eJournals Italienisch 43/86

Italienisch
ita
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
10.24053/Ital-2021-0033
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2021
4386 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

Tobias Roth (Hrsg.): Welt der Renaissance, Berlin: Galiani Verlag 2020, 640 Seiten, Gebundene Ausgabe € 89,00, E-Book € 39,99

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2021
Roberta Colbertaldo
ita43860156
die Funktion der Öffentlichkeit aufgewertet: Mit ihrem zustimmenden Lachen sei sie Sprachrohr eben jener poetischen Gerechtigkeit, die Madonna Filippa zuteilwird. Der Ansatz, der systematisch die Inszenierung des Justizapparats bzw. juristische Methoden im Decameron in den Fokus stellt, vermag zu zeigen, dass damit kohärent im Werk zentrale Thematiken reflektiert werden: Täuschung und Illusion, die Macht der Sprache und der Zeichen, die Anfälligkeit menschlicher Wissenssysteme für Erkenntnisfehler und das Vermögen der Literatur, Wahrheit und Gerechtigkeit hervorzubringen. Besonders hervorzuheben ist, dass durch die spezifische Ausrichtung der Fragestellung einerseits vor allem bisher in der Kritik wenig beachteten Novellen eine bisweilen unerwartete Tiefe abgewonnen wird, andererseits neue Facetten bekannter Erzählungen des Decameron aufgezeigt werden. Lena Schönwälder Tobias Roth (Hrsg.): Welt der Renaissance, Berlin: Galiani Verlag 2020, 640 Seiten, Gebundene Ausgabe € 89,00, E-Book € 39,99 Das Ende des letzten Jahres beim Berliner Verlag Galiani erschienene Buch ist eine Anthologie, die sich durch ihre prachtvolle Gestaltung besonders auszeichnet. In dieser reichhaltigen Sammlung kommentierter Textausschnitte gelingt es dem Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker Tobias Roth, die Komplexität und Pluralität der italienischen Renaissance in klare Worte zu fassen. Die Texte sind ins Deutsche übersetzt und mit knappen Fußnoten versehen; dafür wird die große Vielfalt der Epoche durch die informativen Profile von Autorinnen und Autoren und eine breitgefächerte Textauswahl vor Augen geführt. In der Einleitung (S. 13 - 21) wird der vom Titel erweckte Erwartungshorizont eingeschränkt - es geht insbesondere um die humanistische Literatur im Italien des 15. Jahrhunderts. Bereits die erste Zeile beschreibt die Sammlung als ein «Großlesebuch» (S. 13) und keine Definition wäre treffender, denn es wird umfangreicher Lesestoff, inklusive einiger archivalischer Entdeckungen und kaum bekannter Textstellen, angeboten. «Obwohl die Renaissance eine Epoche des Buches ist, ist ihre Literatur in unserer heutigen Kultur kaum präsent - verglichen etwa mit der Allgegenwart ihrer Bildenden Kunst, die so virulent ist wie kaum die einer anderen Epoche» (S. 19) - diese Lücke versucht das Buch so wirksam wie möglich zu schließen. Das Buch enthält 68 Kapitel, die jeweils einem Autor/ einer Autorin gewidmet sind. Die Ordnung der Texte folgt einem chronologischen Schema nach dem DOI 10.24053/ Ital-2021-0033 Kurzrezensionen 156 Geburtsjahr der AutorInnen, beginnend bei Petrarca (geb. 1304) und endend bei Tasso (geb. 1544). Diese Struktur ist zwar einheitlich und übersichtlich, vernachlässigt jedoch in manchen Fällen zwangsläufig die Erscheinungs- und Rezeptionsgeschichte der Texte. Spezifische Einführungen dienen jeweils der Einordnung der AutorInnen und der vorgestellten Materialien. Die Reflexion über die Sprache, die sich auch in den Übersetzungen zeigt, ermöglicht es dem Herausgeber, den Kontext lebendig darzustellen und auf den Zusammenhang von historisch geprägten Termini mit aktuellen Ausdrucksformen oder geläufigen Begriffen zu verweisen. Da die Abfolge der AutorInnen streng chronologisch ist, ergeben sich thematische Verbindungen und Assoziationen erst durch eine vollständige Lektüre des Werks. Mittels der Verzeichnisse bzw. der Funktionen des E-Books ist es außerdem möglich, Zusammenhänge zu erkennen bzw. herzustellen und wiederkehrende Motive aufeinander zu beziehen. Ergänzend werden rote maniculae verwendet, um die Verlinkungen zu AutorInnen innerhalb des Buchs zu kennzeichnen. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Thema der Anfänge des Buchdrucks gewidmet, wie es in zahlreichen Abbildungen von Holzschnitten, Handschriften und Originaldrucken zum Ausdruck kommt. Unter der Rubrik «Welt des Buchdrucks» werden zwischen den Kapiteln einzelne Seiten präsentiert, die sich auf die materielle Gestaltung von Büchern sowie auf das Verhältnis zwischen Text und Bild fokussieren. Hier sind die unterschiedlichsten Beispiele von Werken aus verschiedenen Druckereien vertreten, etwa von Aldo Manuzio zu Francesco Marcolini und Gabriele Giolito oder die Ausgaben der Druckerei von Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz. Dabei werden durch die Abbildungen weitere relevante Werke hinzugefügt wie Platinas De honesta voluptate, Donis Mondi, Pulcis Morgante, Trissinos Sophonisba, Serlios Libri dell ’ architettura, Folengos Chaos del Triperuno. Dieser Überblick trägt zu einem vollständigeren Bild der Epoche bei, indem einige Texte, die von der Auswahl ausgeschlossen wurden, im Hinblick auf ihre materiellen Träger und mit besonderer Aufmerksamkeit für ihre typographischen Begebenheiten anschaulich gemacht werden. Grundsätzlich ist die besondere Textauswahl auffällig, die bekannte Texte neben interessante und ausgefallene Entdeckungen, wie etwa Girolamo Benivienis selbstkommentierte Eklogen oder Michele Marullos Hymne, stellt. Ausgangspunkt für die Auswahl war Roths Projekt der Berliner Renaissancemitteilungen, in dem er 2011 bis 2017 per E-Mail seine Übersetzungen und Kommentare zu Texten aus dem 15. Jahrhundert, teilweise im Zusammenhang mit seinem Promotionsprojekt zu Pico della Mirandola, verbreitete. Die Auswahlkriterien sind also einerseits inklusiv, insofern sie ein möglichst repräsentatives Spektrum zu bieten suchen, andererseits spiegeln sie die Interessen des Herausgebers wider, die u. a. die Themen der humanistischen Nachahmung der Klassiker, der «Verbindungen [von] Literatur und Politik» (S. 249), des «Kulturtransfer[s] von Ost nach West» Kurzrezensionen 157 (S. 343), und ‘ alltägliche ʼ Themen wie die Esskulturen und Krankheitsbilder, sowie derb-erotische Anspielungen bis hin zu Obszönitäten betreffen. Die vertretenen Gattungen könnten kaum unterschiedlicher sein, es handelt sich um Gedichte, Gesänge, Theatertexte, Novellen sowie Traktate, Tagebucheinträge, Kommentare und Briefe - ist es doch eine ganze Welt, die hier dargestellt werden soll. Neben Alberti, Ficino, Poliziano, Machiavelli, Bembo, Michelangelo und Guicciardini sind Autoren wie etwa Girolamo Angeriano, Vespasiano da Bisticci, Girolamo Morlini, Giusto de ’ Conti oder Antonio Vignali aufgenommen worden. Außerdem werden relativ bekannte Persönlichkeiten behandelt wie Alessandra Macinghi, Girolamo Fracastoro, Raffaello, Bartolomeo Scappi, oder Amerigo Vespucci, die die kulturelle Landschaft Italiens entscheidend prägten, obwohl sie nicht primär LiteratInnen waren. Dadurch entfalten sich eine dynamische Darstellung der Epoche und eine umfassende Behandlung der Werke von «Dichtern und Gelehrten, Tagebuchschreibern und Diplomaten, Chronisten und Philosophen» (S. 19). Rekurrierende Themen sind innerhalb einer solchen polyzentrischen Darstellung aussagekräftig. So wird die Relevanz der geographischen Situierung der Autorinnen und Autoren, ihre Reiserouten und -stationen, die insgesamt eine mobile Gesellschaft bezeugen, wiederholt hervorgehoben. Florenz, Rom, Venedig, Ferrara, Neapel, Bologna, Siena, Mantua, Padua und Pisa sind Aufenthaltsstationen ebenso für Philologen und Diplomaten, wie auch Orte für kaufmännische Tätigkeiten und Kunstwerkstätten. In den skizzenhaften Biografien scheint die geographische Landschaft Italiens oftmals eine größere Rolle zu spielen als beispielsweise bekannte historische Eckdaten. Ein anderer Themenzusammenhang, der in dem Buch an verschiedenen Stellen, wenn auch indirekt, angesprochen wird, ist der Karneval. Dabei richtet Roth seine Aufmerksamkeit auf die ‘ andere ʼ Renaissance, diejenige, die sich vom Klassizismus abhebt und distanziert. Lorenzo de ’ Medici, Girolamo Savonarola, Angelo Poliziano und Marino Sanuto beziehen sich in unterschiedlicher Art und Weise ausdrücklich darauf. Lorenzo ist als Literat berühmt für seine canti carnascialeschi. Savonarola lässt im Karneval 1497 und 1498 Scheiterhaufen auf der Florentiner Piazza della Signoria errichten, um Bücher und Kunstwerke zu verbrennen. Ein opulentes Pendant findet man in der Cena dei compagnacci von Bartolomeo Cerretani. Polizianos «Karnevals- und Tanzlieder werden auf der Straße gesungen» (S. 302). Der Venezianer Marino Sanuto berichtet in seinem Tagebuch über ein von Lorenzo Strozzi zum Karneval 1519 gegebenes Gastmahl. Außerdem sind mit den cicalate, facetie, motti und burle ‘ karnevaleske ʼ Textgattungen vertreten, die Einblicke in die Alltags- und Feierkultur bieten, wie etwa bei Arlotto Mainardi, der in einem Bestseller der Epoche skurrile Anekdoten des Protagonisten Piovano Arlotto beschreibt. Kurzrezensionen 158 Dem Herausgeber gelingt es sehr gut, die Auswirkungen der Erfindung und der Verbreitung des Buchdrucks sowie die unterschiedlichen Gesichter der Renaissance in Italien plastisch und anschaulich darzustellen. Eine neue Interpretation und eine explizite Darlegung der Beziehungen zwischen den ausgewählten Werken wären durchaus auch wünschenswert gewesen, doch insgesamt bietet das Buch sowohl einen gelungenen Überblick der Epoche als auch lehrreiche Einblicke in wichtige bis kuriose und kaum bekannte Texte des Zeitalters des Humanismus. Roberta Colbertaldo Alessandro Bonsanti e Carlo Emilio Gadda: «Sono il pero e la zucca di me stesso». Carteggio 1930 - 1970, a cura di Roberta Colbertaldo, Premessa di Gloria Manghetti, con una testimonianza di Sandra Bonsanti, Firenze: Leo S. Olschki 2020, 344 pp., € 35,00 Il volume raccoglie una selezione finora inedita della corrispondenza intercorsa tra Alessandro Bonsanti e Carlo Emilio Gadda. Il corpus, ordinato secondo un criterio cronologico, conta 356 documenti tra lettere, cartoline, minute, telegrammi, biglietti spediti tra il 1930 e il 1970. Di questi, come chiarisce la nota al testo, 214 sono di mano di Bonsanti, 141 di Gadda e l ’ ultimo biglietto è vergato da Gian Carlo Roscioni per conto di Gadda. Il materiale epistolare è conservato nell ’ Archivio Contemporaneo ‘ Alessandro Bonsanti ’ del Gabinetto Scientifico Letterario G. P. Vieusseux di Firenze, nell ’ Archivio Liberati di Villafranca di Verona, in un nucleo di carte di proprietà dei figli di Bonsanti, Sandra e Giorgio, e nel Fondo Gadda dell ’ Archivio Roscioni presso l ’ Archivio Storico e Biblioteca Trivulziana di Milano. Salvo rare eccezioni, la selezione ha escluso «poche decine di missive di rilevanza marginale, contenenti semplici saluti, conferme di appuntamenti o di recapito di materiali» (p. XXXIII); tali documenti, quando utili a ricostruire i contatti tra i due epistolografi, sono puntualmente utilizzati nel commento. Ogni documento epistolare presenta una breve descrizione fisica del materiale e una fascia di commento volta a delucidare i punti poco chiari del testo e a fornire informazioni biografiche, letterarie, editoriali o storiche necessarie alla miglior comprensione dello scambio. Nel medesimo spazio si fa riferimento anche ad altri carteggi, in un gioco di richiami utile per comprendere la rete di legami di Gadda e di Bonsanti, ed è presente una fitta trama di rimandi interni, fondamentale nel caso di una lettura del testo non progressiva e mirata alla singola missiva. Il volume si aggiunge a una ormai ricca serie di carteggi gaddiani (rigorosamente indicati a pp. XXXIX - XLI) e, in sintonia con molte di queste edizioni, DOI 10.24053/ Ital-2021-0035 Kurzrezensionen 159