristika der Förderrichtlinie herausgearbeitet. Zudem werden die im Juli 2025 in Kraft getretenen Neuerungen diskutiert.
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sind multidimensional und von einem hohen Maß an Komplexität geprägt (Loorbach 2010). Der lokalen Ebene kommt bei der Umsetzung eine entscheidende Rolle zu. Trotz viel beachteter Best Practices für eine Mobilitätswende vor Ort kann eine umfassende Breitenwirksamkeit (noch) nicht nachgewiesen werden. Aufgrund chronischer Finanzknappheit sind Kommunen auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Auch aus Perspektive der Transformationsforschung sind Fördermittel ein zentrales Instrument zur Etablierung von Innovationen und ein Einleitung Nachhaltige Entwicklung ist eine globale Herausforderung, die sich über alle gesellschaftlichen Bereiche wie Wohnen, Mobilität und Konsumverhalten erstreckt. Nachhaltige Mobilität zeichnet sich durch eine Reduzierung des Autoverkehrs bei gleichzeitiger Stärkung des Umweltverbunds aus. Dabei müssen auch die Verknüpfungen einzelner nachhaltiger Mobilitätsträger im Rahmen einer verbesserten Multimodalität und Vernetzung unterstützt werden. Solche nachhaltigen Transformationsprozesse Treiber für Veränderungen des bestehenden Systems. Ein wichtiges Beispiel für die finanzielle Förderung von Maßnahmen der lokalen Mobilitätswende ist die vom nordrheinwestfälischen Verkehrsministerium 2018 aufgesetzte und 2022 angepasste Förderrichtlinie zur Vernetzten Mobili-tät und Mobilitätsmanagement (FöRi-MM). Sie fördert eine breite Palette baulicher und erstmals auch strategischer bzw. nicht-investiver Mobilitätsmaßnahmen (siehe Bild 4). Die FöRi-MM ist von hoher Bekanntheit und Förderung für vernetzte und nachhaltige Mobilität vor Ort Evaluation der Förderpraxis und aktuelle Änderungen der FöRi-MM NRW Vernetzte Mobilität, Förderprogramm, Kommunen, Unternehmen, Mobilitätsmanagement, Finanzierung Die Förderrichtlinie zur Vernetzten Mobilität und zum Mobilitätsmanagement (FöRi-MM) ist ein wichtiger Baustein zur finanziellen Förderung von Maßnahmen der lokalen Mobilitätswende und findet über die Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens hinaus Beachtung. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer aktuellen Evaluationsstudie präsentiert und die zentralen Charakteristika der Förderrichtlinie herausgearbeitet. Zudem werden die im Juli 2025 in Kraft getretenen Neuerungen diskutiert. Andrea Dittrich-Wesbuer, Julia Hansel, Jan Jendruck DOI: 10.24053/ IV-2025-0048 Internationales Verkehrswesen (77) 3 ǀ 2025 55 Bedeutung in der Praxis, sie findet auch in Bund und Ländern Beachtung. Im Juli 2025 ist eine neue Überarbeitung der FöRi-MM in Kraft getreten, die aktuelle Herausforderungen der Förderpraxis aufgreift. 1 Begleitet wurde die Novelle von einer Evaluationsstudie des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS). Der Beitrag stellt einzelne Ergebnisse dieser Arbeit zur Förderpraxis sowie grundlegende Charakteristika der Förderrichtlinie dar und skizziert die erfolgten Neuerungen. Evaluationsstudie zur Förderpraxis der FöRi-MM Die vom nordrhein-westfälischen Verkehrsministerium in Auftrag gegebene und vom ILS durchgeführte Studie (2024-2025) basiert auf der quantitativen Analyse von Daten der Genehmigungsbehörden sowie der qualitativen Auswertung von Interviews mit Expert*innen. Insgesamt wurden 285 bewilligte Förderfälle aus den Jahren 2018 bis 2024 ausgewertet und nach Merkmalen der Anträge und der Antragsstellenden sowie nach zusätzlichen strukturellen Kriterien (etwa Größe, Ländlichkeit und Finanzlage beteiligter Kommunen und Kreise) untersucht. Zusätzlich wurden zwölf semi-standardisierte Interviews mit Expert*innen geführt und qualitativ ausgewertet. Dabei wurden Personen aus verschiedenen Bereichen der Förderpraxis interviewt, beispielsweise aus dem zuständigen Verkehrsministerium, den Bezirksvertretungen, den involvierten Beratungsnetzwerken sowie aus den Reihen der Antragstellenden. Was macht die FöRi-MM aus? Merkmale der Förderung Über die Auswertung der Daten und Interviews im Rahmen der Evaluationsstudie konnten einige Kernmerkmale der Förderrichtlinie herausgearbeitet werden. Bedarfe der Mobilitätswende im Fokus Die FöRi-MM verfolgt eine transformative Zielsetzung und greift die zentrale Herausforderung eines nachhaltigen Umbaus im Mobilitätssektor auf. Aus Perspektive der Transformationsforschung könnte man die FöRi-MM als eine Unterstützung von Nischeninnovationen betrachten (siehe Geels 2012). Die Formulierung der Fördergegenstände orientiert sich an den aktuellen Fachdiskussionen zur Mobilitätswende. Dabei wird unter anderem die hohe Bedeutung von Ansätzen des Mobilitätsmanagements, von Sharing-Diensten, der intermodalen Verknüpfung von Verkehrsmitteln sowie der Digitalisierung von Verkehrsangeboten berücksichtigt. Hervorzuheben ist die Aufnahme von Mobilitätskonzepten und der in den Förderbestimmungen enthaltene Bezug zu den europaweit eingesetzten Sustainable Urban Mobility Plans (SUMPs). Dies folgt dem Grundsatz, dass ganzheitliche Sichtweisen und strategische Überlegungen wesentliche Voraussetzungen für nachhaltige Veränderungen sind. Die FöRi-MM schließt für zahlreiche Maßnahmen eine Lücke in der Förderlandschaft. Mit ihrem Fokus auf vernetzte Mobilität und Mobilitätsmanagement löst sie sich von einer sektoral gedachten Förderlandschaft und fokussiert die Schnittstellen verschiedener Mobilitätsträger. Fördergegenstände wie Mobilitätskonzepte, Mobilitätsmanagement oder die Anschubfinanzierung für Sharing-Dienste verfügen über keine oder über keine verlässlichen alternativen Fördermöglichkeiten. In anderen Fällen versucht die FöRi-MM, noch bestehende Förderlücken zu schließen bzw. die Förderung inhaltlich zu erweitern. Ein Beispiel hierfür sind die Mobilstationen, die u. a. auf Landesebene auch von den nordrheinwestfälischen Zweckverbänden (NWL, go.Rheinland und VRR) gefördert werden. Ein Blick auf die in Bild 1 dargestellte Förderung zeigt, dass im betrachteten Zeitraum vor allem bei den Mobilitätskonzepten viele Anträge gestellt wurden. Dabei war die Nachfrage nach Konzepten vor allem zu Beginn des Förderprogramms sehr hoch. Zusätzlich erfolgten viele Förderungen im Bereich des Mobilitätsmanagements sowie der Mobilstationen. Die Fördergegenstände Quartiersgaragen und Zweirad-Sharing wurden hingegen nur in sehr geringem Ausmaß nachgefragt. Im Bereich Stadtlogistik und der Evaluation lagen keine Anträge vor. Auffällig ist, dass die Verteilung der Fördergelder disproportional zur Anzahl der bewilligten Anträge steigt. Die beiden häufigsten Fördergegenstände (Mobilitätskonzepte und Mobilitätsmanagement) werden im Durchschnitt mit den geringsten Beträgen gefördert, während die Fördergegenstände mit den wenigsten bewilligten Anträgen die höchsten Fördersummen erhalten. Diese sehr schiefe Verteilung fand auch im Rahmen der aktuellen Überarbeitung Beachtung, sodass einzelne Fördergegenstände verändert bzw. gestrichen wurden. Breitenwirkung der Förderung angestrebt Ein wichtiges Anliegen des Fördermittelgebers ist es, eine Breitenwirkung in der Förderung zu erzielen und unterschiedliche lokale Bedarfe zu unterstützen. Dies bezieht sich sowohl auf verschiedene Raumbzw. Stadttypen als auch auf verschiedene Typen von Antragstellenden. Die Verteilung der bewilligten Anträge nach den fünf nordrhein-westfälischen Regierungsbezirken zeigt in diesem Zusammenhang zunächst Unterschiede (siehe Bild 2). Unter Berücksichtigung des Bevölkerungsanteils der Bezirksregierungen relativiert sich diese Aussage jedoch. So wurden im Bereich der Bezirksregierung Düsseldorf gemessen an der Bevölkerungszahl etwas weniger Anträge gestellt, während es bei der Bezirksregierung Münster leicht überproportional viele waren. Insgesamt scheint es im Rahmen der Förderung aber zu gelingen, die Mittel regional zu verteilen. Im Rahmen der Auswertung wurde auch deutlich, dass Kommunen, darunter Bild 1: Verteilung der Fördergegenstände und Fördermittel der FöRi-MM (N=285) (eigene Darstellung) MOBILITÄT  Förderung DOI: 10.24053/ IV-2025-0048 Internationales Verkehrswesen (77) 3 ǀ 2025 56 siedelte Kompetenzcenter Digitalisierung (KCD) ist bei der Antragsstellung für Digitalisierungsmaßnahmen involviert. Es berät und bewertet im Rahmen einer Stellungnahme die Einhaltung von Digitalisierungsstandards. Die aktuelle Neuerung der FöRi-MM sieht zudem die Einbindung des IHK-Netzwerkbüros Betriebliche Mobilität NRW (IHK BEMO) für Förderungen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement vor. Die Konstellationen der Akteur*innen und die Praxis der Antragstellung waren wichtige Themen bei der Erstellung der Evaluationsstudie. Trotz vieler Beteiligter und formaler Vorgaben zu den einzelnen Fördergegenständen im Antragsprozess wird die Einreichung von Expert*innen aus der Praxis im Ergebnis als gut machbar beschrieben. Im Vergleich zu Bundes- oder EU-Fördermitteln wird sie als weniger komplex eingestuft. Dazu trägt auch bei, dass die zuständigen Behörden ihren Ermessensspielraum im Sinne der Ermöglichung der Förderung ausnutzen und die Akteur*innen untereinander gut vernetzt sind. Die flexible Förderpraxis und das implementierte weitreichende Beratungsangebot können insgesamt als wichtiger Erfolgsfaktor der FöRi-MM gewertet werden, sie trainsbesondere Städte, die Antragsstellung dominieren. Gemeinsam mit Kreisen und Gemeinden entfallen etwa 84 % der Anträge auf sie (vgl. Bild 3). Einige Expert*innen äußerten im Kontext der Evaluationsstudie die Vermutung, dass große Städte die Förderung dominieren könnten, da sie u. a. über mehr personelle Kapazitäten für eine professionalisierte Fördermittelakquise verfügen. Dies wurde in der Studie jedoch nicht bestätigt. Trotz einer leicht überproportionalen Verteilung zugunsten größerer Städte und Gemeinden sind auch zahlreiche kleine und mittlere Kommunen unter den Antragstellenden vertreten. Ein Blick auf die Raumstrukturen bestätigt zudem, dass ländliche und nicht ländliche Gebiete proportional zu ihrem Aufkommen in NRW gut vertreten sind. Damit gelingt es der Fö- Ri-MM, auch in Bezug auf unterschiedliche Stadt- und Gemeindetypen eine ausgewogene Verteilung zu erreichen. Neben den Kommunen und Kreisen ermöglicht die Richtlinie weiteren Antragstellenden den Zugang, etwa im Bereich der Studien oder des Mobilitätsmanagements (vgl. Bild 3). Allerdings sind Hochschulen/ Forschungseinrichtungen, Regionalverbände und Unternehmen nicht bei allen Fördergegenständen antragsberechtigt. Auffällig ist, dass Unternehmen mit 2 % die kleinste Gruppe der Antragstellenden darstellen und kaum vertreten sind. Die Öffnung der Förderrichtlinie im Jahr 2022 hat somit bislang wenig Wirkung gezeigt. Einbindung fachlicher Expertise und Förderpraxis Ein besonderes Kennzeichen der FöRi-MM ist die Einbindung von fachlicher Expertise im Antragsprozess. Das Zukunftsnetz Mobilität NRW (ZNM) wurde 2015 gegründet und ist ein vom Landesverkehrsministerium gefördertes Unterstützungsnetzwerk für Kommunen. Es berät und begleitet vor allem bei der Etablierung und Entwicklung von Maßnahmen des Mobilitätsmanagements aller Art. Bei der Antragsstellung besteht eine Informationspflicht gegenüber dem ZNM. Zudem werden von dort weitere Unterstützungsleistungen angeboten. Das beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr angegen dazu bei, dass die Richtlinie breit angewendet wird (s. o.). Evaluation mitgedacht Das Thema Evaluation wurde bereits seit dem erstmaligen Inkrafttreten der Förderrichtlinie berücksichtigt. Dies folgt dem Gedanken, dass vor allem innovative und häufig noch nicht abschließend standardisierte Maßnahmen, wie sie die FöRi-MM für die Mobilitätswende fördert, in ihrer Wirkung überprüft werden müssen. Zudem sind haushaltsrechtliche Erwägungen anzuführen, da die Landeshaushaltsordnung für Nordrhein-Westfalen bei allen Förderprogrammen eine begleitende und abschließende Erfolgskontrolle vorsieht. In der ursprünglichen Version der FöRi- MM von 2018 konnten zusätzlich 15 % der Fördersumme für die Evaluation von Maßnahmen bei der Antragsstellung beantragt werden. Da die Umsetzung jedoch nicht genau überprüft werden konnte und nur wenig explizite Evaluationen von Maßnahmen erfolgten, wurde die pauschale Förderung in der Fassung der Richtlinie von 2022 durch einen expliziten Fördergegenstand ersetzt. Für Maßnahmen konnte nun nachträglich oder begleitend finanzielle Unterstützung für die Durchführung einer Wirkungsprüfung beantragt werden. Die Auswertung der Förderpraxis im Rahmen der Studie zeigt jedoch, dass der Fördergegenstand Evaluation in der Praxis nicht nachgefragt wird. Im Zuge der aktuellen Neufassung der Förderrichtlinie wurde ein veränderter Umgang mit Evaluationen umgesetzt. Die Förderung im Rahmen eines einzelnen Antrages ist nicht mehr möglich. Vielmehr sollen in Zukunft ein kontinuierliches Monitoring und eine Evaluation der Förderfälle durch den Fördermittelgeber erfolgen. Die Antragstellenden müssen den Zweck der Maßnah- Bild 2: Bewilligte Anträge nach Regierungsbezirken (eigene Darstellung). Bild 3: Anteil der bewilligten Anträge (N=285) nach antragstellender Einrichtung (eigene Darstellung) Förderung  MOBILITÄT DOI: 10.24053/ IV-2025-0048 Internationales Verkehrswesen (77) 3 ǀ 2025 57 me nun detaillierter darstellen, damit die Zielstellung ermittelt und die Wirkungsprüfung erleichtert werden kann. Zudem wurden die Zuwendungsempfänger*innen verpflichtet, Daten und Informationen für die Zwecke einer Evaluation bis zu fünf Jahre nach Beendigung des Vorhabens bereitzuhalten. Mit diesen Veränderungen werden die Empfehlungen der Evaluationsstudie aufgegriffen. Dort wird auch die Bildung einer Arbeitsgruppe empfohlen, die derzeit aus Expert*innen der Förderpraxis eingerichtet wird. Ihre Aufgabe ist es, ein standardisiertes Monitoring und die Einführung von zielgerichteten Indikatoren zu implementieren. Darüber hinaus soll das Vorgehen einer standardisierten Nacherhebung und die Ex-Post-Evaluation von Einzelfällen aus der Arbeitsgruppe heraus strukturiert und angestoßen werden. Hierfür ist die weitere Einbindung von externer Expertise zur fachlichen Begleitung vorgesehen. Aktuelle Anpassung der Förderung − FöRi-MM 2025 Nach ihrer Veröffentlichung im Jahr 2019 wurde die Förderrichtlinie bereits im Jahr 2022 überarbeitet. Die erste Änderung erhöhte die Förderpauschalen und ergänzte neue Fördergegenstände zu Quartiersgaragen, Sharing-Angeboten sowie Maßnahmen der Stadtlogistik. Zudem wurden Unternehmen als mögliche Antragstellende aufgenommen. Grundlage für diese Anpassungen waren insbesondere die Erfahrungen aus Landeswettbewerben des Ministeriums zu verschiedenen Mobilitätsthemen. Hieraus ergab sich beispielsweise ein Bedarf an Sharing-Angeboten und an Quartiersgaragen. Zudem wurden die Leitlinien zur Gestaltung von SUMPs als Förderkriterium für Mobilitätskonzepte aufgenommen. So hat die Europäische Kommission im Jahr 2019 im Rahmen des „Europäischen Green Deal“ das Ziel für die Mitgliedsstaaten vorgegeben, Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Da die verkehrsbedingten Emissionen rund 25 % der Gesamtemissionen ausmachen, sollen sie im Rahmen des Green Deals um 90 % reduziert werden (Europäische Kommission 2021). Im Rahmen der Politik der Transeuropäischen Netze (TEN- V-Netze) wurde dazu eine Vorgabe für sog. urbane Knotenpunkte in Kraft gesetzt: Sie müssen bis Ende 2027 SUMPs erstellen. In NRW betrifft dies 27 Städte (Euro-päische Kommission 2024). Zwar wurde diese Vorgabe erst durch eine Verordnung seit dem Sommer 2024 verbindlich, sie wurde jedoch bereits in der Novelle 2022 in der FöRi-MM berücksichtigt und betrifft dabei Städte und Gemeinden jedweder Größe. Alle Mobilitätskonzepte, die hierüber gefördert werden, erfüllen somit bereits das europäische Ziel einer nachhaltigen Mobilitätsplanung. In der neuen Fassung wurden ergänzend dazu verbesserte Förderkonditionen für die Städte eingeführt, die durch die Europäische Kommission verpflichtet sind, eine entsprechende Planung umzusetzen. Bei der Neufassung der FöRi-MM 2025 stand vor allem die Bedarfslage der Kommunen im Vordergrund. Welche Fördergegenstände werden in welchem Umfang nachgefragt? Wo zeigen sich Probleme oder Lücken in der Förderpraxis? Die Evaluationsstudie lieferte hierzu wesentliche Erkenntnisse. Zudem wurden die kommunalen Spitzenverbände beteiligt, sodass deren Anregungen berücksichtigt werden konnten. Ein entscheidender Rahmen für die Änderung ergab sich aus Veränderungen der verfügbaren Haushaltsmittel. Bis zum Jahr 2023 gab es einen kontinuierlichen Zuwachs der Mittel der FöRi-MM, sodass der Freiraum für weitere Förderungen bestand. Seitdem wurde der Haushaltsansatz um ein Drittel gekürzt, sodass die Novellierung im Jahr 2025 vor dem Hintergrund einer Fokussierung stand. Aus diesem Grund wurde auf einzelne Maßnahmen wie Quartiersgaragen oder auch Studien verzichtet, da sie einen stark überproportionalen Anteil der Fördermittel in Anspruch nehmen oder es alternative Fördermöglichkeiten gibt. In der Studie wurde auch das hohe Interesse der Praxis an einer verlässlichen Förderkulisse für Maßnahmen der Mobilitätswende deutlich. Dies wurde bei der Novelle berücksichtigt, indem insbesondere die planerischen Grundlagen durch die Förderung von Mobilitätskonzepten, die Errichtung von Mobilstationen, die Digitalisierung und Vernetzung sowie das Mobilitätsmanagement als Eckpfeiler der Förderung belassen und in Bezug auf die europäischen Vorgaben teilweise noch gestärkt wurden. Bild 4 gibt einen Überblick über die gestrichenen oder neu gefassten Fördergegenstände. Erwähnenswert ist die Aufnahme der Förderung von Verkehrsexperimenten gemäß § 45 Straßenverkehrsordnung. Darüber hinaus wurden zahlreiche einzelne Bestimmungen innerhalb der Fördergegenstände überarbeitet. Neben Änderungen zur besseren Klarstellung von Begriffen oder der Aktualisierung von (rechtlichen) Bezügen zur Optimierung der Verwaltungspraxis gehören hierzu auch die bereits erwähnten veränderten Vorgaben zur Beratung im Antragsprozess oder zu den Informationspflichten der Antragstellenden. Insgesamt berücksichtigt die Novelle aktuelle Evaluationsergebnisse, greift zudem aktuelle Entwicklungen in der Mobilitätspolitik auf und fördert − unter den gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen − ihre Verbreitung. Unterstützung für die Mobilitätswende vor Ort? Die Mobilitätswende stellt neue Anforderungen an das verkehrsplanerische Instrumentarium. So rücken beispielsweise multimodale und vernetzte Mobilität in den Fokus der Handlungsansätze. In Nordrhein- Westfalen wurden erste Schritte zu einer entsprechenden Anpassung der Förderinstrumente unternommen. Flankiert durch umfassende Beratungsmöglichkeiten und weitere praktische Hilfestellungen - etwa den Förderfinder NRW (ZNM 2025) - liegt mit der FöRi-MM seit nunmehr sechs Jahren eine spezielle Förderrichtlinie zur Mobilitätswende vor. Bild 4: Verschiedene Versionen der FöRi-MM in vereinfachter Darstellung (eigene Darstellung) MOBILITÄT  Förderung DOI: 10.24053/ IV-2025-0048 Internationales Verkehrswesen (77) 3 ǀ 2025 58 the development of the trans-European transport network, amending Regulations (EU) 2021/ 1153 and (EU) No 913/ 2010 and repealing Regulation (EU) No 1315/ 2013. https: / / eur-lex.europa.eu/ legal-content/ EN/ TXT/ PDF/ ? uri=OJ: L_202401679, zuletzt geprüft am 12.06.2025. [3] Geels, F. W. (2012): A socio-technical analysis of low-carbon transitions: introducing the multilevel perspective into transport studies. In: Journal of Transport Geography 24, S. 471-482. DOI: 10.1016/ j.jtrangeo.2012.01.021. [4] Loorbach, D. (2010): Transition Management for Sustainable Development: A Prescriptive, Complexity‐Based Governance Framework. In: Governance 23 (1), S. 161-183. DOI: 10.1111/ j.1468- 0491.2009.01471.x. [5] Sheller, M.; Urry, J. (2006): The New Mobilities Paradigm. In: Environ Plan A 38 (2), S. 207-226. DOI: 10.1068/ a37268. [6] Zukunftsnetz Mobilität NRW (Hg.) (2025): Förderfinder Mobilität NRW. Online verfügbar unter https: / / www.foerderfinder.nrw.de/ , zuletzt geprüft am 12.06.2025. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Jirapong Manustrong erfolgten Streichungen im Sinne der Mobilitätswende kritisch zu betrachten. So gibt es für die Quartiersgaragen derzeit keine adäquaten alternativen Förderzugänge. Die FöRi-MM erweist sich insgesamt als zielführender Ansatz, um transformative Ideen für die Mobilitätswende vor Ort zu unterstützen. So werden innovative Maßnahmen gefördert, um aus der Nische zu treten und eine möglichst breite Wirkung zu entfalten. Gleichzeitig bleiben übergeordnete strukturelle Gegebenheiten wie die schlechte finanzielle Ausstattung der Kommunen und Kreise bestehen und limitieren umfassendere Potenziale. Dies kann auch die FöRi-MM nicht ändern. Sie kann jedoch eine wichtige und verlässliche Stütze für lokale Akteur*innen sein und ihnen dabei helfen, nachhaltige und vernetzte Mobilität umzusetzen. ▪ ENDNOTE 1 Die aktuelle Neuerung der FöRi-MM 2025 ist im Ministerialblatt (MB.NRW) Ausgabe 2025 Nr. 43 vom 11.7.2025 veröffentlicht und gilt rückwirkend ab dem 1.7.2025. LITERATUR [1] Europäische Kommission (2021): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions - ‚Fit for 55‘: delivering the EU‘s 2030 Climate Target on the way to climate neutrality. https: / / eur-lex.europa.eu/ legal-content/ EN/ TXT/ PDF/ ? uri=CELEX: 52021DC0550, zuletzt geprüft am 12.06.2025. [2] Europäische Kommission (2024): Regulation (EU) 2024/ 1679 of the European Parliament and of the Council of 13 June 2024 on Union guidelines for Sie schließt eine Lücke in der Förderlandschaft und folgt zudem einem soziokulturellen Mobilitätsverständnis im Sinne des „New Mobilities Paradigm“ (Sheller und Urry 2006), indem u. a. strategische Maßnahmen wie Mobilitätskonzepte unterstützt und die Schnittstellen verschiedener Mobilitätsträger betont werden. Die Ergebnisse der Evaluationsstudie zeigen, dass die Förderung damit finanzielle Anreize für verschiedene Akteur*innengruppen schafft, sich mit der Umsetzung der Mobilitätswende auseinanderzusetzen. Die Förderung selbst wird dynamisch angepasst und weiterentwickelt, zuletzt mit der aktuellen Änderung von 2025. Gleichzeitig müssen jedoch auch einige Herausforderungen benannt werden. So gelingt die gewünschte Einbindung neuer Typen von Antragstellenden teilweise noch nicht, wie die geringe Anzahl geförderter Vorhaben von Unternehmen zeigt. Ein Grund dafür könnte in den weiterhin bestehenden bürokratischen Hürden liegen. Auch wenn die Förderpraxis von den befragten Beteiligten gelobt wird, bleibt der Prozess der Antragstellung und Bewilligung komplex und teilweise sehr zeitintensiv. Dies passt möglicherweise nicht in die Handlungslogik von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Die bislang geförderten Maßnahmen werden zudem nicht ausreichend evaluiert und es liegen keine ausreichenden Wirkungsüberprüfungen vor. Im Zuge der Novelle wird aktuell der Versuch unternommen, ein mehrstufiges Monitoring- und Evaluationsverfahren aufzusetzen. Die größte Herausforderung besteht jedoch in der fortschreitenden Knappheit der verfügbaren Haushaltsmittel. Zwar konnte durch die aktuellen Anpassungen der Fördergegenstände in der FöRi-MM ein Kernspektrum an Maßnahmen gesichert oder sogar gestärkt werden, dennoch sind die Andrea Dittrich-Wesbuer, Dr., Stellvertretende wissenschaftliche Institutsleitung, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, Forschungsgruppe Mobilität und Raum Brüderweg 22-24, 44135 Dortmund Julia Hansel, M.Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, Forschungsgruppe Mobilität und Raum Brüderweg 22-24, 44135 Dortmund Jan Jendruck, MPM, Referent für Vernetzte Mobilität, Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nord-rhein-Westfalen Emilie-Preyer-Platz 1, 40479 Düsseldorf Förderung  MOBILITÄT DOI: 10.24053/ IV-2025-0048 Internationales Verkehrswesen (77) 3 ǀ 2025 59