eJournals Italienisch 44/87

Italienisch
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0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
10.24053/Ital-2022-0025
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2022
4487 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

Internationale Konferenz «Authentizität nach Pasolini.

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2022
Alina Lohkemper
Martina Nappi
Regress, Mythos und Erlösung im filmischen Gesamtwerk Pier Paolo Pasolinis» / Convegno internazionale «L’autenticità secondo Pasolini. Regresso, mito e redenzione nell’opera cinematografica di Pier Paolo Pasolini»: 15./16. Oktober 2021, Italienisches Kulturinstitut Köln / Universität Bonn
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Tempus. Besprochene und erzählte Welt (Stuttgart 1964, auf Italienisch: Tempus: Le funzioni del tempo nel testo, Bologna 1978). Dieses Buch war das erste Beispiel der Anwendung der Textlinguistik, der von ihm erarbeiteten Theorie, die durch Maria-Elisabeth Conte auch in Italien verbreitet wurde. Es folgten die wegweisenden Publikationen Textgrammatik der französischen Sprache aus dem Jahr 1982 und Textgrammatik der deutschen Sprache aus dem Jahr 1993. Dem Gründer des ersten Lehrstuhls für Deutsch als Fremdsprache in München war gesellschaftliches Engagement wichtig. Er initiierte den Adalbert-von Chamisso-Preis, der von 1985 bis 2017 an ausländische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache vergeben wurde. Eine der ersten Publikationen zu diesem Thema gab er zusammen mit Irmgard Ackermann heraus: Eine nicht nur deutsche Literatur. Zur Standortbestimmung der ‘ Ausländerliteratur ’ (München 1986). Unter dem Titel Als Fremder in Deutschland bzw. In zwei Sprachen leben erschienen (hrsg. von Weinrich ebenfalls gemeinsam mit Irmgard Ackermann) zwei Anthologien, die Berichte, Erzählungen, Gedichte von Ausländern enthalten (München 1982 und 1986), Früchte literarischer Wettbewerbe, die sein Münchner Institut ausgeschrieben hatte und an denen nur Personen teilnehmen durften, die Deutsch als Fremdsprache hatten lernen müssen. An der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld wurde 2016 der vom Deutschen Akademischen Austauschdienst aus Mitteln des BMBF geförderte Harald- Weinrich-Gastlehrstuhl für ausländische Gastprofessoren der Fächer Deutsch als Fremdsprache, Linguistik und Literaturwissenschaft eingerichtet. (Red.) Internationale Konferenz «Authentizität nach Pasolini. Regress, Mythos und Erlösung im filmischen Gesamtwerk Pier Paolo Pasolinis» / Convegno internazionale «L ’ autenticità secondo Pasolini. Regresso, mito e redenzione nell ’ opera cinematografica di Pier Paolo Pasolini»: 15./ 16. Oktober 2021, Italienisches Kulturinstitut Köln / Universität Bonn Am 15. und 16. Oktober 2021 fand im Italienischen Kulturinstitut Köln sowie an der Universität Bonn eine internationale Konferenz zu Pier Paolo Pasolini statt, die von Dr. Cora Rok geleitet und von der DFG sowie dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Paul Geyer gefördert wurde. Der Schwerpunkt der Konferenz lag auf der Untersuchung und dem Vergleich verschiedener Authentizitätskonzeptionen in Pasolinis filmischem Gesamtwerk, denen Literatur- und FilmwissenschaftlerInnen aus Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich sowie der Schweiz in ihren Vorträgen in deutscher sowie italienischer Sprache nachspürten. DOI 10.24053/ Ital-2022-0025 Mitteilungen 165 Einführend stellte Filippo La Porta Pasolini als «profeta inattendibile e perciò necessario» vor, dessen extreme und apodiktische Thesen, wie bspw. diejenige zur Uniformierung der Gesellschaft und zum Aussterben der regionalen Dialekte, einen Zugang zur vermeintlich authentischen Realität eröffneten. Letztere ‘ Prophezeiung ’ nahm Gian Luca Picconi (Genua) in seinem Vortrag auf, indem er den Gebrauch von Varietäten in Pasolinis frühem Schaffen als Versuch der Authentizitätsbeschwörung deutete und diesen unter dem Begriff des «regresso» subsumierte. Mit der Kritik an einem inauthentischen bürgerlichen Leben, wie sie in Teorema (1968) zum Ausdruck kommt, setzten sich Birgit Wagner (Wien) und Paolo Desogus (Paris) auseinander. Während Wagner den Film im Sinne Genettes als ‘ ernsthafte Transposition ’ einer biblischen Erzählung und die Elevation der Haushälterin als Heiligendarstellung interpretierte, bewertete Desogus diese Szene im Gegenteil als parodistisch. In seinem Vortrag argumentierte er mit Bezug auf die Theorie de Martinos, dass Transzendenz in Teorema gerade ohne Ethos dargestellt werde. Auch Uta Felten (Leipzig), die sich der heidnischen und christlichen Überformung der Protagonisten nicht nur in Teorema, sondern auch in Accattone (1961) und Mamma Roma (1962) widmete, hob hervor, dass Pasolini in seinen Filmen die Aussicht auf Erlösung in der Schwebe halte. Pasolinis Interesse an Martyriumsdarstellungen stellten sodann Silvia De Laude (Genf ) und Maria Rizzarelli (Catania) ins Zentrum ihrer Überlegungen. Indem De Laude den Kurzfilm La ricotta (1963), die werkgetreue Interpretation Il Vangelo secondo Matteo (1964) und das unverfilmte Drehbuch Bestemmia (1962 - 67) miteinander verglich, wies sie auf den Wandel in der Darstellungsform der neutestamentarischen Christusgeschichte hin. Auf Il Vangelo sowie auf Edipo Re (1967) nahm Rizzarelli Bezug, die in ihrer Präsentation die Inszenierung der Blickwechsel zwischen Mutter und Sohn in den Fokus stellte und diese als Zeichen authentischer mütterlicher Fürsorge und Opferbereitschaft deutete. Britta Hartmann (Bonn) und Hans Ulrich Reck (Köln) wandten sich mit ihren Vorträgen zwei dokumentarischen Produktionen Pasolinis zu. Hartmann reihte Pasolinis Comizi d ’ amore (1964) in die Tradition des cinéma vérité ein, das von Edgar Morin sowie Jean Rouch geprägt wurde, und stellte Pasolinis quasiwissenschaftlichen, binnenethnografischen Ansatz vor, mit dem er Sexualität und Moralvorstellungen der italienischen Gesellschaft zu untersuchen hoffte. Im Vergleich zu seinen VorrednerInnen erfasste Hans Ulrich Reck (Köln) Authentizität nicht als Entwurf von Echtheit, sondern vielmehr als Bezeugung der Echtheit für Dritte. Als Exempel für derlei Auslegung führte Reck den politischen Dokumentarfilm XII Dicembre (1971) an, mit dem Pasolini die dystopische Stimmung Italiens zur Schau stellte. Mitteilungen 166 Angela Oster (München) sprach in ihrem Vortrag über Authentizität als ästhetische Kategorie sowie als technisches Verfahren und fragte nach dem semiotischen Code von Pasolinis Kino der Poesie, das sich als antinaturalistisch und artifiziell darstelle, aber zugleich durch ikonische Zeichen, wie die der körperlichen Präsenz, Authentizitätsmarker setze. Pasolinis spezifische filmtechnische Umsetzung inhaltlicher Konzepte interessierte auch Marco Antonio Bazzocchi (Bologna), der in einer Auseinandersetzung mit dem Film Medea (1969) auf die Verbindung von Tod und Montage als zerstörerische Kräfte bzw. Mythos und Film als geschlossene Geschichten verwies. Mit eher unbekannteren Werken in Pasolinis Schaffen beschäftigten sich schließlich Luciano De Giusti (Triest) und Fabien Vitali (Kiel). Während De Giusti nach den Motiven suchte, die Pasolini dazu antrieben, seinen Kurzfilm Appunti per un film sull ’ India (1968) zu drehen, um sich ein authentisches Bild der indischen Gesellschaft zu verschaffen, wandte sich Vitali der Kapitalismuskritik in den literarisch ausgestalteten Drehbüchern zu den unverwirklichten Filmen San Paolo (1974) und L ’ histoire du soldat (1973) zu. Als Ausdruck von Inauthentizität könne insbesondere in letzterem Text die Figur des Teufels angesehen werden, der die neue kapitalistische Macht repräsentiere. Die beiden Konferenztage wurden jeweils von einer Theatersowie Filmvorführung beschlossen: Das deutsch-italienische Ensemble D. I. E. Musa der Universität Bonn übertrug Pasolinis Ideen auf die heutige Gesellschaft und trat unter Einbezug verschiedener medialer Formen mit dem Autor und Filmemacher in einen persönlichen Dialog, indem seine gesellschaftskritischen Positionen auf den Prüfstand gestellt wurden. Am letzten Abend wurde Pasolinis Kurzfilm Che cosa sono le nuvole? (1968) vorgeführt, in dem die grundsätzlichen Fragen nach den ‘ wahren ’ Motiven des menschlichen Handelns und Fühlens sowie nach der Möglichkeit, die Wirklichkeit zu erfassen, verhandelt werden. Alina Lohkemper/ Martina Nappi Tagung: «Lehren (und Lernen) des Italienischen in deutschsprachigen Lehr- und Lernkontexten: Forschung und Unterricht im Dialog» (3. - 4. September 2021, online) Das Zentrum für Fremdsprachenbildung der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit dem Romanischen Seminar sowie dem Institut für Romanistik und dem Italien-Zentrum der Universität Dresden richtete am 3. und 4. September 2021 eine Online-Tagung mit dem Titel «Lehren (und Lernen) des Italienischen in deutschsprachigen Lehr- und Lernkontexten: Forschung und Unterricht im DOI 10.24053/ Ital-2022-0026 Mitteilungen 167