Italienisch
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Narr Verlag Tübingen
10.24053/Ital-2021-0034
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2021
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Fesenmeier Föcking Krefeld OttMagnus Ressel/Ellinor Schweighöfer (Hrsg.): Heinrich Mylius (1769−1854) und die deutsch-italienischen Verbindungen im Zeitalter der Revolution. Die Lombardei und das nordalpine Europa im frühen 19. Jahrhundert, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2021 (Schriften der Villa Vigoni, Bd. 8), 366 Seiten, 16 z. T. farbige Abbildungen, € 68,00
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Jürgen Charnitzky
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Magnus Ressel/ Ellinor Schweighöfer (Hrsg.): Heinrich Mylius (1769 − 1854) und die deutsch-italienischen Verbindungen im Zeitalter der Revolution. Die Lombardei und das nordalpine Europa im frühen 19. Jahrhundert, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2021 (Schriften der Villa Vigoni, Bd. 8), 366 Seiten, 16 z. T. farbige Abbildungen, € 68,00 Seit die Bundesrepublik Deutschland 1984 die ihr vom letzten Eigentümer Ignazio Vigoni (1905 − 1983) testamentarisch überlassene und nach seiner Familie benannte Villa bei Loveno di Menaggio am Comer See angenommen und zwei Jahre später gemeinsam mit der italienischen Regierung durch die Gründung eines Vereins zu einem Deutsch-Italienischen Zentrum für den Europäischen Dialog eingerichtet hat, sind aus den dort veranstalteten Tagungen zahlreiche Forschungsbeiträge zur deutsch-italienischen Geschichte, besonders zu den deutsch-lombardischen Beziehungen und zu Leben und Werk des Frankfurter Kaufmanns, Bankiers und Mäzens Heinrich Mylius (1769 − 1854) hervorgegangen. Mylius war bereits im Alter von 19 Jahren nach Mailand übergesiedelt, um dort eine Niederlassung des europaweit agierenden Familienunternehmens Mylius & Aldebert aufzubauen, und hatte das Anwesen 1829 für seinen Sohn Julius gekauft. Auch der vorliegende Band ist das Ergebnis einer Tagung, die vom 19. bis 21. Oktober 2017 zu dem im Buchtitel genannten Thema mit Unterstützung der Werner Reimers Stiftung und des Forschungskollegs Humanwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt in der Villa Vigoni stattgefunden hat. Im Mittelpunkt des Sammelbandes, der, wie Christiane Liermann Traniello und Viola Usselmann hervorheben, die 2019 aus Anlass des 250. Geburtstages von Heinrich Mylius im hauseigenen Verlag der Villa Vigoni erschienene deutsch-italienische Biographie 1 der eindrucksvollen Unternehmerpersönlichkeit «auf ideale Weise» ergänzt (Einführende Gedanken, S. 8), steht «das Verhältnis von Mylius zu seiner Epoche», einer Zeit des Umbruchs oder Übergangs zwischen 1750 und 1850, die Reinhart Koselleck als «Sattelzeit» und Eric Hobsbawm mit dem Fokus auf die beiden großen Revolutionen von 1789 und 1848 als «Zeitalter der Revolution» bezeichnet hatte. 2 Drei Themenschwerpunkte werden mit insgesamt zwölf Beiträgen behandelt. Ein erster Hauptteil konzentriert sich auf Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Lombardei vom hohen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Gestützt auf die einschlägige Forschungsliteratur fasst Magnus Ressel Die deutschlombardischen Handelsbeziehungen in einer Langzeitperspektive vom 15. bis ins DOI 10.24053/ Ital-2021-0034 1 Giovanni Meda Riquier/ Viola Usselmann/ Christine Liermann Traniello (Hrsg.), Enrico Mylius 1769 − 1854. Una biografia. Heinrich Mylius 1769 − 1854. Eine Biographie, Loveno di Menaggio: Villa Vigoni Editore / Verlag 2019. 2 Magnus Ressel und Ellinor Schweighöfer in der Einleitung: «Heinrich Mylius und deutschitalienische Netzwerke im Europa der ‘ Sattelzeit ʼ », S. 13 − 26, Zitat S. 15. Buchbesprechungen 141 19. Jahrhundert zusammen (S. 29 − 71). Auch der englischsprachige Beitrag von Ralf Banken («Much more than just Oranges and Lemons! Italian Trading Houses in the Rhine-Main Region during the 18 th Century», S. 73 − 90) resümiert im Wesentlichen den Forschungsstand zur Migration italienischer Kaufleute nach Deutschland und zu ihren Handelsaktivitäten im Rhein-Main-Gebiet, insbesondere in Frankfurt, der Heimatstadt von Heinrich Mylius. Zwei italienische Beiträge von Giovanna Tonelli («Il commercio fra lo Stato di Milano e i Paesi tedeschi nel Settecento», S. 91 − 110) und Claudio Besana («Imprenditori tedeschi a Milano e in Lombardia tra fine Settecento e grande crisi agraria», S. 111 − 129) beleuchten die Bedeutung Mailands in den deutsch-italienischen Handelsbeziehungen des 18. und 19. Jahrhunderts sowie den Beitrag von in Mailand ansässigen deutschen Unternehmern, Kaufleuten und technischen Experten zur wirtschaftlichen, wissenschaftlich-technischen und kulturellen Entwicklung der lombardischen Hauptstadt. Nach der Analyse der ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen deutsche Migranten wie Mylius, Johann Adam Krämer, die Brüder Eraldo und Andreas Krumm oder August Stigler ihre unternehmerischen Aktivitäten entfalteten, rückt der zweite Hauptteil die Protagonisten dieser Handelsbeziehungen - Das deutsch-italienische Wirtschaftsbürgertum der Sattelzeit und seine Schlüsselakteure zwischen Mailand und Frankfurt am Main - mit ihren jeweiligen Netzwerken stärker ins Blickfeld. Dabei kommt es zwangsläufig zu prosopographischen Überschneidungen, da immer wieder die gleichen Familien als Akteure im Vordergrund stehen. In seinem knappen, aber informativen Beitrag über «Attività mercantile e prestigio sociale: Il fondamentale contributo dei negozianti tedeschi nella Milano tra Sette e Ottocento» (S. 133 − 142) hebt Stefano Levati am Beispiel der unternehmerischen und ehrenamtlichen Tätigkeiten von Heinrich (Enrico) Mylius und Johann Adam Krämer (italianisiert: Giovanni Adamo Kramer) die erfolgreiche Integration deutscher Kaufleute in die Mailänder Gesellschaft sowie ihren Beitrag zur Verbreitung eines bürgerlichen Standesbewusstseins und Arbeitsethos hervor, das dem durch Erwerbstätigkeit zu Wohlstand und Ansehen gelangten Unternehmertum ein ähnliches Sozialprestige verlieh wie dem Adel, dessen gesellschaftliche Stellung in erster Linie durch Herkunft und Vermögen aus Grundbesitz bestimmt war. Monika Poettinger analysiert die unternehmerischen Netzwerke deutscher, französischer und Schweizer Kaufleute über Mailand und die Lombardei hinaus auf europäischer Ebene und in der napoleonischen Zeit («Internationale Netzwerke im napoleonischen Mailand», S. 143 − 172). Ihr mit ungedruckten Materialien aus drei Mailänder Archiven dokumentierter Aufsatz zeigt eindrucksvoll, wie die durch Einheirat oft auch verwandtschaftlich verbundenen, kosmopolitisch orientierten ausländischen Kaufleute und Unternehmer - führend auch hier wieder die Buchbesprechungen 142 Familien Kramer und Mylius - selbst unter der napoleonischen Kontinentalsperre über Landesgrenzen und Zollbarrieren hinweg ein hocheffizientes Handelsnetzwerk im Verein mit einem international ausgedehnten venture capital-System errichten konnten und mit ihrem wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischem Know-how wesentlich zur Modernisierung der Lombardei beitrugen, «lange bevor Italien seine politische Unabhängigkeit erlangte (S. 144). Ellinor Schweighöfer («Heinrich Mylius als Mäzen. Lokales Wirken und universelle Netzwerke in Frankfurt und Europa», S. 189 − 218) geht der Frage nach, inwieweit Mylius mit seinem mäzenatischen Wirken «als besonders europäischer Akteur, vielleicht sogar ‘ Vorreiter Europas ’ angesehen werden» kann - eine These, die bereits Corinna Pregla 2009 in einem Aufsatz vertreten hatte 3 und die von Schweighöfer weiter untermauert wird. Einmal mehr wird auch in diesem Zusammenhang die Bedeutung transnationaler Netzwerke deutlich, die auf sich überschneidenden und verästelnden familiären, freundschaftlichen, unternehmerischen und nicht zuletzt konfessionellen Bindungen beruhten und sich «von England über Frankfurt und Weimar bis in die Lombardei» erstreckten. Schweighöfer kann zeigen, wie Mylius innerhalb der komplexen Strukturen seines eigenen Netzwerks über sein vor allem auf die Förderung von Bildung und Erziehung der jungen Generation konzentriertes Mäzenatentum hinaus auch zu einem wichtigen Kulturmittler für deutsche und italienische Künstler und Intellektuelle wie Massimo D ’ Azeglio, Alessandro Manzoni oder Goethe wurde, ja, «als kommunikativer Knotenpunkt für den Weimarer Hof insgesamt und Mailand betrachtet werden» kann (S. 215). Mit dem im Anschluss an die Tagung im Rahmen einer öffentlichen Vortragsreihe am Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt gehaltenen Referat «Fremde Herkunft - Deutsche Heimat. Die Brentanos und Italien» (S. 219 − 236) kehrt Wolfgang Bunzel gewissermaßen die bisherige Perspektive der Beiträge um, indem er am Beispiel der aus Tremezzo am Comer See stammenden, im 17. und 18. Jahrhundert in Frankfurt und im Rhein- Main-Gebiet sich niederlassenden Kaufmanns- und Literatenfamilie Brentano - bekannt vor allem durch die Dichtergeschwister Clemens und Bettine - die Integration italienischer Migranten in deutsche Gesellschaften untersucht. Dabei kann Bunzel nachweisen, dass sich der über mehrere Generationen hinweg verlaufende «Prozess kultureller Assimilation nicht kontinuierlich, sondern schubweise vollzog.» Die im Falle der Brentanos, verglichen mit anderen Migrantenfamilien, besonders rasche und nachhaltige Integration führt Bunzel neben den Erfolgen in Handel und Ökonomie und einer «Vertrautheit mit den 3 Vgl. Corinna Pregla, «Maecenas Erben. Vom Mäzenatentum zum Sponsoring? Gründungsideen und heutige Organisationsformen», Opusculum 38 (2009), S. 22. Buchbesprechungen 143 Codes des gehobenen Bürgertums und des Adels» auch auf die «Hartnäckigkeit» der Familienmitglieder «im Erreichen ihrer Ziele» und die von Anfang an erstrebte «Teilhabe an der Sprache und Kultur ihres neuen Lebensumfeldes» zurück (S. 220). Der dritte Hauptteil ist dem Bereich Literatur, Kunst, Musik und Wissenschaft zwischen transalpiner Philanthropie, politischem Aktivismus und regionaler Verankerung gewidmet. Die sich im 18. Jahrhundert im Zuge der Aufklärung in Europa entfaltende Wissenschaftskultur, die Förderung ihrer Ausbreitung durch die Habsburgermonarchie in der unter österreichischer Herrschaft stehenden Lombardei und ihre Auswirkungen auf die Modernisierung der lombardischen Landwirtschaft stehen im Mittelpunkt des Beitrags von Marina Cavallera («Studi di agricoltura e dintorni. Scienza e pratica tra la Milano asburgica e il mondo germanico», S. 239 − 269). Eine wesentliche Rolle für die praktische Umsetzung der von Wien ausgehenden Reformimpulse und der aus den neuen Wissenschaftsdisziplinen Chemie, Agronomie, Botanik, Zoologie und Entomologie gewonnenen Erkenntnisse spielten dabei lokale Eliten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, die durch ihre Ausbildung und transnationalen Kontakte Zugang zu diesen auch von unternehmerischen Migranten in der deutschen und italienischen Staatenwelt verbreiteten Erkenntnissen hatten und gleichzeitig mit den spezifischen örtlichen Verhältnissen vertraut waren. Es galt vor allem die bäuerliche Bevölkerung - Landarbeiter, Pächter und Kleinbesitzer, welche die Hauptlast der landwirtschaftlichen Arbeiten trugen und vielfach noch bestehenden Traditionen und Vorurteilen anhingen - durch Aufklärung und Alphabetisierung von neuen Anbau- und Produktionsmethoden in der Landwirtschaft zu überzeugen. In diesem Zusammenhang entstanden sogenannte «Patriotische Gesellschaften» wie die 1776 in Mailand gegründete Società patriotica per l ’ avanzamento dell ’ agricoltura, delle arti e delle manifatture, die, von Wien gefördert und zum Teil finanziert, sich u. a. die Alphabetisierung der Landbevölkerung durch die Errichtung von Dorf- und Volksschulen zum Ziel setzten, um die notwendigen Voraussetzungen für soziale Reformen sowie eine Modernisierung und Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion zu schaffen. Alexander auf der Heyde («Francesco, Franz, Ritter Franz von Hayez. Zur Rezeption des ‘ Romanticismo Storico ʼ in der deutschsprachigen Publizistik», S. 271 − 297) skizziert die Rezeption des venezianischen Historienmalers, Lithografen und Kupferstechers Francesco Hayez (1791 − 1882) in der deutschsprachigen zeitgenössischen Publizistik. Hayez, der an der Accademia di Belle Arti in Venedig studierte und 1820 nach Mailand ging, wo er Professor an der Accademia di Brera wurde, war der «Hauptvertreter einer politischen Romantik, deren bildkünstlerische Auseinandersetzung mit der Nationalgeschichte den Erwartungen und Wertvorstellungen der Patrioten entsprach» (S. 272). Als angesehener österrei- Buchbesprechungen 144 chischer Maler italienischer Herkunft, der sich in Österreich «nicht nur als Künstler, sondern auch als treuer Staatsdiener beliebt» machte (S. 292), erhielt Hayez etliche Aufträge von Angehörigen der österreichischen Eliten bis hin zum Kaiser, der ihm den Adelstitel und 1852 den Orden der eisernen Krone dritter Klasse verlieh. Im Zuge des Risorgimento geriet die Rezeption Hayez ’ in Österreich jedoch zunehmend «unter die Räder der nationalen Ressentiments» - ein Prozess fortschreitender Entfremdung, der nach Gründung des italienischen Nationalstaats bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zur Abkehr des deutschösterreichischen Publikums von dem nun als «Nestor der italienischen Maler» bezeichneten Künstler führte, dessen Gemälde inzwischen nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprachen. Von Hayez führt eine Verbindungslinie erneut zu Heinrich Mylius, da jener, wie Christiane Liermann Traniello in ihrem Beitrag «Innovationen in Kunst und Politik. Exemplarische Figuren aus Mylius ’ lombardischem Umfeld» (S. 299 − 323) darlegt, neben dem dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1770 − 1844) zu den bevorzugten Künstlern von Mylius zählte und dessen Ehefrau Friederike sowie die Schwiegertochter Luigia Vitali porträtiert hatte. Da Hayez ebenso wie der Dichter und Schriftsteller Alessandro Manzoni und der republikanisch-föderalistisch gesinnte Publizist und Philosoph des Risorgimento Carlo Cattaneo zu den «künstlerischen und politischen Gewährsleuten» von Mylius gehörten, mit denen der in Mailand ansässige Kaufmann «in engem Kontakt stand», könne eine Analyse der aus den Hauptwerken und Leitideen herausgefilterten Kernanliegen dieser drei Persönlichkeiten dazu beitragen - so die These des Aufsatzes - , Mylius ’ eigene kulturelle Orientierung und seinen «ethisch-politischen Horizont» besser zu verstehen (S. 300). Anhand der Deutung einzelner Skulpturen aus Mylius ’ Kunstsammlung in seiner Villa am Comer See kann die Autorin insbesondere veranschaulichen, wie «eng verwandt» die religiös-moralischen Überzeugungen des Protestanten Mylius mit denen des Katholiken Manzoni waren. Mylius ’ Biographie lasse sich «geradezu als die einer ‘ Manzoni-Figur ʼ lesen, insofern er aus der demütigen Einsicht in die Überlegenheit der providentiellen Fügung die eigenen Handlungsmöglichkeiten auf dem Feld der Nächstenliebe und des sozialen Engagements entdeckte.» (S. 308 f.) Grundsätzliche, nur in Nuancen differierende Gemeinsamkeiten zeigen sich ebenso zwischen Cattaneo und Mylius hinsichtlich ihrer Vorstellungen zur Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Ging es dem liberal-demokratischen Denker Cattaneo in seinen Programmschriften vor allem um die «bürgerlich-zivilisatorische Weiterentwicklung des Gemeinwesens», so setzte Mylius mit seinem aus philanthropischem Empfinden gespeisten sozialen Engagement auf eine «moderne, anspruchsvolle, protestantische Form der ‘ Caritas ʼ , die in erster Linie ‘ Hilfe zur Selbsthilfe ʼ sein wollte» (S. 320). Der Beitrag verdeutlicht einmal mehr, dass die unternehmeri- Buchbesprechungen 145 schen Aktivitäten des erfolgreichen Kaufmanns «nur ein Element seiner facettenreichen Persönlichkeit» waren, zu der ebenso «Philanthropie, Gemeinsinn und Fortschrittsbewusstsein, gepaart mit Demut» gehörten (S. 323). Einen weiteren Beleg für das breit gefächerte kulturelle Interesse und Engagement von Heinrich Mylius liefert Viola Usselmann mit ihrem weitgehend Neuland betretenden Aufsatz « ‘ . . . Ernste Musik liebend . . . ʼ . Heinrich Mylius und die Musik. Ein Einblick» (S. 325 − 351). Ausgehend von den nur wenige Tage nach Mylius ’ Tod am 21. April 1854 in zwei musikalischen Zeitschriften (L ’ Italia musicale, Gazzetta musicale di Milano) erschienenen Nachrufen rekonstruiert die Autorin «einige der vielseitigen Verflechtungen des Heinrich Mylius mit der deutsch-italienischen Musik(er)-Szene» der Zeit, insbesondere die Beziehung zu Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen freundschaftliche und im weitesten Sinn auch verwandtschaftliche Verbindungen zur Familie Mylius mit nahezu kriminalistischer Spurensuche dokumentiert werden. Der Aufsatz zählt zu den Vorarbeiten eines Dissertationsprojekts, mit dem Usselmann die «sich über mehrere Generationen entwickelnden musikkulturellen Verknüpfungen und Milieus der Familie(n) Mylius-Vigoni und der diesbezüglichen familiären Traditionsbildung im Sinne eines identitätsstiftenden Faktors» analysieren will. Vorläufiger Arbeitstitel der Dissertation: Das musikalische Erbe der Mylius-Vigoni - Musikkulturelle Kommunikation, Vernetzung und Profilierung einer deutsch-italienischen Familie im langen neunzehnten Jahrhundert (S. 326, Anm. 4). Der Tagungsband ist mit 16 zum Teil farbigen Abbildungen illustriert, darunter sechs Gemälde von Francesco Hayez und das bekannte, in der Villa Vigoni befindliche Mylius-Portrait von Pelagio Palagi aus dem Jahr 1831. Eine über den deutschen und italienischen Sprachraum hinausgehende Rezeption der Forschungsergebnisse wird durch die allen Beiträgen vorangestellten Abstracts erleichtert. Die Autorinnen und Autoren werden - ebenfalls auf Englisch - mit ihren wichtigsten Arbeiten im Anhang vorgestellt. Ein ausführliches Personen- und Ortsregister (knapp 400 Namen, über 130 Orte) rundet die ertragreiche Publikation ab. Jürgen Charnitzky Buchbesprechungen 146
