eJournals Italienisch 45/90

Italienisch
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2941-0800
Narr Verlag Tübingen
10.24053/Ital-2023-0036
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2024
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Deutsches Studienzentrum in Venedig. 50 Jahre Wissenschaft und Kunst – Brücken am Canal Grande. Hrsg. von Helen Geyer, Marita Liebermann, Michael Matheus. Regensburg: Schnell und Steiner 2023, 447 Seiten, € 69,00

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Katharina List
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Deutsches Studienzentrum in Venedig. 50 Jahre Wissenschaft und Kunst - Brücken am Canal Grande. Hrsg. von Helen Geyer, Marita Liebermann, Michael Matheus. Regensburg: Schnell und Steiner 2023, 447 Seiten, € 69,00 Katharina List 22 auf 28 cm, deutlich über zwei Kilogramm: Großformatig, gewichtig und äußerst prächtig ist der Band, mit dem das Deutsche Studienzentrum in Venedig auf das halbe Jahrhundert seiner Geschichte zwischen der Eröffnungsfeier im Mai 1972 und dem Jubiläumsjahr 2022 zurückblickt. Herausgegeben wurde die mit reichem Bildmaterial ausgestattete Festschrift - darunter viele Fotografien von Julia Schambeck und Clemens Kusch - von Marita Liebermann, deren Amts‐ zeit als Direktorin des Studienzentrums 2023 endete, gemeinsam mit Michael Matheus und Helen Geyer, bis 2021 respektive Vorsitzender und stellvertretende Vorsitzende des Vereins Deutsches Studienzentrum in Venedig e.V. Die Beiträge des Bands bieten nicht nur einen facettenreichen Streifzug durch fünfzig Jahre Centro, wie das Studienzentrum familiär genannt wird, sondern erzählen zunächst zwei Vorgeschichten deutscher Institute in Venedig: So gab es schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Kunsthistoriker Gustav Ludwig Überlegungen und Versuche zur Gründung eines interdisziplinären und internationalen Istituto storico veneziano; tatsächlich realisiert, wenn auch nur für kurze Zeit, wurde das ganz anders ausgerichtete Deutsche Institut, das zwischen 1944 und 1945 während der Zeit der deutschen Besatzung Norditaliens in erster Linie Propagandazwecken diente. Auch in den weiteren Sektionen des Bands entsteht ein lebendiges, aber kein beschönigendes Bild des Studienzentrums und auch von Venedig selbst; so wird zum Beispiel die wohlbekannte Problematik der regelmäßigen Wasser- und konstant wachsenden Touristenströme nicht ausgespart. Drei Beiträge zeichnen die Anfänge und wichtige Entwicklungen des Studienzentrums bis heute nach: Ohne dass die ‘Jahrhundertflutʼ von 1966 direkter Auslöser gewesen DOI 10.24053/ Ital-2023-0036 wäre, geschah die Gründung des heutigen DSZV gewissermaßen in ihrem Kiel‐ wasser, hatten die Überschwemmungen doch internationale Aufmerksamkeit auf Venedig gelenkt, seine prekäre Situation deutlich vor Augen geführt und damit auch die Bereitschaft erhöht, sich dort mit längerfristigen Projekten zu engagieren. Nichtdestotrotz dauerte es noch mehrere Jahre, bis nach Zu‐ ständigkeitskonflikten, Finanzierungs- und Konstruktionsfragen 1972 das von Anfang an durch die Fritz Thyssen Stiftung und die Bundesrepublik Deutschland geförderte Studienzentrum im Palazzo Barbarigo della Terrazza am Canal Grande den ersten Stipendiaten beherbergen konnte. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurden die Beziehungen zu venezianischen Institutionen auf- und ausgebaut, bereits 1979 kamen zu den Stipendien für wissenschaftliche Forschungsprojekte Künstlerstipendien hinzu - eine Kombination, die bis heute charakteristisches Merkmal des Studienzentrums ist -, und die Bestände der Institutsbibliothek vergrößerten sich konstant. Unter anderem in einem neuen Austarieren von Kunst und Wissenschaft erfolgten Veränderungen in Struktur und Ausgestaltung des Zentrums und eine Überarbeitung der Vergabeverfahren für Stipendien; immer wieder stellten sich dabei Fragen der Finanzierung und von Zuständigkeiten. Zu den letzten Neuerungen gehören eine eigens angemie‐ tete Atelierwohnung und der 2021 eingeführte Premio Palazzo Barbarigo für herausragende wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Venedigforschung, der vom sehr aktiven Verein der Freunde und Förderer des DSZV finanziert wird. Dem Sitz des Studienzentrums, dem Palazzo Barbarigo della Terrazza, Domizil der Stipendiatinnen und Stipendiaten während ihres Aufenthalts in Venedig, widmen sich ein architektonisch und ein kunsthistorisch ausgerichteter Beitrag, von denen der erste Entstehung, Um- und Neubauten des aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammenden Palazzo selbst, der zweite seine vor allem mit dem Namen Tizian verbundene malerische Ausstattung im Verlauf der Jahrhunderte rekonstruiert. Nach einer Einführung von Marita Liebermann, die die im Studienzentrum alltäglich gelebte Inter- und Transdisziplinarität in ihren Chancen, aber auch den Herausforderungen darstellt, bietet der zweite Teil des Bands vor allem einen ausführlichen Überblick über die vielfältige auf Venedig bezogene For‐ schung, die über die Jahrzehnte am und dank des Studienzentrums entstehen konnte, sowie über die Kunststipendien. Anhand der Forschungsprofile, die von Mitgliedern des Kuratoriums, des Vorstands oder des Wissenschaftlichen Beirats verfasst wurden, die das Studi‐ enzentrum teils selbst mit einem Stipendium kennengelernt hatten, ihm oft seit langer Zeit verbunden sind und deren Begeisterung für das Centro und DOI 10.24053/ Ital-2023-0036 218 Katharina List seine Arbeit aus ihren Beiträgen spricht, entsteht ein Panorama der beteiligten Fachrichtungen und der geförderten Projekte. Diese decken eine große Band‐ breite geisteswissenschaftlicher Fächer ab: Die Byzantinistik, die in Venedig etwa in der Biblioteca Marciana und im Staatsarchiv interessante und noch nicht erschlossene Quellen findet; die spätantike und mittelalterliche Kunstge‐ schichte, deren oft breit angelegte Projekte die transkulturellen Verflechtungen Venedigs in der Vormoderne zeigen; die Kunstgeschichte der frühen Neuzeit und die Bau- und Architekturgeschichte, in der beispielsweise Projekte in Zu‐ sammenarbeit mit der venezianischen Denkmalpflege realisiert wurden. Für die Geschichtswissenschaft im Mittelalter und der Renaissance ist Venedig wegen der großen Zahl erhaltener schriftlicher Quellen ein besonders interessantes Forschungsfeld; aber auch zur Geschichte der frühen Neuzeit sowie zum 19. und 20. Jahrhundert wurden Projekte durchgeführt, verbunden mit zahlreichen interdisziplinär ausgerichteten Tagungen. Neben der Musikgeschichte und den sogenannten ‘Kleinen Fächernʼ ist schließlich die Literatur- und Sprachwissen‐ schaft ein zentrales Forschungsfeld, in dem sehr verschiedenartige Projekte aus unterschiedlichen Philologien bearbeitet wurden und zahlreiche Editionen oder Kommentierungen entstanden sind. Oft fächerübergreifend werden die Themenschwerpunkte des Direktorats entwickelt, wie der letzte von Marita Liebermann zum sehr venezianischen Thema der Brücken, die sich nun auch im Titel der Festschrift wiederfinden. Zu diesen Schwerpunkten werden jeweils Tagungen und Workshops organisiert, und die entstehenden Veröffentlichungen finden in einer der Buchreihen Platz, in denen bei unterschiedlichen Verlagen Publikationen aus dem Umkreis des Studienzentrums erscheinen. So unterschiedlich die bearbeiteten Projekte in den verschiedenen Fachrich‐ tungen auch sind, die Forschungsprofile zeigen doch einige Gemeinsamkeiten: Häufig lässt sich die Darstellung zugleich als eine kurze Geschichte des ent‐ sprechenden Fachs mit der Herausbildung neuer Forschungsthematiken oder der Entwicklung neuer Ansätze lesen; deutlich wird weiterhin die Bedeutung von in Venedig konsultierbarem Quellenmaterial für die verschiedensten For‐ schungsarbeiten sowie die Tatsache, dass vom DSZV geförderte Projekte nicht selten aufeinander aufbauen oder voneinander profitieren können. Fast alle Profile betonen außerdem, dass für die jeweiligen Fächer in Venedig noch viel Interessantes zu tun bleibt. Nicht zuletzt resultiert aus den Stipendien, die auch zu wissenschaftlicher Netzwerkbildung führen, oft eine dauerhafte Verbundenheit mit dem und ein Engagement für das Centro. Alles dies entwickelt sich nicht nur in einem interdisziplinären und inter‐ nationalen, v.a. deutsch-italienischen Dialog, sondern auch im Dialog von DOI 10.24053/ Ital-2023-0036 Deutsches Studienzentrum in Venedig 219 Wissenschaft und Kunst: Eine wichtige Rolle spielt im Studienzentrum die Kunstförderung in den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Literatur und Musik. Die Begegnungen und der Austausch dieser unterschiedlichen Diszi‐ plinen wird durch das verbindende Element Venedig erleichtert, und auch in diesen Bereichen kommt es regelmäßig zur Zusammenarbeit mit veneziani‐ schen Institutionen, woraus sich zum Teil sogar interessante Anschlussförde‐ rungen für Stipendiatinnen und Stipendiaten ergeben. In seinem Beitrag „Venedig - ein Sehnsuchtsgedächtnis“ schreibt der Kom‐ ponist und ehemalige Künstlerstipendiat Moritz Eggert: „Viele Menschen ent‐ wickeln eine Art Sucht nach Venedig“. Tatsächlich scheint eine solche nicht nur bei fast allen in irgendeiner Form an dem Band Beteiligten und im Centro Engagierten diagnostizierbar, sondern vor allem lässt sie sich bei der Lektüre dieser reichen Festschrift, beim Eintauchen in ein halbes Jahrhundert Studien‐ zentrum ohne jede Schwierigkeit nachvollziehen. DOI 10.24053/ Ital-2023-0036 220 Katharina List Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissen- Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus schaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissen- Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theoschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und logie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik Caroline Lüderssen (Hrsg.) Zum poetischen Werk von Salvatore A. Sanna „...col rosso in dominante...“ 2020, 202 Seiten €[D] 54,00 ISBN 978-3-8233-8406-9 eISBN 978-3-8233-9406-8 BUCHTIPP Dieser Band versammelt Aufsätze und Rezensionen zur Lyrik von Salvatore A. Sanna (1934-2018). Sannas erster Gedichtband erschien 1978 mit dem Titel Fünfzehn Jahre Augenblicke, es folgten weitere Bände, das Gesamtwerk erschien 2004 im Gunter Narr Verlag unter dem Titel Fra le due sponde/ Zwischen zwei Ufern und auf Italienisch im Verlag Il Maestrale, Nuoro (2014). Sanna hat selbst den Begriff der „Letteratura de-centrata“ geprägt, er verfasste seine Gedichte auf Italienisch, veröffentlichte seine Texte aber immer zweisprachig italienisch/ deutsch, um auch das des Italienischen nicht mächtige Lesepublikum zu erreichen. Die hier vorgelegte Sammlung mit Texten in italienischer und deutscher Sprache erlaubt erstmals eine Zusammenschau der kritischen Texte über Sannas Lyrik. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 9797-0 \ info@narr.de \ www.narr.de DOI 10.24053/ Ital-2023-0036 Deutsches Studienzentrum in Venedig 221